Spannungsfestigkeit Kondensator

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zufalls
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 14. Jun 2012, 00:19
Hey Ihr's,

eine kurze Frage von mir - und hoffentlich einfache Antwort von euch...

Kann man bedenkenlos einen 100 Volt Elektrolyt Kondensator dauerhaft mit 100 Volt betreiben ???

(gemessende 98 Volt Gleichspannung, NF - Verstärker - Netzteil)

Danke für die schnellen Atworten.
Stigmen
Stammgast
#2 erstellt: 14. Jun 2012, 01:47
Jein, zum einen schlägt sich sowas in der Lebensdauer des Bauteils nieder, zum anderen können je nachdem wie die Spannung gesiebt/geregelt ist noch höhere Spannungsspitzen auftreten.

Ich würde also ein wenig mehr Luft einplanen, gerade auch weil es sich bei 100V dann vermutlich nichtmehr um einen kleinen harmlosen Elko handelt, den man tauschen kann, wenn er dann doch durchknallt
Bertl100
Inventar
#3 erstellt: 14. Jun 2012, 08:41
Hallo,

ferner muß man Netzüberspannung in Betracht ziehen.
Also 230V + 10%!

Gruß
Bernhard
tede
Inventar
#4 erstellt: 14. Jun 2012, 10:38
Hallo,

grundsätzlich ja, aber-
geht sehr auf die Lebensdauer,
ich würde da min 20% "sicherheit" einrechnen.

Grüße
Thomas
zufalls
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 14. Jun 2012, 14:47
Danke für die schnellen Antworten.

Ich hätte noch eine theoretische Frage...

Könnte man eine Endstufe auch ohne Elko's betreiben?
oder zumindest nur mit sehr wenig Kapazität?
(1000µF auf der Plusschiene und 1000µF auf der Minusschiene)

> Wenn nein: warum & was würde passieren ?

Die Endstufe hat 2 x 600 Watt rms und ist eine "Profi-Endstufe"
Stigmen
Stammgast
#6 erstellt: 14. Jun 2012, 15:54
Nicht dass wir uns falsch verstehen, die Kondensatoren sind Siebkondensatoren um die Spannung zu glätten?

An der Stelle ist eine große Kapazität notwendig, da ansonsten deine Spannung einbricht und du zum einen nicht genügend Leistung entnehmen kannst und zum anderen dir Brummen einfängst.

Je mehr Strom du entnimmst, umso schneller sind die Kondensatoren leergesaugt, also umso größer muss die Gesamtkapazität sein.

Pi mal Daumen hab ich hier mal was von 1000µF - 2500µF je Ampere gelesen als Empfehlung.

Du hast P=U*I -> I=P/U= 2x 6 Ampere, ich würde an deiner Stelle zu 10.000µF pro Seite geifen
richi44
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 14. Jun 2012, 16:40
Im Leerlauf könnte es funktionieren, bei Ausgangsleistung nicht. Ich kann es Dir so erklären (möglichst einfach): Der Verstärker braucht einen dauernden Ruhestrom und er braucht eine minimale Betriebsspannung. Ausserdem braucht er unter Last einen wesentlich höheren Strom und damit die fur 600W nötige Spannung zur Verfügung steht muss er auch diese Spannung bekommen. Ist die Spannung zu tief, so ist diese Leistung nicht zu erreichen.
Dazu eine kurze Rechnung: Wenn wir 2x600W an 4 Ohm haben wollen, dann ergibt das eine Ton-Ausgangsspannung von 49V eff. und dazu muss die Betriebsspannung mindestens + / - 70V sein. Und da an den Transistoren noch eine Restspannung vorhanden sein muss (ca 10V) müssen wir von einer Betriebsspannung von jeweils 80V ausgehen. Die Spannung darf also nicht unter den Wert fallen, weil sonst die 600W pro Kanal nicht möglich sind. Und das bedeutet, dass die Endstufe einen Strom von jeweils 12.45A zieht (pro Speisung und pro Kanal, Ruhestrom eingerechnet).
Weiter müssen wir beachten, dass die Transistoren eine maximale Betriebsspannung vertragen. Ausserdem muss man daran denken, dass der Elko dann geladen wird, wenn die Trafospannung (am Scheitelpunkt des Sinus) höher ist als die momentane Elkospannung. Sinkt die Trafospannung wieder ab, so hört die Aufladung auf und der Elko muss seine Ladung an den Verstärker abgeben. Dabei sinkt natürlich seine Spannung ab, bis er erneut aufgeladen wird. Dieses Absinken der Spannung ist abhängig vom Strom, von der Elko-Kapazität und von der Häufigkeit der Aufladung.

