Autoritär, Antiautoritär oder was?

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ahebeisen
Stammgast
#1 erstellt: 11. Okt 2010, 06:34
In einem anderen Thread war die Frage der richtigen Erziehung unserer Kinder aufgekommen.

Da dies mit dem eigentlichen Threadinhalt nicht viel zu tun hat, lagere ich dies mal aus. Mich interessiert Eure Meinung dazu.


Ich versuche mal einen wertfreien Abriß der Entwicklungsgeschichte der Erziehung aufzuzeichnen: (sollte hierbei etwas falsch sein, so bitte ich Euch, mich zu korrigieren)

Über Jahrtausende hinweg war die Erziehung der Kinder eine reine Familienangelegenheit. Die Eltern und Großeltern erledigten diese Aufgabe.

Da bis vor 100 / 150 Jahren Großfamilien eher die Regel waren, waren auch fast immer Erwachsene da, die sich um die Kinder kümmern konnten.

Mit der Industriellen Revolution kamen die Kleinfamilien auf. Die Anzahl der klassischen Großfamilien, in denen die Großeltern auch die Erziehung der Kinder übernehmen konten, wurde immer geringer.

In den meisten Kulturen waren die Erwachsenen Autoritätspersonen, denen Achtung geschenkt werden mußte und deren Anweisungen folge zu leisten war.

Bei der Erziehung der Kinder war den Erwachsenen zumeist freie Hand gelassen. "Körperliche Züchtigung" gehörte als letzte Möglichkeit auch dazu.

Dies änderte sich radikal mit dem Gedankengut der 68er-Generation.

Den durchaus verständlichen Gedankengang, daß erst die sogenannte "autoritäre Erziehung" der älteren Generation ein unreflektiertes Nacheifern des Nationalsozialismus erst ermöglichte, führte zu diesem Wandel.

Die Kinder sollten zu selbständig denkenden Individuen erzogen werden. Der Kreativität und dem persönlichen Willen der Kinder sollte Rechnung getragen werden.

Von diesem radikalen Gedankengut der Antiautoritären Erziehung machte aber nur ein geringer Prozentsatz der Eltern Gebrauch. Nichts destotrotz wurde es allgemein anerkannt, daß von der sogenannten "körperlichen Erzüchtigung" nicht mehr Gebrauch gemacht werden sollte.

Dies führte letztendlich auch dazu, daß es gesetztlich verboten wurde, diese Erziehungsmethode anzuwenden.

Mit Aufkommen des Privatfernsehens (ich gehöre noch zur Testbildgeneration ) und dann später mit dem Internet waren einfache Erziehungs-Objekte ins Spiel gekommen, denen sich viele Erwachsene bedienen.

Es ist ja so einfach, die Kinder vor den Fernseher oder den PC zu setzen und sich nicht mit ihnen auseinandersetzen zu müssen.



Ich möchte diese Entwicklung in Frage stellen. Sind wir nicht über das Ziel hinausgeschossen?

Muten wir den Kindern nicht zuviel zu?

In meinen Augen haben wir es nicht mit kleinen Erwachsenen zu tun, sondern mit Kindern, denen auch Grenzen gezeigt werden müssen.

Die Eltern müssen die Erziehung wieder selbst übernehmen. Wir alle wissen, womit sie im TV und im Internet konfrontiert werden.

Wichtig ist in meinen Augen auch die konsequente Einhaltung von Regeln. Bsp.: Selbst wenn die Kinder noch so sehr aufgeputscht von den Medien nach irgendwelchen Markenschuhen oder Ähnlichem quängeln, muß ein konsequentes NEIN gelten.

Es hilft dem Kind nicht, wenn man seinen Forderungen immer wieder nachgibt. Sicher: Im ersten Augenblick macht man es sich einfacher.

Zuwiderhandlungen von festgesetzten Regeln müssen auch Konsequenzen nach sich ziehen. Das mag mit Zimmerarrest, Fernsehverbot, etc. anfangen. Wenn aber alles nichts nützt, was soll man dann tun?

Ist es wirklich schädlich, wenn einem bei einem extremen Fall (wenn also alles nicht mehr hilft) die "Hand ausrutscht"? Haben die ganzen Generationen vor uns alles falsch gemacht? Sind wir die Hüter der einzigen Wahrheit?


In meinen Augen fehlt vielen jungen Menschen der Respekt vor dem Alter.

Ich kenne das beispielsweise noch so, daß mir beigebracht wurde, daß ich im Bus den Platz freizumachen habe, wenn eine ältere Person hereinkommt. Wie oft seht Ihr so etwas heute noch?

Dies ist in meinen Augen Resultat der falschen Erziehungsmethode.


Man muß in meinen Augen einem Kind seine Grenzen aufzeigen. Werte müssen dem Kind von den Eltern vermittelt werden. Diese Aufgabe kann weder auf die Medien noch auf die Schule abgewälzt werden.

Ein Kind ist nicht von allein in der Lage dazu, zu erkennen, was richtig und was falsch ist. Das muß ihm erst einmal beigebracht werden.

Ihm müssen die Konsequenzen seines Handelns aufgezeigt werden.



Wie seht Ihr das?

Eine Bitte noch: Es muß möglich sein, so ein Thema auch ohne persönliche Diffamierungen bereden zu können...
kölsche_jung
Moderator
#2 erstellt: 11. Okt 2010, 12:09
Tja, wenn ich das schon höre "antiautoritäre Erziehung" und "kleine Erwachsene" ...

mir stehen da oft die Haare zu Berge ... ich diskutiere (im Gegensatz zu einigen Bekannten) nicht mit 5-jährigen!

Mein Vater hat mir vielleicht 4-5 Ohrfeigen verpasst, wenn ich heute mein damaliges Verhalten beurteilen müsste, würde ich sagen, ich hatte es (mehr als) verdient ... und geschadet hat es mir auch nicht, ich glaube, ich verfüge über ein gesundes Gerechtigkeitsgefühl, bin sozial integriert und zahl ne menge Steuern ...
Ob ich ein "besserer Mensch" geworden wäre, wenn meine Eltern mir keine Grenzen aufgezeigt hätten und mich nicht zu Pflichtbewußtsein erzogen hätte ... ich glaube nicht.

Insoweit stimme ich mit dir überein (dass hatte ich übrigens aufgrund dessen, was du in anderen OT-Threads schon geschrieben hast, sofort vermutet).

