Schutzschaltungen für Endstufen

+A -A
Autor
Beitrag
KSTR
Inventar
#2 erstellt: 13. Apr 2006, 21:50
Hallo,

Hier nochmal eine Schutzschaltung für Ausgangsstufen, die zwar für ein Industrie-Umfeld gedacht ist, aber auch bei Audio-Endstufen gute Dienste leisten kann.

Es handelt sich um eine Schaltung für Ausgangsstufen mit komplementären Source- oder Emitterfolgern. Die Schaltung kann so ausgelegt werden, dass man fast die komplette SOA (Safe Operating Area) der Endtransistoren ausnutzen kann. Die SOA wird auch für AC und kürzere Impulse recht getreu nachgebildet, und eine SOA-Temperaturnachführung -- allerdings keine vollständige -- ist auch dabei.

Die Schaltung (Bild 1):


Das Funktionsprinzip, mit ein paar praktischen Werten (Bild 2):


Am Source- oder Emitterwiderstand Rs fällt eine zum Strom durch den Endtransistor proportionale Spannung ab, wie bei den anderen Schaltungen bisher auch.

Maximalstrom-Begrenzung: Durch den Teiler R5, R6 wird T2 wie bei der einfachsten Schutzschaltung aufgesteuert, sobald der Strom zu groß wird. Damit wird der Strom auf den für den End-T gewählten zulässigen Wert Imax reduziert, der niemals überschritten wird.

Eine Leistungsbetrachtung kommt dabei aber nicht vor, also z.B. bei einem Kurzschluss nach Masse wird die Verlustleistung Pd um ein Vielfaches grösser als zulässig. Würde man Imax dauerkurzschlusstolerant niedrig legen, verschenkt man aber einen riesigen Bereich, der eigentlich sicher wäre (und könnte dann im Beispiel nicht einmal 8-Ohm-Betrieb realisieren).

Deswegen legt sich der Rest der Schaltung in drei Segmenten an die Verlustleistungshyperbel Pd. Betrachten wir mal einen positiven Ausgangsstrom, und variieren die Ausgangsspannung Ua willkürlich (was für einem realen Lautsprecher angemessen ist, weil er nicht-ohmsch ist und verzögerte Gegen-EMK-Ströme liefert). Bei stark negativer Spannung ist die Belastung für den End-T am größten, deswegen brauchen wir da eine flache Steigung des Segmentes. In der Schaltung ist wieder ein Spannungteiler, dessen oberer Zweig R1 ist. Der untere Zweig geht aber nicht an Ua, sondern über verschiedene Wege nach Masse, damit wird der zugelassene Strom schon mal geringer, wenn die Spannung über dem End-T steigt. Für negative Ua liegen R3 und R4 in Serie (die untere D2 leitet), der Teilfaktor ist gering und T1 wird schon bei kleinen Ausgangsströmen aufgesteuert. Steigt Ua über 0V, wird die obere D2 leitend, damit wirkt nur R3 allein, der Teilfaktor wächst -- der zugelassene Strom ebenso. Wächst Ua über die Durchbruchspannung Uz der Z-Diode, liegt nun R2 praktisch parallel zu R3, der Teilfaktor wächst weiter, mehr Strom wird erlaubt, weil die Spannung über dem End-T ja geringer wird. Damit können wir als durch geschickte Wahl drei Segmente erzeugen, "R3+R4", "R3" und "R3||R2", und damit die Leistunghyperbel gut approximieren (auch kann speziell der Durchbruch 2.ter Art von Bipolar-End-Ts optimal berücksichtigt werden). Gleichspannungsmäßig können jetzt 4-Ohm-Lasten noch voll und 2-Ohm-Lasten weitestgehend ausgefahren werden, wenn man z.B. die Hyperbel für Pd=150W nimmt. Wechselspannungsmäßig hat man genug Reserven und eine sichere Abregelung auch bei stark reaktiven Lasten, wo die geraden Lastlinien zu Ellipsen werden. Solange wir im Graphen innerhalb der grünen Fläche bleiben ist jede Last tolerabel.

Für Wechselspannung bzw. für kurze Pulse ist die Begrenzung noch unnötig zu streng, jeder End-T wird im Schnitt (für AC > ~50Hz) ja nur kurz pro Halbwelle belastet (ausser einem etwaigen erzwungenen Minimal-Ruhestrom), und für sehr kurze Peaks haben End-Ts meist eine höhere zulässige Verlustleistung. Das wird mit dem RC-Glied Rac, Cac berücksichtigt, womit bei höheren Frequenzen oder kurzen Pulsen der Messwert für den Strom mit Rac heruntergeteilt wird. Man kann die Funktion auch auf zwei oder mehrere parallele RC-Glieder aufsplitten und kann damit für sehr kurze Pulse (< 1ms..100µs) einen noch grösseren Strom zulassen (wenn das im Datenblatt entsprechend angegeben ist). Grösser wie Imax wird er aber wegen der zweiten statischen Strombegrenzung aber nie.

