Bach, Johann Sebastian - Was sind eure liebsten Kantaten?

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Martin2
Inventar
#1 erstellt: 27. Sep 2016, 18:27
Seit neuestem bin ich im Besitzt von dieser Box, wie ihr ja wißt, ganz billig geschossen:

amazon.de

Diese Box wollte ich mir nie kaufen, so nach dem Motto, das hörst du ja eh nie. Aber dann kam dieses Superschnäppchen und nun habe ich sie doch. Ich hoffe nun, das meine Lebenszeit noch ausreicht, mich mit dieser Box halbwegs vertraut zu machen.

Im moment höre ich viel die erste CD. Immer wieder, schöne Musik. Das sind wohl die BWF 1- 3, so wie ich das gesehen habe, ist die Box nach dem BWF Nummern sortiert. Ich habe mir jetzt ein Buch gekauft, dieses hier:

amazon.de

Das sollte in den nächsten Tagen kommen. Hab's gebraucht gekauft, über Amazon Marketplace, ich hoffe, das Buch ist noch halbwegs gut erhalten. Soll in einem guten Zustand sein.

Was aus diesem Thread nun wird, weiß ich noch nicht so genau. Eventuell werde ich hier auch Hörerfahrungen schildern. Ich kann nur sagen, daß mir die erste CD schon sehr gut gefällt. Die Musik ist schön und es geht eine große Ruhe von ihr aus. Die Sänger gefallen mir, der Chor, die Instrumentalisten. Nichts von dieser Musik ist so bestürzend genial, daß mich die Musik überwältigt, aber die Musik hat, von ein paar schematischen Rezitativen mal abgesehen, unbedingt Substanz. Wie das bei Bach eben meistens so ist, Bachs Musik ist immer eine Musik mit großem Nährwert.

Jedenfalls werde ich mich mit der Musik in dieser Box nur sehr langsam vertraut machen. Was habe ich übrigens noch außer dem Rilling? Na ja, 5 CDs Rotzsch, die nun noch weniger UnHIP sind als der Rilling. Rotzsch gefällt mir sehr. Und dann habe ich wohl noch so 20 - 25 CDs Leusink. Leusink ist gar nicht mal so schlecht, aber ich mag den Countertenor nicht sonderlich, der hat keine schöne Stimme. Ich habe im übrigen zwei Boxen Leusink, die immer noch verschweißt bei mir rum stehen. Ich halte mich jetzt erst mal an den Rilling, und ab und zu mal Rotzsch.


[Beitrag von Martin2 am 27. Sep 2016, 18:29 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#2 erstellt: 28. Sep 2016, 13:55
Ich habe nicht alle Kantaten gehört, ich habe nicht mal alle (schätze ca. 70%) im Regal, aber noch nicht alle davon gehört und viele, obwohl gehört, nicht "präsent".
Was mir sofort als Favoriten einfällt, gehört meist zu den üblichen Verdächtigen:

BWV 1 ist sehr schön, besonders der erste Chor, BWV 4 ist mir etwas zu "herb/streng" aber nachvollziehbarerweise berühmt und sehr einheitlich aufgrund des durchgehenden Chorals.

Dann natürlich die Bass-Solo-Kantaten "Es ist genug" und "Ich will den Kreuzstab gerne tragen), die beinahe opernhafte Sopransolo BWV 199 "Mein Herze schwimmt in Blut"
(Die berühmte virtuose Sopransolokantate "Jauchzet Gott in allen Landen" ist dagegen keiner meiner Favoriten).

Zum kommenden Michaelistag "Es erhub sich ein Streit"

