Frage zu ECC88 Kathoden Mosfet

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Anro1
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 19. Dez 2016, 22:42
Hallo liebe Mitleser

bin auf der Fehlersuche an einer Audio Research Vorstufe. (1 Kanal hochfrequentes Oszilieren)
Schaltplan des Röhrenteils findet man auf Seite 2 der PDF Docs hier:
Audio Research Ref 1

Ein Bekannter hat beim Röhrentausch 2 der Mosfets an den Kathoden der ECC88 abgerissen.

Im Schaltplan findet man an den Mosfets die Bezeichnung "1001", die Bauteile-Liste zeigt
keine Info zu den Mosfets. Die Bauteile Bezeichnung an den Mosfets ist abgeschliffen.

Nach dem Symbol im Schaltplan sollte es sich um N-Channel Depletion Mosfets handeln.
Gehäuse ist TO-92

Meine Frage, kennt jemand einen Mosfet aus Anfang der 90ziger mit der Bezeichnung "1001"?

Kann ich als Ersatz z.B. einen DN2530N3-G MOSFET, N-Channel, 300 V, Ron 12 Ohm verwenden ?? Denke in der Selfbiasing Schaltung des Mosfets mit den Potis zur Einstellung Spannung an der ECC88 Kathode sollte das doch gehen ?

Den DN2530N3-G gibts z.B. beim Reichelt
DG2530N3-G Mosfet

Vielen herzlichen Dank für Euer Feedback und Euren Rat zu den Mosfets.
Grüsse Ernst


[Beitrag von Anro1 am 19. Dez 2016, 22:44 bearbeitet]
pragmatiker
Administrator
#2 erstellt: 20. Dez 2016, 08:33
Servus Ernst,

Die Bauteile Bezeichnung an den Mosfets ist abgeschliffen

das glaube ich gern. Da die Schaltung von vorne bis hinten gleichspannungsgekoppelt ist (deswegen braucht es auch die -75[V] Versorgungsspannung für Q2, weil sonst die Anodenspannungen von V1 und V3 viel zu hoch liegen würden), sind diese FETs DIE zentralen Bauelemente für korrekte Arbeitspunkte in allen Stufen. Stimmen diese FETs nicht genau (und deren Toleranzen werden mit den Abgleich-Widerständen R23 und R24 aus der Schaltung rausgetrimmt), dann funktioniert die ganze Schaltung nicht mehr richtig. Kennt man den genauen Typ für Q1, Q2, Q3 und Q4 nicht, dann erschwert das den Nachbau dieser Schaltung außerordentlich.

Rechnen wir mal a bisserl mit den Spannungsangaben des Schaltbildes rum (interessante Schaltung übrigens: Die Verbindung der Anoden von V1 und der Querzweig via R17 und R18....):

  • 179[V] Betriebsspannung - 121.7[V] Kathodenspannung = 57.3[V] U(ak) der Ausgangs-ECC88.
  • 120[V] Anodenspannung der Treiber-ECC88 - 121.7[V] Kathodenspannung der Ausgangs-ECC88 = -1.7[V] U(g) der Ausgangs-ECC88

Schaut man nun im Kennlinienfeld des Philips Datenblattes der ECC88 auf Seite 6 (7R05410 PCC88 6-3-57 7.7.1957) bei ca. 57[V] U(ak) und ca. -1.7[V] U(g) nach, dann landet man bei einem Anodenstrom (und damit einem Kathodenstrom) der Ausgangs-ECC88 von ca. 2.5[mA]....3.0[mA].

