Bachs Goldbergvariationen mit Gould - Artefakte auf CD?

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quaternione
Stammgast
#1 erstellt: 10. Dez 2006, 22:23
Hallo,

ich habe auf der folgenden cd (The Goldberg Variations, Glenn Gould, CBS Records Masterworks 1981) beim hören mit kopfhörern festgestellt, daß man hier neben dem summen von glenn gould ganz leise (kaum hörbar) noch eine andere musik hören kann (irgendetwas mit streichern). zuerst kam es mir wie ganz leichte unsaubere stellen vor, bis es klar wurde, es war musik, keine einbildung.

es erinnerte mich an tonabandaufnahmen, wenn eine neue aufnahme über die alte aufgenommen wurde und man an stillen stellen das alte noch hören konnte.

gibt es so etwas auch bei digitalen medien??? hat jemand eine erklärung? (vielleicht hat gould ja ein radio angehabt )

wen es interessiert: ab position 19:45 mal für 15 sekunden genau hören, etwa bis 19:59, es ist auch an anderen stellen vernehmbar, hier ist es aber offensichtlich. hat jemand diese cd zum nachvollziehen?

http://cgi.ebay.de/B...QQrdZ1QQcmdZViewItem


gruß Q
Zerebralzebra
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 10. Dez 2006, 22:56
Hallo quaternione,
Ja, ich habe diese CD. Ich müsste noch mal genau nachhören, an welchen Stellen diese "Hintergrundmusik" auftritt. Auf jeden Fall macht sie sich in einer langsamen, leisen Moll-Variation bemerkbar. Mal sind es irgendwelche Streicher, mal meine ich ein Schlagzeug zu vernehmen.
Ich kenne mich mit Technik nicht so aus und habe immer vermutet, dass sich irgendwelche Radiofrequenzen in das damals noch recht neue digitale Aufnahmegerät hineingemogelt haben.
Ich habe auch die alten CBS-Masterworks-CDs mit dem Brahms- (4 Balladen op. 10, 2 Rhapsodieen op. 79) und dem Strauss-Programm (Sonate und Klavierstücke). Da ist mir dergleichen aber nicht aufgefallen.

Gruß, Z.
quaternione
Stammgast
#3 erstellt: 10. Dez 2006, 23:02
danke Z!

und ich dachte schon mein player oder die cd sind defekt...

Gruß Q
Miles
Inventar
#4 erstellt: 11. Dez 2006, 00:20
Bei dieser frühen CBS-CD (Mitte der 80er Jahre) könnte es sich um einen technisches Problem beim Mastering handeln. Ich hatte eine CBS-CD mit Bartoks "Wooden Prince", eingespielt von Pierre Boulez, auf der während Minuten in einem Kanal ein Kratzen zu hören ist, wie bei einem kaputten Verstärker. Auf der remasterten Sony-CD der gleichen Aufnahme gibt es die Störung nicht.

Manchmal liegt es an was ganz anderem: Ich habe eine SACD mit Bach/Gould-Aufnahmen aus den 60ern (weiss jetzt nicht mehr welche), da hört man während gewissen Passagen ein Schwingen im Klavierklang, wie ganz schnelle Gleichlaufschwankungen eines Tonbands (hatte ich mal bei einem Kassettendeck). Ich dachte zunächst an ein Banddefekt, habe dann aber gelesen dass Gould sein Piano für diese Aufnahme modifiziert hat, was den etwas seltsamen Klang erklärt.


[Beitrag von Miles am 11. Dez 2006, 00:21 bearbeitet]
quaternione
Stammgast
#5 erstellt: 11. Dez 2006, 00:35
ich hatte die schallplatte (und danach die cd) schon sehr lange aber das nie festgestellt. allerdings habe ich mich nie mit kopfhörern anfreunden können. durch meinen neuen nano habe ich nun die musik über ohrstöpsel gehört, nun ja, für unterwegs ist es ok.

neben dem fehlenden raumklang fiel mir gerade bei dieser aufnahme goulds summen sehr stark auf, mehr als sonst über lautsprecher. auf die dauer fand ich es nervend, weil ich mehr auf sein summen als die musik gehört habe.

und dann die überraschung als auf einmal weitere musik noch viel weiter 'darunter' hörbar wurde. zuerst dachte ich, es liegt am ipod, oder an mp3 oder am rippen. aber letzten endes war dann der fehler schon auf der cd und hat sich durch alle medien durchgezogen.

die schallplatte habe ich von einigen jahren verkauft. es störte mich das vorecho das doch recht deutlich hörbar war. wäre mal interessant zu sehen, ob der fehler auch auf der lp war.