, Klaus
RoA
Inventar
#3 erstellt: 11. Okt 2010, 12:17

kölsche_jung schrieb:
Mein Vater hat mir vielleicht 4-5 Ohrfeigen verpasst


Wofür Du die Prügel bezogen hast, das weist Du heute nicht mehr. Aber daß Dein Vater Dich geschlagen hat, das vergißt Du nie. Warum oder - in Deinen Augen - sogar gerechtfertigt, ist völlig egal - Es begleitet Dich Dein ganzes Leben. Und diese Erfahrung möchtest Du weitergeben?
pinoccio
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 11. Okt 2010, 12:26
Zwischen Ohrfeigen und Grenzen zeigen und aufzeigen gibt es mE doch gravierende Unterschiede. Und... keine körperliche Gewalt (oder keine psychische Gewalt ;-) ) anwenden und antiautoritäre Erziehung sind sicher auch zwei Paar verschiedene Stiefel.

Kindern Ohrfeigen verpassen zeugt mE oftmals von Überforderung. Zumindest von Argumentationslosigkeit. Ich finde z.B. Diskussionen mit Kindern sehr erhellend. Zumindest weiß oder lerne ich dann ihren Blickwinkel einzuschätzen und erinnere mich, dass ich auch mal Kind mit den gleichen/ähnlichen Fragen war... und ich es nicht gerade toll fand, wenn man meine Anliegen nicht ernst genommen hatte. Denn so wichtig fand ich die "ach so wichtigen" Anliegen der damaligen Erwachsenen nun auch nicht...meist waren es nur Erwachsensein-Ansprüche, die sie ans eigene Kind stellten oder drüberstülpten, ohne dem Kind zugestehen zu wollen/können, dass es eine eigene Persönlichkeit entwickelt - also eben dann bei diesen Ansprüchen als "Gleichberechtigt" betrachtet werden möchte.

Gruss
Stefan


[Beitrag von pinoccio am 11. Okt 2010, 12:27 bearbeitet]
AndreasK
Stammgast
#6 erstellt: 11. Okt 2010, 12:36

RoA schrieb:

kölsche_jung schrieb:
Mein Vater hat mir vielleicht 4-5 Ohrfeigen verpasst


Wofür Du die Prügel bezogen hast, das weist Du heute nicht mehr. Aber daß Dein Vater Dich geschlagen hat, das vergißt Du nie. Warum oder - in Deinen Augen - sogar gerechtfertigt, ist völlig egal - Es begleitet Dich Dein ganzes Leben. Und diese Erfahrung möchtest Du weitergeben?



oh ich glaube es hat keiner so Alzheimer, das er nicht weiss was er als Kind angestellt hat.ich habe auch ab und zu bekommen und das nicht zu unrecht.Nur vielleicht etwas härter wie manch anderer.Deshalb ist aber aus mir trotzdem ein recht vernünftiger mann geworden (aus meiner Sicht).

ich denke das niemand die Erfahrung extra weitergeben möchte.Für härtere Prügelstrafe ist sicher niemand , aber wenn es mit dem wirklich guten und dann schärferem zureden nicht geht hat ein Klapps auf dem Po den wenigsten geschadet.

und mal was anderes.Es war früher Respekt da, vor auch älteren Mitschülern.Da hats auch mal eine gegeben wenn man sie geärgert hat.Die jungen Rotzlöffel von Heute kennen da nichts mehr.Erlauben sich viel, weil man ja gleich alles melden kann bzw genau wissen wie geschützt sie sind.Natürlich sind nicht alles Rotzlöffel

Wir sind 3 Geschwister und mit uns konnte man auch in jungen Jahren in die Wirtschaft gehen ohne das es stressig war.Wir wurden halt so erzogen.Viele Kinder hören ja null auf ihre Eltern....mama ich will das ich will das, dann wird ein Aufstand im Laden gemacht und rumgeplärrt, das es schon für die Mutter peinlich wird... und dann erklär lange dem kind das es das es jetzt nicht gibt...


[Beitrag von AndreasK am 11. Okt 2010, 12:43 bearbeitet]
kölsche_jung
Moderator
#7 erstellt: 11. Okt 2010, 12:39

RoA schrieb:

kölsche_jung schrieb:
Mein Vater hat mir vielleicht 4-5 Ohrfeigen verpasst


Wofür Du die Prügel bezogen hast, das weist Du heute nicht mehr. Aber daß Dein Vater Dich geschlagen hat, das vergißt Du nie. Warum oder - in Deinen Augen - sogar gerechtfertigt, ist völlig egal - Es begleitet Dich Dein ganzes Leben. Und diese Erfahrung möchtest Du weitergeben?


Nun einmal habe ich zB eine Ohrfeige bekommen, weil ich nach meiner Oma geschlagen habe ...
einmal, weil ich mit der FC-Fahne (trotz mehrfachem verbot) im Esszimmer rumgerannt bin und ein gemälde aufgeschlitz habe ...

darüber hinaus müsste ich erst nachdenken, ich bin mir jetzt nicht mal sicher ob es nicht nur die 2 Ohrfeigen waren ... als "verprügelt" würde ich das nicht bezeichnen, da gab es heftigere prügeleien auf dem schulhof ...

... und nein, das "begleitet" mich nicht mein Leben lang, ich leide da nicht gerade drunter ...
und wenn es dazu führen würde, dass meine Kinder (wenn ich denn welche mit meiner Frau bekäme) zu pflichtbewußten Bürgern würden, würde ich 2-3 Ohrfeigen in Kauf nehmen

klaus



edit: muss leider ganz dringend weg, werde heute abend mehr schreiben

Tschüs


[Beitrag von kölsche_jung am 11. Okt 2010, 12:44 bearbeitet]
djtechno
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 11. Okt 2010, 12:40
Ich denke, daß kann man nicht so einfach mit "Autoritär oder Antiautritär" beantworten.

Erzeihung mu wohl eher gut austariert sein und es hängt ja denke ich auch mal davon ab, wie die Kinder drauf sind: Eher ruhig, oder wild und frech.

Ich bin da gegen unnötige Gewalt, und es ist immer besser,wenn es ohne geht. Aber immer gehts eben nicht ohne.Aber es sollte nur angewendet werden, wenn es nötig ist. Und da kommt der Knackpunkt: Wann es nötig/richtig ist und was nicht, kann einem niemand sagen,den Punkt muß man als Eltern wohl selber herausfinden.

Ich denke mal, es ist besser einem Kind zu erklären, warum was nicht gut ist, als es einfach kommentarlos zu verbieten. Verbote reizen immer zum brechen und Kinde sind nunmal oft bockig und akzeptieren keine Grenzen, und versuchen diese zu umgehen, im Zweifelsfall heimlich hinter den Rücken der Eltern.