Die Angleichung an die Pd-Hyperbel und an das Zeitverhalten ist nur sicher, wenn man die Temperatur mit berücksichtigt, und bei höherer Temperatur den Strom früher begrenzt. In einfacher Form kann das hier mit einem Heißleiter NTC parallel zu R1 geschehen. Wird er niederohmiger (< R1) bei wachsender Temperatur, setzt er nach und nach alle Spannungsteiler -- auch den für den AC/Puls-Fall -- ausser Kraft, sodass schon ein geringer Strom durch Rs zu einer Abregelung führt. Lässt man eine Temperaturregelung weg, muss man für Pd den Temperatur-Worst-Case annehmen, wo man schnell auf ein 10tel oder weniger der Leistung kommt, die die End-T theoretisch abkönnen. Diese maximale Verlustleistung ist natürlich völlig hypothetisch, bei 25°C Gehäuse und maximal zulässiger Sperrschichttemperatur, bestimmt über der Wärmewiderstand Sperrschicht <-> Gehäuse.

So eine Schaltung muss in der Praxis vorher sauber berechnet, simuliert und am Objekt genaustens überprüft und abgeglichen werden, dass die Abregelung auch wirklich an den vorgesehen Punkten einsetzt und die End-T sicher schützt, weil wir praktisch keine Sicherheitsreserven haben (ausser einer Grundsicherheit von mindestens 25%-35% -- und bei einer Pd für mindestens 40°C Umgebung --, die man niemals verringern sollte). Der "Lohn" ist dann ein völlig extremer PMPO-Wert, den man dann beruhigt angeben darf. Weiter ist die Schaltung sensibel auf sich ändernde oder geänderte Versorgungsspannungen, das muss berücksichtigt werden (schließlich wird die Spannung über dem End-T nicht wirklich gemessen). Ausserdem müssen die Spannungsabfälle an Rs recht groß ausgelegt werden, damit man Platz hat zum Herunterteilen.

Ein Problem (jeder) der Schaltung(en) ist, dass durch eine Gegenkopplung bei Abregelung stark verzerrte Kurvenformen mit hohem Oberwellenanteil entstehen, was z.B. einen Hochtöner stark belastet. Man kann zu T1 und T2 je einen T daneben legen, der etwas früher aufsteuert (sagen wir, bei 60% z.B.) und dessen Signal dazu nutzen am Verstärkereingang das Signal zu reduzieren, bevor es "zu spät" ist. Ist natürlich erheblich mehr Aufwand...

Grüße, Klaus
mafoe
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 30. Mai 2006, 21:46
Hallo Zucker,

zunächst vielen Dank für dieses Thema und die ausführliche Erläuterung!
Ich habe in den letzten Monaten einige Zeit mit LtSpice und genau der Problemstellung des Überlastschutzes verbracht.
Ich habe hauptsächlich die Varianten 1 und 2 und Varianten dieser Varianten simuliert, welche auch in den Büchern von D.Self und R.Slone zu finden sind.

Bei der Simulation habe ich beobachtet, daß diese Schaltungen bei nicht-symmetrischen Endstufen nicht funktionieren, jedenfalls nicht symmetrisch. Auch findet die VAS es manchmal nicht so gut, wenn man sie auf den Ausgang kurzschließt. Dabei funktioniert das noch ganz gut in der Hälfte der Endstufe, in der die Stromquelle der VAS den Strom begrenzt. Wenn man in die andere Hälfte der VAS auch eine Strombegrenzung einbaut, reagieren verschiedene Spice-Simulatoren verwirrt und zeigen Konvergenzprobleme, und viel symmetrischer wird das Abschalten dadurch auch nicht.

Im Moment untersuche ich eine Idee, bei der die VAS mit den Treiber-Transistoren der Ausgangstufe über Längstransistoren verbunden ist, denen im Überlastfall der Basisstrom abgezogen wird. Bisher sind die Simulationsergebnisse überraschend gut und die Abschaltung erfolgt sehr symmetrisch, auch bei asymmetrischen aufgebauten Endstufen. Ich habe bisher noch keinen Haken daran gefunden, THD und Stabilität sehen weiterhin gut aus. Ich simuliere aber noch weiter.

