Gewährleistungsausschlüsse nach BGH künftig unwirksam

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castorpollux
Inventar
#1 erstellt: 09. Jul 2007, 18:18
Wir jagen mal eine Sau durchs Dorf:

http://www.silicon.de/enid/wirtschaft_und_politik/28251


Nach einem neuen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) sind Gewährleistungsklauseln, mit denen die Gewährleistung bisher ausgeschlossen oder verkürzt werden konnte, ab sofort unwirksam.

Vor allem private Anbieter nutzten diese Klauseln häufig, etwa um beim Verkauf von gebrauchten Waren auf Ebay die Gewährleistung ganz auszuschließen. Gewerbliche Verkäufer konnten die Gewährleistung bei gebrauchten Produkten gegenüber privaten Käufern auf zwölf Monate begrenzen und gegenüber Unternehmen ganz ausschließen. Künftig gilt in allen diesen Fällen nur noch die gesetzliche Gewährleistungsfrist von 24 Monaten.

Konkret ging es in dem Gerichtsverfahren um den Verkauf eines sechs Monate alten Hengstfohlens. Der Verkäufer hatte die Gewährleistungsrechte auf zwölf Monate begrenzt – eine Frist, die in deutschen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) üblich ist. Der BGH befand nun, dass diese Gewährleistungsklausel unwirksam sei, da man bestimmte Schäden auf diese Weise nicht ausschließen könne, vor allem dann nicht, wenn im Falle eines Mangels Schadenersatzansprüche bestünden.

Diese Gerichtsentscheidung hat zur Konsequenz, dass so gut wie sämtliche Gewährleistungsverkürzungen der letzten Jahre hinfällig sind und stattdessen die gesetzliche Frist von zwei Jahren wirksam wird. Händler müssen ihre AGB dahingehend überarbeiten. Wer in den letzten zwei Jahren gebrauchte Waren verkauft hat, könnte die wirtschaftlichen Folgen des Urteils noch zu spüren bekommen: Theoretisch könnten Käufer ihre Gewährleistungsrechte noch im Nachhinein geltend machen.


Klingt gar nicht gut...was meint ihr? Nur Theorie, weil sich nach einem halben jahr sowieso die Beweislast umkehrt oder man nun einfach mit dem Käufer ein "wie beschrieben" vereinbaren kann und zusammen mit einer guten verkaufsbeschreibung alles abgedeckt ist?

Grüße,

Alex
studi940
Ist häufiger hier
#2 erstellt: 18. Jul 2007, 16:27
Hallo,

ehrlich?!

Völliger Quatsch!!!

Vermute soll eine Rezension der Entscheidung des BGH vom 15.11.2006 - VIII ZR 3/06 sein.

Habe gerade leider kaum Zeit. Daher nur kurz die Pressemitteilung überflogen.

Bei Bedarf/Interesse würde ich sonst später noch mal mehr gucken und schreiben ... bzw. auch diskutieren.

MfG

studi940
lunic
Inventar
#3 erstellt: 18. Jul 2007, 16:44

Diese Gerichtsentscheidung hat zur Konsequenz, dass so gut wie sämtliche Gewährleistungsverkürzungen der letzten Jahre hinfällig sind

Soweit ich weiß, können Gesetze bzw Normen nicht rückwirkend wirken sondern nur ab dem Zeitpunkt, an dem sie verkündet werden.


Konkret ging es in dem Gerichtsverfahren um den Verkauf eines sechs Monate alten Hengstfohlens. Der Verkäufer hatte die Gewährleistungsrechte auf zwölf Monate begrenzt – eine Frist, die in deutschen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) üblich ist. Der BGH befand nun, dass diese Gewährleistungsklausel unwirksam sei, da man bestimmte Schäden auf diese Weise nicht ausschließen könne, vor allem dann nicht, wenn im Falle eines Mangels Schadenersatzansprüche bestünden.


Sachmangel an einem Fohlen? Da müsste es schon ein Bein zu wenig haben..
Also so seh ich das.