Wir haben jetzt mal die 80V Betriebsspannung, die wir für die 600W benötigen. Und nehmen wir mal an, dass die Transistoren 250V vertragen. Dann könnte man einen Trafo verwenden, der eine Scheitel-Spannung von 125V (inkl. aller Überspannungen!) liefert. Das wäre eine Nennspannung von 88V.
Wir hätten jetzt die Spannungsfestigkeit der Transistoren ausgereizt und eine Restspannung an den Transistoren und am Elko von 45V zu Grunde gelegt.
Nun ist aber die Trafospannung kleiner, denn Du schreibst von rund 100V Gleichspannung (im Leerlauf?). Somit haben wir eine Spannungsreserve von 20V am Elko. Oder anders gesagt: Die Spannung am Elko ist im Leerlauf fast konstant 100V und sie darf bei Last auf ein Minimum von 80V absinken.

Die Kapazität in Farad ist wie folgt definiert: Ein Strom von 1A während 1 Sekunde (Lade- oder Entladestrom) ergibt am Elko eine Spannungsänderung von 1V wenn der Elko 1 Farad hat.

Wir haben nicht 1V, sondern 20V. Und wir haben 100 Ladezyklen pro Sekunde. Aber wir haben auch einen maximalen Strom (beide Kanäle ausgesteuert) von rund 25A. Die Kapazität in Farad wird also
C = I x t / U also Strom mal Entladedauer / Entladespannung = im konkreten Fall 25A x 0.01s / 20V = 0.0125 Farad = 12500 Mikrofarad für beide Kanäle gemeinsam, und das in der Plus- und der Minusspeisung.

Rechnen wir mit 1000 Mikrofarad, so ergäbe dies (für die 20V Entladespannung) einen Entladestrom von nicht mehr 25A, sondern gerade mal 2A. Bliebe also pro Endstufe eine Leistung von 4W an 4 Ohm, denn das ergäbe ja den Strom von 1A. Naturlich brauchen wir für die 4W nicht mehr eine Betriebsspannung von 80V. Aber wenn wir die Spannung erhalten wollen (die 80V) und den Strom auf 1A beschränken, so kommen wir auf eine Ausgangsleistung von rund 50W pro Kanal, mit einer Lautsprecherimpedanz von nicht mehr 4 Ohm, sondern einer von 50 Ohm. Und solche Lautsprecher hat niemand!

Fazit: Mit den 1000 Mikrofarad kannst Du das Netzteil aufbauen und bekommst in etwa die Spannungen im Leerlauf, wie sie bei den richtigen Elkos unter Last vorhanden sind. Du kannst die Endstufe so betreiben und die Ausgangsspannung ohne Last messen. Diese sollte rund 50V betragen. Du kannst aber keinesfalls einen Lautsprecher anschliessen, weil die Kiste bei vielleich 15W zu klirren und brummen anfängt. Du kommst also nicht um die mindestens 10'000 Mikrofarad herum, wenn Du etwas unter praktischen Verhältnissen testen willst.
Steffen_Bühler
Inventar
#8 erstellt: 14. Jun 2012, 17:16
Toll erklärt! Vielleicht noch ein Vergleich aus der Mechanik: eine Endstufe mit zu kleinen Kondensatoren entspricht einem zu hart gefedertem Auto. Wenn man langsam fährt, merkt man noch nichts, aber wehe...