An R33 und R34 (je 237[Ohm]) fallen damit je ca. 0.59[V]....ca. 0.71[V] ab. V(GS) von Q3 und Q4 läge also bei je ca. -0.59[V]....-0.71[V]. Schaut man nun in die Kurvenschar "Output Characteristics" auf Seite 3 des DN2530 Datenblattes, dann landet man im Bereich von -0.5[V]....-1.0[V] V(GS) bei Drainströmen in der Gegend von ca. 220[mA]....ca. 330[mA] bei U(DS) in der Gegend von ca. 121[V] (121.7[V] - 0.71[V] (U(R33/R34))). Der DN2530 würde also in der gegebenen Schaltung fast völlig (bis auf ca. 20[V] U(DS)) durchschalten.....über der Ausgangs-ECC88 würden dann ca. 150[V] anstehen....und durch die Ausgangs-ECC88 würde dann ein Strom von ca. 40[mA] fließen......der Arbeitspunkt der Treiber-ECC88 wäre in völliger Schieflage (weil die nur noch ca. 10....20[V] Anodenspannung hätte)......aus der Schaltung käme kein unverzerrter Ton raus.....und mit etwas Pegel schon gar nicht.

Damit dürfte der DN2530 für diese Anwendung nicht das richtige Ersatz-Bauelement sein.

Übrigens: Der R(DS(ON)) Wert des FETs ist in dieser Anwendung weitestgehend wurscht - es ist einfach egal, ob der 12[Ohm] oder 100[Ohm] hat, weil der FET ja als Konstantstromquelle und nicht als (eingeschalteter) Schalter betrieben werden soll.

Depletion (MOS)FETs streuen SEHR stark in ihren Daten (allein der Toleranzbereich von -1.0[V] bis -3.5[V] in der Angabe V(GS(OFF)) des DN2530 möge dies verdeutlichen). Deswegen MÜSSEN mindestens Q3 und Q4 gepaart (also ausgemessen) sein - idealerweise sollten Q3 und Q4 auch thermisch gekoppelt sein (weil Sperrschicht-FETs in ihren Parametern teilweise auch dazu noch recht stark mit der Temperatur driften).

Wenn man die Widerstände R21 / R22 / R23 / R24 / R33 / R34 entsprechend anpaßt (ich weiß ja nicht welche zwei der vier FETs abgerissen wurden), dürfte meiner Meinung nach der DN2535 für diese Anwendung "hinzubiegen" sein (den gibt es in TO92, er macht 350[V] mit und bei U(GS) in der Gegend von ca. -1.5[V].....ca. -2.0[V] dürfte sich da der gewünschte Strom in der Gegend von 3[mA] einstellen).

Noch besser (mit Anpassung der Widerstände) geeignet wäre vermutlich der DN3145, der kommt aber in einem SMD-Gehäuse daher.....

Rein von der Stromkategorie her (bis 6[mA]) wäre eigentlich der LND150 (TO92, 500[V]) ideal - allerdings braucht der bei ca. 3[mA] Strom bereits positive ca. 0.5[V] U(GS). Damit sind dann selbstregelnde Simpel-Stromquellen ohne deutliche Umarbeitung der Schaltung nicht mehr darstellbar.

Die Typen ND2012L und ND2020L (TO92, 200[V]) von Temic / Siliconix / Vishay könnten hier auch noch passen - auch hier müßten allerdings die Widerstände angepaßt werden.

Der Typ BSP135 von Infineon (SOT-223, 600[V]) kommt zwar im kühlbaren SMD-Gehäuse daher, könnte aber nach Modifikation der Widerstandswerte ganz gut passen (ca. -0.3[V] @ 50[mA]).

Diese Leute hier:

http://maxpowersemi....depletion-mode-to92/

stellen auch noch Teile her, die hier passen könnten - allerdings hab' ich keine Datenblätter gefunden.

Insgesamt ist das Angebot an HV-Depletion-MOSFETs (also an Verarmungstypen) heutzutage leider SEHR, SEHR übersichtlich geworden - das schreibt auch Infineon recht deutlich als Ouvertüre auf seiner Homepage: http://www.infineon....681d0112ab6a586204b8

Das Problem ist: In dieser Anwendung MÜSSEN es aus Gründen der Spannungsfestigkeit (mindestens ca. 150[V]) Depletion-MOSFETs sein - bei normalen Sperrschicht-FETs (JFETs) ist bei der Spannungsfestigkeit bei spätestens ca. 60[V] Schluß. Das betrifft in erster Linie Q3 und Q4 (U(DS) = ca. 120[V]) - bei Q1 und Q2 könnte man drüber nachdenken, "normale" JFETs einzusetzen, da hier U(DS) nur in der Gegend von ca. 30[V] liegt. Was man sich allerdings zur Sicherheit genau anschauen sollte: Die Spannungsverhältnisse während des Anheizens der Schaltung.

