Erfahrungswerte Kompressor-Einstellungen für Sprache?

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Taurui
Inventar
#1 erstellt: 30. Apr 2015, 22:26
Hi Leute,
Ich bin Technik-Verantwortlicher für ein kleines Freilicht-Amateurtheater (ca. 1500 Zuschauer pro Saison)
Wir haben ein 12Kanal-AKG-Funksystem für die Schauspieler, gehen über ein Soundcraft-Mischpult und haben 10" Topteile von FBT und 2 TA18 Subs - soviel zur Soundtechnik.
Für diese Saison haben wir uns (gebraucht) 12 Kanäle an Kompressoren gekauft - genauer gesagt, 3 4Kanal Kompressoren "dbx 1046".
Weil wir aufgrund lärmschutzrechtlicher Bedenken nicht unendlich Sound-Checks machen können, sind wir auf Erfahrungswerte angewiesen.
Einen Indoor-Auftritt hatten wir bereits mit den Kompressoren, hier liefen einfach alle auf der "12 Uhr Stellung" und der Zugewinn an Verständlichkeit und die Dynamik-Freiheit der Schauspieler war da auch schon super, aber wie immer geht da sicher mehr

Aaaalso:
1. Wie am besten den Mischpult-Gain einstellen? Der kommt in der Signalkette ja bereits vor den Kompressoren. Sollen wir erstmal ohne Kompressor in der Insertschleife noch auf 0dB einregeln und dann mit Kompressor weitermachen und evtl. dort mit Gain nochmal Lautstärkeverluste kompensieren?
2. Attack/Release können wir nicht einstellen, daher einfach nur: Was wären Faustregeln für die Einstellung von Threshold und Ratio wenn es um Sprache (Theater eben) geht?

Wäre dankbar für Antworten

Grüße,
-taurui


[Beitrag von Taurui am 30. Apr 2015, 22:27 bearbeitet]
ohne_titel
Inventar
#2 erstellt: 30. Apr 2015, 23:08
- das mit dem pultgain siehst du richtig.
- wie die ratio auszusehen hat, hängt stark davon ab, was du tun möchtest: geht es um das leichte einebnen von pegelschwankungen, fängt das bei 2:1 an und geht bis 4...10:1, wenn es eher darum geht, maximalpegel zu begrenzen.
- den threshold setzt du dann so, dass sich die gewünschte kompression ergibt. typische werte sind etwa -10 bis 0 dB, aber entscheidend ist das richtige maß an kompression, nicht der numerische wert.
- der output gain kann den "wegkomprimierten" pegel wieder aufholen.
- und das wichtigste zum schluss: je mehr du komprimierst, desto mehr grundverstärkung braucht die ganze kette. die feedbackanfälligkeit steigt daher - wenn man da sowieso schon im kritischen bereich ist, wird es dann schnell schwierig.
Taurui
Inventar
#3 erstellt: 30. Apr 2015, 23:21
Danke für die Antwort - Klar, hätte ja auch dazuschreiben können, was wir damit eigentlich tun wollen

Ok: Beim Theater haben unterschiedliche Schauspieler durchaus unterschiedliche Dynamik-Umfänge. Einige reden in sehr gleichmäßiger Lautstärke - aber die meisten übertreffen in der Sprachdynamik den Umfang, den man sinnvoll ohne Kompressor einregeln kann.
D.h. regeln wir auf die Spitzen (wenn sich die Personen anschreien), ist der Rest zu leise - regeln wir auf die leisen Szenen, verzerrt's eben... oder, wie es bisher gemacht wurde, für manche Zeilen runterzuregeln, manuell, was furchtbar klingt ^^
Also: Durch Kompressoren machen wir den Dynamikumfang der Schauspieler erträglich fürs Publikum - und andererseits müssen die Schauspieler nicht mehr aufpassen, nur noch dann laut werden zu dürfen, wenn es das Technikskript vorsieht... ;-)

Also: Im Prinzip kenne ich die Funktion sowohl beim Threshold als auch Ratio. Es wird nur verdammt schwer, in der kurzen Zeit die wir für den Soundcheck haben, gute Einstellungen zu finden - insbesondere wenn wir noch keine Methodik haben, alles einzustellen.

