Villa-Lobos / Merikanto: Klavierkonzerte

Liebe Experten!

Noch ein Anlauf! Und ein wenig konkreter!

Villa-Lobos höre ich schon lange sehr gerne. Als ich das 2. Konzert von Merikanto kennen lernte - zuerst als Rundfunkaufnahme - , konnte ich nicht glauben, dass diese Musik nicht von Villa-Lobos stammen sollte. Alles erinnerte mich an ihn: die Orchesterfarben, typische Phrasen und Strukturen, Rhythmik, Harmonik, die Behandlung des Klaviers. Ich war verblüfft.

Heute habe ich das obige Werk "Choros 11" gekauft. Es ist ein Klavierkonzert von riesiger Episodenstruktur, insofern nicht so ideal zum Vergleich wie die späteren fünf Klavierkonzerte des Brasilianers; daneben gibt es zum Beispiel auch noch eine "Bachianas Brasileiras" für diese Besetzung. Dies scheint aber alles nicht mehr erhältlich zu sein.

Aber vielleicht hat ja jemand schon gelegentlich Villa-Lobos gehört oder Lust sich die Platten zuzulegen?! Die Choros sind glänzend instrumentierte Musik (selbst Messiaen hat sich diesbezüglich geäußert) von großer Farbigkeit und exotischem Toch - sicher nichts strukturell Geniales.

Abgesehen von der banalen Erkenntnis, dass das vielleicht einzige greifbare Klavierkonzert Villa-Lobos' von Finnen eingespielt wird, ist mir noch aufgefallen, dass die Choros doch schon in den Zwanzigern - also vor Merikanto - entstanden sind.

Das dritte Konzert des Finnen zeigt übrigens trotz erkennbarer Ähnlichkeiten mit dem zweiten für mich nichts derart auffällig Villa-Lobos-Haftes mehr.

Beste Grüße, Wolfgang Zimmermann

Ich wärme meinen eigenen Uralt-Thread noch einmal auf - denn ich habe sozusagen gewonnen (nachdem niemand gegen mich gekämpft hat ...).

Ich habe folgendes Zitat gefunden - wobei sich im Kontext Verweise auf Prokofieff und Rachmaninow finden (da habe ich ja auch nichts dagegen):

(Quelle: The Gramophone Classical Music Guide 2008, Middlesex /UK, 2007, p. 669. Besprechung der eingangs angeführten CD mit den Klavierkonzerten Nr. 2 und 3 von Aarre Merikanto bei Ondine)

[...] especially in the Second [Piano Concerto] the result [of Merikanto's harmonic writing] is suggestive of [...] Villa-Lobos. Granted it's with a Nordic not a Brazilian accent, but think here of works such as Momoprecoce or Bachiana No3 as much as the piano concertos; those who know both will appreciate the similarity.

q.e.d.

Wolfgang

Lieber WolfgangZ,

als Du im Jahre 2005 diesen Thread eröffnet hast, kannte ich weder die beiden Mericanto_KK noch irgend ein KK von Villa-Lobos.

Zu den Mericanto-KK bin ich dankenswerterweise durch Frank gekommen, der diese CD doppelt von der Lieferfirma bekommen hatte. Ich war direkt absolut begeistert von den beiden KK und habe mir auch gleich (so wie ich dann immer mache) weitere Mericato-Werke auf einer FINLANDIA-Doppel-CD mit den Dirigenten Segerstam, Salonen Söderblom und DePreist gekauft:
Diese Werke sind teils auch ganz interessant, aber an die Qualität und der Begeisterungswürdigkeit stehen sie den KK Nr.2 und 3 alle eindeutig nach.
Die Violinkonzerte Nr.2(1925) und Nr.4 (1954) würde ich sogar als absolut nichtsagend langweilig bezeichnen ! Da ist absolut "nichts los".


Nun zu deinem Vergleich mit Villa-Lobos:
Die Villa _ Lobos KK habe ich mir vor 2-3 Jahren auch mit Christina Ortiz (Decca) in der GA zugelegt. Ebenfalls nette KK, die ich gerne höre. Nichts total aufregendes, aber schöne Werke.

Ich denke mal, dass Mericanto und Villa-Lobos vielleicht nie voneinander gehört haben müssen. Die Zeit hat aber Parallen die man in den KK finden kann so geordnet, dass Beide über andere Komponisten und ihre Werke, dessen Stimmungen sie in dieser Tonsprache übernommen haben, zu diesen Ähnlichkeiten gekommen ist.

Ich kann deine Verbindungen, die Du bei Mericanto zu Villa-Lobos siehst, nachvollziehen. Ich selber hätte allerdings ohne deinen Thread (hier und bei Tamino) nicht unbedingt an eine Seelenverwandschaft gedacht ... bei Mericanto denke ich zuerst an die beiden tollen Einar Englund - KK, die ebenfalls unbedingt hörenswert sind und diesen noch weit näher stehen, als alles von Villa-Lobos. Ja, da geht auch absolut die Post ab !

Es freut mich, lieber teleton, dass Du Dich hier äußerst.

Villa-Lobos ist einer meiner Lieblingskomponisten und sein - sicher ungleiches und sich auch immer wieder selbst zitierendes - Schaffen ist diskographisch bei Weitem nicht erfasst. Mittlerweile haben sich die Klavierkonzerte - im Gegensatz vor allem zu den Choros - auch ein wenig für mich erschöpft. Nach wie vor aber muss ich auf der frappierenden Ähnlichkeit mit Merikanto bestehen.

Das hat sicher auch Zeitgeschmack-Gründe und entspricht einer bestimmten Tonsprache in der Nachfolge der Spätromantik, insbesondere Rachmaninows.

Irgendwie - ob jetzt an den Haaren herbeigezogen oder doch nicht - gibt es da ja auch die Parallele zwischen den beiden Tango-Nationen Argentinien und Finnland.

Englund wiederum - dessen Klavierkonzerte ich auch sehr schätze - erinnert mich weitaus eher an Bartok.

Schönen Gruß, Wolfgang