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 20. Dez 2016, 09:35 bearbeitet]
Anro1
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 20. Dez 2016, 13:32
Hallo Herbert

vielen herzlichen Dank für Deine absolut tollen und umfangreichen Informationen
zu der Funktion, Berechnung der Schaltung und für die mögliche Auswahl eines
Mosfet Ersatztyps.

Die aktuell mir vorliegende Schaltung stimmt nicht genau mit dem Schaltplan überein.
Es gibt aktuell in der Schaltung einen weiteren Mosfet, also 5 pro Kanal.
Die Eingangsschaltung aus V1(V2) undV3(V4) hat noch einen zusätzlichen
Mosfet bekommen.
Diese neuere Schaltung REV 21 habe ich auch auf der Audio Research HP gefunden:
AR Reference 1 Rev 21

Es sind 2 Mosfets im Bereich der Röhren V1/V3 abgebrochen, die ja von
den Spannungfestigkeitsanforderungen nicht so kritisch wie Q3/Q4 sind.
Ich nehme aus der Stückliste mal an das die Mosfets Q1 - Q5 die selben Typen sind.

Habe mal nach den von Dir berechneten Wert Vgs für Q3/Q4:

An R33 und R34 (je 237[Ohm]) fallen damit je ca. 0.59[V]....ca. 0.71[V] ab. V(GS) von Q3 und Q4 läge also bei je ca. -0.59[V]....-0.71[V].
für einen 2SK373 Mosfet von Toshiba angenommen.

Datenblatt 2SK373

Wenn ich das richtig interpretiere (bin leider hier nicht so bewandert) so zeigt die
Id-Vgs Kurve des 2SK373 bei -0,7Vgs einen Id von ca. 2mA.
Stimmt die Betrachtung so ??, wenn ja könnte das ja mit dem von Dir berechneten Kathodenstrom der Ausgangs ECC88 von 2,5-3mA in ungefähr hinkommen ??.

Der 2SK373 hat eine Max Spannungsfestigkeit von 100V aber das könnte für die
Mosfets Q1/Q2 ja mit einigem Sicherheitsabstand noch funktionieren ??

Nochmals vielen herzlichen Dank für Deine Hilfe, die super umfangreichen Ausführungen
und für die Erklärungen und Berechnungen zu der Schaltung.
Grüsse Ernst


[Beitrag von Anro1 am 20. Dez 2016, 13:51 bearbeitet]
pragmatiker
Administrator
#4 erstellt: 20. Dez 2016, 14:38
Servus Ernst,

Anro1 (Beitrag #3) schrieb:
Wenn ich das richtig interpretiere (bin leider hier nicht so bewandert) so zeigt die
Id-Vgs Kurve des 2SK373 bei -0,7Vgs einen Id von ca. 2mA.
Stimmt die Betrachtung so ??, wenn ja könnte das ja mit dem von Dir berechneten Kathodenstrom der Ausgangs ECC88 von 2,5-3mA in ungefähr hinkommen ??.

ja, der 2SK373 liegt schon in etwa auf der Zielgeraden (jedenfalls besser als alles, was ich so ausgegraben habe) - was eine mögliche Notwendigkeit der leichten Anpassung der Widerstandswerte der Source-Widerstände nicht komplett ausschließt.

Der 2SK373 hat eine Max Spannungsfestigkeit von 100V aber das könnte für die
Mosfets Q1/Q2 ja mit einigem Sicherheitsabstand noch funktionieren ??

