Gould, Glenn; Enfant terrible des Klaviers ?

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Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 01. Mrz 2004, 20:12
Hallo Forianer,


In einem Thread dieses Forums, schrieb "Jazzy", er habe
Glenn Gould in meiner (sehr gekürzten) Liste verstorbener
Weltklassepianisten "schmerzlich vermisst"

Um diese Scharte wieder auszuwetzen, widme ich ihm diesen Thread.

Gould ist ja (von Bach einmal abgesehen) nicht unumstritten,
gelinde gesagt. Nun hat Sony sich entschlossen, etliche seiner alten Aufnahmen wieder aufzulegen. (im alten CBS-Look!) Ich hab mit je eine CD mit Mozart Klaviersonaten und eine mit Beethoven-Klaviersonaten gekauft.
Meine Eindrücke müchte ich hier (noch) nicht verraten, aber es wäre ja nicht uninteressant welche Positionen zu diesem Pianisten hier im Forum vertreten werden.
Wie bei allen Aussenseitern können die Meinungen hier schon mal aufeinander prallen. Wie aber immer mann zu Gould und seinen Werksdeutungen steht: Ein interessantes Diskussionsobjekt ist er allemal

Grüsse aus Wien
sendet
Alfred
Albus
Inventar
#2 erstellt: 02. Mrz 2004, 12:44
Tag,

dann also auch Glenn Gould. Auch dessen Bachspiel war nicht unbestritten. Gustav Leonhard im Interview mit Hans Heinrich Raab, Spezialist für Klavier und Cembalo beim NDR, als das Gespräch auf das Wohltemperierte Klavier kam, was Leonhard auf dem Cembalo eingespielt hat: "Ach nein, das wollen Sie nicht sagen, dass Gould ein guter Pianist ist." Raab schwieg für einen Moment; er ist ein Gouldianer.

Goulds Beethoven-Sonaten, die drei op. 31 (darunter 'Der Sturm', op..31,2) sind nicht mehr Beethoven, idiotisches Rasen. Die von Gould als 'liebste Sonate' gemochte 30. Klaviersonate, op. 109, wird verrannt, nicht mehr Beethoven ("Nein, das ist nicht mehr Beethoven!", bemerkte einst ein britischer Großkritiker und Komponist, Name beginnt mit H, nicht Hayworth). Dann die berühmten Bach Violin- und Violoncello-Sonaten (mit Laredo und Rose). Wir legen die Violoncello-Sonaten dann zum Tee auf, wenn wir uns amüsieren wollen über 'Bach als Alpenrock' (was uns auch beim Händler einen irritierten Blick eingebracht hat). Rose hat mit Gould seine erklärten Schwierigkeiten gehabt. Und die Goldberg-Variationen? Dieser von ihm selbst verfummelte Klavierton, wenn's denn sein muß? Muß es sein, es muß nicht sein.

MfG
Albus

PS: Ja, manchmal bin ich ungerecht.


[Beitrag von Albus am 02. Mrz 2004, 12:46 bearbeitet]
Susanna
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 02. Mrz 2004, 14:23
Alfred schrieb:

Ich hab mit je eine CD mit Mozart Klaviersonaten...gekauft.


Positiv möchte ich seine diesbez. Interpretationen als "sehr subjektiv" bezeichnen; Wenn Mozart seine Sonaten so gespielt hätte (was ich nie und nimmer glaube und was auch der Spielauffassung der damaligen Zeit entgegensteht und auch nicht den Möglichkeiten der damaligen Instrumente entspricht ), wäre er nicht mein Lieblingskomponist. Es fallen mir die Vokabeln "trocken", "eigenwillige Tempi", "intellektuell" ein, aber man kann Musik ja nicht mit Worten ausdrücken.
Fazit: Brendel ist mir 1000 Mal lieber! Oder Ingrid Haebler oder Geza Anda. Mir gefällt Gould nur mit Bach.

