Notwendigkeit von Dynamikkompressoren im Rundfunk

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AlexG1990
Inventar
#1 erstellt: 08. Jun 2007, 00:34
Hallo HiFi-Fans,

ich gebe zu, ich höre viel und gerne Radio. Ich bevorzuge Pop/Rock, wobei mir durchaus das Rotationsgedudel einiger Sender auf die Nerven geht!

Bei Radio denke ich zu allererst an den UKW-Rundfunk. Hier regt mich schon lange der flache und mehr oder weniger dynamikkomprimierte Sound auf (Optimod & Co.). Leise Stellen wirken sehr dominant und kommt dann eine lautere Stelle, klingt es wie mit dem Hammer draufgehauen, wenn der Limiter ansetzt. Damit nicht genug: Mit dem Equalizer wird ein nerviges Höhengeraschel erzeugt (so ab 12kHz aufwärts). Alles in allem bekomme ich von derartigem Klang mit der Zeit Kopfschmerzen :-(

Nun stelle ich mir die Frage, in wiefern eine Dynamikkompression überhaupt nötig ist...
Es wird oft von einem Dynamikumfang von 55-60dB bei UKW gesprochen. In Wirklichkeit ist das aber wohl eher der Signal/Rauschabstand, denn auch leisere Passagen, die unter -55dB des Maximalpegels liegen, können doch übertragen werden. Bei Analogstrecken gibt es im Gegensatz zu Digitaltechnik kein unteres Limit, wo etwas in der Quantisierung untergeht. Außerdem gibt es doch heute kaum noch Musik, die eine höhere Dynamik als 55dB aufweist. Also warum senkt man nicht einfach den Gesamtpegel ab und sendet mit voller Dynamik ohne Optimod?

Eure Meinung interessiert mich!

Gruß
AlexG1990


[Beitrag von AlexG1990 am 08. Jun 2007, 00:35 bearbeitet]
Master_J
Inventar
#2 erstellt: 08. Jun 2007, 00:39

AlexG1990 schrieb:
Also warum senkt man nicht einfach den Gesamtpegel ab und sendet mit voller Dynamik ohne Optimod?

Weil man dann Hörer verliert.

Der lautere gewinnt.

Ich stelle das bei mir selbst auch regelmäßig fest:
Beim blinden Durchzappen bleibt ich grundsätzlich auf dem maximalkomprimierten Sender im Kabelnetz hängen.

Wenn natürlich alle Sender die Kompression runterfahren würden, dann wäre das was anderes.

Gruss
Jochen
WenigWatt
Stammgast
#3 erstellt: 08. Jun 2007, 00:53
Hallo AlexG1990,
zum Teil hat sicher Master_J nicht ganz unrecht ,meiner Meinung nach hängt es aber,vor allem bei Popsendern,davon ab,daß deren Programme meist als Hintergrundberieselung bei starkem Hintergrundgeräuschpegel gehört werden. Zum Beispiel im Auto,in Kneipen,Spielsalons,bei der Hausarbeit etc. In diesen Fällen würden die leiseren Passagen untergehen. Bei Klassikprogrammen (z.B. SWR2,BR2) wird nicht so stark komprimiert,aber hör so einen Sender mal in einem Kleinwagen oder Lkw.
Gruß Micha
AlexG1990
Inventar
#4 erstellt: 08. Jun 2007, 02:42
Hallo,

es beruhigt mich, dass ihr im Groben meine eigenen Überlegungen bestätigt. :)

Ja, die Sache mit dem "Überhörtwerden". Das ist in der Tat ein Problem. Da könnte nur eine Art "Abrüstungsvertrag" in Sachen Pegel der Sender untereinander Abhilfe schaffen. Aber ich gehe mal davon aus, dass es nie dazu kommen wird und daher dynamikreicher Rundfunk leider Schnee von gestern ist und wohl auch immer bleiben wird, oder?

Zum Thema Umgebungsgeräusche (Auto, Kneipe, etc.): Hier kann die Kompression durchaus vorteilhaft sein, allerdings lässt sich diese senderseitige Kompression für HiFi-Zwecke nicht mehr rückgängig machen. Und: Wer im Auto eine Kassette oder CD hört, der bekommt auch die volle, unkomprimierte Dynamik auf die Ohren und beschwert ich auch nicht darüber! Die Kompression für Spezialfälle gehört dann wohl eher (bei Bedarf zuschaltbar) in den Endverstärker!

Also wenn es nur um die Lautheit geht, dann handelt es sich hierbei wohl weniger um ein Problem des UKW-Systems als mehr um einen Konkurrenzkampf der Sender untereinander. Warum sollte es dann mit einem neuen System wie DAB ausgerechnet besser werden? Eine neue Technik ändert ja nichts an der Situation! Dann würden da auch die Optimods hochgejagt...

Gruß
Alex
Hörbert
Inventar
#5 erstellt: 08. Jun 2007, 09:01
Hallo!

Bei einer weitgehend unkomprimierten Radiosendung wären die einsten Sender nicht nur sehr leise sondern auch mehr oder weniger stark verrauscht. Bei den sogenannten "Kulturprogrammen" der großen Rundfunkanstalten wird mit einer weitaus geringeren Kompression gearbeitet. Stelle doch mal Testweise einen solchen Sender der sich ein wenig weiter weg befindet mal ein und höre eine weile zu dann gehst du mal auf das Dritte Programm der gleichen Sendeanstalt (idealerweise von gleichen Umsetzer abgestrahlt) und hör dir die Qualität der Übertragung mal hier an. Du wirst feststellen daß hier weit weniger Rauschen und sonstige Störungen zu hören sind, durch den höheren Pegel werden sie Quasi in den Hintergrund gedrückt. Du würdest also durch eine veringerung der Kompression den Teufel mit dem Belzebub austreiben.