Für Q1 seh' ich da kein Problem, bei Q2 und Q37 kann man nur hoffen, daß die Angaben im Schaltbild stimmen (dann würden durch R170 und R171 - sind das eigentlich Hochlastwiderstände? - je ca. 8...10[mA] fließen und damit über R170 und R171 je ca. 80...100[V] abfallen). Wenn das so wäre, dann wäre man mit U(DS) << 100[V] da im grünen Bereich. Q3 und Q4 lassen sich mit dem 2SK373 wegen U(DS) > 100[V] nicht abdecken.

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 20. Dez 2016, 14:40 bearbeitet]
Anro1
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 20. Dez 2016, 21:31
Hallo Herbert

nochmals vielen herzlichen Dank für Deine kompetente Hilfe. Einfach Klasse.

Nachdem es wohl den 2SK373 auch nur noch in Restbeständen bei Komponenten Dealern
in China gibt, habe ich mich zu einer TO-92 Not-Operation entschieden.
Nicht die erste Wahl, erschien mir aber als das kleinere Übel.

Habe die beiden Plastikgehäuse vorsichtig um die direkt am Gehäuse abgebrochen
Beinchen so 1mm aufgemacht, und an die Bruchstellen mit der Mini-Lötspritze neue Drähte angelötet.
Nicht ganz schön aber selten

003

Die Mosfets wieder eingelötet und siehe da der Pre-Amp funktioniert.
Muss jetzt noch die Eingangsröhren entsprechend den Angaben im Schaltplan abgleichen, und
den Amp dann mal im Dauerbetrieb testen.
Hoffe die Not-OP erweist sich als über die Zeit haltbar.

Grüsse und ein schönes Weihnachtsfest.
Ernst


[Beitrag von Anro1 am 20. Dez 2016, 21:32 bearbeitet]
pragmatiker
Administrator
#6 erstellt: 20. Dez 2016, 22:45
Servus Ernst,

ja, mit manchen seit ewigen Zeiten gewohnten (und SEHR guten!) Bauelementen ist es zunehmend ein Elend: Kein Hersteller will die mehr fertigen und anbieten - schon recht erst nicht als bedrahtetes Bauelement, weil das ja dermaßen "old school" ist.......(und dabei ist es auch wurscht, daß der Kunde durchaus auch weit über die üblichen Pfennigbeträge hinaus zahlungswillig wäre......den BWLer der Firma interessiert es einfach nicht, und damit basta!).

Daß man sich da (als Firma und auch seine Kunden) freiwillig vieler Möglichkeiten eines effizienten, schlanken und sehr eleganten analogen Schaltungsentwurfs selbst beraubt, werden die heutigen, jungen Turnschuhritter in vielen Jahren noch selbst feststellen (müssen) - aber: da leben wir Alten (gottseidank) schon lange nicht mehr.

Ernst, Glückwunsch zur gelungenen Pfriemel-Reparatur - hoffen wir mal, daß die lange hält.

Grüße

Herbert
Ingor
Inventar
#7 erstellt: 21. Dez 2016, 11:14
Ich habe mal eine Frage zur Anordnung der FETs. Einen Halbleiter direkt neben eine Röhre zu knallen ist ja nicht unbedingt eine tolle Idee. Überhaupt ist die Schaltung mit den vielen FETs ja nicht unbedingt eine sehr übliche Lösung. Soweit ich die Ausführungen von Pragmatiker verstanden habe, stabilisieren diese FETs die Arbeitspunkte der Röhren.

Könnte es sein, dass die FETs in der Näher der Röhren angebracht sind, um auch eine Wärmedrift zu verhindern?
Anro1
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 21. Dez 2016, 12:49
Hallo Ingor

inwieweit die MosFets mit den Kühlfahnen absichtlich wegen Temperatureinflüßen / Drift
nahe bei den Röhren liegen weis ich nicht. ??

Bei DC gekoppelten Amps findet man diese Art der Arbeitspunkt Einstellung mit CCS
sicher des öfteren. Hatte mal einen voll DC gekoppelten Amp aus Japan bei dem waren von der
ersten Vorstufen Röhre bis dann zur 300B alle Kathodenkonstukte als Mosfets CCS ausgeführt.
Bei dem Amp saßen die Fets soweit ich das erinnere nicht in unmittelbarer Nähe der Röhren.

