Beethovens Sechste Sinfonie: Laues Lüftchen oder musikalischer Orkan ?

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Antracis
Stammgast
#1 erstellt: 16. Apr 2004, 11:47
Tag zusammen,

O.K., wie man unschwer erkennt, wollte ich mich auch mal Alfreds patentiert ironisierendem Threadbenennungsverfahren bedienen.

Und die Geständnisse gehen weiter, ich gebe es ganz offen zu:
Ich habe die Sechste Sinfonie, die "Pastorale" fast ein Jahrzehnt lang verschmäht und sträflich unterschätzt. Dies lag nun vielleicht auch an einem relativ steinigen Weg zu Beethoven, den ich zurückzulegen hatte. Hörte ich die Klavierkonzerte und Sonaten regelmäßig, machte ich um die Sinfonien lange einen großen Bogen und bediente mich bei Bruckner und Mahler. Dies lag nicht zuletzt am "Bekanntheitsgrad" der Sinfonien. Irgendwie hörte und kannte die ja jeder, egal ob "Klassikfan" oder nicht. Ich fand Mahler spannender, von dem hatte ich schließlich 20 Jahre meines Lebens noch nicht mal gewusst, dass er existiert.;) So brauchte ich auch viele Jahre, bevor ich die Fünfte Sinfonie Beethovens unbeschwert genießen konnte.
Am längsten musste aber die "Sechste" warten, nämlich bis vor ein paar Monaten, als ich Sie endlich einmal bewusst hörte.

Seitdem halte ich dieses Werk nicht nur für eine der größten Schöpfungen Beethovens, sondern auch für eine der größten sinfonischen Kompositionen überhaupt. Grundlage meiner Begeisterung ist neben der musikalischen Brillanz eine Charaktereigenschaft dieser Musik, die ich schwer genau beschreiben kann. "Naivität" würde gewiss abwertend verstanden werden, wobei es dass nicht sollte. "Tiefe unverstellte Menschlichkeit" klingt wiederum nicht nur unmusikalisch sondern auch ziemlich phrasendreschend und hochtrabend. Aber warum darüber reden: Man kann es ja hören.
Die rührenden Modulationen des ersten und letzten Satzes, das Flötensolo des zweiten Satzes , den grandios hereinbrechenden "Sturm" bis hin zu den mir immer wieder den Atem stocken lassenden Hornsoli beim Überleiten am Beginn und zwischen den Teilen des Finales.

Wie sehr liegt Euch diese Sinfonie am Herzen ? Welche Aufnahmen bevorzugt Ihr ? Da meine Diskographie bezüglich des Werkes noch sehr klein ist, halte ich mich diesmal zurück und werde meine Favoriten erst später benennen.

Gruß
Anti


[Beitrag von Antracis am 16. Apr 2004, 11:48 bearbeitet]
sound67
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 16. Apr 2004, 12:06
Ich schätze die "Pastorale" sehr, obwohl sie mit Sicherheit nicht zu Beethovens "effizientesten" Werken gehört - es gibt nur wenige Dirigenten (z.B. Blomstedt, auf Brilliant), bei denen die "Szene am Bach" nicht langweilt. Aber die Ecksätze und der Sturm gehören schon zu Beethovens Großtaten.

Mein Empfehlung deshalb: Staatskapelle Dresden/Herbert Blomstedt (in Brilliant-Box mit allen Sinfonien, die auch alle hervorragend interpretiert werden).



Wers HIP mag, hier ist mal wieder die Gardiner-Aufnahme sehr spannend.

Aber ich muss sagen, angesichts des Breitwand-Kolorits der Pastorale ziehe ich hier eindeutig "moderne" Instrumente vor.

Gruß, Thomas
op111
Moderator
#3 erstellt: 16. Apr 2004, 12:13
Hallo zusammen,
ich gestehe Beethovens Musik außerordentlich zu mögen, besonders die Kammermusikwerke (insbes. die Streichquartette),
die neunte Sinfonie ist bis auf den Schlußsatz einfach großartig,

es gibt auch Sinfonien die ich ganz ertragen kann:die Zweite, Vierte, Achte.

