Radford TT-100 Ruhestrom(alarm) - Was ist das eigentlich? Stark schwankende Werte gemessen

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Steinkopff
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 15. Mrz 2012, 22:36
Hallo liebe Mitröhrer

Ich habe neulich meine Radford TT-100 mit einer SC-24 zusammenbringen können und kam heute auf die Idee mal den Bias-Wert zu messen.
Ich hab zwar keinen Schimmer was der macht aber mein Schätzchen hat nun mal 4 Messpunkte mit Potis daneben und dem Hinweis auf der Rückwand das der Wert 2 Volt betragen soll.
Ok, also losgemessen und gestaunt das überall nur 1,2 bis 1,5 Volt anlagen. Nun gaaanz vorsichtig nach einer 2stündigen Aufwärmphase den Wert überall auf 1,95 V gebracht (im Leerlauf ohne das Musik gespielt wurde).
Jetzt nochmal nachgemessen (ca. 1 Stunde später) und alle Punkte melden 1,97 - 2,03 V unter Last. Im Leerlauf stabil 1,98 V.
Nebenbei hat sich dieses leichte Brummen im Leerlauf verzogen. Jetzt ist wirklich Stille im Raum wenn kein Signal anliegt.
Könnte mir jemand erklären was der Bias überhaupt ist und wie er sich auswirkt? In welchen Abständen sollte ich das kontrollieren? Hat das was mit dem Verschleiß der Röhren zu tun? Wie konnte es zu dem leichten aber hörbaren Brummen kommen?
Vielen Dank schon mal dem Erklär-Bär, bin zwar noch nicht lange hier aber ich schätze den Sound der Beiden sehr und möchte das das lange so bleibt.

pict0391

PICT0393
DB
Inventar
#2 erstellt: 15. Mrz 2012, 23:43
Hallo,

Bias meint eigentlich die Gittervorspannung (manche meinen allerdings, Bias klänge interessanter und nicht so ingenieurmäßig und erdenschwer) der Endstufenröhren. Mit der Gittervorspannung wird deren Anodenruhestrom eingestellt, das ist einer der den Endstufenarbeitspunkit bestimmenden Faktoren.
Den Ruhestrom mißt man am bequemsten indirekt als Spannungsabfall über einem Widerstand. Das sind die von Dir genannten 2V.

MfG
DB
Steinkopff
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 16. Mrz 2012, 11:02
Moin,
danke für die kurze Erklärung.
Jetzt stellt sich ein anderes Problem : eben nach dem Einschalten wollt ich nochmal schauen ob alles ok ist aber die Werte waren viel zu hoch(!).
Es sollen die oben genannten 2V anliegen aber an einem Punkt waren es sogar 3,5V.
Gestern Abend nach dem Warmlaufen waren es zwischen 1,2 und 1,5V und nun kalt gemessen waren die Werte wesentlich höher...woran kann das liegen?
Steuere ich auf den Exitus zu? Sollte ich das Schätzchen mal zu einem Profi geben zur Inspektion?
Habe deswegen den Threadtitel nochmal geändert.
Doomit
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 16. Mrz 2012, 16:28
Hallo,
lt. einen Schaltplan im I-Net hat die Endstufe Autobias. Bedeutet das man da nichts einstellen kann, bzw. muss. In der Kathotenleitung befindet sich ein 39 Ohm Widerstand und parallel ein 470uF Kondensator.
Der Ruhestrom beträgt ca. 52mA oder eben die 2V am Widerstand, bzw. Meßpunkt.
Wie alt sind denn die Röhren?
Schaltplan gibt es übrigens hier http://www.radfordre...-Instructions-P2.jpg


[Beitrag von Doomit am 16. Mrz 2012, 16:37 bearbeitet]
richi44
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 29. Mrz 2012, 14:58
Dies ist KEINESWEGS eine Auto-Biasschaltung, denn die 2V Uk haben auf die tatsächlich benötigte Gittervorspannung keinen Einfluss. Solche Widerstandswerte (meist 10 Ohm) hast Du immer, wenn der Ruhestrom auf diese Weise gemessen werden soll. Der tatsächlich Rk wäre bei einem Auto-Bias rund 300 bis 500 Ohm!