Bei den Longtail Phase Invertern findet man ebenfalls oft CCS in Röhren/Transistor Ausführung.
Da kann man wohl drauf warten bis auch hier Engpässe bei den Transistor 3-Beinern entstehen.

Herbert
bin auch gespannt ob die PfrimmelReparatur längerfristig hält. Cross my fingers.

Grüsse und ein schönes geruhsames Weihnachtsfest.
Ernst
Ingor
Inventar
#9 erstellt: 21. Dez 2016, 13:17
Solange das eigentliche Substrat nicht an die Luft kommt und du keine Kaltlötung produziert hast, sollte es halten. Ist ja nichts anderes als SMD.

Ich hätte aber die FET wieder in der selben Höhe, wie sie ursprünglich angebracht waren, eingelötet. Aber wenn alles läuft, dann lass es so und pass beim Wechseln der Röhren auf.
Anro1
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 21. Dez 2016, 20:31
Noch ein kurzer Nachtrag.

Die Temperatur an den Kühlfahnen der Mosfets neben den ECC88 beträgt nach
2 Stunden Betrieb an allen Fets so 54-55C° könnte also schon sein dass
das bewußt so gemacht wurde. ?

Habe heute die Uk an den 4 ECC88 mit den abgleichbaren CCS auf 0,55V eingestellt.
Im Schaltplan empfohlen 0,4V-0,7V.
In der Schaltung sieht man schön wie die beiden ECC88 Triodensysteme die zusammen
an einer CCS hängen dann trotz "gematched" unterschiedliche Ströme ziehen.
Die Funktion des Amps scheint das aber nicht weiter zu beeindrucken.

Hat mir jetzt keine Ruhe gelassen, und so habe ich mal einen 2SK373GR an der Position
Q37 also in die CCS für Röhre V3 eingelötet, hat so 1:1 nicht funktioniert.

Uk veränderte sich bei identischer Poti Stellung von 0,55v auf ~2V, und ich konnte den Strom
über das Poti auch nicht viel weiter runter regeln. Scheint so das der 2SK373Gr dann bei der
anliegenden Ugs doch zuweit aufsteuert. Na zumindest weis ich jetzt das der SK373GR so ohne
Änderung an dieser Stelle nicht funktioniert.

Also musste der Löt-Friemel-Mosfet wieder ran.
Bisher läufts.
Grüsse

.


[Beitrag von Anro1 am 21. Dez 2016, 20:37 bearbeitet]
pragmatiker
Administrator
#11 erstellt: 21. Dez 2016, 21:44
Servus zusammen,

Ingor (Beitrag #7) schrieb:
Soweit ich die Ausführungen von Pragmatiker verstanden habe, stabilisieren diese FETs die Arbeitspunkte der Röhren

Nicht nur (auch wenn sie über die gesamte Röhrenlebensdauer einen halbwegs bekannten und konstanten Ruhestrom durch die Röhre sicherstellen). Soweit es sich bei den Stromquellen um die Stromquellen im "Tail" von Differenzverstärkern handelt (also Q1, Q2 und Q37), haben die noch eine andere (sehr wichtige) Funktion: Einen sehr hohen differentiellen Innenwiderstand dessen, was die beiden Kathoden der Trioden des Differenzverstärkers "sehen", sicherzustellen. Der Innenwiderstand einer Konstantstromquelle ist wesentlich größer als der Widerstandswert, den an dieser Stelle ein einfacher "Tail" Widerstand hätte - da liegen Größenordnungen dazwischen. Dieser sehr hohe Innenwiderstand ist erforderlich, damit der aus zwei Trioden aufgebaute Differenzverstärker eine vernünftige Gleichtaktunterdrückung aufweist. Und davon, daß auf den Parameter "sehr gute Gleichtaktunterdrückung" beim Entwurf eines Verstärkers, der für symmetrischen "XLR"-Betrieb ausgeführt ist (und damit auf die professionelle Studioecke schielt), sehr viel Wert gelegt wurde, kann man bei diesem Gerät durchaus ausgehen. Deswegen darf der Ausgangs-Kathodenfolger auch zwei unabhängige Konstantstromquellen haben (abgesehen davon, daß es schaltungstechnisch gar nicht anders geht): Der macht keine Spannungsverstärkung mehr.

