Schumann-Symphonien in Mahler-Bearbeitung

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cr
Inventar
#1 erstellt: 14. Okt 2010, 21:31
Alle Schumann-Symphonien in der Mahler-Bearbeitung sollen jetzt eingespielt werden, habe ich kurz in einem Zeitungsartikel gesehen. Ich glaube mit Chailly.
Hat schon wer was Genaueres davon gehört?
Die Instrumentation soll sich deutlich unterscheiden, Wiederholungen fehlen teilweise.
Hüb'
Moderator
#2 erstellt: 15. Okt 2010, 07:42
Ihr Schweizer lebt auch hinter dem Mond...

Hier gibt es die Sinfonien in der durch Mahler angepassten Orchestrierung:

jpc.de

Oder für 12 € aus Kanada (wo ICH sie gerade wegen DIR bestellt habe... :D): http://www.amazon.de...sr=8-1&condition=new

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 15. Okt 2010, 07:43 bearbeitet]
cr
Inventar
#3 erstellt: 15. Okt 2010, 11:23
Bitte berichte, ob die Unterschiede so groß sind, dass es sich lohnt, sie zu besorgen
teleton
Inventar
#4 erstellt: 15. Okt 2010, 12:48
Hallo cr,

die Schumann-Sinfonien in den Mahler-Bearbeitungen mit Chailly (Decca)
hatte ich mir im Februar 2008 zugelegt.

Hier meine Eindrücke von 2008 zu diesen Mahler-Fassungen mit der Überschrift:
Verschlimmbesserungen durch MAHLER

Hallo Schumann-Freunde,

die Schumann-Mahler-Chailly-Decca-Doppel-CD ist bei mir eingetroffen und ich habe schon darauß umfangreiche Hörsitzungen hinter mir.

Da sieht man mal das die jpc-Hörschnipsel und Beschreibungen im Endeffekt wenig hergeben; man muß sich sein eigenes Bild machen.
Ich bin von Mahlers Eingriffen im großen und ganzen total enttäuscht.
Für den Einsteiger, der die Sinfonien nicht weiter kennt, mögen die Mahler-Eingriffe ja noch in Ordnung sein. Aber wenn man die Schumann-Sinfonien in den vernünftigen Aufnahmen der Schumann-Originalpartitur kennengelernt hat, dann geht dieser Schumann-Mahler gar nicht mehr.

Ich dachte im vorhinein Mahler hätte die Schumann-Partituren orchestral verstärkt. Statt dessen bestehen seine zahlreichen Revisionen (1.= 830; 2.= 355; 3.= 465; 4.= 466) hört man natürlich an jeder Stelle und ich finde es teils fürchterlich. Die Eingriffe bestehen hauptsächlich in Streichungen der Holzbläser und Blechbläser; dabei weniger das Hinzufügen neuer Stimmen als Ersatz; zudem unglaublich viele Dynamikänderungen und das Einfügen von Crescendi und Decrescendi. Beim Hören denkt man laufend: "Was ist denn das wieder fürn sch..."(schund). Es geht dabei unheimlich viel Energie verloren, die man sonst wahrnimmt.
Was nützt einem die großere Durchhörbarkeit, wenn die Chemie nicht stimmt - sie stimmt nach den Mahler - Eingriffen nicht mehr.

Zuerst habe ich mir natürlich die Sinfonie Nr.2 vorgeknöpft.
Das einzig gute ist wirklich der Schluß, den Chailly wirklich toll spielen läßt und die Pauken sind perfekt, aber auch hier wurde eingegriffen und gemurkst.

Die Erste ist mit ihern 830 Mahler-Eingriffen fürchterlich.
Ich habe sogleich Bernstein/New Yorker PH rauß geholt um das Werk wieder anständig zu hören und meinen Seelenzustand zu bereinigen.

Das Gewandhausorchester Leipzig spielt perfekt, der Decca-Klang von 2007 ist super --- Chailly ist straff, flott und sportiv, wie man es sich wünscht --- :yes: Was hätte dies für eine schöne Aufnahme werden können, wenn diese Formation mit dieser Interpretationsherangehensweise die Original-Schumann-Partituren verwendet hätten.