Aber klar, es gibt situationen, wo ein Kind einfach nix einsehen will, krawal macht,sich stur stellt, nicht einsehen will. Wenn alles nix hilft, muß ma eben mal laut werden und zurechtweisen und gf. bestrafen. Logisch. Aber damit solls dann auch gut sein, und das ist eben nur danne ien Maßnahme,wenns eben mal anders nicht beizukmmen ist
Sollte aber eben nur im absolut nötigsten Maße assieren,aber wie gesagt im Zuge des heranwachsens von 0 bis 12 Jahren wirds niemals 100% ohne gehen, sowas darf abr NIEMALS die regel sein,eher die ausnahme,weils eben ab und an nicht anders geht.


Erziehung ist da wohl eh ein austarieren. Ein kind vor allem Schützen und verhätscheln ist schlecht. Wenn das kind auf die herdplatte drauflangen will, solls das halt tun,daß tuts dann nur einmal.

Aber das kind alles machen alssen unter dem Mtto "dann merkst du,wennsweh tut" geht freilich auch nicht.

Wennd as kind bei rot über die straß unters auto läuft isses tot. wenns in die steckdose langt auch. Also muß man das kind eben schon ebschützen und vor dingen,die es absolut nicht einschätzen kann,bewahren. Aber im rahmen dessen, was halbwegs drin ist, soll ein kind schon auch mal selber auf die nase fallen dürfen,nur so kann es selbstständig leben lernen, sonst mues das dann später in der jugend,und da wirds (drogen, s-bahn-surfen, rechte,linke, satanistischeströmungen u.ä. unsinn) dann gefährlicher. Wenn die erzeihug ind e rkindheit stimmt,wird der jugentliche dann mit etwas glück so vernünftig sein und sich auf sowas nicht einlassen.

Und richtige erzeihung ist eben WEDER alles verbieten, NOCH alles erlauben. WEDER "nie schimpfen,immer diskutieren" NOCH prügeln o.ä. dinge


Es ist wohl das richtige maß und wohl auch konsequenz

so sehe ich das

konsequent heißt, es gibt klare regeln, wo freiheit herrscht und wo die grenze sind, was ok ist, und wo der Spaß aufhört.

An diese Regeln müssen sich BEIDE SEITEN also eltern UND kinder halten. Weil daraus lernen Kinder dann. Wenn man inkonsequent ist, können de Kinder nachher auch weniger gut verantwortung tragen und was durchhalten


[Beitrag von djtechno am 11. Okt 2010, 12:45 bearbeitet]
pinoccio
Hat sich gelöscht
#9 erstellt: 11. Okt 2010, 12:48

AndreasK schrieb:


und mal was anderes.Es war früher Respekt da, vor auch älteren Mitschülern.Da hats auch mal eine gegeben wenn man sie geärgert hat.Die jungen Rotzlöffel von Heute kennen da nichts mehr.Erlauben sich viel, weil man ja gleich alles melden kann bzw genau wissen wie geschützt sie sind.Natürlich sind nicht alles Rotzlöffel

Wir sind 3 Geschwister und mit uns konnte man auch in jungen Jahren in die Wirtschaft gehen ohne das es stressig war.Wir wurden halt so erzogen.Viele Kinder hören ja null auf ihre Eltern....mama ich will das ich will das, dann wird ein Aufstand im Laden gemacht und rumgeplärrt, das es schon für die Mutter peinlich wird... und dann erklär lange dem kind das es das es jetzt nicht gibt...


Zitate:

Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos. Die jungen Leute hören nicht mehr auf ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe.
(Keilschrifttext aus Ur um 2000 v. Chr.)

Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere heutige Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen.
(Hesoid, ca.720 vor Chr.)

Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.
(Sokrates, gr. Philosoph, 470-399 v.Chr., Version 1)

Die Schüler achten die Lehrer und Errzieher gering! überhaupt, die Jüngeren stellen sich den Älteren gleich und treten gegen sie auf, in Wort und Tat
(Platon, gr. Philosoph 427- 347 v. Chr.)

Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die M?nner von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen.
(Aristoteles, gr. Philosoph, 384-322 v. Chr.)


Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.
(Mark Twain, am. Schriftst., 1835-1910)

Die verschiedenen Altersstufen des Menschen halten einander für verschiedene Rassen: Alte haben gewöhnlich vergessen, daß sie jung gewesen sind, oder sie vergessen, daß sie alt sind, und Junge begreifen nie, daß sie alt werden können. (Kurt Tucholski, Der Mensch)



Ob sich die Erwachsenen jemals ändern? Ich glaube nicht...

Gruss
Stefan


[Beitrag von pinoccio am 11. Okt 2010, 12:59 bearbeitet]
AndreasK
Stammgast
#10 erstellt: 11. Okt 2010, 12:48
gut getroffen !So sehe ich das auch.Das richtige Maß finden...

ist schwer, aber denke ich machbar

gemeint war ditecho


[Beitrag von AndreasK am 11. Okt 2010, 12:50 bearbeitet]
kalia
Inventar
#11 erstellt: 11. Okt 2010, 13:04
Moin

Erst mal, Antiautoritäre Erziehung hat nichts mit Laissez-faire zu tun und schon gar nichts mit einem " Kinder vor den Fernseher setzen, statt sich zu kümmern" - das ist in meinen Augen schlicht Verwahrlosung. Im Übrigen ist letzteres Modell leider nicht selten mit körperlicher Gewaltanwendung im Verbund anzutreffen

Antiautoritäre Erziehung bedeutet nicht, dass keine Grenzen vermittelt werden sollen, sondern dass diese Grenzen erklärt werden, aber auch hinterfragt werden dürfen ohne das mit körperlicher oder psychischer Gewalt reagiert wird. Das heisst nicht, dass Kinder ihren Eltern nach gutdünken auf dem Kopf rumtanzen können und alle Regeln ausser Kraft gesetzt sind, sondern das Eigenverantwortung und Selbstbestimmung gefördert und gefordert werden, Eltern und Kinder gemeinsam ihre Lebensumstände aktiv gestalten
Das ist ein sehr bewusster Vorgang der viel Zeit, Offenheit und Respekt im Umgang mit dem eigenen Nachwuchs erfordert, darüber aber natürlich auch Respekt lehrt

Der Nachwuchs aus solchen bewussten Erziehungsmodellen landet übrigens eher auf Waldorfschulen als im Problemkiez...;-)

Die Probleme, die hier angesprochen sind, sind mE eher in dem respektlosen und unachtsamen Umgang miteinander zu finden - sowohl in der Erwachsenenwelt untereinander als auch zwischen Erwachsenen und (insbesondere schwierigen) Jugendlichen (die hier in Einkaufspassagen als Unkunden und an Schulen als Grobzeugs bezeichnet werden)
Menschen lernen, einfach gesagt, durch Abgucken
(Das ist der Grund warum Menschen angeboren empathische Fähigkeiten besitzen, leider werden sie ihnen oft aberzogen)

