NF - Kopfhörerverstärker diskret

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bulletcatchor
Neuling
#1 erstellt: 15. Jun 2009, 21:27
Guten Tag alle zusammen,

Ich habe hier eine Schaltung eines NF - Kopfhörerverstärkers und habe einige Fragen und einige Annahmen dazu. Hier die Schaltung:



Erst einmal zur Funktion:
C1 = Tiefpass mit R3?
R3 = ?
R4 / R5 = Einstellung der VErstärkung?
R6 / R7 = Liefern Ruhestrom?
D1 - D3 = Stellen irgendeine Spannung ein? welche? warum?
C3 = Koppelkondensator?
R8 / R11 = ?
R 12 / R13 = ?
T1 - T4 = Spannungsverstärker
T 5 / T6 = Darlington, aber warum?
T7 / T8 = Darlington, warum?

Allg. Fragen hierzu
Warum benötigen wir "2 Differenzverstärker"? Weil stereo?
Warum benötigen wir 2 Darlington Gegentakt Schaltungen?
Wie berechne ich den Eingangswiderstand (Rin T1/2 1 MOHM) wenn ich C1/2 vernachlässige?
Wie berechner ich die close-loop-Verstärkung (Faktor oder dB) C3 wechselspannungsmäßiger Kurzschluss

Was muss ich beim Layouten beachten?

Ich weiß, das sind viele Fragen aber ich habe demnächst Gesellenprüfung und dies hier ist ne super Lernübung für mich, fänds also sehr nett wenn jemand mir auch nur ein bißchen helfen könnte.
Vielen Dank im vorraus!


[Beitrag von bulletcatchor am 15. Jun 2009, 21:30 bearbeitet]
Bertl100
Inventar
#2 erstellt: 16. Jun 2009, 20:40
Hallo,

ich antworte mal auf einen Teil der Fragen:

C1 ist zusammen mit R3 ein Hochpass. Er verhindert, dass DC-Pegel, die von der Quelle hereinkommen, zum Ausgang durchkommen. Grenzfrequenz liegt üblicherweise bei ca. 10 - 20Hz.

R3 definiert außerdem die mittlere Ausgangsspannung der Schaltung, nämlich 0V. Ihr überlagert ist dann das Signal.
Würde R3 fehlen, würde die Basen von T1/T2 quasi DC-mäßig in der Luft hängen.
Außerdem fließt über R3 die in der Praxis vorhandene Differenz der Basisströme von T1 und T2 zur Masse ab.

R4 / R5 = Einstellung der VErstärkung
Nein. Grob gesagt: R6 und R7 sind die (nicht idealen) Stromquellen für die Differenzstufen. Die Kollektorströme von T1 und T3 sind jeweils halb so groß wie dieser Stromquellenstrom. An R4 fällt dabei eine Spannung ab. Diese steuert T5 auf. R4 muß jetzt zusammen mit R9 so gewählt werden, dass am Kollektor von T5 der richtige Strom fließt.
Grobe Rechnung: Von R7 kommen bei 20V UB ca. 0,6mA.
Also 0,3mA durch T1.
Dann fallen an R4 ca. 0,81V ab.
Am Kollektor von T5 fließen dann ca. (0,81V - 0,6V)/100Ohm = 2.1mA

R6 / R7 = Liefern Ruhestrom
Siehe oben. Sie sind die Stromquelle, die für den Betrieb einer Differenzstufe unbedingt nötig ist.

D1 - D3 = Stellen irgendeine Spannung ein? welche? warum?
Sie stellen die Spannung zwischen Basis T7 und Basis T8 auf ca. 2V ein. Damit wird der Ruhestrom durch T7 und T8 stabilisiert.

C3 = Koppelkondensator?
Fußpunktkondensator der Gegenkopplung. Wird eingesetzt, damit der Offset der Differenzstufe direkt am Ausgang ankommt.
Ohne C3 (C3 kurzgeschlossen) würde der Offset mit demselben Faktor wie das Signal mitverstärkt.


R8 / R11 =
(R 11 / R8) + 1 = Signalvestärkung

R 12 / R13 =
Emitterwiderstände der Ausgangsstufe.
Stabilisiert deren Ruhestrom, schützt die Ausgangsstufe bei Kurzschlüssen am Ausgang.

T1 - T4 = Spannungsverstärker
Symmetrische Differenzstufe

T 5 / T6 = Darlington, aber warum?
T7 / T8 = Darlington, warum?
Wo ist da ein Darlington?