Meine bisherige Idee:
- Schauspieler mit hohem Dynamikumfang kriegen eher eine höhere Ratio
- Threshold.. äh... keine Ahnung, woran ich das festmachen kann
- Gain so einregeln, dass alle Schauspieler in ihrer "Standardlautstärke" gleich laut sind

Passt das, oder wie würdet ihr das machen?
Zalerion
Inventar
#4 erstellt: 30. Apr 2015, 23:51
Mal so mal so^.

Falls du keinen Expander hast um die leisen Stellen lauter zu machen würde ich möglichst früh komprimieren und dafür etwas weniger (Threshold recht niedrig - gerne auch mal -20dB testen und Ratio 2,5:1 oder 5:1). Dadurch bekommst du über die ganze Dynamik eine gleichbleibende Veränderung (laut ist wirklich lauter, leise ist wirklich leiser aber eben weniger als sonst) anstatt dass das flüstern leise is aber normales Reden und Schreien etwa gleich laut.
Wobei es natürlich darauf ankommt, was gewünscht ist. Aber so ist es zumindest theoretisch etwas natürlicher.

Und nochwas: Ich würde versuchen alle in etwa gleich einzustellen. Denn wenn es zu Interaktionen kommt und die Lautstärke sich anders verhält zwischen den Schauspielern ist das komisch. Andersrum ist eine Komprimierung nicht schädlich bei jemandem, der immer etwa auf der gleichen Lautstärke bleibt.

Der oben genannte Weg ist vielleicht nicht der technisch beste (siehe mehr Gain usw.), aber sicherlich der schnellste Weg um im quick+dirty ein Ergebnis zu erzielen. Musst halt auf deine Situation ein Gefühl dafür entwickeln, welche Werte noch gefahrlos gehen und welche pfeifen. Wobei: Wenn die Anlage an sich nicht pfeift und man mit den Kompressoren nur die Spitzen wegmachen möchte (also nicht so wie oben vorgeschlagen), dann wird es auch danach nicht pfeifen (eher sogar noch weniger als vorher, solange man nicht massiv verstärken muss).

Klar, wenn man das nutzt, um die Lautstärke zu erhöhen (Loudnesswar ähnlich), dann kann es schon mal zur Kopplung kommen. Aber allgemein ist ein Kompresser eher ein Werkzeug, um eben das zu vermeiden. (Auch eine hohe Signalspitze, die sonst gerne mal eine Kopplung "anstößt" wird ja wegkomprimiert, geht noch über die Anlage aber nicht mehr laut genug zurück ins Mic. Alles eine Sache der Einstellung^)
Taurui
Inventar
#5 erstellt: 01. Mai 2015, 09:12
Danke für die Rückmeldung, da sind einige sehr interessante Gedanken dabei.
Erstens - jep, ich glaube auch dass wir die Parameter unter den Schauspielern nicht variieren sollten, weil das sonst in der Interaktion unnatürlich wirkt.
Zweitens - Threshold nahe am Nullpunkt würde auch der Natürlichkeit zugute kommen, zulasten der Verständlichkeit bei leisen Passagen (weil die ja auch schon komprimiert werden), es sei denn wir drehen stark am Gain, müssten das dann aber ausgleichen mit einer hohen Ratio.. dann würde alles irgendwie gleich laut klingen, je nachdem wie stark wir das ganze auslegen..
Ich glaube, unser Ziel ist Verständlichkeit in allen Lautstärkebereichen der Schauspieler - zu laut ist nicht gut, zu leise aber auch nicht.
Spontan weiss ich nicht, was besser ist - hoher Threshold, normale Ratio, niedriger Zusatzgain ... oder niedrige Threshold, hohe Ratio, hoher Gain (das wäre dann wohl Loudness-War)...
Mit Rückkopplung hatten wir übrigens nur selten Probleme da wir Headsets mit Nierencharakteristik und keinerlei Stagemonitoring einsetzen


