Kippen des Fensters verändert akustische Eigenschaften auf überraschende Art

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Mib5
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 27. Jun 2021, 14:27
Hallo,

ich habe ein Wohnzimmer von gut 5x4 m mit zwei doppeltverglasten Fenstern auf einer Längsseite. Diese Längsseite ist die einzige Außenwand und massiv. Eine der Querseiten ist (als Innenwand) ebenfalls massiv. Die beiden anderen Innenwände (eine Längs- und eine Querseite) sind aus Gipskarton (mit einen größeren Hohlraum innen. Die innere Längswand hat zusätzlich eine Tür aus Holz mit Glasfenster, welche das Wohnzimmer mit dem Flur verbindet.

Seit nun schon längerer Zeit kommen Störgeräusche aus der Nachbarwohnung (ca. 50 Hz). Meistens ist der Pegel in den Raumecken des Wohnzimmers am höchsten, in der Raummitte oft unter der Hörschwelle. So weit, so erwartbar. Das Störgeräusch (ein Brummen) ändert sich immer mal wieder, die Pegelhöhe ist variabel, mal pulsiert es zusätzlich zum Brummen. In allen anderen Räumen außer Wohnzimmer und Flur, ist das Geräusch manchmal, aber nicht immer zu hören.

Das Problem besteht schon seit längerem, der Nachbar ist nicht kooperativ. Ich beobachte das Phänomen schon lange, es ist, aus ganz unterschiedlichen Gründen, gesicherte Erkenntnis, dass das Geräusch aus der Wohnung von obendrüber kommt, und nicht etwa von draußen oder von woanders.

Seit einigen Tagen beobachte ich nun folgendes:

Wenn im Wohnzimmer (siehe oben eingangs beschriebener Raum) eines der beiden Fenster gekippt wird, steigt der Pegel des Brummens in allen vier Raumecken des Wohnzimmers, im Gegensatz zu geschlossenen Fenstern, an. Dabei führt das Kippen von Fenster a zu einem stärkeren Pegelanstieg, als das Kippen von Fenster b.

Das Geräusch kommt definitiv nicht von draußen, ich beoachte es wie gesagt schon länger. Das Problem besteht jetzt schon den zweiten Sommer, vergangenes Jahr, habe ich manchmal das Fenster aufgemacht, weil die Geräusche von draußen das Brummen dann etwas maskierten.

Jetzt ist es umgekehrt, Kippen eines Fenster erhöht die Pegellautstärke des Brummens. ;( Ich vermute, dass das Kippen des Fensters die akustischen Eigenschaften des Raums verändert und dadurch in den Raumecken der Pegel steigt. Wie aber geht das genau? Hat jemand eine Idee?

Vor einigen Monaten hatte ich schon mal etwas Ähnliches beobachtet: Wenn ich die zum Wohnungsflur führende Küchentür geschlossen habe, ist der Pegel in den Raumecken des Wohnzimmers gesunken, obwohl das Geräusch in der Küche gar nicht wahrnehmbar war (sondern, damals nur in Wohnzimmer und Flur). Hatte mir das damals so erklärt, dass das Geräusch über die Flurdecke in die Wohnung kommt (neben dem Wohnzimmer ist im Flur meistens das Pegelmaximum, genau an der Stelle wo ein Holzbalken aus der Decke ragt), dort offenbar von den Wänden hin- und her gespiegelt wird, auch in der Küche, dann irgendwie ins Wohnzimmer gelangt, von en Wohnzimmerwänden wieder hin- und hergespiegelt wird und dann irgendwann im Wohnzimmer die Hörschwelle überschreitet.

Allerdings besteht dieser Zusammenhang mittlerweile so nicht mehr, d.h. Schließen der Küchentür führt mittlerweile nicht mehr zu einer Verringerung des Pegels im Wohnzimmer, jedoch auch nicht zu einer Erhöhung. Dafür ist seit kurzem zu beobachten, das Kippen eines der Fenster (insbesondere von Fenster a) zu einer Erhöhung des Pegels im Wohnzimmer führt, obgleich die Geräuschquelle ganz sicher nicht draußen liegt, sondern in der Nachbarwohnung obendrüber, das ist seit langem gesicherte Erkenntnis.