Grüße,
mafoe


Ultraschall
Inventar
#4 erstellt: 18. Jun 2006, 17:19
Interressanter neuer Ansatz, berichte bitte mal auch, wenn die Sache praktisch getestet wurde.
Ben_57
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 14. Jan 2007, 11:37

zucker schrieb:
Hallo,

Da nun viel über diverse Schutzschaltungen geschrieben wurde, habe ich hier mal ein paar Anregungen zusammengepinselt.




Eine TOP Beschreibung der Schutzschaltung!
Besser geht es nicht.

byspeed
Stammgast
#6 erstellt: 15. Jan 2007, 03:25
Was für eine Art von schutzschaltung?
ich habe mirs einfach gemacht und vergleiche mit einem 555 das eingangs mit dem ausgagnssignal der endstufe, wobei ich jedem 555 eingang noch ein MOSFET vorgeschalten habe, damit der eingangswiederstand der schutzschaltung hoch ist, damit kein signalstrom verloren geht. wenn irgendwo eine Abweichung auftritt, dann sird ein ausgangssignal zu einem invertierten transisot geschickt, der die Stromzufuhr begrenzt.

Gruß byspeed
Ben_57
Ist häufiger hier
#7 erstellt: 19. Jan 2007, 19:49

byspeed schrieb:
Was für eine Art von schutzschaltung?
Gruß byspeed


Die von Zucker vorgestellten Schaltungen.
Die Varianten sind sehr gut erklärt und Praxis tauglich.

Es gibt natürlich noch viele dergleichen mehr, doch das Thema ist sehr gut beschrieben.
palewka
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 25. Feb 2007, 12:05

byspeed schrieb:
Was für eine Art von schutzschaltung?
ich habe mirs einfach gemacht und vergleiche mit einem 555 das eingangs mit dem ausgagnssignal der endstufe,

Gruß byspeed



hallo byspeed, kannst du deine Schaltung hier mal einstellen und ist DC am Augang damit auch abgesichert, danke. Gruß palewka
palewka
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 28. Feb 2007, 03:55
OK, besten dank
Suche:
Das könnte Dich auch interessieren:
Hilfe benötigt bei Schaltung und Board für aktiven Hochpass
Henno81 am 17.11.2022  –  Letzte Antwort am 05.12.2022  –  7 Beiträge
Hilfe & Fragen bzgl. Multivibrator Schaltung
vinyloncd am 08.02.2021  –  Letzte Antwort am 12.02.2021  –  7 Beiträge
Schutzschaltung
Mülleimer am 15.03.2007  –  Letzte Antwort am 17.10.2007  –  19 Beiträge
Stabilisiertes diskretes analoges Hifi- Netzteil kleiner Leistung für Vorstufen, Kopfhörerverstärker und Mini- Endstufen
Mülleimer am 06.07.2006  –  Letzte Antwort am 04.01.2010  –  34 Beiträge
Netzteil für Plattenspieler-Synchronmotor
usul am 10.12.2007  –  Letzte Antwort am 17.01.2008  –  4 Beiträge
[Gelöst] Volksempfänger Umbau - meine Schaltung rauscht und knistert
damncrazydude am 19.09.2021  –  Letzte Antwort am 02.10.2021  –  53 Beiträge
Röhrenverstärker
richi44 am 01.09.2007  –  Letzte Antwort am 23.12.2011  –  45 Beiträge
Fehler in Elektor Gigant Schaltung aus 5/86
Peter_Hollinger am 31.01.2022  –  Letzte Antwort am 05.02.2022  –  9 Beiträge
Ausgangsübertrager für Phono Vorverstärker
ZackPlonk am 22.08.2021  –  Letzte Antwort am 14.09.2021  –  4 Beiträge
Endstufenklassifizierung A - AB - B
zucker am 17.03.2010  –  Letzte Antwort am 17.03.2010  –  3 Beiträge
Foren Archiv

Anzeige

Produkte in diesem Thread Widget schließen

Aktuelle Aktion

Partner Widget schließen

  • beyerdynamic Logo
  • DALI Logo
  • SAMSUNG Logo
  • TCL Logo

Forumsstatistik Widget schließen

  • Registrierte Mitglieder925.721 ( Heute: 3 )
  • Neuestes Mitgliedharry_kleinmann
  • Gesamtzahl an Themen1.551.058
  • Gesamtzahl an Beiträgen21.536.993

Hersteller in diesem Thread Widget schließen