Ich glaube bei meinem momentanen Eindrücken kaum, dass ich große Lust habe mir diesen Schock nochmal anzutun - da bleibe ich doch lieber bei Schumann mit Bernstein (beide - SONY und DG), Szell (SONY), und Karajan (DG).
Sollte ich nochmal etwas positives entdecken, melde ich mich hierzu wieder.
Aber derzeit glaube ich nicht daran.


Aus heutiger Sicht möchte ich noch hinzufügen, dass dies eine referenzwürdige Aufnahme der Schumann-Sinfonien hätte werden können, wenn Chailly sich der Schumann-Original-Partituren angenommen hätte, denn das Gewandhasuorchester spielt Klasse ! Leider mit den verhunzten Noten !

Die Doppel-CD hatte ich bald weiterverkauft. In der Regel mache ich mir dann noch eine Kopie für mich, um nochmal verifizieren zu können. Aber diesesmal hatte ich auch dazu keine Lust mehr...
Joachim49
Inventar
#5 erstellt: 15. Okt 2010, 12:56

cr schrieb:
Bitte berichte, ob die Unterschiede so groß sind, dass es sich lohnt, sie zu besorgen :hail


Hallo cr,
die Frage wurde schon mal kurz besprochen (thread "Aufbau einer audiophilen Klassiksammlung") im Beitrag 534 am 1. Mai 2010. Da wurde auch auf die Besprechung in classicalsource hingewiesen, die die Eingriffe Mahlers näher beschreibt.

http://www.classical...d_review.php?id=4303

Ich hatte damals den Eindruck, dass die Unterschiede sehr klein sind und sich die Anschaffung nicht deshalb lohnt, weil Mahler Anpassungen vorgenommen hat. Soweit ich weiss haben fast alle Dirigenten leichte Eingriffe für die Aufführung vorgenommen und hört man die Symphonien nur selten exakt so wie Schumann es konzipiert hatte. Bernstein New York ist eine frühe Ausnahme.
mit freundlichen Grüssen
Joachim

(Dies war mein 1000. Beitrag auf dem Klassikforum. Den Kasten Champagner, den die Moderatoren in diesem Fall für die eifrigen Mitarbeiter vorgesehen haben, bitte ich baldmöglichst an meine Privatadresse zuzustellen).
Hüb'
Moderator
#6 erstellt: 15. Okt 2010, 13:11
Unterwegs...
op111
Moderator
#7 erstellt: 15. Okt 2010, 13:36

Hüb' schrieb:
Unterwegs...

Moooment!
Ich muss erst eine Winzigkeit verkosten - nur zur Qualitätsprüfung versteht sich ...
Joachim49
Inventar
#8 erstellt: 15. Okt 2010, 20:09
Als ich meinen Beitrag abschickte, hatte ich nicht gesehen, dass teleton inzwischen reagiert hatte. Zwischen seiner Einschätzung und der auf classicalsource bestehen offensichtlich erhebliche Unterschiede. Ich habe die Chailly-Aufnahmen nie gehört und bin glücklich und zufrieden mit Szell, Dohnanyi & HvK (und natürlich der 4. mit Furtwängler).
Joachim
cr
Inventar
#9 erstellt: 15. Okt 2010, 22:27
Danke für die ausführlichen Antworten.
Falls es nicht schon geschrieben wurde: Warum hat denn Mahler diese Symphonien eigentlich bearbeitet?
Ich kannte bisher von seinen Bearbeitungen nur die von Bach, wo natürlich das Orchester vergrößert wurde, was seinen gewissen Reiz hat.
op111
Moderator
#10 erstellt: 16. Okt 2010, 00:00
Hallo zusammen,
bei "klassikakzente" habe ich folgenden Artikel gefunden:

http://www.klassikakzente.de/

... Gustav Mahler ging behutsam vor. Schließlich wollte er niemanden korrigieren oder gar kompromittieren, sondern schlicht eine großartige Musik in ihrer Ausdruckspalette optimieren. Als er 1898 zum Leiter der Philharmonischen Konzerte der Wiener Philharmoniker ernannt wurde, machte er sich daher zunächst an die Bearbeitung von Robert Schumanns erster Sinfonie, .. Um die übrigen sinfonischen Werke kümmerte er sich rund ein Jahrzehnt später, als er schließlich in New York angekommen war. Wichtig war ihm, dem Original soweit als möglich zu folgen, es allerdings in Fragen der Dynamikgliederung, des Tempos und der Klangtransparenz zu verbessern.