Gruß
Bernhard
A.Kirschner
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 16. Jun 2009, 22:08
Hallo,
ergänzend ist hier zu erwähnen, daß eine gute Übereinstimmung der spiegelbildlichen Hälften neim Nachbau sichergestekkt sein muß (Voraussetzung für die Selektion der Transistoren muß vorhanden sein), ansonsten erreict man keine befriedigende Wiedergabe.
Eine Alternative dazu wäre die Schaltung unter
http://www.headwize....le=pellerano_prj.htm
oder eine andere "Single Ended" Schaltung - hier ist ein gutes Ergebnis wegen der fehlenden Anforderung, zwei spiegelbildliche Hälften auch in der Praxis spiegelbildlich zu bekommen, sehr viel eher zu erreichen.
Viele Grüße A.Kirschner
audiophilanthrop
Inventar
#4 erstellt: 16. Jun 2009, 22:11
Es ist gar nicht mal so einfach, im Netz gute Literatur zum Design von NF-Verstärkern aufzutreiben, die dem fortgeschrittenen Anfänger weiterhelfen würde - vieles stammt doch von routinierten Praktikern. Für die Basics zieht man am besten Tote-Baum-Literatur heran, typischerweise den klassischen Wälzer "Halbleiter-Schaltungstechnik" der Herren Tietze und Schenk. Sieh aber auch mal im Hifi-Wissen nach. Die DIYler haben bestimmt auch noch den einen oder anderen Tip.

Nützlich fand ich noch:
Distortion in power amplifiers von Douglas Self (er geht die einzelnen Stufen durch)

Tips vom Praktiker Rod Elliott

Wie das mit der Rückkopplung funktioniert

Zur Schaltung selbst:

Die ist vollständig symmetrisch (genauer gesagt: komplementär) aufgebaut, um geradzahlige Verzerrungen zu reduzieren. Deswegen gibt es auch zwei Ausgaben der Differenzstufe und der Spannungsverstärkerstufe (T5/6). Die komplementäre Push-Pull-Ausgangsstufe ist wieder typisch (die Emitterwiderstände R12/13 sorgen für negative Rückkopplung, siehe Basics zur Kollektorschaltung).

Natürlich brauchst du die Schaltung für Stereobetrieb zweimal ;).

T5/7 und T6/8 sind keine Darlingtonschaltung, nicht einmal 'ne komplementäre. Das ist einmal Emitterschaltung (Spannungs-/Leistungsverstärkung) gefolgt von Kollektorschaltung (Stromverstärkung, damit der Ausgang auch was treiben kann).

C1 ist der Koppelkondi (am besten Folie, da Vorspannung = 0), und C3 macht die HF-Filterung.

R3 stellt die Eingangsimpedanz für höhere Frequenzen ein, effektiv R1 || (R2 + R3). R1 ist evtl. nur drin, um die verhindern, daß der Eingang auf undefiniertem Potential liegt.

Die Verstärkung wird eingestellt mit R11/R8, wobei C3 für einen Abfall bei sehr niedrigen Frequenzen sorgt (Gleichspannungen wollen wir nicht verstärken). Zusätzliche Kapazität zur Kompensation war offenbar nicht nötig. Wenn du den Verstärker mal als Opamp betrachtest, wirst du feststellen, daß es sich um eine schnöde nichtinvertierende Schaltung handelt, Verstärkung 1 + R11/R8.

D1..D3 stellen die Basisvorspannung und damit den Ruhestrom von T7/T8 ein; es dürfte hier wohl A-Betrieb gefragt sein. Für T7/8 sind vermutlich entsprechende Kühlkörper vorgesehen.

Platinenlayout ist so eine Sache für sich. Einer der wesentlichen Punkte ist die Masseführung. Sternförmige Masseführung (star grounding) ist angesagt, wobei der Sternpunkt typischerweise im Netzteil liegt. Keine Masseschleifen einbauen. (Dazu ist auch bei den Herren Self und Elliott und anderswo einiges nachzulesen.) Zusätzlich vorteilhaft ist eine durchgehende Massefläche.

(Es gibt nebenbei bemerkt auch Bausätze mit bereits fertigem Layout, man muß also nicht unbedingt dieses komische runde Ding neu erfinden.)

Ich würde hier übrigens dazu raten, C4/5 in den Netzteilbereich zu schieben und für Stereo auf 1000µ anwachsen zu lassen. Ersatzweise sollten je 10-47µ (35 - 63 V, Elko oder Folie) für Ruhe und Ordnung an der Schaltung sorgen, wobei ich die Masse erst zusammen- und dann zurückführen würde (den Verstärker kümmert an sich primär die Impedanz von der positiven zur negativen Versorgungsspannung, da wäre es ungünstig, wenn man da noch die Strecke zum Sternpunkt und zurück einbaut).

HTH.


[Beitrag von audiophilanthrop am 16. Jun 2009, 22:14 bearbeitet]
bulletcatchor
Neuling
#5 erstellt: 17. Jun 2009, 11:55
Hey Jungs, erstmal vielen Dank für diese ausführlichen Antworten, hätte ich nicht mit gerechnet, vielen Dank!