Es ist so schön einfach mal wieder die 68er als "Schuldige" herbeizuzerren, statt mal zu hinterfragen was in einer Gesellschaft schief läuft in der schon Kinder ihren Stress mit Drogen betäuben (laut DAK greift jeder dritte Gymnasiast regelmässig zu Alkohol, an Unis sind Aufputschmittel keine Seltenheit) die Raten an Burn-out und Depressionen bei Erwachsenen stetig steigen, geringverdienende Eltern durch Doppeljobs und trotzdem Geldmangel schon mit ihrem eigenen Leben überfordert sind, Familien durch die Mobilitätsanforderungen zerissen sind und wie in letzter Zeit deutlich geworden man ihre demokratische Meinungsäusserung mit Wasserwerfern und Pfefferspay entgegnet...
Wo ist da der Platz wo Respekt vorgelebt wird und gelernt werden kann ?


Und zu den Problemen an Schule - da sehe ich auch ein Riesenproblem bei der Ausbildung von Lehrern. Einem Studiengang in dem zwar (in meinen Augen veraltete)Didaktik aber viel zu wenig Psychologie und Pädagogik vermittelt wird - zudem empfinde ich die Selbsteinschätzung so mancher Berufseinsteiger hahnebüchen. Es ist imho schlicht nicht jeder für den Schuldienst geeignet. Auch an schwierigen Schulen kann man sehen, dass bei manchen Lehrern mitgearbeitet wird, bei manchen nicht. Dazu brauchs keinen Prügelstock sondern Ausstrahlung, Durchsetzungsvermögen, aber auch die Bereitschaft Jugendliche als vollwertige Menschen zu sehen, ihre Probleme und Sorgen ernst zu nehmen

Bevor man wieder eine Legitimierung von Prügel und Hausarrest als Erziehungsmassnahmen fordert, sollte man eh mal die eigene Erwartungshaltung hinterfragen
Was will man ?
Blinder Gehorsam oder wache und kritische Menschen.

Autorität und Respekt muss man sich verdienen, die wächst nicht mehr einfach mit dem Alter, sondern erfordert stete Auseinandersetzung mit dem Gegenüber.
Was wir erstmal wieder lernen sollten ist zuhören

Gruss


[Beitrag von kalia am 11. Okt 2010, 13:18 bearbeitet]
Grimpf
Inventar
#12 erstellt: 11. Okt 2010, 13:14
Seine Kinder schlagen gehört sich einfach nicht.

In meinen Augen ist schlagen der letzte Weg der Eltern, wenn Sie nicht mehr weiterwissen. Überforderung.

Und dann wird das Schlagen meist noch schöngeredet. Man "schlägt" ja seine Kinder nicht, "es rutsch einem die Hand aus" oder "man gibt dem Kind einen Klapps auf den Po"

Es muss natürlich immer jeder für sich Entscheiden und wie schon gesagt wurde, es muss ein Maß gefunden werden, was jedem passt, allerdings sollte Gewalt nicht mit in dieses Maß einließen. Eher würde ich mir professionelle Hilfe holen. (Nein, ich meine nicht die Supernanny auf RTL )
Pufftrompeter
Gesperrt
#13 erstellt: 11. Okt 2010, 13:39
Schoenes Thema …

Erziehung … aber Erziehung wozu? Denkende Selbststaendigkeit oder stumpfer Gehorsam? Zu gesunder, offener Neugier oder zur Angst, Regeln zu brechen?

Ich behaupte, es geht auch komplett ohne Ohrfeigen, Strafe und ohne „Grenzen aufzeigen“ – naemlich mit „Grenzen definieren und erfahrbar machen“. Ein sehr guter Freund mit einigen Jahren Erziehungsvorsprung hat mir mal gesagt: „Klare Regeln, positve Verstaerkung und viel Liebe“ sind die wichtigsten Dinge in der Erziehung – bis jetzt bin ich damit gut gefahren.

Regeln, das heisst: Der Zwerg (3.5 Jahre) darf z.B. den Technics aufklappen und per Start-Stop-Taste ein- und ausschalten (unter Aufsicht), den Receiver lauter und leiser machen (alleine) und das wars. Die anderen Knoepfe sind tabu weil kompliziert und ‚man kann was kaputt machen’ ... bislang kein Problem; es gibt SINNVOLLE Regeln, und die werden befolgt.

Ich moechte nicht, dass unser Zwerg Regeln aus Angst befolgt – sie soll sie befolgen aus Einsicht in deren Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit. Ohrfeigen foerdern keine Einsicht. Nie.

Ja – das fuehrt dazu, auch mit 3.5-jahrigen zu diskutieren – ggf. um auch ein kategorisches ‚NEIN’ hinreichend sinnstiftend zu erklaeren und zu erlaeutern. Aber dann funktioniert’s auch: Verstehen kommt von Verstand! „Lass das, sonst verhau ich Dich“ ist doch eher 19. Jahrhundert; man kann Disziplin zwar sicher auch einpruegeln, aber der Triumpf der superioren Intelligenz ist es doch, auch fuer eine 3.5-Jaehrige eine tragfaehige Erklaerung zu finden, die Einsicht, Erkenntnis und Verstehen foerdert, und nicht die Angst.

Respekt vor dem Alter ... wieso eigentlich? Per se, also eine Art Erbrespekt? Was ein archaischer Quark. Man macht aelteren Menschen den Platz frei, weil „die Omi nicht so gut stehen kann wie Du“. Das hat nichts mit Respekt zu tun, sondern mit Sinnhaftigkeit. Es gibt keinen Grund, warum ein 16-Jahriger Schueler nach einem 8-18h-Schultag weniger Anspruch auf einen Bussitzplatz haben sollte als ein 40-Jahriger Buerokaufmann. Stehen koennen beide noch gut, und fuer beide war der Tag gleich lang. Respekt muss man sich naemlich verdienen ... auch als Erwachsener einem Kind/Jugendlichen gegenueber. Das geht durch Koennen, Kraft, Erfahrung, Eloquenz, Wissen etc.. Aber nicht durch Macht oder Definition. Dann ist Respekt nur blosser Gehorsam aus Angst vor Strafe.

