Bach: Messe in h-moll (BWV 232)

+A -A
Autor
Beitrag
Kings.Singer
Inventar
#1 erstellt: 21. Apr 2007, 13:18
Hallo 'Klassiker'!

Die H-Moll-Messe wird in vieler Munde als einer der Gipfelpunkte (wenn nicht gar der Gipfel) im Schaffen Johann-Sebastian Bachs angesehen. Der barocke Prunk und die unglaublich vielen Facetten, die die Musik in diesem Werk besitzt, machen sie für viele zum non plus ultra in der Sakralmusik, obgleich sie nie zur Einbinung in die Liturgie der Messfeier geschrieben wurde.
Für damalige Verhältnisse bemüht Bach einen sehr großen Gesanges- und Instrumentalapperat: fünf- bis achtstimmigen Chor, fünf Solisten, drei Trompeten, Pauken, Corno da caccia, zwei Traversflöten, zwei Oboen, zwei Oboen d'amore, zwei Fagotte, erste und zweite Violinen, Viola und Basso continuo.

Insgesamt beschäftigte die Messe in h-moll 'JSB' rund 24 Jahre lang.

Noch zu bemerken wäre, dass Bach im Gloria und im Sanctus vom katholischen Messtext abweicht, sodass die H-Moll-Messe auch über die Konfessionen hinweg erhaben erscheint.


Ich habe sie selbst zwei mal gehört und musste mir die Peinlichkeit eingestehen, dass ich tatsächlich noch keine Aufnahme in meiner stark sakral geprägten CD-Sammlung finden kann - und das von "DER Messe schlechthin".


Auch hier im Forum beschäftigt sich gerade ein Thread mit BWV 232, wo allerdings nach 'neuen' Aufnahmen gefragt wird. Da mir dieser Aspekt allerdings Wurst ist:
Welche Aufnahme könnt ihr empfehlen? (Ich denke mir fast schon, dass mir 90% den Gardiner - wen sonst? - empfehlen werden. Aber ich werde nicht kaufen ohne gefragt zu haben. )

Vielen Dank und liebe Grüße,
Alex.


[Beitrag von Kings.Singer am 21. Apr 2007, 13:19 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#2 erstellt: 21. Apr 2007, 13:55
Gardiner hat mittelmäßige Solisten (aus dem Chor), natürlich einen hervorragenden Chor. Mir gefällt sie zwar besser als seine Aufnahmen der Passionen, insgesamt ist sie aber etwas "steril".
Vergleichbar gute Chorleistungen, bessere Solisten und abwechslungsreichers und engagiertes Dirigat haben zwei obendrein noch preiswerte Einspielungen, nämlich die unter Ltg. von R. Jacobs (Berlin Classics) und Diego Fasolis (Arts)




(die letztgezeigte Box kostet z. Zt. bei jpc ebensoviel wie die Messe einzeln; sie enhält sonst ältere, aber hörenswerte Aufnahemn aus der damaligen DDR, jedoch keine Texte)

viele Grüße

JK jr.


[Beitrag von Kreisler_jun. am 21. Apr 2007, 13:56 bearbeitet]
AladdinWunderlampe
Stammgast
#3 erstellt: 21. Apr 2007, 18:49
Hallo Alex,

ich habe mich vor gut 15 Jahren aufgrund ähnlicher Empfindungen wie JK jr. gegen Gardiner und für die Einspielung eine Einspielung von Bachs h-Moll-Messe BWV 232 mit Jennifer Smith (Sopran), Michael Chance (Counter-Tenor), Nico van der Meel (Tenor), Harry van der Kamp (Bass), dem Netherlands Chamber Choir und dem Orchestra of the 18th Century unter der Gesamtleitung von Frans Brüggen entschieden. (Philips 426 238-2).