[Beitrag von Taurui am 01. Mai 2015, 09:13 bearbeitet]
Zalerion
Inventar
#6 erstellt: 01. Mai 2015, 12:25
Kurze Frage:

Weißt du, was der Threshold ist und wie das mit den dB funktioniert?
Denn ein niedriger Threshold ist, wenn er früh anfängt zu arbeiten (also z.B -40dB) und ein hoher Threshold ist der, der fast gar nix macht (-5dB). Der "Nullpunkt" existiert so nicht. Es gibt einen Bezugswert (0dB, könnte man auch Vollaussteuerung nennen) und sehr niedrige Werte (z.B. -80dB wo dann nahezu jedes Signal komprimiert wird).

Wie gesagt, mein erster Test wäre -20dB, Ratio 2,5:1 oder 5:1. Und dann kannst du es ja noch anpassen, wenn es nicht gefallen sollte.
Taurui
Inventar
#7 erstellt: 01. Mai 2015, 13:50
Hehe ich merk schon, dass ich mit der Materie, insbesondere mit der Terminologie, erst am Anfang stehe.
Mit "Threshold nah am Nullpunkt" meinte ich natürlich 0 Kelvin *hust* .. also, äh, ganz weit unten bei -273dB oder woauchimmer der dann ist

Die 12 Uhr Stellung, die schon ganz gut funktioniert hat, ist beim dbx 1046 übrigens -10dBu und 3:1, also nichtmal so weit weg von deinem Vorschlag.
jones34
Inventar
#8 erstellt: 01. Mai 2015, 14:25
Probier das ganze einfach mal live aus, da kommst du nicht drum rum wenn du dir nicht richtig vorstellen kannst was sich am Klang verändert
Das geht auch mit Zuschauern, die Feineinstellung von Kompressoren mach ich sowieso immer während der Show.

Bei "normaler" Aussteuerung und Sprache komme ich immer ungefähr bei dem raus was Zalerion geschrieben hat
Da hier aber jeder etwas andere Gains verwendet muss man halt im Einzelfall nach dem Threshold schauen.

Die Kompressoren würde ich auf "OverEasy" schalten.


Gruß


[Beitrag von jones34 am 01. Mai 2015, 14:25 bearbeitet]
cr
Inventar
#9 erstellt: 25. Apr 2016, 03:03
Wie muss man den Kompressor einstellen, dass er inaktiv ist?
Genügt es, die höchste Spannung (in dbu) einzustellen?
Makeup-Gain: 0
Ratio: 1:1 wäre wohl auch was, geht aber nicht (1,2:1 ist bei mir das kleinste)
Ferner gibts noch
Attack
Hold
Release

wie gesagt, er soll gar nichts machen, läßt sich aber nicht per Knopfdruck einfach bypassen
Danny_DJ
Inventar
#10 erstellt: 09. Mai 2016, 01:25
kannst noch ganz lange attack und kurze hold und kurze release einstellen zudem.
Taurui
Inventar
#11 erstellt: 09. Mai 2016, 10:32
Inaktiv:
Threshold auf Maximum
Gain auf 0
Ratio aufs Minimum, also 1:1
Langer Attack, kurzer release, kurzer hold...

Aber am besten gehts mit Threshold auf Max

Übrigens, noch kurz was zum Thema: Wir hatten im Verein kürzlich nen Tontechniker von ner Rundfunkanstalt hier, der verdeutlicht hat, dass man bei Sprache dringend kurze Release-Zeiten braucht. Es gibt nämlich Konsonanten die sehr laut sind (P/T/K...) - und wenn der Kompressor den leiseren Vokal dahinter immer noch komprimiert, leidet die Sprachverständlichkeit.


[Beitrag von Taurui am 09. Mai 2016, 10:34 bearbeitet]
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