Maw, Nicholas (1935-2009): Odyssey

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Martin2
Inventar
#1 erstellt: 15. Dez 2007, 14:51
Neulich fragte ich meinen englischen EMailpartner, nach den größten lebenden englischen Komponisten zur Zeit. Ich fragte speziell nach Oliver Knussen. Den fand er aber nicht so gut.

Wen er mir ganz dringend empfahl war Nicholas Maw: Odyssey. Von dem habe ich auch im Penguins Guide etwas gelesen. Ein Mammuthwerk, eine Stunde 40 Minuten. Außerdem empfahl er übrigens noch Ades und Tavener.

Mich würde interessieren, ob jemand von Euch dieses Werk kennt und etwas dazu sagen kann. Leider ist es nur sehr teuer, zwei Hochpreis CDs ohne Kopplung ( die bei 100 Minuten wohl möglich wäre). Die einzige Aufnahme, die existiert, ist wohl die von Rattle, genommen von Lifeaufführungen.

Also kann jemand von Euch etwas zu diesem Werk des angeblich größten Werk des größten englischen Komponisten sagen? Geboren ist er übrigens 1935, ein Jahrgang mit meinem Vater, also so ganz jung auch nicht mehr. Übrigens ist die Odyssey ein reines Orchesterwerk.

Der Penguins Guide schreibt:

"As in Mahler, if not so readily, one becomes to recognize musical landmarks in the six substantiall movements. The slow movement alone lasts over half an hour, while the allegros brings a genuine sense of speed, thrusting and energetic."

Das klingt nicht schlecht. Also: Kennt das Werk jemand und kann etwas dazu sagen?


[Beitrag von Martin2 am 15. Dez 2007, 14:53 bearbeitet]
AladdinWunderlampe
Stammgast
#2 erstellt: 15. Dez 2007, 15:05
Lieber Martin,

als bedeutendste lebende englische Komponisten wären mir aus meinen Konzertbesuchen, CD-Käufen und aus meiner Lektüre von Konzert- und Kompositionskritiken spontan Brian Ferneyhough und Harrison Birtwistle eingefallen, während ich gestehen muss, den Namen Nicholas Maw bislang noch nie gehört zu haben. Gerne würde ich daher mehr über ihn erfahren. Andererseits würde mich interessieren, wie Dein englischer Musikfreund die international hochrenommierten Komponisten Ferneyhough und Birtwistle aus britischer Perspektive beurteilt.


Herzliche Grüße
Aladdin
Martin2
Inventar
#3 erstellt: 15. Dez 2007, 15:19
Hallo Aladdin,

ich kann meinen Freund gerne mal nach Brian Ferneyhough und Harrison Birtwistle fragen. Ich könnte mir schon vorstellen, daß er die kennt, er arbeitet an der Musikbibliothek in London und ich bin manchmal ganz erschlagen, was er nicht alles kennt.

Anderseits nun wieder ist er in musikalischen Dingen ziemlich konservativ ( mag zum Beispiel sehr Malcolm Arnold, würde sich Stockhausen aber niemals anhören, ich hatte ihn erst neulich anläßlich des Todes von Stockhausen angesprochen). Mich würde es sehr wundern, wenn der Maw nicht relativ konservative Musik ist.

Ich freue mich aber sehr, diesen Emailpartner zu haben, wir schreiben uns schon seit vielen Jahren und nicht nur über Musik, es ist wirklich sehr schön.

Gruß Martin
op111
Moderator
#4 erstellt: 15. Dez 2007, 18:56
Hallo Martin,
eine Aufn. von Odyssey müsste ich bereits seit Anfang der 1990er haben,
lt. Liste mit
City of Birmingham Symphony Orchestra,
Ltg.: Sir Simon Rattle

Odyssey habe ich nur wenige Male gehört, seit bald 15 Jahren nicht mehr.
Ich habe nur entfernt in Erinnerung, daß mir das Werk aus weitgehend ereignislosen Klangflächen zusammengesetzt schien, vielleicht verwechsele ich das Stück auch.
Einen tieferen Eindruck hat es jedenfalls nicht hinterlassen.

H. Birtwistles Musik höre ich (z.B. Earth Dances) ab und zu.
Martin2
Inventar
#5 erstellt: 15. Dez 2007, 20:54
Hallo Franz,

vielen Dank. Einen tieferen Eindruck kann das Stück in der Tat nicht bei Dir hinterlassen haben. Obwohl "ereignislose Klangflächen" nicht mit dem zusammenpaßt, was der Penguins Guide schreibt.

Gruß Martin
op111
Moderator
#6 erstellt: 16. Dez 2007, 00:18

Martin2 schrieb:
Obwohl "ereignislose Klangflächen" nicht mit dem zusammenpaßt, was der Penguins Guide schreibt.

Martin,
vielleicht finde ich die CD ja wieder oder erinnere mich an den, dem ich sie evtl. geschenkt habe, und höre mir Odyssey noch mal an.
Insgesamt mag ich bisher ausser B. Britten und den Planeten von Holst und ein wenig Vaughan-Williams nicht viel brit. "Klassik".
Martin2
Inventar
#7 erstellt: 18. Dez 2007, 12:32

Franz-J. schrieb:

Martin2 schrieb:
Obwohl "ereignislose Klangflächen" nicht mit dem zusammenpaßt, was der Penguins Guide schreibt.