Mit dieser Einspielung bin ich noch heute glücklich; allerdings gehöre ich nicht zu denjenigen Menschen, die ständig weitere Einspielungen vergleichen, wenn sie eine für sie musikalisch befriedigende Aufnahme gefunden haben; daher kann es sein, dass inzwischen auch bessere Neueinspielungen erschienen sind.


Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 21. Apr 2007, 18:50 bearbeitet]
Kings.Singer
Inventar
#4 erstellt: 19. Mai 2007, 23:46
Hallo zusammen!

Ich habe mich nach reiflicher Überlegung und einigem Probehören für folgende, relativ neue Aufnahme der H-Moll-Messe entschieden:






Und bin hellauf begeistert!
Wie schon beim Weihnachtsoratorium (und vielen anderen Werken von Bach), darf sich Rilling auch mit dieser Leistung ohne Umschweife als absoluter Bach-Spezialist bezeichnen.

Einziger Wehrmutstropfen sind für mich die Solisten. Da ich lange zwischen Fasolis und Rilling hin und her überlegte, haben mich die Solisten bei Fasolis im Nachhinein doch mehr überzeugt. Das ist aber nur ein kleiner Nachteil, da Rillings Solisten keineswegs nur mittelmäßig oder gar schlecht sind.
Außerdem bietet Rilling das über jeden Zweifel erhabene Musizieren der Gächinger Kantorei und des Bach Collegiums, kombiniert mit seinem frischen, ja "peppigen", Dirigat.

Und noch einen Vorteil hat die Hännsler-Aufnahme zu bieten: Zwei SACD's. Klangtechnisch überzeugend und einwandfrei produziert (das Klangbild der Audio-CD-Spur sagt mir - trotz des geringen Unterschieds - hier mehr zu als bei Fasolis).


Viele Grüße und gute Nacht,
Alex.
Joachim49
Inventar
#5 erstellt: 20. Mai 2007, 13:31
Liebe Klassikfreunde,
wenn's nichts Neueres sein muss, dann würde ich nicht zögern Hermann Scherchen mit dem (sogenannten) Wiener Staatsopernorchester aus dem Jahre 1959 zu empfehlen. (früheres Westminster-label, wird heute glaube ich von der DG mit vertrieben)
Joachim
SirVival
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 28. Mai 2007, 10:16
Nun denn,

meine Empfehlung.

Für mich gibt es nur die eine Aufnahme, nämlich:

Otto Klemperer
BBC Chorus, New Philharmonia Orchestra
Agnes Giebel, Janet Baker, Nicolai Gedda, Hermann Prey, Franz Crass
EMI 1C 157-00090/92

Bach mit echtem Gänsehautfaktor. Nichts gegen den Originalklang (fetischismus), aber Musik darf nicht heruntergefiedelt werden, sondern muß vom Dirigenten nachempfunden und so vermittelt werden. Klemperer besaß diese Eigenschaft in hohem Maße. Im übrigen sind die Solisten dieser Aufnahme über jeden Zweifel erhaben.

Gruß
Kings.Singer
Inventar
#7 erstellt: 28. Mai 2007, 13:37

SirVival schrieb:
Nichts gegen den Originalklang (fetischismus), aber Musik darf nicht heruntergefiedelt werden, sondern muß vom Dirigenten nachempfunden und so vermittelt werden.



Also ist Rillings Spielweise für dich nicht mehr als plumpes "Herunterfiedeln"... ?
AladdinWunderlampe
Stammgast
#8 erstellt: 28. Mai 2007, 14:40
Liebe Bach-Freunde,

Rilling musiziert meines Wissens weiterhin auf modernen Instrumenten und wird demnach von SirVivals Verdikt wohl kaum gemeint sein.

Allerdings ist mir die implizite - wenn auch durch die Floskel "nichts gegen den Originalklang (Fetischismus)" wieder halb zurückgenommene - Gegenüberstellung von "historisch informiertem" und "nachempfundenem" Musizieren nicht ganz klar: Warum sollten Musiker, die sich um einen sorgfältigen Umgang mit der Überlieferung Alter Musik bemühen, indem sie sich historisch-kritisch mit Fragen der Instrumente, der Besetzungsgröße, der stiltypischen Artikulation, Phrasierung und Ornamentierung auseinandersetzen, eher als andere dazu neigen, die betreffende Musik seelenlos "herunterzufiedeln"?