Hat jemand eine Idee, wie das physikalisch /schallakustisch zu erklären ist? Die Tonfrequenz des Störgeräusch liegt bei ca. 50 Hz (da ist schon lange so, und hat sich auch bisher noch nie geändert.

Besten Dank und Grüße
Mib5


[Beitrag von Mib5 am 27. Jun 2021, 14:27 bearbeitet]
allesgeht
Inventar
#2 erstellt: 27. Jun 2021, 16:05

Mib5 (Beitrag #1) schrieb:
Hallo,
Das Problem besteht schon seit längerem, der Nachbar ist nicht kooperativ.
Besten Dank und Grüße
Mib5


Moin,

was erwartest Du den kooperativ von Deinen Nachbarn? Was soll er denn machen
Prim2357
Inventar
#3 erstellt: 27. Jun 2021, 22:00
Moin,

wenn das Problem im Sommer besteht ist es sehr wahrscheinlich das diese Geräusche von einer Klimaanlage stammen.
Ist diese und die Abluftführung nicht richtig von der Bausubstanz entkoppelt, oder ist es der Abluftventilator, dann ist dies zu beheben oder eben nicht.
Ein Standventilator, wenn es keine Klimaanlage ist, wenn er auf voller Umdrehungszahl läuft und etwas unwuchtig ist, kann auch unangenehme Geräusche verursachen.

Sind das Mietwohnungen, dann mit dem Vermieter reden.
Wenn sich der Nachbar nicht kooperativ zeigt, einfach mal einen Subwoofer kaufen falls noch nicht vorhanden,
eventuell ist dieser eine Hilfe, und der Nachbar kommt dann auf dich zu...
Acoustics_Fun
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 28. Jun 2021, 20:53
Guten Abend,

zu der akustischen Frage mit dem Fenster :

Der 50hz Ton regt bestimmte Raummoden in deinem Raum an. In den Ecken herrscht ein Druckmaximum, deßhalb ist es dort lauter als im Rest des Raums. Man könnte jetzt anhand der Raummaße berechnen, welche Mode welcher Ordnung angeregt wird. Dann kann man lokalisieren, wo diese ihr Druckmaximum hat. Die absolute Kurzfassung : Entfernt man das anregen einer Raummode durch zB. ein offenes Fenster (Wirkt wie ein Absorber mit 100% Effizienz) Ist es möglich, dass dadurch eine andere Raummode stärker angeregt wird, da es vorher zu Auslöschungen gekommen ist.

Das war jetzt wissenschaftlich sicher nicht korrekt beschrieben, so verhält es sich aber in der Raumakustik. Das ist hier viel mehr Bauakustik, wovon ich leider nicht viel Ahnung habe. Vermutlich lässt sich das aber ein übertragen, das Phänomen entsteht ja in deinem Raum und ist reproduzierbar.
old-DIABOLO
Stammgast
#5 erstellt: 30. Jun 2021, 13:54
Zu „… Hat jemand eine Idee..“:

Dieser Effekt ist öfters auch im Fahrzeug (Soundsystem) zu beobachten/hören. In der Fahrzeugkabine entsteht durch das Öffnen eines Fensters ein Helmholzresonator in dessen Innerem sich der Hörer/Fahrer befindet. Je nach Öffnungsweite des Fensters kann die Tuningfrequenz (Basswiedergabe) beeinflusst werden. Pegelerhöhungen im Bereich der Tuningfrequenz von bis über 10 dB sind oft möglich.

In Räumen ist der Effekt aufgrund Undichtheiten, schwingungsfähiger Wände/Decke/Fenster/Türe zumeist weniger, je nach individuellen Gegebenheiten, ausgeprägt. Jedoch manchmal auch deutlich gegeben.