Die Sechste dagegen überhaupt nicht;
die Musik ist selbstverständlich immer »schön«, aber auch nicht mehr als das. Ohne Zweifel passen die tonale und metrische Regelmäßigkeit zur Einfachheit der »Szene«, aber was geht uns die »Szene« an? Dem »Bach«, obwohl von donauartiger Länge, mangelt es an Ereignissen, Stromschnellen, Strudeln, Wasserfällen, und für mich sind wenige Episoden im Werk des großen Komponisten weniger willkommen als die Rückkehr des Seitenthemas bei Takt 113. Und doch finden sich thematische Strukturen der Pastorale sowohl in früheren wie auch in späteren Sinfonien: im Adagio der Vierten (Takt 34) beispielsweise; im Andante der Fünften (das Thema selbst, aber am auffallendsten in der Zweiunddreißigstel-Variation); und ? die größte Überraschung ? auf dem letzten Höhepunkt des Adagios in der Neunten (Takt 147).

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 16. Apr 2004, 12:59 bearbeitet]
Markus_Berzborn
Gesperrt
#4 erstellt: 16. Apr 2004, 12:32
Interpretationen der 6. Sinfonie, die m.E. nicht nur einfach "schön" und harmlos sind und bei denen ich mich garantiert nicht "langweile" sind z.B.: Leibowitz, Scherchen, Toscanini.

Gruß,
Markus
op111
Moderator
#5 erstellt: 16. Apr 2004, 12:47
Hallo zusammen,
nachdem Markus schon Arturo Toscaninis Aufnahmen als Beispiel für erträgliche Interpretationen genannt hat, möchte ich noch George Szell, Georg Solti und Otto Klemperer anführen.

Georg Soltis Autobiografie geht auch auf die 6. ein.

Georg Solti:
... Keine Beethoven-Symphonie ist so schwer vollendet auszuführen wie die Sechste, die Pastorale. Die Struktur erscheint einfach und natürlich, aber im Grunde handelt es sich um eine symphonische Tondichtung. Es ist die erste Programmsymphonie mit kurzen verbalen Beschreibungen der Satzinhalte, einer Methode, die später unter anderem von Berlioz, Liszt, Wagner und Strauss aufgegriffen wurde. Das gesamte Werk steckt voller Stolpersteine für Orchester und Dirigent. Für die einleitende Phrase des ersten Satzes ist ein leicht verlangsamtes Tempo möglich, aber genauso wirkungsvoll kann sie auch im vorgeschriebenen Tempo gespielt werden. Die Metronomangabe 66 pro Takt ist zu schnell, deutet aber darauf hin, daß das Tempo eher flüssig als langsam sein sollte. Entsprechend der heiteren Stimmung des Satzes sollte durchweg ein wunderschön lyrischer Ton beibehalten werden, besonders in den Streichern. Die Forte-Akkorde müssen stets dolce, niemals dramatisch oder wuchtig klingen...


[Beitrag von op111 am 16. Apr 2004, 12:48 bearbeitet]
dufay
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 16. Apr 2004, 13:31
@ Franz

Ohne Zweifel passen die tonale und metrische Regelmäßigkeit zur Einfachheit der »Szene«, aber was geht uns die »Szene« an? Dem »Bach«, obwohl von donauartiger Länge, mangelt es an Ereignissen, Stromschnellen, Strudeln, Wasserfällen, und für mich sind wenige Episoden im Werk des großen Komponisten weniger willkommen als die Rückkehr des Seitenthemas bei Takt 113. Und doch finden sich thematische Strukturen der Pastorale sowohl in früheren wie auch in späteren Sinfonien: im Adagio der Vierten (Takt 34) beispielsweise; im Andante der Fünften (das Thema selbst, aber am auffallendsten in der Zweiunddreißigstel-Variation); und ? die größte Überraschung ? auf dem letzten Höhepunkt des Adagios in der Neunten (Takt 147).


Hallo Franz,
gehen Dir derlei Taktnummersezierungen wirklich beim Genuß dieser wunderschönen Sinfonie durch den Kopf ? :-(
Ich bin mir sicher, daß Du sie still und heimlich liebst. :-)
Du willst es, als Szelljünger und "rationaler Genußtheoretiker", nur nicht öffentlich zugeben.
Die Pastorale ist doch wie frische Liebe.
Einfach fallen lassen !! :-) Nicht analysieren und nachdenken !

Herzliche Grüße
norbert.