Da Schumann kein besonders begabter Orchestrator gewesen war, war dieses Unterfangen trotz großartiger Vorlagen ein gutes Stück Arbeit. Im Falle der 2. Sinfonie nahm Mahler immerhin 355 Revisionen vor, in der 4. Sinfonie sogar 466. Dabei handelte es sich in der Regel um Veränderungen der Instrumentierung, um Neudeutungen der Lautstärke-Kontraste, manchmal auch um Farbänderungen, indem er etwa die Streicher eine Passage pizzicato anstatt arco anstimmen ließ. Alle Retuschen sind daran orientiert, einzelne Sachverhalte klarer hervor zu heben und so stellen die Bearbeitungen eine deutliche Verbesserung der Orchesterklangs dar, auch wenn sie nicht allzu oft als solche von den Dirigenten angenommen werden. Jedenfalls widerstand Mahler zumeist dem Drang nach Modernisierung, korrigierte nur selten Formales und auch dann vor allem, um die Durchhörbarkeit der Werke zu steigern.

Im Fall der ersten Sinfonie waren es aber trotzdem 830 Revisionen kleiner Passagen und Akzente, im Speziellen der Bläser, bei der "Rheinischen" noch 465, wobei sich Schumann in diesem Fall durch den Einsatz der damals neuen Ventilhörner als im Vergleich zu den anderen Werken in der Gesamtklanggestaltung versierter heraus stellte. Änderungen gab es daher im Fall der Trompetenstimmen und bei der Gliederung der Lautstärke, die Mahler dramatischer als zuvor anlegte. Aus heutiger Perspektive sind solche Eingriffe allerdings schwerwiegende Änderungen. Ideen von Authentizität und Originalität stehen da in der Regel einem Verständnis der Sinfonien im Mahlerschen Sinne entgegen, und so gehört es zu den wichtigen Aufgaben Riccardo Chaillys, mit diesen Orchesterfassungen ein historisch ungenügendes Bild zu revidieren...
teleton
Inventar
#11 erstellt: 20. Okt 2010, 02:03
Hallo op111,

zu dem von Dir eingefügten Text aus klassikakzente kann ich nur wie folgt antworten:

Es ist Sache und Kunst des Dirigenten ist, die scheinbar ungeschickte Instrumentation Schumanns (ich halte das sowie für Quatsch, das er ein schlechter "Orchetsrator" gewesen sein soll) richtig zum klingen zu bringen und zum Leben zu erwecken.
Szell, Karajan und bernstein sind ganz hervoragende Positivbeispiele für diese Kunst !

Die Mahler-Bearbeitungen sind erheblich und alles Andere als gering (Anzahl: siehe meinen Bbeitrag von gestern).
Wer die Schumann-Sinfonien schätzt und ewig in Schumanns sauberer Instrumentation schätzen gelernt hat, dem werden diese unnötigen Mahler-Eigriffe absolut abstoßen...
es wurde auch insgesamt weit mehr gestrichen, als hinzugefügt.
Der Höreindruck gestaltet sich bei Chailly dann so, dass andauernd etwas fehlt - unangemessen fehlt. So bitte nicht !!!

Bitte jetzt nicht wieder schreiben: George Szell hat ja auch Änderubngen eingefügt.
Diese sind nämlich tatsächlich vernachlässigbar.
*** Szell war in den 60ern in den USA einer der größten Wegbereiter für Schumanns Werk. Durch ihn wurden die Sinfonien berühmt und man erkannte auch dort den Wert dieser Sinfonien.
Bernstein kam kurz danach und legte eine ebenso mitreissende Interpretation hin, die dann auch noch (wie fast immer) in New York klangtechnisch besser klingt, als Szells Aufnahmen in Cleveland !
Maastricht
Inventar
#12 erstellt: 22. Okt 2010, 10:29
Aus Teil 2 der Mahler Biographie von De La Grange

http://www.hifi-foru...rum_id=194&thread=54

leite ich ab das Mahler sich frei fühlte die Musik anderer Komponisten für Ausführungen manchmal eingreifend zu ändern - ausser bei Beethoven und Mozart.