Martin,
vielleicht finde ich die CD ja wieder oder erinnere mich an den, dem ich sie evtl. geschenkt habe, und höre mir Odyssey noch mal an.
Insgesamt mag ich bisher ausser B. Britten und den Planeten von Holst und ein wenig Vaughan-Williams nicht viel brit. "Klassik".


Das wäre wirklich sehr nett, wenn Du da mal reinhören könntest. Im Gegensatz zu Dir schätze ich die englische Musik des 20. Jahrhunderts sehr, vor allem zum Beispiel Elgar, aber auch Bliss, Lambert, Arnold und einige andere.
Mellus
Stammgast
#8 erstellt: 01. Apr 2008, 15:03

Martin2 schrieb:
Außerdem empfahl er übrigens noch Ades und Tavener


Hallo Martin,

ich nehme stark an, dass es sich bei der Empfehlung um Thomas Adès handelt, einen britischen Shootingstar, der Pianist, Dirigent, Komponist und (vor allem?) Protegé von Simon Rattle ist. Soeben habe ich eine CD von ihm durchgehört auf der fünf seiner Werke versammelt sind, nämlich Asyla, Concerto Conciso, These Premises are Alarmed, Chamber Symphony und ...but all shall be well. Man kann durchaus behaupten, dass es sich hierbei, insbesondere um die beiden erstgenannten Stücke, um gut gemachte Musik handelt -- wenn man es als Tanzmusik begreift. Asyla könnte man prima in einer Disco spielen, das Concerto Conciso auf einem Big-Band-Abend der Ortsfeuerwehr. Natürlich ist das alles durchwebt mit modern klingenden Tönen und durchaus origineller Besetzung (ich glaube sogar ein Sack mit Silberbesteck findet Anwendung). Wer auf solche Unterhaltungsmusik steht, der wird mit Adès seinen Spaß haben. Ich konnte dem nicht soviel abgewinnen. Dennoch möchte ich Adès nicht pauschal verdammen, denn es gibt ja noch die Chamber Symphony. Die fand ich gar nicht mal unspannend, ich muss aber noch wenigstens einmal hören. Vielleicht kann der Adès ja doch, wenn er will...

Du könntest Dir vielleicht das letzte Stück, ...but all shall be well, einmal anhören. Das ist sehr tonal, ruhig-melodisch und -- so weit ich das einschätzen kann -- am ehesten mit den von Dir bevorzugten britischen Komponisten vergleichbar (obwohl auch Asyla Fetzen spätromatischer Anklänge beinhaltet).

Viele Grüße,
Mellus

Nachtrag: Es entbehrt nicht einer gewissen Schadenfreude, Adès und Taverner in einem Satz zu empfehlen. Adès hat nämlich über John Taverners Musik mit "dog psychiatry" verglichen: "utterly bogus."


[Beitrag von Mellus am 01. Apr 2008, 15:08 bearbeitet]
Mellus
Stammgast
#9 erstellt: 10. Apr 2008, 14:48

Mellus schrieb:
Dennoch möchte ich Adès nicht pauschal verdammen, denn es gibt ja noch die Chamber Symphony. Die fand ich gar nicht mal unspannend, ich muss aber noch wenigstens einmal hören.


Nein, die Chamber Symphnony taugt auch nichts. Ein Stilpotpourrie ohne Haltung. Fans und Sympathisanten werden wohl loben, wie Adès romantischen Idiome "übermalt" mit modern klingenden Orchesterphrasen. Es wird aber -- zumindest für mich -- keinerlei "innere Notwendigkeit" erkennbar. So ist es einfach nur eine zuweilen kitschige Patchwork-Postkarte aus dem Land des Ornaments. Bleibt allein das letzte Stück, das eine altmodische Schönheit austrahlt. Das habe ich aber noch nicht wieder gehört, vielleicht ändert sich dieser Eindruck auch noch.

Ich bin wirklich versucht folgende Warnung auszusprechen: Alle, denen Musik etwas bedeutet, sollten die Finger von Thomas Adès lassen.

Viele Grüße,
Mellus
op111
Moderator
#10 erstellt: 21. Jun 2009, 16:27
Hallo zusammen,

Nicholas Maw starb am 19. Mai 2009 73-jährig an Herzversagen.
Bekannt wurde er vor allem durch das 96-minütige Orchesterwerk Odyssey (1972-5 1979 1985-7) und seine Oper Sophie's Choice (1999-2002) nach William Styrons Erzählung.
Der Brite Maw lebte seit 1984 in Washington D.C. und verbrachte den Sommer in Südfrankreich, wo auch weite Teile von Sophie's Choice entstanden.


PS: Die Handlung von Sophie's Choice (Sophies Entscheidung) dürfte durch den Film von Alan J. Pakula mit Meryl Streep
Kevin Kline und Günther Maria Halmer bekannt sein.


[Beitrag von op111 am 21. Jun 2009, 16:28 bearbeitet]
Schneewitchen
Inventar
#11 erstellt: 21. Jun 2009, 18:43
Der Chandos Free-Download enthält diesen Monat neben Werken andere britischer Komponisten die Sonatina for Flute and Piano(1957)von Maw.
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