Die frequenzabhängige Pegeländerung durch das Kippen des Fensters (Öffnen der Türe) im Raum ist ortsabhängig, nicht an alle Positionen im Raum gleich. Physikalische Herleitung siehe Resonanzen in geschlossenem und einseitig offenem Rohr (¼ zu ½ Wellenlänge), in diesem Zusammenhang die Eigenschaften von Schalldruck zu Schallschnelle.

Es ist denke ich gut möglich, wahrscheinlich dass die Schallübertragung nach wie vor, wie du es auch schilderst, über Wände/Decke erfolgt, durch das Öffnen des Fensters nur, wie oben beschrieben, im Schalldruck positionsabhängig beeinflusst wird.

Schade, dass der Nachbar nicht kooperationsbereit ist. 50 Hz entspricht Netzfrequenz, entsprechend kommen diverse netzbetriebene Geräte als Quelle bevorzugt in Frage. Vermutlich hättest du dich ja an Kosten zur Reduzierung des Störlärms beteiligt oder diese übernommen. In deiner Wohnung wirst du leider ohne erheblichen Aufwand (zusätzliche Vorbauwand, Akustik-Decke) meiner Erfahrung kaum erfolgreich gute Abhilfe schaffen können.

Gute Zeit


[Beitrag von old-DIABOLO am 30. Jun 2021, 14:24 bearbeitet]
Mib5
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 15. Aug 2021, 14:47
Hallo Leute,

hier ist der TE. Ich bedanke mich für alle Antworten.

Nachdem das Phänomen eine Weile nicht aufgetreten ist, besteht es seit heute morgen wieder.

Da ich mich meist im Wohnzimmer aufhalte, fällt es mir dort meist zuerst auf. So auch heute.

Ob das beim letzten Mal auch schon so war weiß ich nicht, aber heute habe ich entdeckt, dass sich durch Öffnen der Wohnzimmertür ein Teil des Pegels vom WZ in den Flur verlagern lässt.

Normalerweise tritt das Pegelmaximum im Wohnzimmer in den Raumecken auf (das ist im LF-Bereich ja auch so erwartbar). Genau in der WZ-Raummmitte ist es meist unter der Hörschwelle, auch wenn es in den Raumecken bereits relativ laut ist.

Zusätzlich ist das Brummen manchmal auch im Flur zu hören. Der Flur ist L-förmig, zu hören ist es im Flur dann an der "Knickstelle" des L, genau an der Stelle verläuft auch ein Holzbalken. Ob der Holzbalken akustisch eine Rolle spielt weiß ich nicht.


Heute morgen habe ich Folgendes entdeckt (zufällig beim Lüften):


Wenn ich alle Zimmertüren der 2ZKB Wohnung öffne, ist das Pegelmaximum im L-förmigen Flur an der Knickstelle des L. Der Pegel ist dann bereits relativ hoch. Ein paar Schritte nebendran, immernoch im Flur, ist jedoch zu hören.

Schließe ich jedoch alle Zimmertüren in der Wohnung (zum Flur führen Türen jeweils aus Bad, Küche, Schlafzimmer, Wohnzimmer, weitere Zimmer gibt es nicht), sinkt der Pegel im Flur erheblich. Die stärkste pegelsenkende Wirkung hat das das Schließen der Wohnzimmertür.

Wenn ich die Wohnzimmertür öffne steigt der Pegel im Flur erheblich, das hat jedoch für das Wohnzimmer eine positive Nebenwirkung: In den Raumecken des WZ sinkt der Pegel dann auf ein Niveau unter oder minimal über die Hörschwelle. Das ist sehr erfreulich, da das WZ zu klein ist, um die Ecken zu meiden. U.a. steht z.B. der Schreibtisch mit dem PC in einem Eck, durch das Öffnen der WZ-Tür kann ich diesen Beitrag schreiben, ohne durch lästiges Brummen gestört zu werden.