@Antracis

Ich freue mich über Deine Begeisterung für diese Sinfonie !:-)
Du fragst nach dem Stellenwert ! Ich will es ganz lapidar formulieren:
Sie macht mich immer Glücklich. Für mich ist sie zusammen mit Schuberts "Unvollendeter" die schönste Sinfonie überhaupt !:-)
Der ultimative Kick ist-, den Kopfsatz (und den Rest natürlich auch ) im Auto-Cdplayer abspielend, durch die Mittelgebirgslandschaft meiner Heimat während der Kirschblüte zu fahren :-)

Gruß
Norbert.

p.s. Es fehlt ja noch die Empfehlung !
Ganz klar Gardiner und Wand !!! :-)


[Beitrag von dufay am 16. Apr 2004, 13:32 bearbeitet]
schumi65
Stammgast
#7 erstellt: 16. Apr 2004, 13:40
Hallo Classics,

die 6. Sinfonie ist die von mir am häufigsten gehörte Sinfonie Beethovens. Der direkte Bezug der Musik zu quasi realen Themen wie die Szene am Bach gibt mir beim hören zusätzlich Impulse, mich in die Musik hineinzudenken, also von meinem aktuellen Umfeld loszulassen und mich aktiv der Musik hinzugeben.
Ähnliches passierte mir ja schon mit 14 Jahren, als ich im Musikunterricht Smetanas "Moldau" hörte. Das man mit Musik sein Umfeld ausdrücken kann, hat mich seit daher fasziniert.

Da interessiert mich also weniger der allgemeine Stand, den die Pastorale in den Augen der Klassikfreunde hat, sondern eher, wie die Musik auf mich wirkt, denn so ein Musikvertrauter bin ich nicht, als das ich jedes Musikstück analytisch unter die Lupe nehmen würde. Ich konsumiere einfach nur.

Deshalb habe ich bisher auch keine Vergleichsmöglichkeiten zwischen einzelnen Interpreten/Dirigenten, denn bisher habe ich mit immer irgendeine CD gekauft, wenn mir ein Werk gefiel, aber niemals eine 2. CD desselben Stückes. Ehrlich gesagt dachte ich immer, daß Musikwiedergabe nach Noten so gut wie keinen Spielraum für Interpretationen zuläßt. Somit war meine Glaube, daß eine 6. Sinfonie von Beethoven eben immer wie die 6. klingt, egal wer sie spielt.

Aber das Forum belehrt mich eines Besseren. Mein Problem ist nur, WEM glaube/vertraue ich denn nun, wenn 10 Leute ihre unterschiedlichen Favoriten abgeben??? Von welchem Label sollte die CD sein? Welcher Dirigent, welches Orchester?
Ihr macht es Einsteigern somit nicht leicht

Trotzdem nenne ich hier mal meine Cd mit der Pastorale:
N. Harnoncourt und den Wiener Ph. (von Teldec).
Markus_Berzborn
Gesperrt
#8 erstellt: 16. Apr 2004, 13:57


Ehrlich gesagt dachte ich immer, daß Musikwiedergabe nach Noten so gut wie keinen Spielraum für Interpretationen zuläßt.


Leider oder zum Glück - je nach Standpunkt - ist der Spielraum ziemlich groß.
op111
Moderator
#9 erstellt: 16. Apr 2004, 14:10
Hallo zusammen,

@Norbert: Im Gegensatz zu manch anderem Werk Beethovens hat die 6. für mich so gut wie keinerlei emotionalen Wert.
Es ist einfach eine musikalische Struktur, ein Muster.
Kein Wunder, daß Beethoven sie als Kontrast zur 5. geschrieben hat-

@schumi65
Ok, dann präzisiere ich mal einige gelungene Aufnahmen
Dirigent; Orchester; Aufn.-datum; Label; Aufnahmeort
Otto Klemperer; Philharmonia Orchestra; Okt.1957; EMI; London
Franz Konwitschny; Gewandhaus Orchester Leipzig; 1-15.Mar.1960; Berlin Classics/edel; Leipzig
Sir Georg Solti, Chicago Symphony Orchestra, 1972-74, Decca Gesamtausgabe 1996 Decca 6CDs 289.430.792-2; Wien
George Szell; Cleveland Orchestra; 20-21.Jan.1962; Sony Classical BOX SB5K 48 396 (1992) (SBK 46532) (1991); Severance Hall, Cleveland

Arturo Toscanini; NBC Symphony Orchestra; 14.Jan.1952; RCA/BMG; N.Y.C.
David Zinman; Tonhalle Orchester Zürich ;25/26.Mär.1997; Artenova/BMG; Zürich (neueste Partiturfassung: Bärenreiter)