Ingor schrieb:
Könnte es sein, dass die FETs in der Näher der Röhren angebracht sind, um auch eine Wärmedrift zu verhindern?


Anro1 schrieb:
Die Temperatur an den Kühlfahnen der Mosfets neben den ECC88 beträgt nach 2 Stunden Betrieb an allen Fets so 54-55C° könnte also schon sein dass das bewußt so gemacht wurde. ?

Könnte schon sein. Ich hab' mal vor Jahren Versuche mit einem Sperrschicht-FET (JFET) gemacht. Die Laborkladde sagt: Typ BF245B (TO92), Widerstand zwischen Gate und Source 200[Ohm], Betriebsspannung dieser Schaltung 24[V] (R&S Netzgerät), gemessener Strom (HP34401A) bei Raumtemperatur (ca. +23[°C]) ~ 3.7[mA]. Bei Annäherung des Heizkörpers eines ~ 380[°C] warmen, elektronisch temperaturgeregelten 50[W] Weller Lötkolbens sank dieser Strom (je nach Nähe der Annäherung - das ging bis zum physischen Kontakt) innerhalb von ca. 30[s] auf ~ 3.3[mA] ab. Geht man davon aus, daß sich Verarmungs-MOSFETs (Depletion-MOSFETs) hier bezüglich ihres Temperaturverhaltens genauso verhalten, dann könnte das schon ganz schwach auf einen "Temperaturregler" hindeuten: Steigt der Strom in der Röhre, wird diese durch die höhere Verlustleistung heißer und strahlt mehr Wärme ab - diese höhere Temperatur "sieht" dann der Konstantstromquellen-FET und reagiert darauf mit einer Reduktion des Quellenstroms, wodurch sich (vielleicht) irgendwann mal ein thermisch stabiles Gleichgewicht (des Ruhestroms) einstellt. Wie gesagt, das setzt voraus, daß sich Depletion-MOSFETs genauso verhalten wie JFETs - was ich nicht mit letzter Sicherheit behaupten kann, da ich Depletion-MOSFETs noch nie (temperatur)meßtechnisch "vor der Flinte" hatte.

Noch was ganz anderes zu diesem Gerät: Die Kiste ist zwar computergesteuert - insofern gibt da intern ein Mikroprofessor die Abläufe nach dem Einschalten vor. Das heißt höchstwahrscheinlich auch, daß die Relais RY16 und RY17 nach dem Einschalten geschlossen sind, wodurch ein Ladestrompfad für C1 bis C6 entsteht. Sind die Relaiskontakte von RY16 und RY17 im normalen Betrieb jedoch offen und die Ausgänge lange Zeit unbeschaltet (d.h. es hängt am Ausgang des Verstärkers nichts dran), dann könnte es sein, daß sich C1 bis C6 durch dieelektrische Verluste langsam entladen. Wird an die Ausgänge des eingeschalteten Verstärkers mit (teil)entladenen Ausgangskondensatoren dann irgendwann ein Endverstärker angesteckt, dann knallt es in den Lautsprechern gewaltig. Das ließe sich ganz einfach vermeiden: Über die Relaiskontakte von RY16 und RY17 einfach je einen 220[kOhm] Widerstand löten - dann ist ein ständiger (und nicht nur temporärer) Ladestrompfad nach 0[V] vorhanden.

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 21. Dez 2016, 21:56 bearbeitet]
audiosix
Stammgast
#12 erstellt: 22. Dez 2016, 13:19
BSS 129 Sip Mos von Infineon, 240 Volt

Achtung, andere Pinbelegung.