Gruß Q
Miles
Inventar
#6 erstellt: 11. Dez 2006, 01:10

quaternione schrieb:
wäre mal interessant zu sehen, ob der fehler auch auf der lp war.


Ich glaube eher dass das beim Mastering der CD passiert ist (wie bei meiner Bartok-CD von CBS). Aufnahmeingenieure sind sorgfältiger und aufmerksamer als Mastering-Ingenieure, die schon mal während dem Überspielen aufs Klo gehen ...

Diese 1981er Goldberg-Aufnahme wurde danach noch mehrmals auf CD wiederveröffentlicht, einmal in der Gould Collection (weisses Cover), einmal als SACD und dann nochmal von der parallelen Analogaufnahme gemastert im 3CD-Set "A sense of wonder".
op111
Moderator
#7 erstellt: 12. Dez 2006, 16:25
Hallo zusammen,

quaternione schrieb:
und dann die überraschung als auf einmal weitere musik noch viel weiter 'darunter' hörbar wurde. zuerst dachte ich, es liegt am ipod, oder an mp3 oder am rippen. aber letzten endes war dann der fehler schon auf der cd und hat sich durch alle medien durchgezogen.


ich habe mir die Stelle bei der Pos. Gesamtspielzeit 19:45 =
Track 16 um 0:31-46 (Variation 15 Canone alla quinta)
angehört.
Auf meinen 3 Original-CD-Ausgaben (CBS, Sony) ist diese Störung hörbar.
Um einen Mastering-Fehler kann es sich nicht handeln, da die Störung synchron auch auf der neuen Analogband-Fassung auftritt, sogar noch deutlich störender.
Es muß sich also um eine Einkopplung ins Mischpult bei der Aufnahme handeln.
Dieser Aufnahmefehler wurde ursprünglich im Thread
"welcher klang ist eurer meinung nach besser? Vinyl oder CD?" angesprochen und stand im Verdacht ein Artefakt digitaler Tonträger zu sein, hat aber mit dem Speichermedium rein gar nichts zu tun.

Gruß


[Beitrag von op111 am 12. Dez 2006, 16:53 bearbeitet]
Miles
Inventar
#8 erstellt: 12. Dez 2006, 17:31

Franz-J. schrieb:

Auf meinen 3 Original-CD-Ausgaben (CBS, Sony) ist diese Störung hörbar.
Um einen Mastering-Fehler kann es sich nicht handeln, da die Störung synchron auch auf der neuen Analogband-Fassung auftritt, sogar noch deutlich störender.
Es muß sich also um eine Einkopplung ins Mischpult bei der Aufnahme handeln.


Danke für die Info. Es ist überraschend dass sowas bei einem grossem Label und einem Superstar und Perfektionisten durchgeht.
op111
Moderator
#9 erstellt: 12. Dez 2006, 18:08
Hallo zusammen,
diese Aufnahme wurde nicht von Goulds langjährigem Produzenten und Tontechniker Andrew Kazdin gemacht, sondern von Samuel H. Carter.
Über die wechselhafte Zusammenarbeit mit Gould hat Kazdin in seinem Buch "Glenn Gould At Work, Creative Lying" [N.Y., 1989, E.P.Dutton] berichtet.

Gruß


[Beitrag von op111 am 12. Dez 2006, 18:11 bearbeitet]
quaternione
Stammgast
#10 erstellt: 12. Dez 2006, 18:13
Hallo Franz,

vielen dank! sehr interessant, ich bin auch verblüfft über dieses ergebnis.

Gruß Q

Sorry für das querposting, aber ich hatte mir hier mehr freunde der klassik erhofft, die diese aufnahme besitzen - und es hat funktioniert
Zerebralzebra
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 12. Dez 2006, 19:48

Franz-J. schrieb:

Um einen Mastering-Fehler kann es sich nicht handeln, da die Störung synchron auch auf der neuen Analogband-Fassung auftritt, sogar noch deutlich störender.