Gruß
Franz
dufay
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 16. Apr 2004, 14:21
Hallo Franz,


Im Gegensatz zu manch anderem Werk Beethovens hat die 6. für mich so gut wie keinerlei emotionalen Wert.
Es ist einfach eine musikalische Struktur, ein Muster.
Kein Wunder, daß Beethoven sie als Kontrast zur 5. geschrieben hat-


schade, daß Du das so empfindest.:-(

Im Gegensatz zur c-moll Sinfonie, einer absoluten Musik die nur aus sich spricht, ist es ja gerade das Wesen der Pastorale, ihre Satzüberschriften mit eigenen Eindrücken dieser Art verbinden zu können. Das macht sie unweigerlich zum "Happy Maker" !:-)

Die c-moll Sinfonie finde ich aufregend, ihr letzter Satz läßt sprichwörtlich das "Blut kochen "! Aber ist sie auch "schön" ??

Gruß
Norbert.


[Beitrag von dufay am 16. Apr 2004, 14:31 bearbeitet]
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 16. Apr 2004, 15:18
Hallo,

Ich will mal wieder den "traditionellen" Gegenpol in diesem Forum bilden.
Ich muß gestehen, daß ich meine Probleme damit habe, Beethovens 6. als "eher erträglich" eingestuft zu sehen.
Ich glaube, man kann sagen, daß dies eher ein Trend "neueren Datums" ist, weil sich die Werte geändert haben, oder vielmehr Menschen die Werte geändert haben, die bisherigen Wertsystemen eher einen Rang ganz unten belegt haben. Was dereinst als Gipfel apollinarischer Schönheit gepriesen wurde, wird heute als "langweilig" betrachtet, "ewige" (oder doch zumindest langlebige) Werte gibt es nicht mehr. Damit fällt auch jegliche Orientierung weg.
Aber um es kurz zu sagen: Ich halte alle Beethoven Sinfonien für einzigartige Wunderwerke, wo es kaum vergleichbares in der Musikliteratur gibt.
Obwohl es die Achse: "Bekanntere" und "weniger bekannte"
Beethoven Sinfonien schon lange gab, so zählte die 6. zumindest seit ich mich erinnern kann, zu den "Bekannten" und rangiert bei meinen Vorlieben ganz oben.

Man darf nicht vergessen, daß Beethoven ein "Klassiker" war und das im tiefsten Sinn der Bedeutung. An desem Umstand gemessen ist er äußerst progressiv, aber mich schaudert bei dem Gedanken, er müsse sich mit Mahler oder von mir aus Shostakovich vergleichen lassen.

Wenn Beethoven an das "Erwachen heiterer Empfindungen bei der Ankunft auf dem Lande" denkt, so sieht er keinen Eilzug, keinen Touristenbus oder PKW ankommen, sondern natürlich einen Landauer oder irgend ein anderes Pferdegespann. Das "lustige Zusammenleben der Landleute" findet naturgemäß nicht in der Dorfdisco statt, sondern in einer gemütichen Schenke, vergleichbar vielleicht noch mit dem Wiener Heurigen in seiner naturbelassenen Form, wo sich noch keine Touristen tummeln.

Das soll hier kein weltanschauliches Credo sein, sondern lediglich ein Nahebringen historischer Tatsachen, die (angeblich) sowieso jedem bekannt sind, die aber gerne verdrängt werden, wenn "Klassische Werke" beurteilt werden.

Zu den Einspielungen.
Ich gebe zu, daß ich mir zu dieser Sinfonie auch den Titel "Unzerstörbare" vorstellen könnte, sie begeistert mich immer wieder, und zwar weitgehend unabhängig von der Interpretation.

Ich habe, kurz bevor ich hier zu schreiben begonnen habe, kurz in einige Aufnahmen hineingehört.

Berliner Philharmoniker unter Herbert von Karajan.(1982)

Klassisch schön, sehr ausgewogen,ein wenig "idealisierend" Gewitter hingegen sehr effektvoll.
Zu Unrecht von manchen verteufelt.
Nicht optimal durchhörbar, ein typisches DGG-Manko, aber auch nicht im eigentlichen Sinne verhangen
Die alte 60er Aufnahme war meiner Erinnerung nach "spritziger", allerding mit Grundrauschen behaftet.

