Haydn - geistliche Musik

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Martin2
Inventar
#1 erstellt: 23. Apr 2015, 18:01
Was ist eigentlich von Haydns geistlicher Musik zu halten? Ich habe ja die große Brilliantbox mit fast allen Werken, das sind 150 CDs, geistliche Werke sind da auch drauf. Gar nicht mal so viele, 5 CDs Messen. Ich muß sagen, ich kann mit geistlicher Musik im allgemeinen nicht so viel anfangen, aber es gibt da so Ausnahmen, die Missa Solemnis von Beethoven gehört dazu und die c moll Messe von Mozart, das Requiem von Faure und das Tedeum von Bruckner. Schubert habe ich nicht so auf dem Schirm, aber ich glaube, den mag ich auch. Ich möchte mir von Haydn nicht alles anhören, aber gibt es innerhalb der Sakralmusik von Haydn Dinge, die man gehört haben sollte, oder sind das mehr so Brot und Butter Kompositionen? Mit der Schöpfung bin ich übrigens bislang noch nicht warm geworden, habe sie aber auch noch nicht gründlich gehört.

Gruß
Martin
Hüb'
Moderator
#2 erstellt: 23. Apr 2015, 18:10
Hallo Martin,

ich kenne auch nur Haydns Schöpfung etwas, wohl seine populärste Sakralkomposition.
Einigermaßen bekannt sind vermutlich noch die Jahreszeiten, ein Oratorium, bei dem allerdings das Sakrale im Libretto weitgehend nicht stattfindet.

Für mich insgesamt nicht so recht das richtige Betätigungsfeld, Geschmack und Berührungsängsten geschuldet.

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 23. Apr 2015, 18:11 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#3 erstellt: 23. Apr 2015, 20:02
Schöpfung, Jahreszeiten sind grandios und nicht besonders "geistlich", v.a. letztere nicht, selbst wenn es ein paar entsprechend konnotierte Chöre gibt (zB am Ende mit Ausblick auf die "Ewigkeit"). Die 6 späten Messen sind gemeinsam mit diesen Oratorien Haydns letzte großformatige Kompositionen. Die sind alle sehr hörenswert, am bekanntesten wohl die "Paukenmesse" (missa in tempore belli) und "Nelsonmesse" (missa in angustiis).
Dann gibt es noch eine Reihe deutlich früherere Messen, die ich aber kaum kenne, sowie zwei Tedeums, ein Salve Regina usw. (da mögen ein paar "brot&butter" Kompositionen dabei sein, für den Rest, insbesondere die späten Messen, die sozusagen sein Ehrendienst für das Haus Esterhazy in seinem Ruhestand gewesen sind, trifft das nicht zu).
Das erste großformatige Chorwerk Haydns in den 1760ern war ein "Stabat mater" (ca. 60 min), das noch in einem deutlich barocknäheren Stil gehalten ist.
Ferner ein italienisches Oratorium "Il ritorno di Tobia", das ich auch nur flüchtig kenne, aber von der Naxos-Aufnahme war ich positiv überrascht.
Die Chorfassung der 7 letzten Worte ist auch interessant, hier bevorzuge ich aber die instrumentalen Versionen.
Martin2
Inventar
#4 erstellt: 24. Apr 2015, 08:24
Hallo Kreisler Jr.,

danke für den Hinweis. Die 150 CD Box von Brilliant scheint da aber etwas unvollständig zu sein. So ist die Nelsonmesse gar nicht dabei. Oder doch?

Die Brilliantbox enthält nur 5 CDs, wie ich schon sagte. Und zwar die "Paukenmesse", dann die Missa Sancta Nicolai in G, die Harmoniemesse in B Flat, die Missa Cellensis in C, die Missa Sanctae Caecilia, das Stabat Mater, die große Orgelmesse in Es Dur, zwei Salve Regina und eine Missa brevis. Das ist alles. Was fehlt? Ich werde mir die Paukenmesse aber mal rein ziehen. Die Aufnahmen sind übrigens alle mit dem Kammerchor Stuttgard und dem Würtenbergischen Kammerorchester Heilbronn, wahrscheinlich keine Weltstarensembles. Die großen Oratorien sind allerdings auch dabei.

Gruß
Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#5 erstellt: 24. Apr 2015, 09:13
Hier stehen die Messen unten alle mit links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Missa_in_tempore_belli
Martin2
Inventar
#6 erstellt: 24. Apr 2015, 15:47
Hallo Kreisler Jr.,

danke für den Link. Ich glaube, ich muß mir sowieso mal diese festgeschriebenen Texte einer Messe auf Latein und in deutscher Übersetzung mal ansehen, das wäre ja nun eigentlich so etwas wie Allgemeinwissen. Alle Messen, ob nun von Palestrina oder von Beethoven folgen ja diesem Text und es ist eine Schande und spricht nicht für meinen Charakter, daß ich mir diese Texte nie angesehen habe.