Was hier möglich sein kann ist der Temperaturgang der Ts1 - 4. Je nach Temperatur ändert sich nämlich der Ruhestrom der Transistoren und damit deren Kollektorspannung, was der Gittervorspannung der Endröhren entspricht. Im Grunde dürfte sich der Röhren-Ruhestrom NICHT als Folge der Temperatur ändern! Geschieht dies trotzdem, so fehlt entweder der Kühlkörper oder es handelt sich um eine Fehlkonstruktion.
pragmatiker
Administrator
#6 erstellt: 03. Apr 2012, 12:16
Servus Richi,

richi44 schrieb:
oder es handelt sich um eine Fehlkonstruktion

diese Annahme dürfte möglicherweise zutreffen. Der Senkenstrom der sehr unorthodox aufgebauten.....ähhhh.....Konstantstromquelle aus Ts3 und Ts4 kommt ja nur durch die Strombegrenzung des Kollektorstroms von Ts4 durch den Spannungsabfall an R18 (27[Ohm]; Senkenstrom damit ganz grob ca. 26[mA]) und die mit der BE-Strecke von Ts3 realisierte Strombegrenzung durch "Abregelung" der Basis von Ts4 zustande. Und der Temperaturkoeffizient (TK) der BE-Strecke von Ts3 (ca. -2[mV pro K]) geht damit voll in den Senkenstrom ein - übliche (und ordentliche) Konstantstromquellen sehen anders aus.

Kleine Rechnung: nehmen wir mal an, die BE-Strecke von Ts3 wird vom Kaltstart bis zur endgültigen Betriebstemperatur um 20[°C] wärmer: Dann hätten wir (bei der idealisierten Annahme von 0.7[V] U(BE) von Ts3) eine Abnahme der U(BE) von Ts3 um ca. 40[mV]. Damit sinkt der Senkenstrom von 25.926[mA] auf 24.444[mA] - also um 1.482[mA]. Diese Stromänderung verteilt sich nun 50:50 auf die beiden Transistoren Ts1 und Ts2 des Differenzverstärkers - an jedem 10[kOhm] Kollektorwiderstand des Differenzverstärkers tritt also eine durch die Stromänderung verursachte, temperaturbedingte Spannungsänderung von ca. 7.41[V](!!) auf. Auch wenn diese Spannungsänderung durch die Gitterspannungsteiler der KT88 noch mindestens um den Faktor ca. 1.58 auf dann maximal noch ca. 4.7[V] abgeschwächt wird (wenn die Trimmpotis Vr1 und Vr2 auf ihren oberen Anschlägen stehen) und auch wenn man annimmt, daß die Temperaturänderung der BE-Strecke von Ts3 nur 10[°C] beträgt (was die absolute Spannungsänderung an den Kollektoren von Ts1 und Ts2 halbieren würde) - dann bleibt immer noch genügend (durch die BE-Strecke von Ts3 verursachte) temperaturabhängige Spannungsänderung an den Steuergittern der beiden KT88 übrig, um deren Arbeitspunkte deutlich zu verstellen.

Wie auch immer: da gehört zunächst einmal eine termperaturstabile Konstantstromquelle hin - dann kann man weitersehen.

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 03. Apr 2012, 13:00 bearbeitet]
Steinkopff
Ist häufiger hier
#7 erstellt: 11. Apr 2012, 14:07
Danke Euch für die qualifizierten Antworten von denen ich leider wenig auf Anhieb verstehe weil ich zwar gerne gut höre aber von den Vorgängen die dafür verantwortlich sind wenig (gar keine) Ahnung habe.
Das eine mangelhafte Stromversorgung verantwortlich ein könnte für das Dilemma holt mich schon ein bisschen aus den Wolken. Das sogar ein Konstruktionsfehler zugrunde liegen könnte erst recht.
"Genies bauen Mist,Raul" (Zitat aus meinem Lieblingsroman)
Die Röhren sind noch die ersten,muss ich nun damit rechnen das mir alles bald um die Ohren fliegt? Immerhin läuft es so schon seid 35 Jahren und hat einfach den Sound welchen ich schon immer wollte.
Mit neuen Röhren ist`s ja so einfach wohl auch nicht getan,ich glaub die Revision wird aufwendig.
Welche Maßnahmen würdet Ihr innerhalb der nächsten 6 Monate raten? Wen würdet Ihr mir empfehlen der die Ausführung übernimmt?
Bin zwar finanziell dünnhäutig aber möchte nicht enden wie mancher fünfthand-850csi...mit Wartungsstau auf den Frachter nach Afrika
Ich habe viel Freude an diesen Schätzchen und möchte das das so bleibt.
DB
Inventar
#8 erstellt: 11. Apr 2012, 17:24
Hallo Herbert,