Münchener Philharmoniker unter Sergiu Celibidache

Füllig bis gelegentlich dick, etwas behäbig, wunderschöne Bläser, interessanterweise ist das Gewitter eher harmlos, der Klang ist hier zwar extrem voll, aber die Pauken sind imo zu weich, hier fehlt tatsächlich Spannung.

Orchestre révolutionnaire et romantique unter John Eliot Gardiner

Gardiner ist ein von mir sehr geschätzter Dirigent, allerdings ist er mir in dieser Einspielung zu ungestüm. Er bietet vielleicht Spannung und vorwärtsdrängen, nie aber Ent- Spannung. Dauerspannung allein wir auf die Dauer stressig. Beim Gewitter bemerkt man das Manko historischer Orchesterformationen: Hier klingt es einfach zu dünn, wenngleich überzeugender als bei Norrington, und man muß sagen Gardiner holt hier alles aus diesem Orchester raus, was mir solchem Instrumentarium möglich ist.

The London Classical Players unter Roger Norrington

Norrington bürstet Beethoven gegen den Strich. Er nimmt ihm die Wucht, legt Tempo zu und ist in vielen Ländern angefeindet. Man sollte aber nicht überhören, daß auch sein Beethoven-Bild in sich schlüssig ist, und daß etliche Nebenstimmen hörbar sind, die sonst untergehen, eine interessante alternative Sichtweise also. Das Gewitter dieser Aufnahme zeigt aber mehr noch als bei Gardiner, daß eine historisch getreue Aufführung (wir wollen mal unterstellen, daß sie das ist) nicht unbedingt mit einer
effektvollen gleichzusetzen sein muß....
Trotzdem eine Aufnahme die ich sehr schätze...

Die Wiener Philharmoniker unter Simon Rattle

Über die Qualität dieser Aufnahme ist etliches kontroverselle geschrieben worden, von "halbherzig" bis "Referenz" der Zukunft. Was ist davon wahr ?
Ich tu mir da ein bischen schwer, neutral zu sein, war ich doch bei der Aufnahme der vierten und siebten selbst im Publikum.(und hab während der Pause in einem unbeobachteten Augenblick auch in den "Abhörraum" geschaut )
Das Ergebnis ist durchaus überzeugend, auch wenn die Wiener Philharmonker nicht mehr nach "Wiener Philharmoniker" klingen und Rattle mit einigen "Eigenheiten" aufwartet, aber eigentlich ist es ja gerade das, was von einer Neuaufnahme verlangt wird. Die Aufnahme wirkte auf mich im besten Sinne des Wortes zeitgemäß (ich vermeide bewusst "modern"), aber nie aufgesetzt modisch. Das Gewitter im speziellen, verlässt in seiner Wirkung (auf mich) jedoch alles bisher Gehörte: Hier klingt bereits Wagners "Fliegender Holländer" an. Das Ergebnis ist beeindruckend, allerdings frage ich mich ob die Interpretation noch "klassisch" ist.
----------------------------------------------
Hier endet mein Kurzvergleich, den ich als subjektiven Eindruck und nicht als Verdikt verstanden wissen will.
Mehr wäre möglich, aber auch verwirrender.
In meinem CD-Archv gibt es noch einige hochkarätige Aufnahmen.Aber es werden ja auch noch andere posten.

GRüße aus
Wien
Alfred


PS:
Die EMI Aufnahme ist teilweise kopiergeschützt, zumindest bei den Einzelveröffenlichungen.
Die CD mit der 4. und 7, sind aber nicht "verhunzt" ;-)
und AFAIK auch nicht die "Gesamtkassette"


[Beitrag von Alfred_Schmidt am 16. Apr 2004, 15:38 bearbeitet]
op111
Moderator
#12 erstellt: 16. Apr 2004, 15:28
Norbert schrieb:
Franz:
Im Gegensatz zu manch anderem Werk Beethovens hat die 6. für mich so gut wie keinerlei emotionalen Wert.

schade, daß Du das so empfindest.:-(
Die c-moll Sinfonie finde ich aufregend, ihr letzter Satz läßt sprichwörtlich das "Blut kochen "! Aber ist sie auch "schön" ??

Hallo Norbert,
warum schade, die 6. verliert für dich doch nicht an Wert, weil andere sie nicht so mögen. Ab und zu aber eher selten höre ich auch die 6. mal, aber häufigsten die mit dem Chicago Symphony unter Solti, da klingt sie am wenigsten harmlos und bieder.
Bei der 5. fallen meines Erachtens die weiteren Sätze gegen den ersten ab, den letzen Satz mag ich allerdings nur selten hören.
Ich weiß, daß du auch bei der 9. anderer Meinung bist und nicht wie ich oft nach dem 3. Satz aufhörst.
Kein Problem.