Bei Musikern wie Philippe Herreweghe, René Jacobs, Nicolaus Harnoncourt, Ton Koopman, Frans Brüggen und John Eliot Gardiner stelle ich jedenfalls im Regelfall eher das Gegenteil fest.


Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 28. Mai 2007, 14:44 bearbeitet]
SirVival
Hat sich gelöscht
#9 erstellt: 28. Mai 2007, 15:25
Hi Kings singer,

Rilling ist da nicht mit eingeschlossen, weil er keinen Originalklang macht.

Originale Grüße
SirVival
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 28. Mai 2007, 15:42
Nachtrag:

Ich möchte hier keinen Streit um das Für und Wider von "Originalklang" vom Zaune brechen. Mag sein, dass es so zu Zeiten Bachs geklungen hat. Für mich ist jedoch Originalklang meist nichts weiter als eine Masche, um von instrumentalem und sängerischem Unvermögen abzulenken. Ich habe wirklich die Nase voll von falscher Intonation bei den ventillosen Blechbläsern, von Streichern, bei denen man glaubt, die Saiten bestünden aus Katzendarm. Das ist beileibe nicht bei allen diesen Orchestern so, es gibt auch hier sehr gute Instrumentalisten. Aber wenn man mal ein Klavierkonzert von Mozart im sog. Originalklanggewand runtergehämmert ohne Punkt und Komma wie von einem Mechanikus gehört hat, dann bleibt nur noch der Ruf nach dem Scharfrichter .

Deshalb meine Empfehlung, hört euch mal die Messe in h-moll mit Klemperer an, an der Interpretation hätte auch Bach seine Freunde gehabt. Sicherlich eine Spekulation, aber genauso angebracht wie die Spekulation mit dem Originalklang, die vor allem aufs Geld schielt.

Grüße
Kings.Singer
Inventar
#11 erstellt: 28. Mai 2007, 17:28
Rilling (bzw. das Bach-Collegium Stuttgart) mag nicht auf originalem Instrumentarium musizieren (um in der Repertoirebandweite flexibel zu sein), gehört aber doch in den Bereich der Historisch Informierten Aufführungspraxis.


Deswegen war es mir zunächst unklar, ob du auch seine Interpretationen mit einschließt.
Von "Heruntergefiedel" kann da nämlich nicht die Rede sein.
Zwar sind seine Tempi oft flott, doch wer die entsprechenden Ensembles hat, um diese adäquat umzusetzen, lässt auch keine Sensibilität für die Musik vermissen.
Klar gibt es auch Vertreter der HIP bei denen man den Eindruck gewinnt, dass sie so schnell wie irgend möglich spielen ließen und somit ihre Ausführenden überforderten (ich denke da allen voran an Roger Norrington).

Doch bei den ernsthaft historisch informierten, wie sie AlladinWunderlampe zum Beispiel schon nannte, sind derartige Züge äußerst selten zu beobachten.



Ich kenne Klemperers Einspielung auch ausschnittweise. Sie hat **relativ** wenig mit Rilling zu tun. Wer beide vergleicht wird in erster Linie sagen: "So kann man die h-moll Messe also auch spielen."

Mir persönlich liegt Rilling dennoch näher. Klemperers Leseart, um es auf ein Wort zu beschränken, ist majestätischer, während Rilling frischer ans Werk geht (man könnte schon fast "Die h-moll Messe im Spiegel der Zeit" titeln).
Wie gesagt, zwei grundverschiedene Sichtweisen zur Messe, bei denen man schlecht so Begrifflichkeiten wie "gut" und "schlecht" anlegen kann (was ich selbstverständlich Keinem hier unterstellen möchte).