MFG Günther
cannonball_add
Stammgast
#6 erstellt: 08. Jun 2007, 09:05
Hallo und guten Morgen,

wird im Kabelnetz eigentlich auch komprimiert? Wir haben im Bereich München-Nord/Freising recht anständig klingende Stationen im Kabel (Bayerischer Rundfunk), wohingegen vor allem kleinere Privatstationen unterirdisch klingen. Liegt das an der jeweiligen Radiostation oder am Netzbetreiber?

Wie sehen denn eure Erfahrungen in anderen Regionen im Bundesgebiet aus?

Grüße aus München
Michael
Jazzy
Inventar
#7 erstellt: 08. Jun 2007, 14:27
Hi!
Bei DAB hätten die Sender eigentlich keine Ausrede mehr,da sie ein Kompression-Flag mitsenden können.Dies wertet der Empfänger aus.Der User kann dann die Kompression(on/off,viell. auch Stärke?)je nach Sender/Umgebungslärm wählen.Ist ja auch viel sinnvoller so.Ich selber höre jetzt in letzter Zeit wieder etwas DVB-S-Radio.Da klingen manche Sender mit 320kbit/s und ohne/geringe lineare Kompression recht gut(B4 Klassik zum Beispiel).
micha_bln
Ist häufiger hier
#8 erstellt: 08. Jun 2007, 17:20
Hallo Radiofreunde,

so dramatisch finde ich das Rauschen bei den unkomprimierten Programmen nicht (hier in Berlin: dradio und kulturradio), im Gegenteil. Die Qualität die hier geboten wird läßt viele anderen Programmquellen alt aussehen (CD, manchmal auch LP !). Und das bei 15 kHz Bandbreite. Da erzähl mir einer was vom Superhochton ...Allerdings sollte das Signal schon aus der Luft und nicht vom Kabel kommen. Wenn es die Bedingungen zulassen die bessere Alternative. Da lohnt sich schon ein guter Tuner.

Komprimierter Klang kann (!) eine eigene Ästhetik haben. Der AFN hier in Berlin hat damals so extrem komprimiert daß man die Regeleffekte ganz klar gehört hat. Das hatte schon was eigenes.

Gruß an die Radiohörer

Micha
Master_J
Inventar
#9 erstellt: 08. Jun 2007, 17:42

cannonball_add schrieb:
wird im Kabelnetz eigentlich auch komprimiert?

Hier im Raum Stuttgart schon.

Nicht alle Sender, aber der "Mainstream" durchgehend.

"Schuldig" sind sicher die Radiostationen.
Die Netzbetreiber kriegen ja nur die "fertigen Töne" zur Einspeisung, oder?

Ich finde aber auch, dass sinnvolle Komprimierung dem Ton auf gewisse Art zuträglich sein kann.

Gruss
Jochen
Jazzy
Inventar
#10 erstellt: 11. Jun 2007, 14:42
@micha-bln: wobei die Zuleitung zum UKW-Sender meist auch schon mit mp2 vonstatten geht.Der Rest wird dann wohl von Senderstrecke und Analogtuner geschönt.Dann lieber ehrliches DVB-S mit 320kbit/s,sogar 5.1 senden die manchmal.
Bruxelles
Stammgast
#11 erstellt: 12. Jun 2007, 16:58

cannonball_add schrieb:

wird im Kabelnetz eigentlich auch komprimiert?


Das hängt von der Art der Signalzuführung ab. Ortssender und die Sender der benachbarten Bundesländer werden gewöhnlich per Ballempfang empfangen und ins Kabel umgesetzt, es wird also das (komprimierte) terristrische Signal genommen.

Weiter entfernte Sender oder "reine" Kabelprogramme werden idr. von Sat abgenommen, und dann hängt es von der Sendeanstalt ab, ob man ein komprimiertes Signal bekommt.

WDR, BR, SWR, HR, RB, NDR haben auf Sat (das gleiche) Soundprocessing wie auf UKW (mit ausnahme von WDR Einslive auf ADR), während RBB, MDR und SR das Sat-Signal vor dem Soundprocessing abnehmen und auf allen Wellen unkomprimiert daherkommen.

Wenn ein Sender per Sat zugeführt wird, ist kein RDS-Signal vorhanden, es sei denn, der Kabelanbieter generiert ein "eigenes". So kann man die Zuführungsart ganz gut erkennen.


Im Vergleich zu dem, was einem die Niderländer um die Ohren hauen, ist der deutsche Radioeigenklang (mit Ausnahme von N-Joy und vielen privaten) aber immernoch eine Wohltat.


AlexG1990 schrieb:

Nun stelle ich mir die Frage, in wiefern eine Dynamikkompression überhaupt nötig ist...


Das Signal muß auf die maximal zu übertragende Bandbreite per MPX-Limiter begrenzt werden um die Übertragungsrichtlinien einzuhalten und keine anderen Sender zu stören. Alles andere geschiet senderseitig freiwillig.


[Beitrag von Master_J am 12. Jun 2007, 17:01 bearbeitet]
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