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 16. Apr 2004, 15:29 bearbeitet]
dufay
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 16. Apr 2004, 15:59
Hallo Franz,
welche Einspielungen der 9-ten sind Deine Favoriten ?

Im Falle der 9-ten tritt bei mir der sehr seltene Fall ein, daß ich eine Interpretation als absolut überragend empfinde.

Es ist die Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern unter Ferenc Fricsay.

Die Rhythmusherausarbeitung, besonders im zweiten Satz, ist einmalig !!
Er läßt die Berliner spielen, als hätten sie ungarisches Musikantenblut in den Adern.
Eine Apotheose des Rhythmischen !! (ich kann das leider nicht anders beschreiben ).

Für Interessierte, es ist die Einspielung, die in Kubricks "Clockwork Orange" zu hören ist.
Der zweite Satz erklingt, als der sympathische Protagonist, sich am S... kratzend, morgens auf seinen fürsorglichen Bewährungshelfer trifft. :-)

Gruß
Norbert.


[Beitrag von dufay am 16. Apr 2004, 16:03 bearbeitet]
op111
Moderator
#14 erstellt: 16. Apr 2004, 17:14

Hallo Franz,
welche Einspielungen der 9-ten sind Deine Favoriten ?

Hallo Norbert, ich antworte mal im anderen Thread "Die Sinfonien von Ludwig van Beethoven"
Antracis
Stammgast
#15 erstellt: 16. Apr 2004, 20:31
Erstmal schön, dass der Thread soviel Resonanz erbringt.
Wie Alfred zieht sich mir natürlich ebenfalls das Herz zusammen, die "Sechste" als gerade noch erträglich eingestuft zu sehen, wobei ich natürlich jedem seine persönlichen Zu- und Abneigungen gönne, so wie ich meine respektiert sehen möchte. So verschieden sind die Menschen halt und sonst wäre dieses Forum ja auch viel langweiliger.






Ohne Zweifel passen die tonale und metrische Regelmäßigkeit zur Einfachheit der »Szene«, aber was geht uns die »Szene« an? Dem »Bach«, obwohl von donauartiger Länge, mangelt es an Ereignissen, Stromschnellen, Strudeln, Wasserfällen, und für mich sind wenige Episoden im Werk des großen Komponisten weniger willkommen als die Rückkehr des Seitenthemas bei Takt 113.


Interessant Franz, dass Du das so empfindest. Auf mich entfaltet eben gerade dieser zweite Satz immense Wirkung, persönlich erlebe ich es als gefühlsmäßigen Zustand eines Menschen, der für einen kurzen Augenblick vollkommenen "Frieden" mit sich selbst geschlossen hat und seine Gedanken schweifen lässt. Mich fasziniert da gerade die gewisse Einfältigkeit der Musik. Da ist halt keine brachiale Stromschnelle und kein tosender Wasserfall in seinen Emotionen, hingegen wundervolle feinste Nuancierungen, z.B. die immer wieder wechselnde leicht andere Besetzung der Holzbläser. Und aus diesen Feinheiten heraus werden die beiden Fagottsoli zu markanten Zäsuren und in meinen Ohren das Flötensolo zum Glücksschrei. Hier kann ich mich auch nur dufay anschließen: Die Musik macht mich einfach glücklich.

Aber immer wieder spannend, wie unterschiedlich solche Töne in Ohr und Herz der Menschen ankommen.


Meine Favoriten war ich ja noch schuldig: Die bisher eindringlichste Interpretation hörte ich "live" mit Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern vor ca. einem Jahr. Insofern bin ich naturgemäß sehr an seiner Einspielung mit den Wienern interessiert, habe aber bisher irgendwie noch nicht die Muße gefunden, mir das mal im Plattengeschäft anzutun.
Weiterhin natürlich die Gardineraufnahme mit dem schon genannten "Orchestre révolutionnaire et romantique ", wo mich eigentlich alle Einspielungen des Gesamtzyklus begeistern. Weitere werden sicherlich inspiriert durch diesen Thread folgen.