Uebrigens – zu viele Beschraenkungen fuehren automatisch zur Uebertretung. Dies nicht, das nicht, so nicht, Du nicht, das auch nicht. Regeln sollten immer Positiv-Regeln sein und etwas ERLAUBEN (und damit IMPLIZIT alles andere ausschliessen) anstatt alles Moegliche zu verbieten: „Auf dem Blatt malen“ statt „nicht auf dem Tisch schreiben“; „Du darfst wieder an- und –ausschalten“ statt „fass den Plattenspieler nicht an“. Kinder sind neugierig ... lasst sie es sein! Das kann anstrengend sein, aber es lohnt sich. Liebesentzug als Druckmittel ist da eher der Weg der unfaehigen Feiglinge.

Desweiteren – viele ‚Fehler’ machen die Eltern selbst. Viel mehr als die Kinder. Und viel mehr, als Eltern zugeben wollen.

-Wenn ich nicht-abwaschbare Stifte zum Malen ausgebe, dann darf ich mich ueber nicht-abwaschbare Striche auf Tisch und Fussboden nicht wundern. Selber Schuld – da ist das Kind wohl in eine Falle gelockt worden: Kinder malen ueber’s Papier auch mal hinaus. Ist so. Punkt. Adaequates Spielzeug sollte schon sein.

-Wenn ich „nein“ sage und das „nein“ nicht immer ein kategorisches „nein“ ist, erziehe ich zur Regeluebertretung ... wie soll ein Kind die Konsequenzen seines Tuns abschaetzen koennen, wenn die Konsequenzen jedesmal andere sind? Klassischer Eltern-Fehler: „Lass das“ ... Kind macht weiter ... „Lass das“ ... Kind macht weiter ... Klatsch. Der Fehler lag bei den Eltern – das Erste „Lass das“ hatte keinerlei Konsequenz, das zweite (gleiche!) „Lass das“ fuehrte zur Ohrfeige: Kind wurde feige von ueberforderten Eltern in die Falle gelockt.

-Konsequenzen aufzeigen: „Wenn Du das weiter so machst, muss ich Dir das wegnehmen – davon geht das sonst kaputt“ ... dann liegt die Entscheidung fuer oder gegen die konsequent folgende Handlung beim Kind. Weitermachen und wegnehmen oder aufhoeren und behalten.

-Keine Schelte fuer Dinge, die keine Regeluebertretung sind. Klar machen Kinder auch mal etwas falsch – aus Versehen, ohne eine Regel uebertreten zu haben. Keine Strafe in diesem Fall! Ich habe versaeumt, die Regel zu definieren, und Unwissenheit schuetzt somit sehr wohl vor Strafe (sogar vor dem Gesetz)!! Wenn’s doch passiert: Schlucken, erklaeren, und fuer’s naechste mal vorbauen.

-Kinder wollen nachspielen. Also kriegen sie das alte Handy, eine alte Fernbedienung, einen alten Taschenrechner, ein altes Schluesselbund, ein bisschen altes Werkzeug. Dann lassen sie das ‚echte’ schon in Ruhe - schliesslich sind sie stolz auf 'ihre' Schaetze.

Wir haben nie eine Steckdose verschlossen, die Stereoanlage war auch im Krabbelalter in Reichweite, Fernbedienungen lagen herum, wir hatten keine verschlossenen Schranktueren (ausser Alkohol und Putzmittel) ... nie was passiert. Auch mit 18 Monaten kann man Kindern schon Dinge erklaeren ... und wir hatten keine angemalte Wand, keine Anrufe nach Japan (Mushi-mushi?) und auch kein sonstiges Desaster.

Bin ich perfekt? Nein – weit davon entfernt ... im Alltag ist das alles viel komplizierter. Aber ich bin ebenso unperfekt wie mein Zwerg. Diese Erkenntnis hilft.

Ciao,
Carsten
ahebeisen
Stammgast
#14 erstellt: 11. Okt 2010, 13:46
Hallo Lia,



lia schrieb:
Moin

Erst mal, Antiautoritäre Erziehung hat nichts mit Laissez-faire zu tun und schon gar nichts mit einem " Kinder vor den Fernseher setzen, statt sich zu kümmern" - das ist in meinen Augen schlicht Verwahrlosung. Im Übrigen ist letzteres Modell leider nicht selten mit körperlicher Gewaltanwendung im Verbund anzutreffen

Antiautoritäre Erziehung bedeutet nicht, dass keine Grenzen vermittelt werden sollen, sondern dass diese Grenzen erklärt werden, aber auch hinterfragt werden dürfen ohne das mit körperlicher oder psychischer Gewalt reagiert wird.


Ich gebe Dir Recht, was die Gewalt in manchen Schichten in
unserer Gesellschaft anbelangt.

Ich erinnere mich jedoch an einen Beitrag aus den frühen
70ern, in dem eine Familie gezeigt wurde, in der die anti-
autoritäre Erziehung durchgeführt wurde. Da konnte man die
kleinen Knirpse auf dem Klavier rumhopsen sehen. Das Zimmer
wurde fröhlich mit Fingerfarbe verziert und die Erwachse-
nen diskutierten allen Ernstes mit den Kleinen (Kindergarten-
alter)

Hier wurde tatsächlich so getan, als hätten sie es mit kleinen
Erwachsenen zu tun.



lia schrieb:

Die Probleme, die hier angesprochen sind, sind mE eher in dem respektlosen und unachtsamen Umgang miteinander zu finden - sowohl in der Erwachsenenwelt untereinander als auch zwischen Erwachsenen und (insbesondere schwierigen) Jugendlichen (die hier in Einkaufspassagen als Unkunden und an Schulen als Grobzeugs bezeichnet werden)
Menschen lernen, einfach gesagt, durch Abgucken
(Das ist der Grund warum Menschen angeboren empathische Fähigkeiten besitzen, leider werden sie ihnen oft aberzogen)


Ja aber wo haben die Erwachsenen denn ihr Unvermögen her,
respektvoll miteinander umzugehen? Kommt das denn nicht
bereits von deren Erziehung her? Sind das jetzt nicht bereits
die Früchte der "Erziehungsmethode" Eltern?



lia schrieb:

Und zu den Problemen an Schule - da sehe ich auch ein Riesenproblem bei der Ausbildung von Lehrern. Einem Studiengang in dem zwar (in meinen Augen veraltete)Didaktik aber viel zu wenig Psychologie und Pädagogik vermittelt wird - zudem empfinde ich die Selbsteinschätzung so mancher Berufseinsteiger hahnebüchen. Es ist imho schlicht nicht jeder für den Schuldienst geeignet. Auch an schwierigen Schulen kann man sehen, dass bei manchen Lehrern mitgearbeitet wird, bei manchen nicht. Dazu brauchs keinen Prügelstock sondern Ausstrahlung, Durchsetzungsvermögen, aber auch die Bereitschaft Jugendliche als vollwertige Menschen zu sehen, ihre Probleme und Sorgen ernst zu nehmen


Ich gebe Dir Recht. Anstatt sich auf das Wesentliche zu kon-
zentrieren, wird an der Uni oftmals unnützes Zeugs gelehrt.
Die meisten Lehrer werden erst gute Lehrer durch "Learning
by doing" - das kann es wirklich nicht sein.