Viele Grüße
Steffen
uweda
Stammgast
#9 erstellt: 14. Jun 2012, 21:16
Kann man bedenkenlos einen 100 Volt Elektrolyt Kondensator dauerhaft mit 100 Volt betreiben ???

nein macht man nicht.
man fährt nicht dauernd an der kotzgrenze....
die netzspannung kann überspannungsspitzen aufweisen.
ich lass generell 20% reserve.
das gilt für spannungen wie auch für ströme und leistungen.
die mehrkosten sind meistens recht gering aber die zuverlässigkeit steigt.
mfg
Stigmen
Stammgast
#10 erstellt: 14. Jun 2012, 23:35
Ich kann mir vorstellen, dass in dem Bereich ein Sprung auf die nächsthöhere Spannungsfestigkeit schon seinen Preis hat, aber in diesem Fall wohl unumgänglich.

Für die Siebung in meinem Netzteil (+-29V DC) hab ich auch etwas mutig 35V Elkos genommen, hätt mich sonst fast das Doppelte gekostet
zufalls
Ist häufiger hier
#11 erstellt: 15. Jun 2012, 04:43
Danke für die tollen Antworten.

Bin ich wieder etwas klüger.

Aber eines will ich dazu noch sagen:

Ich habs mal testhalber so angeschlossen wie gesagt, mit jeweils 1200µF auf plus und minus &
ich habe knappe 600 Watt gemessen am Ausgang bevor es geklippt hat. (mit nen oszi überwacht)
und komischer weise ist die Spannung nicht unter 85 Volt gesunken.

Allerdings war eins komisch: und zwar war bei den unteren Frequenzen 50 Hz zb. die klippinggrenze schon bei unter 400 Watt erreicht.

Ich muss dazu sagen das ich vielleicht auch falsch gemessen habe, weil ich diese "Formel" benutze:
Ausgangsspannung mal Ausgangsspannung / Ohm = Watt. Stimmt diese Rechnung so ????

Dummer Weise habe ich mir vor ein paar Tagen die Kondensatoren bestellt und auch schon bezahlt usw.
habe mir 20 Stk. 2200µF 100V Kondensatoren gekauft in der Hoffnung das die Spannungsfestigkeit ausreicht... Das wären ja dann 11000 µF je Spannung.

Muss ich mir wohl was einfallen lassen oder eben auf Risiko Fahren. Dumm gelaufen.

Die 98 Volt sind übrigens die Leerlaufspannung.

Lösungsvorschläge ?
tede
Inventar
#12 erstellt: 15. Jun 2012, 09:24
Hallo,

je nach Belastung (Strom, Temperatur) werden die Elko's schon einige Zeit halten.
Hast du ein Datenblatt von den Elko's ? wie ist denn die Lebensdauer angegeben ?

zur sicherheit könntest du beim Trafo die Sekundärspannung etwas reduzieren.
(Primärseitung ein paar Windungen dazuwickeln)

Die Netzteilelkos müssen für den Zeitraum, in dem sie nicht nachgeladen werden
den kompletten Ausgangsstrom der Endstufe liefern. Bei hohen Frequenzen verteilt
sich der Strom auf die positive und negative Betriebsspannung.
Bei kleinen Frequenzen wird in den Ladepausen nur eine Betriebsspannungsseite belastet
dafür aber doppelt so hoch wie bei hohen Ausgangsfrequenzen.

Grüße
Thomas
Hmeck
Inventar
#13 erstellt: 15. Jun 2012, 12:34
Meiner Meinung ist die Temperartur ein wesentlich wirkungsvollerer "Elkokiller" als die Spannung, wo sie doch in der Spezifikation bleibt. Deshalb solltest Du versuchen, den C möglichst "kühl" einzubauen. Auch ist es sicherlich eine gute Idee, die Dinger mal vorsichtig über Vorwiderstand zu "formatieren" und dann den Resttrom zu messen.
zufalls
Ist häufiger hier
#14 erstellt: 15. Jun 2012, 14:39
Am Trafo kann ich leider nichts machen, da es ein ringkern ist der teilweise vergossen ist
muss man neue kondensatoren auch "formatieren" ???