Gruß
Sascha
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#16 erstellt: 16. Apr 2004, 22:30
@schumi

Hallo schumi



Deshalb habe ich bisher auch keine Vergleichsmöglichkeiten zwischen einzelnen Interpreten/Dirigenten, denn bisher habe ich mit immer irgendeine CD gekauft, wenn mir ein Werk gefiel, aber niemals eine 2. CD desselben Stückes


Das ist ja für einen Einsteiger (als der Du dich ja deklarierst) auch eine durchaus vernünftige Vorgehensweise.
Einsteiger sind ja glücklicherweise, eben weil sie keine Vergleichsmöglichkeiten haben, auch nicht so kritisch.
Schli,, wird es erst, wenn ein Einsteiger eine CD erwischt, die "total" daneben ist, und ihn für immer von diesem Komponisten/Werk vergrault.



. Ehrlich gesagt dachte ich immer, daß Musikwiedergabe nach Noten so gut wie keinen Spielraum für Interpretationen zuläßt. Somit war meine Glaube, daß eine 6. Sinfonie von Beethoven eben immer wie die 6. klingt, egal wer sie spielt
.

In diesem Fall wären sowohl Neuaufnahmen, als auch dieses Forum total "für die Katz" (=unnütz, ich weiß nicht ob "für die Katz" in Deutschland auch benutzt wird, will mich aber nit total "germanisieren" )
Es gibt teilweise sehr große Unterschiede.



Aber das Forum belehrt mich eines Besseren. Mein Problem ist nur, WEM glaube/vertraue ich denn nun, wenn 10 Leute ihre unterschiedlichen Favoriten abgeben??? Von welchem Label sollte die CD sein? Welcher Dirigent, welches Orchester?


Du hast Da was mißverstanden. Die Frage kann und soll von keinem von uns in der Form beantwortet werden, welche denn nun besser ist.

Es ist als würdest Du die Frage stellen:

Welches der beiden unterhalb eingefügten Bilder stellt Beethoven dar ?

Die Antwort ist: BEIDE

Welches sieht ihm am ähnlichsten ???

Die Antwort ist : äääähhhhh......



Im konkreten Fall kann man nur versuchen, Dir eine Einspielung anzuraten, die möglichst in Kontrast zu
Deiner steht, d.H. eine die Interpretationsunterschiede deutlich, auch für den Einsteiger macht.
Nun kommt (vielleicht ?) das nächste Problem:
Es ist eine bekannte Tatsache, daß die erste Bekannschaft mit einem Werk prägend ist fürs weitere Leben, zumindest in den meisten Fällen, und zwar ziemlich unabhängig davon, wie toll denn diese Aufnahme wirklich war.
Das bedeutet, daß Dir unter Umständen die zweite Aufnahme fremd und unbefriedigend vorkommen könnte. Das gibt sich aber relativ rasch. Mit der Zeit entwickelst Du Deine eigenen Vorlieben (denn um nichts anderes geht es dabei) und kannst Rarschläge besser einschätzen.
Um "Fehlkäufe" weniger riskant zu machen, empfehle ich, Einzelplatten zu erwerben, keine Komplettkassetten. Von anderen Dingen mal abgesehen, ist es durchaus möglich, daß ein mittelmäßiger Beethoven-Zyklus eine hervorragende 6. und eine grottenschlechte 9. enthält. (Wobei der Einsteiger das zunächst ohnediies nicht hört.



Ihr macht es Einsteigern somit nicht leicht


Aller Anfang ist schwer ---
Aber nein, geh in den nächsten Plattenladen und horch dir drei der hier empfohlenen Einspielungen im Vergleich zu deiner (Immer dieselbe markante Stelle), die du vorher (auch die gleiche kurze Stelle)dahein mehrmals gehört hast, im Vergleich an. Dann wähle "Deine". Findest Du "keine" als interessant, dann verschieb es auf später.
Aber ehrlich: So leicht wie jetzt war der Einstieg noch nie, gibt es doch etliche erstklassige Einspielungen zum Schnäppchenpreis.