Was nun die Paukenmesse anbetrifft, habe ich sie mir angehört. Stilistisch finde ich sie sehr angenehm, irgendwie schon ein bißchen klerikal, aber nicht zu sehr, auf jeden Fall sehr zivilisiert und irgendwie feierlich und dabei alle orchestralen Register ziehend. Also von ihrer Oberfläche her gefällt mir diese Musik, allerdings habe ich - tut mir leid - auch nicht das Gefühl gehabt, etwas bestürzend originelles zu hören, aber etwas von einem sehr guten musikalischen Geschmack. Besonders schön fand ich - rein klanglich auch - dieses Cellosolo, daß dem ganzen etwas verinnerlichtes gibt, im Gloria. Ich glaube deshalb, daß ich mir die Messe irgendwann noch mal anhöre. Die Aufnahme bei Brilliant finde ich übrigens sehr gut, eine Wiener Aufführung mit einem Wiener Chor und Orchester, die Solisten gefallen mir auch. Ist ne alte Voxaufnahme, noch analog.

Gruß
Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#7 erstellt: 25. Apr 2015, 10:59
Ich kenne die geistliche Musik der Zeit Haydn zu wenig; Haydn selbst hat ja angeblich die Kirchenwerke seines Bruders Michael höher geschätzt als seine eigenen...

Aber die späten Messen sind schon sehr originell und relevant für Beethoven und andere "chorsinfonische" Musik des 19. Jhds., da sie sozusagen die ersten "symphonischen" Messen sind. Mozarts c-moll-Messe und einige frühe Messen Haydns sind "Kantatenmessen", d.h. der Text ist in ziemlich unabhängige Stücke, mehr oder minder abwechselnd Arien/Duette und Chorpartien aufgeteilt, von einigen stilistischen Änderungen abgesehen, nicht groß anders als im Barock. Die kurzen Salzburger Messen Mozarts, die nur ca. 25 min. dauern durften, zeigen noch nicht in diesem Maße "sinfonischen" Gestus, was auch an der notwendigen Kürze und Schlichtheit gelegen hat.
Gerade die Paukenmesse hatte mit dem dramatischen Agnus Dei eine noch spezifischer Vorbildfunktion für Beethoven (Missa solemnis, aber auch schon die C-Dur-Messe, selbst wenn die in der Nachfolge Haydns bei Esterhazy durchgefallen war)

Brilliant hatte in Holland, glaube ich, eine Box mit den Messen, die Weil für Sony aufgenommen hatte; für die Haydn-Box konnten sie offenbar diese Lizenz nicht nutzen. Da sind dann anscheinend nur zwei späte Messen ("Pauken" und "Harmonie" (bezieht sich nur auf den üppigen (Holz)bläsereinsatz) dabei; alle anderen sind relativ früh und ich kenne die, wie gesagt, auch kaum.
Martin2
Inventar
#8 erstellt: 26. Apr 2015, 07:49
Hallo Kreisler Jr.,

ich werde dieses Werk, daß mir stilistisch sehr gut gefällt, ohne daß es mich von seiner Inspiration her sonderlich mitgerissen hätte, dann auch bei Gelegenheit noch mal hören, vielleicht weiß es mich dann doch noch mehr mitzureißen.

Gruß
Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#9 erstellt: 26. Apr 2015, 10:11
Ich muss zugeben, dass die späten Messen Haydns (und der Rest erst Recht) auch eher ein blinder Fleck bei mir sind. Gerade auch angesichts der Tatsache, dass es sich um späte und wichtige Werke handelt.
Mir gefallen einzelne Abschnitte sehr, andere finde ich eher "neutral".
Daher auch nur die eher allgemeinen Hinweise auf den wichtigen Ansatz den traditionellen geistlichen mit dem sinfonischen Stil der Klassik zu verschmelzen.

Das auch klanglich (in der Originalfassung nur Trompeten/Pauken, Streicher, Orgel) ungewöhnlichste Stück der Reihe ist die "Nelson-Messe" (missa in angustiis), die anscheinend in der Brilliant-Box fehlt.
Ich kenne diese Brilliant-Aufnahmen nicht, aber die Harmoniemesse lohnt jedenfalls auch das Anhören; sie geht klanglich in die andere Richtung mit dem namengebenden luxuriösen Holzbläserklang, der wie einige Stellen in den Oratorien beinahe frühromantisch anmutet.
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