Zum Reformationstag: BWV 80 "Ein feste Burg", aber 79 "Gott der Herr ist Sonn und Schild" auch nicht zu verachten
Dann die zu Recht berühmte "Wachet auf" BWV 140
In der Advents/Weihnachtszeit kann man sich alternative Programm zum allgegenwärtigen WO zusammenstellen: Nun komm der Heiden Heiland, Schwingt freudig Euch empor, Christen, ätzet diesen Tag usw.
Martin2
Inventar
#3 erstellt: 29. Sep 2016, 22:33
Hallo Kreisler Jr.,

danke für Deine Hinweise. Ich habe heute übrigens viel aus dieser Box gehört, und ich muß sagen, ich bin wirklich sehr begeistert. So ist BWF 1 sicherlich schön, das hast Du recht, aber ich finde das alles ganz toll. Aller drei Kantataten auf der 1. CD sind wunderschön. Dann habe ich auch die 2. CD gehört, auch wunderschön. Und auch die 3., diese Kantaten sind großartig. Also zum Beispiel das erste Stück aus BWV 8 ist einfach grandios. Und die Rilling Aufnahmen sind wirklich super, die Sänger gefallen mir großartig, und ich bin mehr als froh, ich bin glücklich, mir diese Box gekauft zu haben.

Es ist ja sowieso so, der Musikgeschmack ändert sich. In meiner Jugend waren es Brahms, Bruckner, Mahler, Sibelius und noch ein paar andere, und immer das große Orchester, aber meine jetzige Tendenz geht sehr stark zu Bach und Haydn, für die ich als junger Mann einfach noch zu jung war. Jetzt bin ich ein bißchen gereifter und der Effekt ist für mich weniger wichtig als diese solide Erfülltheit der Musik, die ich sowohl bei Bach als auch bei Haydn finde. Das ist Musik, die einfach großartig ist, ohne in irgendeiner Weise imponieren zu wollen.

Gut, aber ich werde hier in diesen Thread mal gelegentlich mal was rein setzen. Nur habe ich da im moment keine großartigen Ambitionen, hier systematisch und ambitioniert über Bach zu schreiben. Man ist ja hier zum Vergnügen und so finde ich es auch natürlich, daß unser Gespräch über Haydns Streichquartette hier auch verstummt ist. Vielleicht wird das irgendwann fort gesetzt, genauso wie es sein kann, daß ich hier noch mal irgendwas über die Bachkantaten schreibe. Ich kann nur sagen, ich bin begeistert von dieser Musik und auch der Interpretation. Und dann hoffe ich auch, daß das Buch mit den Kantatentexten bald kommt.

Gruß
Martin
Martin2
Inventar
#4 erstellt: 04. Okt 2016, 03:23
Ich teile hier noch mal meine Begeisterung über diese Kantaten und ihre Interpretation durch Rilling und ihre Musiker mit. Es ist einfach wunderbare Musik. Ich habe jetzt die Kanataten BWF 1 bis BWF 12 ( BWF 11 fehlt) gehört, also 11 Kantaten auf vier CDs und keine einzige dieser Kantaten hat mich wirklich enttäuscht, einige aber wirklich sehr begeistert. Man kann das wirklich alles hören und manches von dieser Musik ist wirklich grandios.

So finde ich BWF 8 ganz toll, wobei es das erstaunliche ist, daß diese Kantate mit den Worten "Liebster Gott, wann muß ich sterben" beginnt, was der erste Chorsatz ist, die Musik zu diesen düsteren Worten ist aber sehr licht, fast fröhlich und ein ganz tolles Stück. BWF 9 ist aber auch sehr schön, wenn auch nicht ganz so toll wie BWF 9.

Und BWF 12 ist wieder eine ganz großartige Kantate. "Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen", die Traurigkeit im Chorsatz wunderbar umgesetzt und die Musik hat für mich eine Ähnlichkeit mit Purcell.

Aber wiegesagt, ich habe fast 4 CDs gehört, vieles dann auch öfter, und es ist wirklich wunderbare Musik. Diese niedrigen BWF Nummern sind im übrigen alles Kantaten mit Chor, worüber mich die ausgezeichnete Begleit CD Rom die jede Kantate bespricht, informiert, der bei Rilling auch nicht zu mager besetzt wird, so daß diese Kantaten eben auch eine große Durchschlagskraft haben. Das mag nicht ganz "HIP" sein, aber mir gefällt das sehr gut. Auch das Orchester scheint mir nicht zu mager besetzt zu sein, auch wenn der Klang jederzeit barock bleibt, ohne tatsächlich spätromantisch zu klingen, was beim Rotzsch schon eher der Fall sein könnte, obwohl mir der auch sehr gut gefällt.