Er fand nämlich das andere Komponisten, ausser den genannten - nicht ihre Arbeit nicht immer fehlerfrei gemacht haben.

Übrigens wollte er natürlich das andere Dirigenten seine Kompositionen nur auf eine (seine) bestimmte Weise ausführten.

Gruss, Jürgen
op111
Moderator
#13 erstellt: 22. Okt 2010, 11:03
Hallo Wolfgang

teleton schrieb:
Szell, Karajan und bernstein sind ganz hervoragende Positivbeispiele für diese Kunst !

Wobei ich meine, dass Bernstein der erste war, der die nicht retuschierte Fassung aufnahm, gefolgt von Solti mit den Wienern. Die CBS-LP-Ausgaben klangen aber so undurchsichtig, dass ich keinen Unterschied feststellen konnte, während Solti(Decca) die Neuerungen plakativ betonte.
Ob Karajan ab den 1970ern für die DG die Originalfassung eingespielt hat, ist mir nicht bekannt.


[Beitrag von op111 am 22. Okt 2010, 11:06 bearbeitet]
teleton
Inventar
#14 erstellt: 25. Okt 2010, 12:18
Hallo Franz,

selbstverständlich bediente sich auch Karajan der schumannschen Originalausgaben bei seinen gesamten Schumann-Aufnahmen ! Ansonsten würden diese bei mir auch nicht so hoch im Kurs stehen.

Es ist ja bekannt,dass ich großer Solti_FAN bin. Bei den Schumann-Sinfonien war ich vor vielen Jahren nicht so begeistert, weil mir Soltis Tempo diesesmal zu langatmig war. Es klang mir vieles zu fremd - wohl deshalb, weil ich auch bereits von Karajans und Bernsteins Schumann geprägt war !


während Solti(Decca) die Neuerungen plakativ betonte.

Erkläre mir bitte mal, welche Neuerungen er hier einfliessen ließ ? Es handelt sich bei Solti ebenfalls um die originalen Schumann-Ausgaben !


Ich habe dieser Tage die Sinfonie Nr.4 mit Bernstein gehört und dazu beide Bernstein-Aufnahmen herangezogen. Auf CD klingt die New Yorker-Aufnahme klanglich teils sogar noch durchdringender als die Neue auf DG mit den Wiener PH. Also auf CD auch bei der Alten von 1960 keine Spur von undurchsichtig! Bernstein´s Interpretationen bieten IMO damals wie heute ein fabelhaftes großorchestrales Niveau...
bernstein = einfach genial.
op111
Moderator
#15 erstellt: 25. Okt 2010, 13:31

teleton schrieb:
Erkläre mir bitte mal, welche Neuerungen er hier einfliessen ließ ? Es handelt sich bei Solti ebenfalls um die originalen Schumann-Ausgaben !

Die Verwendung der Urfassung stellte damals die Neuerung dar.

Das Klangbild, das sich an Soltis "Ring-Aufnahmen" orientiert, verstärkt m.E. die Auffälligkeit der Urinstrumentation. Das mulmige Klangbild von Bernsteins CBS-LPs leistet das Gegenteil.
teleton
Inventar
#16 erstellt: 26. Okt 2010, 11:58

Die Verwendung der Urfassung stellte damals die Neuerung dar.

Hallo Franz,

wenn Du mal die zahlreichen Aufnahmen der Schumann-Sinfonien betrachtest, die vor Solti mit den Wiener PH gemacht wurden, inclusive der vorliegenden historischen Aufnahmen, dann stellt Soltis Aufnahme der Schumann-Sinfonien keine Neuerung dar.


Noch hinzufügen möchte ich eine Aufnahme der ebenfalls das Schumann-Original zugrunde liegt:
Marriner / AotmidF (Brillant)
Diese hatte ich mir wegen des günstigen Preises als Interpretationsvergleich auf einem Wühltisch mitgenommen.. lange hatte ich diese GA nicht, denn so langweilig und uninspiriert hatte ich Schumann bis dato nich nicht gehört - Thema Marriner/Schumann ist damit abgehakt !
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