Es ist allerdings auch ein Unding, daß nur jene Lehrer
Deiner Meinung nach Lehrer sein dürften, die ein gewisses
Durchsetzungsvermögen haben. Was ist mit den Anderen?
Geht es im Lehrerberuf nicht in der Hauptsache um die
Vermittlung von Wissen? Warum müssen die Lehrer die Aufgabe
der Eltern übernehmen?


lia schrieb:

Bevor man wieder eine Legitimierung von Prügel und Hausarrest als Erziehungsmassnahmen fordert, sollte man eh mal die eigene Erwartungshaltung hinterfragen
Was will man ?
Blinder Gehorsam oder wache und kritische Menschen.

Autorität und Respekt muss man sich verdienen, die wächst nicht mehr einfach mit dem Alter, sondern erfordert stete Auseinandersetzung mit dem Gegenüber.
Was wir erstmal wieder lernen sollten ist zuhören

Gruss


Es geht nicht um blinden Gehorsam. Viele Verbote sind ja
auch zum Wohle des Kindes. Bsp.: "Spiele nicht in der
Bauruine." - Viele Sachverhalte können Erwachsene eben
besser überblicken, als Kinder. Meinst Du nicht?
Rattensack
Hat sich gelöscht
#15 erstellt: 11. Okt 2010, 13:55

ahebeisen schrieb:
Ich erinnere mich jedoch an einen Beitrag aus den frühen
70ern, in dem eine Familie gezeigt wurde, in der die anti-
autoritäre Erziehung durchgeführt wurde. Da konnte man die
kleinen Knirpse auf dem Klavier rumhopsen sehen. Das Zimmer
wurde fröhlich mit Fingerfarbe verziert und die Erwachse-
nen diskutierten allen Ernstes mit den Kleinen (Kindergarten-
alter)

Ja. Prima. Nur leider diente dieser (gestellte!) Film als Anschauungsmaterial, wie es NICHT laufen soll. Das scheinst du nicht verstanden zu haben. Wenn dieser Film deinen Eindruck von antiautoritärer Erziehung geprägt haben sollte: prost Mahlzeit!
Pufftrompeter
Gesperrt
#16 erstellt: 11. Okt 2010, 13:59

Viele Verbote sind ja
auch zum Wohle des Kindes. Bsp.: "Spiele nicht in der
Bauruine." - Viele Sachverhalte können Erwachsene eben
besser überblicken, als Kinder.
Ja – eben. Diesen Wissenvorsprung sollten/muessen Erwachsene nutzen ... aber auch Ihre Faehigkeit, auf kleine Kinder entsprechend einzugehen. “Kleine Erwachsene“ ... nein, aber „kleine Persoenlichkeiten“. Kinder sind nicht ferngesteuert. Man kann sie aber programmieren, selbststaendig und reflektiert zu handeln.

Das Bauruinenverbot ist sinnvoll, wenn es sinnvoll begruendet wird. Und wenn die Bauruine unwiderstehlich interessant ist, dann geht man sie gemeinsam erkunden. Das Interesse will ich doch gar nicht ersticken – im Gegenteil.

Wenn man „Unbekannte Ruine = potentielle Gefahr = Vorsicht noetig = besser nicht alleine reingehen = Papa fragen“ programmiert bekommt, hat man viel erreicht. „Ruine = Verboten“ ist da vergleichsweise simpel und beinhaltet wenig Lernpotential.

Carsten
ahebeisen
Stammgast
#17 erstellt: 11. Okt 2010, 14:36

Rattensack schrieb:

Ja. Prima. Nur leider diente dieser (gestellte!) Film als Anschauungsmaterial, wie es NICHT laufen soll. Das scheinst du nicht verstanden zu haben. Wenn dieser Film deinen Eindruck von antiautoritärer Erziehung geprägt haben sollte: prost Mahlzeit!



Dieser Beitrag wurde vor etlichen Jahren wiederholt, als ich
ih gesehen hatte. Ich kann mich nicht erinnern, daß das
nur gestellt war.

Aber: Ich bin nicht unfehlbar.

Auch wenn ich gerne mit "Ja, bitte?" antworte, wenn jemand
den Spruch losläßt "Oh Gott"


Edit

Ich habe eben verzweifelt nochmal danach gesucht. Es kann
sein, daß das auch ein Beitrag über einen Kinderladen war.
Wie gesagt, es ist schon viele Jahre her, daß ich dies
gesehen hatte.

Der Beitrag in DRadio Kultur Link berichtet
aber schon, daß antiautoritäre Erziehnung auch mit dem
Laissez-faire-Prinzip gleichgesetzt wurde.

Wie ich jetzt aber auch weiß, gibt es wohl mehrere Defi-
nitionen dieses Begriffs...

Ich habe auf diese sehr radikale Form der Erziehungsmethode
abgezielt.


[Beitrag von ahebeisen am 11. Okt 2010, 15:06 bearbeitet]
RoA
Inventar
#18 erstellt: 11. Okt 2010, 16:36

ahebeisen schrieb:
antiautoritäre Erziehnung auch mit dem
Laissez-faire-Prinzip gleichgesetzt wurde.


So habe ich es auch immer verstanden. Das Gegenteil ist die militärische Erziehung.


Wir haben nie eine Steckdose verschlossen, die Stereoanlage war auch im Krabbelalter in Reichweite, Fernbedienungen lagen herum, wir hatten keine verschlossenen Schranktueren (ausser Alkohol und Putzmittel) ... nie was passiert. Auch mit 18 Monaten kann man Kindern schon Dinge erklaeren ... und wir hatten keine angemalte Wand, keine Anrufe nach Japan (Mushi-mushi?) und auch kein sonstiges Desaster.




Glück gehabt.
ahebeisen
Stammgast
#19 erstellt: 11. Okt 2010, 18:15

RoA schrieb:




Glück gehabt. 8)



Noch ein wenig mehr Farbe in den TV und dann bekommt Papa endlich seinen lang ersehnten LCD-TV....



@Pufftrompeter

Was würdest Du tun, wenn Dein Knirps mal sagen wir 8/9 Jahre
alt ist und selbst trotz guten Zuredens undd trotz ausgeschöpfter
Strafen (wie bereits angesprochen) immer noch nicht auf Dich
hören würde?


Zu meinem Bus-Beispiel:

Mit älteren Menschen meinte ich sicher nicht 40-Jährige.
Heee - ich fühle mich nicht alt...