Gruss, Reinhard
Anro1
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 22. Dez 2016, 16:48
Hallo Herbert

vielen Dank für Deine weiteren sehr wertvollen Betrachtungen/Erklärungen zu der
Funktion/Einfluss der CCS bei der ECC88 Differenzverstärkerschaltung.

Was mir beim genaueren Abgleich der V1/V3 Kathoden CCS aufgefallen ist.
Es sieht so aus, als ob der Geräuschspannungsabstand der Vorstufe
besser geworden ist. Muss ich aber noch messen.

Können hier besser gematchte ECC88 Röhren oder ein Symetrier-Poti zwischen den beiden Rks
der V1 und dem Ausgang der Q2 CCS noch eine weitere Verbesserung bringen ?

Wenn es nicht zu viel wird, noch eine Prinzip Frage.
Die Gesamtverstärkung des Kanals wird doch über die 2 Gegenkopplungszweige
von den +-Ausgängen über die V3 bestimmt? Siehe auch Note 1 & 2. HighGain<>LowGain

Der Besitzer der Ref1 hat hochwirkungsgrad LSP´s mit >100dB/W/m und hat je nach
Eingangsempfindlichkeit seiner Endstufen Probleme mit Brumm & Rauschen.

Könnte man theoretisch ohne die Potentiale der DC Kopplung der Stufen in Probleme zu bringen
eine weitere Erhöhung der Gegenkopplung/Reduzierung der Verstärkung über die beiden
Rgk R15/R16 vornehmen ? und müßen dazu zum Erhalt der Potentiale an den V3 Anoden proportional
wie in Note 1&2 beschrieben auch die Gitterspannungsteiler der V3 R13/R14 und auch die Kathodenwiderstände von V5 proportional verändert werden ??


AudioSix
ebenfalls vielen herzlichen Dank zu dem Tip mit dem BSS 129 SipMos.
Von der ID-VGs Characteristics sieht der denke vielversprechend und besser geeignet
aus als der 2SK373. Definitiv einen Versuch wert.

Herbert

Noch was ganz anderes zu diesem Gerät: Die Kiste ist zwar computergesteuert - insofern gibt da intern ein Mikroprofessor die Abläufe nach dem Einschalten vor.

Die Ausgangs-Mute Relais Ry16 & Ry17 sind während der Einschalt/Aufwärmphase
ca. 2-3 Minuten geschlossen die Ausgänge also kurzgeschlossen.
220K/470Kohm vom Auskoppel-C gegen Masse verhindert in der Tat sehr unschöne Geräusche.
Meine Empfehlung an den Besitzer der REf 1 bei jedem Kabeltausch immer "Muten"

Vielen Dank nochmals für die äusserst hilfreichen Beiträge und Erklärungen.
Grüsse und schöne Weihnachtsfeiertage
Ernst


[Beitrag von Anro1 am 22. Dez 2016, 16:49 bearbeitet]
audiosix
Stammgast
#14 erstellt: 22. Dez 2016, 16:54

Anro1 (Beitrag #13) schrieb:

AudioSix
ebenfalls vielen herzlichen Dank zu dem Tip mit dem BSS 129 SipMos.
Von der ID-VGs Characteristics sieht der denke vielversprechend und besser geeignet
aus als der 2SK373. Definitiv einen Versuch wert.



Versuch? Das läuft in vielen Audio Research Vorstufen. Habe den damals rausgesucht weil WBS für den Originalfet 65 DM haben wollte.

Reinhard
Anro1
Hat sich gelöscht
#15 erstellt: 22. Dez 2016, 17:18
Hallo Reinhard
das ist ja prima, nochmals vielen Dank für den wertvollen Tipp.

Den Audio Research Import hat ja soweit ich weis jetzt Audio Preference in Hamburg.
65Eu für einen To-92 Mosfet, ganz schön heftig.
Möchte nicht wissen was man da bei einer Reperatur bezahlt hätte.

Werde gleich mal den SipMos Mosfets bestellen.
Grüsse Ernst
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