Gruß,
Susanna
Jazzy
Inventar
#4 erstellt: 02. Mrz 2004, 22:26
Hallo!
Ich liebe von Gould vor allen Dingen "Das wohltemperierte Clavier" und die Goldberg-Variationen.
Sicher,er spielt sehr besessen,er spielt eben für sich,ich verstehe aber,was er spielt.
Jazzy
Inventar
#5 erstellt: 03. Mrz 2004, 23:24
Gould brachte ja die Toningenieure bei den Schallplattenaufnahmen oft zur Verzweiflung,
weil er einen niedrigen,altersschwachen,sehr knarzigen Klappstuhl als einzigen Spieluntersetzer gelten ließ.
Noch heute hört man auf seinen Aufnahmen jenes Knarren und Knacksen.
Wie kam es dazu? Nun,als kleinen Jungen( so mit 3 Jahren)
lehrte ihn die Mama schon das Klavierspiel. Er saß auf jenem Holzklappstuhl,allerdings hatte dieser da noch lange Beine,damit Klein-Glenn an die Tasten kam.
Später,als Gould immer mehr wuchs,aus der Kindheit herauswuchs,sägte er diese Stuhlbeine mehr und mehr ab,
um weiterhin in gewohnter Kindeshaltung an den Tasten hängen zu können.
Er spielte ausschließlich mit diesem Stuhl,niemand
und nichts konnte ihn auf einen anderen Untersatz bringen....
driesvds
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 16. Mrz 2004, 18:49
die aufregung um gould kann ich einfach nicht nachvollziehen.

z.B. wie er das Bach Klavierkonzerto spielt; entsetzlich langsam, langweilig. Vladimir Askenasy's bekannte Aufnahme ist da viel, viel besser.

und dann das nervende mitsingen. vielleicht hätte er doch sänger werden sollen.

nein danke, aber jeder sein ding.

op111
Moderator
#7 erstellt: 23. Aug 2004, 17:42
Hallo zusammen,

Durch den Buch-Thread angeregt.
G. Gould und die Steuerung der Medien.
Gruß
Franz

CBS Produzent A. Kazdin: Glenn Gould:
... (im Interview)... über Art und Richtung der Fragen bestimmen ...
In einer Rundfunksendung, die er eine Zeitlang in Toronto moderierte, stand ihm ein CBC-Ansager namens Ken Haslam zur Seite. Für die Außenwelt klang es, als führten die beiden tatsächlich eine angeregte Unterhaltung über die Musik, die in der Sendung gespielt wurde. In Wahrheit aber hatte Gould ein Drehbuch für jedes Wort geschrieben, das aus Haslams Mund kam ganz zu schweigen von seinen eigenen Antworten.

Ein noch beliebterer Trick Glenns war, sich selbst zu interviewen. Manchmal gab er sogar zu, daß er sich mit seinem zweiten Ich unterhielt, bei anderen Gelegenheiten aber inszenierte er für die Mikrophone kunstvolle Diskussionen am runden Tisch, ...

Die Überwachung der Medien erreichte vermutlich ihren Höhepunkt, als ein Autor namens Geoffrey Payzant sich daran machte, eine Biographie Goulds zu schreiben, die 1978 erschien (Glenn Gould: Music & Mmd, Toronto, Van Nostrand Reinhold Ltd., 1978).
Aus irgendeinem Grund schrieb Payzant das Buch, ohne sich eingehend mit ihm (oder irgendwelchen Vertrauten, sofern es welche gab) zu unterhalten, und stützte seine Ansicht ausschließlich auf Glenns Schriften, Aufnahmen und andere persönliche Schöpfungen. Es war genau das Richtige für Gould. Die Früchte einer lebenslangen Lenkung der Medien konnten nun geerntet werden: Alles Gedruckte, was Payzant finden konnte, hatte Gould bereits peinlich genau kontrolliert. So stand er also mit der Genugtuung eines Filmregisseurs, der seine »Schnellkopien« prüft, im Hintergrund und schaute sich zu, wie er seine Biographie schrieb mit ein bißchen Kleinarbeit von Payzant. Hinterher sagte Glenn, daß ihm das Buch gefalle. Das war sehr bescheiden.
Susanna
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 23. Aug 2004, 17:51
Hallo,

seit ich vor einiger Zeit einen Bericht über Kindheit u. Jugend Glenn Goulds hörte, ist mir Vieles verständlicher geworden. Auch seine Musikauffassung u. z. T. merkwürdigen Gewohnheiten erscheinen da in einem anderen Licht. Zu beneiden war dieser Künstler als Mensch nicht! Doch das ist Psychologie.

Gruß,
Susanna
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