Nehmen wir ein anderes Beispiel: Ich kenne es so, daß ich
wenn ich eine Kaufhaus betrete und hinter mir jemand Anderes
auch hineinwill, diesem die Tür aufhalte.
Laufe ich heutzutage hinter einem anderen Besucher in ein
Kaufhaus, muß ich aufpassen, daß mir die Tür nicht auf die
Nase schlägt.


Du hast gemeint, daß zu viele Beschränkungen automatisch zu
Übertretungen führen. Meintest Du das so, daß es dadurch
reizvoll wird, diese zu übertreten? Falls ja: Wie kommst Du denn darauf? Bei mir persönlich war das nicht der Fall...


Sicher hast Du Recht, daß es besser ist, Verbote zu erklären.
Das wird aber nicht immer möglich sein (sei es aus Zeit-
mangel oder Ähnlichem). Das Kind muß doch auch ein Verbot akzep-
tieren können, ohne daß man ihm alles erst mal erläutern
muß...

Wie ich schon angemerkt habe: Ein Kind ist immer noch ein
Kind und kein kleiner Erwachsener.


[Beitrag von ahebeisen am 11. Okt 2010, 18:42 bearbeitet]
kalia
Inventar
#20 erstellt: 11. Okt 2010, 18:20
Wer meint, ein laufender Fernseher reiche als Beschäftigung und Aufsicht, der muss auch mit den Konsequenzen leben :-D

Mit der Idee antiautoritärer Erziehung hat DAS imho nix zu tun ;-)

@Pufftrompeter
schöne Beiträge :-)


[Beitrag von kalia am 11. Okt 2010, 18:20 bearbeitet]
ahebeisen
Stammgast
#21 erstellt: 11. Okt 2010, 18:45

lia schrieb:

Mit der Idee antiautoritärer Erziehung hat DAS imho nix zu tun ;-)

@Pufftrompeter
schöne Beiträge :-)



Wie ich heute gelernt habe, gibt es wohl unterschiedliche
Auslegungen der antiautoritären Erziehung.

Es gab eben auch jene
kalia
Inventar
#22 erstellt: 11. Okt 2010, 19:24
Moin Ahebeisen

Ja, das sind die Unterschiede zwischen Theorie und Praxis, bzw der Umdeutung bis imho Missbrauch einer guten Idee für eigene Zwecke

Die Grundidee handelt von freier Erziehung, aber eben nicht frei von Erziehung ;-)
Freie Erziehung entbindet den Erwachsenen nicht von seiner Fürsorgepflicht und Verantwortung gegenüber dem Kind, dem gemeinsamen Setzen und Besprechen von Regeln, die das zufriedene Zusammenleben ermöglichen. Eine Grundmaxime ist, dass die Freiheit des Einzelnen da aufhört, wo sie die des anderen einschränkt, und die ist unbedingt zu achten.

Die Praxis mancher Kinderläden, Kommunen, Freaks damals und heute dient imho eher der Legitimierung die kleinen Wesen nicht als eigenständige Persönlichkeiten respektieren und und fördern zu müssen, sondern mehr sie ohne Einschränkung in den eigenen Selbstverwirklichungspläne unterzubringen - egal was das Kind will ;-)
"Mach doch" ist imho eher ein Zeichen von Desinteresse. "Zeig mal, erzähl, wie hast Du Dir das vorgestellt, kann ich Dir vielleicht helfen?" ein Zeichen von Achtung, Interesse und Förderung der Kinderideen.


[Beitrag von kalia am 11. Okt 2010, 19:27 bearbeitet]
LucyLawless
Hat sich gelöscht
#23 erstellt: 11. Okt 2010, 21:49
Natürlich müssen Kindern Grenzen ausgewießen werden.
Es gibt da auch mehrere und verschiedenen Wege, von denen jeder für sich (und sein Kind) den richtigen finden muß.

Alles relevante wurde hierzu bereits von @ Pufftrompeter gesagt!

Allerdings möchte ich eines mit Nachdruck zu bedenken geben: Eine Ohrfeige (oder eine andere Form von Gewalt bzw Erniedrigung) zieht womöglich Grenzen, die so nicht absehbar geschweige denn gewollt sind!!!

Ich habe eine Ohrfeige (aber eine solche, daß ich auf dem Boden lag) in meiner Jugend von meinem Vater bekommen, und ich war damals eigentlich mehr enttäuscht als wütend, (von dem nicht vorhandenen erzieherischen Effekt mal ganz abgesehen) und es hat das Vertrauensverhältnis zu meinem Vater nachhaltig beeinflusst!
Ich bin mit Problemen oder Fragen ab dem Zeitpunkt nie wieder zu ihm gekommen (nein, nicht aus "Rache", sondern weil ab da eine gewisse Distanz zwischen uns entstanden ist), und das hat ihm sichtlich Leid getan.
Und ich bin mir sicher: Er hätte es ungeschehen gemacht, wenn er hätte können...
Im Laufe der Jahre hatte er sicher mehr damit zu knabbern als ich, es ging an diesem Abend etwas sehr wertvolles verloren...

Irgendwann hat sich das natürlich relativiert, aber was in der Zeit verloren ging, war weg. Ein Teil meiner Entwicklung fand ohne ihn statt, er hatte keinen bzw nur wenig Anteil daran.

Man sollte also, bevor man hier lapidar von "ein paar Ohrfeigen, die noch keinem geschadet haben" redet, sich überlegen, ob man dieses Risiko, den Bezug (bzw die Beziehung) zu seinem Kind, durch einen Moment des Machtauslebens wirklich aufs Spiel setzen will...

Und ich hoffe inständig, daß es bei mir und meinem Nachwuchs nie soweit kommt!!!

Meine kleine ist vier Jahre alt, ist sehr "weit" für ihr Alter und hat eine ausgeprägte Sozialkompetenz.
Wir haben immer versucht ihr zu erklären, warum etwas nicht getan werden soll,
und nicht bloß Verbote aufgestellt und diese mit Androhung auf Strafe (oder sollte man es Einschüchterung nennen?) durchgesetzt.
Das ist sicher nicht immer der einfachere Weg, aber imho der nachhaltig bessere.
Oder war es nicht gerade so, daß man damals genau die Dinge gemacht hat, die verboten waren, und wenn auch nur um zu sehen warum sie verboten waren...?
Oder manchmal auch bloß um den Erwachsenen etwas "heimzuzahlen", weil sie uns (für uns grundlos) mit ihren Verboten bloß einschränkten und einschüchterten...?
Pufftrompeter
Gesperrt
#24 erstellt: 11. Okt 2010, 23:14
Na - dann mal los:


Was würdest Du tun, wenn Dein Knirps mal sagen wir 8/9 Jahre alt ist und selbst trotz guten Zuredens und trotz ausgeschöpfter Strafen (wie bereits angesprochen) immer noch nicht auf Dich hören würde?