Ich werde mal den leckstrom messen....

Bis späterrr.
Hmeck
Inventar
#15 erstellt: 15. Jun 2012, 15:07

muss man neue kondensatoren auch "formatieren" ???

Achwo. Ich meine nur im Bezug auf eine vernünftige Leckstrom-Messung.
UweM
Moderator
#16 erstellt: 15. Jun 2012, 15:33
Neue Kondensatoren muss man nicht formieren (nicht formatieren). Das macht man allenfalls bei Kondensatoren, die monatelang gelagert wurden oder nicht in Betrieb waren.

Einen 100V-Elko kann man bedenkenlos lange mit 100V Gleichspannung betreiben. Das ist sicher (keine "Kotzgrenze"), da bei der Herstellung mit einem sogenannten Überformierfaktor von üblicherweise 20-50% gearbeitet wird. Du wirst entsprechend in keinem Herstellerdatenbuch Angaben über ein Spannungsderating finden.
Was man dagegen dort findet, sind Lebensdauerkurven abhängig von Strombelastung und Umgebungstemperatur.

Berechtigt ist trotzdem der Einwand betreffend eventueller Spannungsspitzen, die du mit einer schnellen Messung per Multimeter natürlich nicht findest.

Grüße,

Uwe
Bertl100
Inventar
#17 erstellt: 15. Jun 2012, 16:50
Hallo zusammen,

die Ausfallrate wird halt deutlich höher, wenn man mit der Spannung so nahe an das Maximum herankommt.

Gruß
Bernhard
-scope-
Hat sich gelöscht
#18 erstellt: 15. Jun 2012, 17:35

Lösungsvorschläge ?


Einbauen, betreiben und abwarten......warten.....warten.......usw.
Stigmen
Stammgast
#19 erstellt: 15. Jun 2012, 17:37
Wie gesagt, ich hätte eigentlich auch gern mehr Luft bei mir gehabt und bin das Risiko eingegangen, dass mal ein Elko aufgibt.
Ich denke mir allerdings auch, dass ich einen Selbstbau-Verstärker sowieso grundsätzlich lieber nicht unbeobachtet laufen lassen sollte.


[Beitrag von Stigmen am 15. Jun 2012, 17:38 bearbeitet]
-scope-
Hat sich gelöscht
#20 erstellt: 15. Jun 2012, 18:06
Einfach mal die Temperatur der Elkos nach einer Stunde prüfen....Keine Panik.
zufalls
Ist häufiger hier
#21 erstellt: 15. Jun 2012, 18:27
Nochmals danke für die zahlreichen guten Antworten.

Ich werde die mal heute einfach einbauen und beobachten was passiert.
Mehr als in die Luft fliegen kann ich ja nicht.
UweM
Moderator
#22 erstellt: 16. Jun 2012, 00:23

Bertl100 schrieb:

die Ausfallrate wird halt deutlich höher, wenn man mit der Spannung so nahe an das Maximum herankommt.


von solchen Effekten ist mir nichts bekannt. Und ich habe drei Jahre beruflich u.a. mit der Definition von kundenspezifischen Elkos zu tun gehabt.

Grüße,

Uwe
Bertl100
Inventar
#23 erstellt: 17. Jun 2012, 09:37
Hallo Uwe,

wir haben öfter Ausfallratenberechnungen (MTBF-Werte bzw. fit-Werte) erstellen lassen.
Meist nach MIL. Und dort stiegen z.B. bei Mosfets aber auch bei Elkos die Ausfallraten stark an, wenn man sich mit der Betriebsspannung der max. Spannung nähert.
In der Realität fallen ja auch so betriebene Elkos vermehrt aus. Allerdings eher erst nach vielen Jahren.
Und das würde ja dann eher unter Lebensdauer als unter Ausfallrate fallen.

Gruß
Bernhard
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