Nun gut, ich werde jetzt nicht den Fehler machen, diese Musik zu schnell entdecken zu wollen, ich werde sie immer wieder hören, aber jedenfalls zündet diese Musik bei mir mit Rilling in einer Weise, wie es bei Leusink nicht passiert, wobei ich auch beim Leusink einige Kantaten ganz schön finde, aber das liegt dann auch wahrscheinlich mehr an der Musik als an Leusink. Und sehr angetan bin ich auch von den Solisten, das sind alles fabelhafte Sänger, aber auch die Orchestersolisten wie die Oboen oder Flötenspieler sind ganz toll.

Also ich bin wirklich sehr glücklich, mir diese Box zum Schnäppchenpreis geholt. Nun ist das Schnäppchen weg, aber auch für 80 Euro über Amazonmarketplace, was ich sah, scheint mir diese Box nach meinem bisherigen Hören immer noch sehr günstig und eine dicke Empfehlung. Und der Klang ist gut, auch wenn das nicht alles digital ist, aber auch spätes Analog ist ja sehr gut.

Und was ich eben auch sagen muß, daß diese Musik wirklich nicht zu sakral, weihevoll daher kommt, sondern das ist eine gar nicht mal so sakrale Musik, sondern eher eine Musik, die Empfindungen spiegelt, sicher keine Empfindungen von banaler Fröhlichkeit, aber durchaus auch positiv, es ist also eine Musik, die noch in den religiösen Rahmen paßt, aber dabei doch weniger den Vorstellungen sakraler Weihehaftigkeit entspricht, sondern doch einem eher weltlichen Schönheitssinn folgt, so daß ich Klischees, die ich von dieser Musik im Kopf hatte, wirklich korrigieren muß. Und diese Musik klingt in diesen Einspielungen von Rilling auch wirklich sehr sinnlich.
Martin2
Inventar
#5 erstellt: 12. Okt 2016, 21:12
So, ich setze diesen Thread einfach mal fort. Ich habe beschlossen, diesen Thread ein bißchen als persönliches Notizbuch über meine Erfahrung mit den Bachkantaten fortzusetzen. Und wenn ich dann für mich alleine schreibe, ist das auch gut.

Ich bin nachwievor sehr begeistert von den Kantaten. Allerdings ist es schon so, daß man manchmal auch das Gefühl hat: Gut, das ist solider Bach, aber völlig vom Hocker haut mich diese Musik nicht. Es sind auch bei den besseren Kantaten immer so bestimmte Stücke, die einem besonders gut gefallen. So ist es bei BWF 8 dieses "Lieber Gott, wann muß ich sterben", das einfach großartig ist. Bei BWF 9 ist es dieses wunderbare Duett mit sich umkreisenden Frauenstimmen das von einem Duett aus Flöte und Oboe begleitet hat, was auf mich einen sehr großen Reiz ausübt. Insgesamt höre ich die 3. CD mit BWF 8 und BWF 9 sehr gerne. "Herr Du siehst statt guter Werke" heißt das Duett wohl.

Die 5. CD mit BWF 14 - 18 fand ich dagegen eher enttäuschend. Das ist solider Bach, aber auch nicht mehr. Aber ein Stück sticht dann trotzdem heraus, das "Laßt uns jauchzen, laßt uns freuen" aus BWF 16. Das ist ein Stück, das in wunderbarer Weise Freude vermittelt, ein fabelhaftes Stück, das aber aus der CD auch wirklich heraus sticht.

Heute dann die 6, CD mit BWF 19 und 20 und die gefällt mir insgesamt besser als die 5,. Sicherlich sind nicht alle Stück überwältigend schön, aber die CD gefällt mir besser. Den Eingangschor von BWF 19 fand ich gar nicht schlecht. Gewissermaßen der "Hammer" auf der CD ist aber der Eingangschor von BWF 20 "Oh Ewigkeit, Du Donnerwort", also die Musik hat wirklich eine durchdringende musikalische Sprachgewalt, das haut gewaltig rein. Aber auch sonst waren die Stücke in BWF 20 gar nicht mal schlecht. Und Rilling arbeitet eben auch nicht mit zu mageren musikalischen Resourcen, so daß im Eingangschor auch eine gewisse Monumentalität entsteht, die hinter der von Händel nicht zurücksteht.