ich denke wenn man mit einer einfachen Konstantstromquelle mit einem pnp und vielleicht Z-Dioden, LED oder TL431 als Spannungsreferenz experimentiert, kommt man besser weg. Möglicherweise könnte auch schon ein als Stromquelle beschalteter Festspannungsregler seinen Zweck erfüllen.

MfG
DB
Steinkopff
Ist häufiger hier
#9 erstellt: 12. Apr 2012, 12:30
Heij, ich bin grad über Audio-Reparatur.de gestolpert und die Referenzen klingen sehr vielversprechend. Dazu scheint`s noch günstig zu sein wenn das Team sich etwas vornimmt.
Ich glaub das macht Sinn wenn ich mit denen mal Kontakt aufnehme und mal höre was die dazu sagen.
Jetzt könnte ich ja sogar schon benennen wo der Schuh drückt, danke Herbert, danke allen die sich einen Kopf gemacht haben.
Viele Grüße aus dem schönen Göttingen
pragmatiker
Administrator
#10 erstellt: 12. Apr 2012, 15:08
Servus Alexander,

Steinkopff schrieb:
Heij, ich bin grad über Audio-Reparatur.de gestolpert und die Referenzen klingen sehr vielversprechend. Dazu scheint`s noch günstig zu sein wenn das Team sich etwas vornimmt.
Ich glaub das macht Sinn wenn ich mit denen mal Kontakt aufnehme und mal höre was die dazu sagen.
Jetzt könnte ich ja sogar schon benennen wo der Schuh drückt

vielleicht macht es für eine erste Anfrage (bevor Du Dein Gerät von Göttingen nach Regensburg schickst) Sinn, die Herrschaften auf diesen Thread zu verweisen und mal zu fragen, was sie denn so dazu meinen (ist ja nicht zu viel zu lesen - sollte also eigentlich für akzeptables Geld gehen). Schließlich ist das Ganze ja nicht nur eine Reparatur, sondern eine Modifikation der Schaltung - da ist es besser, vorher zu wissen, was auf einen zukommt.

Und - auch wenn solche Werkstattbilder meistens irgendwie "gestellt" sind: Das, was an Werkstattmeßtechnik auf deren Homepage zu sehen ist, ist o.k. - da gibt's nichts zu meckern......und leicht graue Schläfen des Personals sind bei solchen Aufgabenstellungen ein unbedingtes Plus.

Grüße und viel Erfolg

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 12. Apr 2012, 15:13 bearbeitet]
Steinkopff
Ist häufiger hier
#11 erstellt: 23. Jul 2018, 16:48
Hallo Herbert,
Ich schulde Dir großen Dank. Nochmals. Ich habe den TT-100 eingemottet weil mir der Betrieb zu gefährlich war. Ich musste erstmal mehr Erfahrung sammeln und Leute kennenlernen.
Jetzt ist es gelungen, ich fand auf Patreon Paul Carlson (Carlson's Lab) der ein großartiger Lehrer ist. Er schafft es mir das Ganze so aufzudröseln das ich gut mitkomme. Ziel ist das ich meinen Kram selbst repariere.
Nachdem nun auch mein SPA-50 und mein Aktiv-Sub gehimmelt ist wird die Lage ernst…
Ein NAD 7100 ist gutes Substitut aber trotzdem, die Radfords müssen in Ordnung.

Grüße aus dem schönen Göttingen
pragmatiker
Administrator
#12 erstellt: 23. Jul 2018, 17:15
Na, daß dieser Thread nach 6 Jahren noch mal wiederbelebt wird, ist ja auch mal was besonderes. Fein, daß Du jemanden gefunden hast, Alexander, der Dich bei diesem Themen verständlich "an die Hand nimmt".

Grüße

Herbert
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