Grüße!
schollehopser
Inventar
#4 erstellt: 18. Jul 2007, 17:01
Sachmangel könnte sein dass das Fohlen entweder unfruchtbar oder impotent ist.. (nur mal als Beispiel)

Würde sagen wir warten hier mal ab...
Peter_Wind
Inventar
#5 erstellt: 18. Jul 2007, 17:05
Alles lesen: auch in dem LINK oben. Da ging es IMHO um einen gewerblichen und nicht Privat-Verkauf.
studi940
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 18. Jul 2007, 20:09
Nabend!

Also der BGH formulierte zusammenfassend:

"Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, mit der die gesetzliche Verjährungsfrist für die Ansprüche des Käufers wegen eines Mangels der verkauften Sache abgekürzt wird, ist wegen Verstoßes gegen die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 Buchstabe a und b BGB insgesamt unwirksam, wenn die in diesen Klauselverboten bezeichneten Schadensersatzansprüche nicht von der Abkürzung der Verjährungsfrist ausgenommen werden."

Nach § 309 Nr. 7 a und b ist ein Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei groben Verschulden zumindest in AGB, wobei auch beispielsweise von Privaten verwandte Formularverträge unter Umständen darunter fallen können, unzulässig.

Aufgrund eines Mangels kann es nun aber auch zu einem solchen Schäden kommen. Indem man nun die gesetzlich vorgesehene Verfährungsfrist verkürzt, schließt man jedoch die Haftung dafür im Sinne der Vorschrift aus. Darin erschöpft sich die Aussage des BGH (anders wohl das BAG). Was gemäß § 306 BGB die gänzliche Unwirksamkeit der Klausel zur Folge hat. Denn eine geltungserhaltende Reduktion, d.h. eine Beschränkung der Klausel auf das rechtlich machbare, gibt es bei AGB´s grundsätzlich gerade nicht. Also gilt im Einklang mit § 306 BGB wieder die gesetzlich vorgesehene Verjährungsfrist. Insoweit war der in den AGB´s enthaltende Gewährleistungausschluss dann unwirksam.

Mich persönlich überrascht die Entscheidung des BGH eigentlich gar nicht. Schließlich ist sie logisch und nachvollziehbar. Darüber hinaus gibt der BGH auch noch in der Entscheidung schon ältere dahingehende Rechtsprechung an und verweist auf entsprechende Literaturstimmen. Praktisch war m.E. daher bei der Vertragsgestaltung schon immer eine Beschränkung der Klausel oder zumindest eine Auftrennung in zwei Klauseln geboten...

Im Übrigen beruht die Entscheidung letztlich auch gar nicht darauf, weil die Klausel aus anderen Gründen schon/noch unwirksam war.

Mithin handelt es sich bei der Entscheidung um kein Gesetz, sondern um eine gerichtliche Entscheidung in der sozusagen die geltende Rechtslage erklärt wird. Zugrunde lag ein käuflicher Erwerb im Jahre 2002.
Nur manche Entscheidungen des BVerfG haben Gesetzeskraft.

Nebenbeibemerkt kann Gesetzen unter Umständen sogar Rückwirkung zukommen. Nur bei Strafgesetzen ist dies gänzlich verfassungsrechtlich ausgeschlossen.

Auch ja der Mangel im Fall des BGH war übrigens ein Herzfehler...

Wünsche allen noch einen schönen Abend!

MfG

studi940


[Beitrag von studi940 am 18. Jul 2007, 20:15 bearbeitet]
castorpollux
Inventar
#7 erstellt: 18. Jul 2007, 20:27
Vielen Dank

Okay, verstehe ich dich also richtig, das sich dies nicht auf private verkäufer, beispielsweise bei eBay erstreckt? Welcher Privatmensch hat schon AGB?

Grüße,

Alex
studi940
Ist häufiger hier
#8 erstellt: 22. Jul 2007, 10:37
Hallo,

ich schrieb:


studi940 schrieb:

... AGB, wobei auch beispielsweise von Privaten verwandte Formularverträge unter Umständen darunter fallen können, ...


Nach § 305 I 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt.

Folglich sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht zwingend als solche gekennzeichnet (bzw. zu kennzeichnen). So können auch ganze Verträge - insbesondere Formularverträge - AGB´s gleich stehen und somit der entsprechenden Inhaltskontrolle unterliegen.

Noch einen schönen Sonntag!

studi940


[Beitrag von studi940 am 22. Jul 2007, 10:40 bearbeitet]
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