Und da der Rilling eben sehr "genießbar" ist, durch gute Sänger und nicht zu kleine Besetzung, entsteht durch diese Genießbarkeit das Gefühl, wirklich großartige Barockmusik zu hören, wobei ich den sakralen Hintergrund von Kirchenmusik beim Hören eigentlich schon vergesse und einfach nur noch - teilweise, nicht immer - fabelhafter Musik lausche.
Martin2
Inventar
#6 erstellt: 08. Nov 2016, 04:30
Meine Erforschung der Bachkantaten ist doch ein bißchen ins Stocken geraten. Ich denke, es ist so, daß die Bachkantaten phantastische Musik enthalten, aber über weiter Strecken ist es eben solider Bach, nie wirklich banal, handwerklich gut gemacht, aber doch oft Musik, die mich nicht wirklich begeistert. Und das zu sagen, ist einfach ehrlich. Es tut auch der Größe und Bedeutung von Bach keinen Abbruch, das zu sagen.

Was im übrigen die größte und schönste Kantate von Bach ist, ist schwer zu sagen. Es geht ja letzlich um Einzelstücke und nicht um die Kantaten als solche. Meinetwegen BWF 16 finde ich eher langweilig, aber "Laßt und freuen, laßt uns jauchzen" dann wieder phantastisch. Deshalb geht es auch gar nicht um die Kantaten, sondern um die Einzelsätze und unter diesen einzelnen Stücken gibt es großartige und dann wieder andere, die die Sache runter ziehen.

Also offen gesagt wäre es mir lieber gewesen, wenn Bach in den Kantaten einfach selbstkritischer gewesen wäre. Sicher ist das alles irgendwie gut, aber ich finde nicht wirklich alles so inspiriert. Also das wohltemperierte Klavier 1 ( mit 2 tue ich mich schwer) ist so ein Werk von Bach, daß ich in der Breite gerne höre, aber bei den Kantaten gibt es für mich einfach zu viel, was nach gutem Handwerk klingt. Nur anderseits auch wieder ganz tolle Sachen. Die siebte CD fand ich jetzt nicht so toll, aber BWF 21 dann besser als BWF 22. Mit der 8. CD habe ich jetzt angefangen, BWF 23 ist jetzt nicht so schlecht, aber wirklich begeistern tut mich diese Musik nicht. Und dann ist es orchestral gesehen auch sehr oboenlastig. Die Oboen spielen meistens eine prominente Rolle und das ist dann so der gängige Sound, der etwas einschläfert. Wenn er dann mal ne Flöte oder Trompete in gewissen Kantaten einsetzt, ist das geradezu erfrischend. Und das Fagott ist dann auch meistens so ein Instrument im Baß, dessen klangliche Möglichkeiten nicht abgerufen werden. So gesehen ist es dann immer Oboe, Oboe, Oboe und das ist auch langweilig. Und das Cembalo wird auch zu selten eingesetzt. Und mit der Orgel könnte man auch mehr machen, die Orgel ist ja an sich ein Instrument, das viele klangliche Möglichkeiten hat, aber bei Bach dudelt es nur sakral.

So, das ist einfach ehrlich, aber ich denke, ab und zu werde ich mal wieder ne Bachkantate hören.
Klassikkonsument
Inventar
#7 erstellt: 08. Nov 2016, 14:40

Martin2 (Beitrag #6) schrieb:
Also offen gesagt wäre es mir lieber gewesen, wenn Bach in den Kantaten einfach selbstkritischer gewesen wäre. Sicher ist das alles irgendwie gut, aber ich finde nicht wirklich alles so inspiriert.


Da darf man aber nicht die Entstehungsbedingungen der Kantaten vergessen. Die Kantaten sind halt Produkte für den Broterwerb gewesen. Da musste er in enger Folge regelmäßig abliefern. Um das zu schaffen, recyclte er bereits Geschriebenes (wohl auch von andern) und verwendete eben Sachen, die er wahrscheinlich selbst nicht zu seinen allerbesten Einfällen zählte. In der Musik gibt es immer auch das Moment des "the show must go on".
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