Irgendwo (2001-Werbetext?) habe ich gelesen, dass Kritiker die analoge Fassung der 1981'er-Aufnahme noch besser fänden als die digitale. Da habe ich dann vermutet, die "Hintergrundmusik" würde hier fehlen. So kann man sich täuschen.
op111
Moderator
#12 erstellt: 12. Dez 2006, 21:17
Hallo,

Zerebralzebra schrieb:
Irgendwo (2001-Werbetext?) habe ich gelesen, dass Kritiker die analoge Fassung der 1981'er-Aufnahme noch besser fänden als die digitale. Da habe ich dann vermutet, die "Hintergrundmusik" würde hier fehlen. So kann man sich täuschen.

der Booklet-Text sagt spricht auch davon.
Im Wesentlichen handelt es sich um ein wenig mehr Bass und weniger Präsenz, durch winzige Korrekturen am Equalizer bekommt man das auch mit der Digitalaufnahme hin.

Gruß
Jazzy
Inventar
#13 erstellt: 12. Dez 2006, 22:31
Hi!
Mit dem K 701 habe ich es jetzt auch gehört.Da es aber generell viele Nebengeräusche bei Gould gibt,und er,wie schon erwähnt,seine Flügel gerne modifiziert,hatte ich das bisher nie groß beachtet.
op111
Moderator
#14 erstellt: 14. Dez 2006, 15:16
Hallo zusammen,

Jazzy schrieb:
Da ... er,wie schon erwähnt,seine Flügel gerne modifiziert,hatte ich das bisher nie groß beachtet.

da verwechselst du eventuell den Pianisten Glenn Gould mit dem Komponisten und Pianisten John Cage (1912-1992), der ab 1949 Stücke für präpariertes Klavier (er setzte an bestimmten Stellen der Saitenchöre eines Klaviers Gegenstände wie Radiergummis, Nägel, Schrauben, Papier usw. ein) schrieb.

Goulds Klavier war nur insofern "präpariert", als es vor der Aufnahme justiert und gestimmmt wurde und zwischen den Takes und Sessions von einem Klavierstimmer (meistens Verne Edquist) im selben Pitch gehalten wurde, damit die Korrekturen nicht durch unterschiedliche Tonhöhen auffielen.

Das prädigitale Aufnahmeequipment kann man durchaus minimalistisch nennen:
3 Neumann U 87 Großflächenkondensatormikrofone

2 Ampex AG 440-2 Spur Tonbandmaschinen (38 cm/s) ähnl.:

4 Dolby 360 Rauschunterdrückungssysteme (Dolby A) ähnl.:

und ein kleines Mischpult (lt. A. Kazdin).

Gruß


[Beitrag von op111 am 14. Dez 2006, 16:06 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#15 erstellt: 14. Dez 2006, 16:51
Gould hat angeblich an der Mechanik des Flügels basteln lassen, so dass diese besonders leichtgängig war. Ebenso habe ich gehört, er habe teilweise den Filzbelag der Hämmer abgeschliffen. Was genau da dran ist, weiß ich jedoch nicht.
Und die Aufnahmen sind fast alle sehr direkt, d.h. das Mikro hängt praktisch im Klaiver, kein Raumklang u.ä.

Da Gould Aufnahmen bekanntlich als eigene (und von ihm gegenüber live bevorzugte) Kunstform sah, akzeptiere ich diese Eigenheiten als genuin gewollte Merkmale seiner Interpretationen. Sie gehören einfach dazu...

viele Grüße

JK jr.

(edit gewünschte info war schon oben im thread gegeben worden)


[Beitrag von Kreisler_jun. am 14. Dez 2006, 16:53 bearbeitet]
op111
Moderator
#16 erstellt: 15. Dez 2006, 20:12
Hallo zusammen,

Kreisler_jun. schrieb:
Gould hat angeblich an der Mechanik des Flügels basteln lassen, so dass diese besonders leichtgängig war.


Kazdin erwähnt, daß der Klavierstimmer und -mechaniker auf Goulds Wunsch die Tastenmechanik des überwiegend verwendeten Steinway auf einen möglichst leichtgängigen Anschlag justiert habe.
Basteln würde ich dazu nicht sagen.


Kreisler_jun. schrieb:
Und die Aufnahmen sind fast alle sehr direkt, d.h. das Mikro hängt praktisch im Klaiver, kein Raumklang u.ä.

Kazdin beschreibt die Aufnahmebedingungen in New York und Toronto recht genau. Übertriebener Raumhall war nicht erwünscht, dennoch wurde insbesondere in Toronto ein recht großer Mikrofonabstand gewählt.

Gruß


[Beitrag von op111 am 15. Dez 2006, 20:12 bearbeitet]
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