Ich habe grade auch mal versucht das durchzurechnen


Grobe Rechnung: Von R7 kommen bei 20V UB ca. 0,6mA.
Also 0,3mA durch T1.
Dann fallen an R4 ca. 0,81V ab.
Am Kollektor von T5 fließen dann ca. (0,81V - 0,6V)/100Ohm = 2.1mA


Dann bin ich aber bei T7 steckengeblieben. Wenn am Kollektor von T5 2,1mA fließen, müsste das dann doch der Basisstrom von T7 sein, aber da haben wir ja noch die 3 Dioden die dies eigentlich tun sollten, jetzt bin ich verwirrt. Oder stellen diese einfach die Vorspannung ein und ich nehme als Basisstrom trotzdem die 2,1mA?
Bertl100
Inventar
#6 erstellt: 17. Jun 2009, 14:49
Hallo,

folgende Überlegung:

(kein leider im Moment den Schaltplan nicht einsehen).

Die Emitterwiderstände der Endtransistoren waren (glaub ich) je 22Ohm.
Die beiden Basis-Emitterdioden der Endtranistoren sind zusammen zwei Diodenstrecken, es bleibt also spannungsmäßig von den drei Dioden eine übrig (ca. 0.7V).
Diese 0.7V fallen dann an den 2x 22Ohm ab.

Das macht einen Ruhestrom von 15mA.

Wenn wir annehmen, dass die Endtransistoren ein hfe von nur 50 haben würden, bräuchten sie dafür 0.3mA Basisstrom.

Also würden 0.3mA durch die Basen in die Endtransistoren fließen, die restlichen 1.8mA fließen durch die drei Dioden.

Sowohl die Spannungsverstärkerstufe als auch die Endstufe ist hier stromgegengekoppelt. Und zwar durch die Emitterwiderstände von 100Ohm bzw. 22Ohm.
Wenn du jetzt an der Basis eine bestimmte Spannung Uin anlegt, wird der Kollektorstrom näherungsweise durch (Uin - 0.7V) / Rgegenk bestimmt.
Der Basisstrom ist dann ca. um den Faktor hfe kleiner.
Grob gesagt:
So eine Schaltung ist also eher spannungsgesteuert an der Basis, und holt sich den Basisstrom nach Bedarf.

Gruß
Bernhard
bulletcatchor
Neuling
#7 erstellt: 18. Jun 2009, 16:13
Ok das macht etwas mehr Sinn, ich tu mich ein bissel schwer, ich weiß
Ich hab gelesen, dass die Reihenschaltung der Transistoren T5 und T7 die teuren Transformatoren überflüssig macht, warum?

Kann ich die Schaltung so verstehen, dass der Differnzverstärker das Ausgangssignal mit dem Eingangsignal vergleicht, und dieses um einen gewissen Faktor verstärkt?
Hier doch so : Av= 1+ (R11/R9) = ~33 ?
Grob gesagt, ich verstehe schon was die einzelnen Bauteile tun, jedoch nicht wie sie zusammenspielen und warum..

Wie berechne ich die obere und untere Grenzfrequenz bei -3dB?

Wie errechne ich die "close-loop Verstärkung" ?

Ihr seid Top Männers

Gruß Markus


[Beitrag von bulletcatchor am 18. Jun 2009, 16:28 bearbeitet]
audiophilanthrop
Inventar
#8 erstellt: 20. Jun 2009, 22:17
Die ganze Schaltung ist im Prinzip ein Differenzverstärker (bzw. Opamp - der Opamp ist der bessere Differenzverstärker) mit nur einem Ausgang und Spannungsfeedback. Ergo kann man sie auch so behandeln - Differenzverstärkung fast unendlich, Eingangswiderstand fast unendlich, Ausgangswiderstand fast 0.

Deshalb gilt auch die Formel für die nichtinvertierende OP-Verstärkerschaltung, woraus sich wie bereits erwähnt die Closed-Loop-Spannungsverstärkung von 1 + R11/R8 ergibt (oder genauer 1 + R11/(1/(1/R8 + j 2 pi f C3))).

Die gesamte Open-Loop-Spannungsverstärkung findet in den ersten zwei Stufen (Differenzstufe und T5/T6) statt. Die Ausgangstreiber T7/T8 brauchst du für die Bereitstellung des nötigen Stroms (für die doch eher niederohmigen Lasten), in dem Sinne erledigen diese die Impedanztransformation. Ist nicht ganz vergleichbar mit dem Fall mit Ausgangsübertrager, denn in den mußt du links die gesamte Ausgangsleistung reinstecken, nur halt mit einem anderen Verhältnis von Spannung zu Strom (Röhrenschaltungen können problemlos ziemlich hohe Betriebsspannungen ab, aber wenig Strom, da ist so ein AÜ praktisch).

Der Ausgangswiderstand ist hier übrigens natürlich nicht ganz 0, sondern 22 Ohm plus ein paar Zerquetschte. Kommt deine Last in die gleiche Größenordnung, knickt somit zwangsläufig die natürlich auch nur endlich große Open-Loop-Verstärkung ein (Spannungsteiler läßt grüßen). Das wiederum heißt letztlich weniger starkes Feedback und damit schlechtere Verzerrungsunterdrückung. Ich würde hier Hörer ab etwa 100 Ohm Nennimpedanz betreiben.


[Beitrag von audiophilanthrop am 20. Jun 2009, 22:19 bearbeitet]
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