Gruß aus Wien
Alfred


[Beitrag von Alfred_Schmidt am 16. Apr 2004, 22:35 bearbeitet]
op111
Moderator
#17 erstellt: 18. Apr 2004, 19:00
Hallo zusammen,
wie vielleicht einigen schon aufgefallen ist, stammen die leicht provokanten Äußerungen zur Pastorale nicht komplett von mir sondern im Wesentlichen von einem viel größeren Bewunderer von Beethovens Musik, Igor Strawinsky.
IS:
... es gibt auch Sinfonien die ich ganz ertragen kann: die Zweite, Vierte, Achte.
...
Die Sechste dagegen überhaupt nicht;
die Musik ist selbstverständlich immer »schön«, aber auch nicht mehr als das. Ohne Zweifel passen die tonale und metrische Regelmäßigkeit zur Einfachheit der »Szene«, aber was geht uns die »Szene« an? Dem »Bach«, obwohl von donauartiger Länge, mangelt es an Ereignissen, Stromschnellen, Strudeln, Wasserfällen, und für mich sind wenige Episoden im Werk des großen Komponisten weniger willkommen als die Rückkehr des Seitenthemas bei Takt 113. Und doch finden sich thematische Strukturen der Pastorale sowohl in früheren wie auch in späteren Sinfonien: im Adagio der Vierten (Takt 34) beispielsweise; im Andante der Fünften (das Thema selbst, aber am auffallendsten in der Zweiunddreißigstel-Variation); und die größte Überraschung auf dem letzten Höhepunkt des Adagios in der Neunten (Takt 147).

Aufgefallen ist mir diese Passage in "Erinnerungen und Gespräche mit Robert Craft", weil sie meiner Auffassung überraschend nahe kommt.

Gruß
Franz
Antracis
Stammgast
#18 erstellt: 18. Apr 2004, 20:34

Hallo zusammen,
wie vielleicht einigen schon aufgefallen ist, stammen die leicht provokanten Äußerungen zur Pastorale nicht komplett von mir sondern im Wesentlichen von einem viel größeren Bewunderer von Beethovens Musik, Igor Strawinsky.


Sicher nicht zufällig ist auch, dass Berlioz - wenn ich mich recht erinnere - ein glühender Bewunderer der "Pastorale" war. Die Sinfonie steht halt im Zyklus sehr einzigartig da, nicht nur in konzeptioneller sondern auch in musikalischer Hinsicht.
Immer die Frage, wie sich dann das Werk zum eigenen künstlerischen Credo verhält.
Allgemein bin ich überzeugt, dass die großen Kollegen nicht dazu taugen, Ihre Werke untereinander einzuschätzen. Dazu ist einfach der Blickwinkel eines Künstlers zu eng bzw. muss es sein der eigenen Überzeugung willen.
Allerdings ist das immer sehr unterhaltsam zu lesen. Heinrich Neuhaus schrieb in seinem Buch "Die Kunst des Klavierspiels", dass er diese titanischen Dispute viel spannender fände, als Schwergwichtskämpfe im Boxen.

Gruß
Anti
op111
Moderator
#19 erstellt: 18. Apr 2004, 23:25
Anti:
Immer die Frage, wie sich dann das Werk zum eigenen künstlerischen Credo verhält.
Allgemein bin ich überzeugt, dass die großen Kollegen nicht dazu taugen, Ihre Werke untereinander einzuschätzen. Dazu ist einfach der Blickwinkel eines Künstlers zu eng bzw. muss es sein der eigenen Überzeugung willen.


Hallo Anti,
auf Igor Strawinsky bezogen kann man wohl mit einiger Sicherheit davon ausgehen, das er wegen des historischen Abstands Beethoven in keinem direkten Wettbewerb mit sich gesehen hat. (Jedenfalls drängt sich bei vielen Komponisten bei manchen Beurteilungen der Konkurrenten der Eindruck mangelnden Sachbezugs auf; z.B. Brahms - Bruckner - Wagner)

Die besondere Bewunderung, die Strawinsky der Wiener Klassik , besonders aber Mozart und Beethoven, entgegengebracht hat ist bekannt. Vielleicht deshalb die milden Worte des ansonsten ausgesprochen scharfzüngigen auch polemischen Komponisten.
Er selbst meinte u.a., zu Werken von so ungeheurer
Popularität könne man mangels Distanz kaum kritisch Stellung beziehen.

Zu den restlichen Sinfonien hat IS sich in den "Erinnerungen ..." ebenfalls geäüßert, vielleicht bringe ich bei Interesse mal ein Beispiel dazu, damit es nicht immer um den Schwerpunkt "meine liebste CD" geht sondern mehr ums Werk selbst.

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 18. Apr 2004, 23:28 bearbeitet]
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Mahler: Sinfonie Nr . 2
marischen83 am 01.06.2004  –  Letzte Antwort am 02.06.2004  –  4 Beiträge
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