Interessant wäre es sicherlich aber eine Synthese aus beiden zu hören, da beide eindeutige Stärken aufweisen.


Gruß,
Alex.


[Beitrag von Kings.Singer am 28. Mai 2007, 17:30 bearbeitet]
SirVival
Hat sich gelöscht
#12 erstellt: 28. Mai 2007, 22:51
Hi Alex,

Roger Norrington ist in der Tat einer derjenigen, die ich meinte. Seine Zauberflöte in Wien hat ihm auch einige Buhs wegen der durchweg, imho zu flotten Tempi eingetragen. Aber das ficht diese Herren in der Regel nicht an. Sie sind der Auffassung, sich historisch auf der richtigen Linie zu bewegen, obwohl keiner zu der Zeit gelebt, geschweige denn gehört hat.

Na, Hauptsache die Kohle stimmt.
cr
Inventar
#13 erstellt: 26. Jan 2018, 18:48
Gibt es die Karl-Richter Aufnahme 1969 aus Diessen (Janowitz, Töpper, Prey, Laubenthal)
amazon.de
tatsächlich nicht als CD?
Gefunden habe ich nichts
Notfalls muss ich es halt aus der DVD extrahieren, was aber weng Freude bereitet
Hüb'
Moderator
#14 erstellt: 26. Jan 2018, 19:02
Hi,

tatsächlich nicht als CD?

nein, scheint es nicht zu geben.
Die Aufnahme mit Stader scheint vereinzelt noch zu haben, ist aber immer noch überwiegend sehr teuer.

Viele Grüße
Frank
cr
Inventar
#15 erstellt: 26. Jan 2018, 19:17
Auf YouTube ist die ganze Messe hochgeladen, falls es wen interessiert, sie anzuhören....
Suche:
Das könnte Dich auch interessieren:
Bach, J. S.: h-moll Messe von Herreweghe oder ?
macym am 06.09.2008  –  Letzte Antwort am 31.07.2009  –  12 Beiträge
Bach BWV 208 Jagdkantate
kallix am 26.12.2009  –  Letzte Antwort am 27.12.2009  –  3 Beiträge
Bach: Weihnachtsoratorium BWV 248
Kratopluk am 14.12.2004  –  Letzte Antwort am 27.12.2012  –  15 Beiträge
neuere brilliante CDs Mozart Requiem u. Bach h-Moll
Michi-76 am 26.02.2005  –  Letzte Antwort am 05.03.2005  –  2 Beiträge
Bach: Kantate BWV 82 - suche Aufnahme
Tantris am 21.01.2004  –  Letzte Antwort am 07.02.2004  –  5 Beiträge
Bach: Weihnachtsoratorium, BWV 248 - auf DVD
RMi am 06.11.2007  –  Letzte Antwort am 06.11.2007  –  3 Beiträge
Bruckner, A.: Messe in f-Moll
ph.s. am 04.06.2006  –  Letzte Antwort am 23.07.2006  –  10 Beiträge
Bach Weihnachtsoratorium SACD ?
kallix am 06.12.2009  –  Letzte Antwort am 07.12.2009  –  6 Beiträge
Bach: Kantaten
Oolong am 03.02.2005  –  Letzte Antwort am 01.11.2010  –  78 Beiträge
Bach: Matthäuspassion
Oolong am 28.01.2005  –  Letzte Antwort am 28.01.2005  –  2 Beiträge

Anzeige

Produkte in diesem Thread Widget schließen

Aktuelle Aktion

Partner Widget schließen

  • beyerdynamic Logo
  • DALI Logo
  • SAMSUNG Logo
  • TCL Logo

Forumsstatistik Widget schließen

  • Registrierte Mitglieder925.731 ( Heute: 3 )
  • Neuestes MitgliedAndy63
  • Gesamtzahl an Themen1.551.077
  • Gesamtzahl an Beiträgen21.537.625

Hersteller in diesem Thread Widget schließen