Schließen des gekippten Wohnzimemrfensters hat eine ähnliche Wirkung wie das Öffnen der Wohnzimmertüre.

Ich frage mich schon, was es physikalisch zu bedeuten hat, dass durch Öffnen der WZ-Tür das Pegelmaximum innerhalb der Wohnung verschieben lässt.

Auch scheint der Flur eine Rolle zu spielen:

Das das Pegelmaximum nicht in den Raumecken auftritt war bisher nur im Flur zu beobachten, in anderen Räumen ist das Pegelmaximum immer in den Raumecken (aber nicht zwingend in allen Raumecken gleich stark vorhanden).

Da die Stelle mit dem Pegelmaximum im Flur unter einem Holzbalken ist, habe ich mich schon Folgendes gefragt:


  1. Ist die Stelle im Flur mit dem Holzbalken womöglich der Ort, an der die Schallwelle in die Wohnung gelangt?

  2. Die Verteilung innerhalb der Wohnung ist dann offenbar, aus welchen Gründen auch immer, durch Öffnen/Schließen mancher Fenster/Türen beeinflussbar?



Das Problem tritt nicht nur im Sommer auf, sondern auch im Winter. Ich kenne das Haus recht gut und weiß, welche Geräusche ich normalerweise erwarten kann. Klima- und Heizungsanlagen schließe ich aus, wenn hier etwas geändert worden wäre, wüsste ich das.

Ich vermute, dass der Nachbar ein elektrisches Geräut neu angeschafft hat, und das die Aufstellung zu einer ungünstungen Übertragung von Körperschall, Auslösen von Raumresonanzen oder was auch immer führt. Anzunehmen, dass er das Brummen in seiner Wohnung viel Schwächer oder gar nicht hört.


Grüße,
Mib5


[Beitrag von Mib5 am 15. Aug 2021, 14:57 bearbeitet]
ehemals_Mwf
Inventar
#7 erstellt: 16. Aug 2021, 15:11
Hi,
Mib5 (Beitrag #6) schrieb:
... Ich vermute, dass der Nachbar ein elektrisches Geräut neu angeschafft hat, und das die Aufstellung zu einer ungünstungen Übertragung von Körperschall, Auslösen von Raumresonanzen oder was auch immer führt. Anzunehmen, dass er das Brummen in seiner Wohnung viel Schwächer oder gar nicht hört. ...

Ich denke damit hast du den Stand deines Problems plausibel und umfassend beschrieben.
Ohne Mitarbeit des Nachbarn wirst du nur mit HighEnd-Messtechnik weiterkommen, wie sie z.B. in der Automobil-Industrie und evtl. bei Akustik-Gutachtern vorhanden ist, z.B. Schallintensitätsmessung mit Richtungskomponente per Doppelmikrophon sowie Beschleunigungswandler für Körperschall.

Davon ab sind grundsätzlich zu unterscheiden:

1. Geräuschquelle und primäre Weiterleitung im Gebäude (wahrscheinlich Körper-Schall)

2. (Ungleich-)Verteilung des Geräusches im Wohnraum und den angrenzenden Räumen (Moden, abhängig von der Öffnung von Fenstern /Türen = zusätzlich angekoppelte Helmholz-Resonatoren) = Luftschall-Phänomene, die sich im länglich schmalen Flur (+ L-Form) anders ausbilden als in einem "Kasten".

So ist der Holzbalken im Flur wahrscheinlich nicht die eigentliche Geräuschquelle (= schlechter Wandler für 50 Hz), es sei denn, es gibt direkt mit ihm gekoppelte Flächen die maßgeblich an der "Abstrahlung" beteiligt sind.
Dagegen spricht auch, dass das Schließen von Türen den Pegel im Flur deutlich absenkt.

Gruss,
Michael


[Beitrag von ehemals_Mwf am 16. Aug 2021, 15:15 bearbeitet]
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