Dann wuerde ich mir wuenschen, 7 Jahre in der Zeit zurueckzureisen. Wer zu spaet kommt, den bestraft das Leben. STRAFE IST KAESE - das fuehrt bestenfalls zur Abstumpfung. Einmal den Weg der Strafe beschritten, und Hopfen und Malz sind verloren. Sorry - ist so, denn damit lernt das Kind nur, Strafe zu ertragen, und nicht, das Fehlverhalten DURCH UND WEGEN EINSICHT zu vermeiden. Bestenfalls lernt es, Fehlverhalten aus Angst vor Strafe zu unterlassen. Angst ist aber keine Einsicht.


Du hast gemeint, daß zu viele Beschränkungen automatisch zu Übertretungen führen. Meintest Du das so, daß es dadurch reizvoll wird, diese zu übertreten? Falls ja: Wie kommst Du denn darauf? Bei mir persönlich war das nicht der Fall...


Nein - ist wie mit Verkehrszeichen: Wenn zu viele aufgestellt werden, ist am Ende gar nichts mehr klar. Klare Regeln, und NUR solche, die sinnvoll und begruendbar sind. "Das macht man nicht" oder "Das gehoert sich nicht" sind keine klaren Regeln. Und nochmal: Wenn moglich GEbote (i.e. was ist erlaubt), keine VERbote! Schliesslich will ich zu richtigem Verhalten anleiten, nicht nur Fehlverhalten vermeiden. Will heissen: Ich muss zu jedem Verbot auch die korrekte Alternative bereitstellen. "Nicht auf die Strasse laufen, da fahren Autos und das ist gefaehrlich, weil die fuer Euch nicht schnell genug bremsen koennen und Euch ueberfahren wuerden; aber im ganzen Garten koennt ihr spielen, da fahren ja keine Autos".


Sicher hast Du Recht, daß es besser ist, Verbote zu erklären. Das wird aber nicht immer möglich sein (sei es aus Zeitmangel oder Ähnlichem). Das Kind muß doch auch ein Verbot akzeptieren können, ohne daß man ihm alles erst mal erläutern muß...


Nein - das muss ein Kind eben nicht. Diese Zeit muss sein - Erziehung ist zeitraubend. Wenn Du Die Zeit nicht hast, dann gib das Kind zu Ersatzeltern, die diese Zeit haben oder sich nehmen. Alles andere ist Kasernenhof im Kinderzimmer, denn es gibt fuer alle sinnvollen Verbote eine sinnvolle Erklaerung. Alle anderen (erklaerungsfreien) Verbote sind sinnfrei und damit ueberfluessig.

Nota bene - ein Kind akzeptiert diese Erklaerungen i.d.R. ohne hin-und-her. Nur eben nicht, wenn

(a) diese nicht glaubwuerdig/kindgerecht/sinnstiftend sind.

(b) das erklaerte Verbot (besser Gebot <=> nicht verbieten, sondern den Umkherschluss erlauben) nicht immer konsequent gilt.

(c) das Kind nicht geschult ist, das "Warum" zu hinterfragen, die Erklaerung in der Sache abzuwaegen und zu akzeptieren.

(d) die Eltern nicht das Vertauen geniessen, dass eine Erklaerung wie "gefaehrlich" "oder "weh tun" auch ohne Selbsterfahrung des Kindes wohl sicher korrekt ist.

Unser Zwerg hat z.B. ein eigenes Paar Ohrenschuezer, wenn sie auf dem Gartentraktor mitfahren will. Die setzt sie sich immer selbst auf, weil ich ihr erklaert habe, dass von dem Krach ihre Ohren kaputt gehen und Papa deswegen auch welche traegt. Das hat sie mir geglaubt - weil ich ihr nie irgendwelchen infantilen Bloedsinn erzaehle.

Ich hab ihr nicht beigebracht, einfach die Ohrenschutzer zu tragen, weil man das so macht, sondern um ihre Ohren zu schuetzen, damit sie nicht kaputt gehen. Das ist ein RIESEN-Unterschied, naemlich der zwischen "nachmachen" und "verstehen und handeln".

Sie fragt immer, gerne und oft nach, wieso etwas so ist, wie es ist und akzeptiert das erst, wenn sie es in ihrem Weltbild verstanden und eingeordnet hat. Dafuer ist das Gelernte aber meist dauerhaft erlernt und verstanden.

Ist das IMMER so perfekt? Nein, natuerlich nicht, ein Kind ist eben doch kein C64-Basic-Computer ... aber ich geb mir Muehe, und sie auch.


Ein Kind ist immer noch ein Kind und kein kleiner Erwachsener.


Nein - es ist ein kleiner Mensch. Da gibt's Unterschiede nur in der Komplexitaet der Erklaerung, aber die Verhaltensmuster beider (Kind bzw. Erwachsener) sind fast exakt gleich. Autoritaet habe ich durch Wissen, Koennen, Erfahrung, Liebe und weil ich mir diese erarbeitet und erhalten habe. Nicht aus ihrer Angst heraus, ich koennte sie bestrafen. Ueber die Hirarchie besteht kein Zweifel, aber sie manifestiert sich nicht in Befehl und Gehorsam. Wie gesagt, das ist hier kein Kasernenhof.

Carsten


[Beitrag von Pufftrompeter am 12. Okt 2010, 11:19 bearbeitet]
Boettgenstone
Hat sich gelöscht
#25 erstellt: 12. Okt 2010, 10:39
Morgen,

ahebeisen schrieb:

Das Kind muß doch auch ein Verbot akzep-
tieren können, ohne daß man ihm alles erst mal erläutern
muß...

Duuhuu,

Warum?
zockerfan
Stammgast
#26 erstellt: 12. Okt 2010, 14:44
Ich hab auch öfters mal eine von meinen Eltern geschallert gekriegt.

Obwohl ich sagen muss, da habe ich echt üble Sachen angestellt (zwei Fenster zerballert trotz Fußballverbot auf dem Hof zB)
Autorität mag ich aber trotzdem nicht, schon als kleines Kind nicht und als Jugendlicher wird es wohl nicht besser
Pufftrompeter
Gesperrt
#27 erstellt: 12. Okt 2010, 15:27
Autoritaet hat nichts mit “eine schallern” zu tun, und die Abwesenheit von koerperlicher oder seelischer Gewalt nichts mit dem Fehlen von Autoritaet.

Schoen (oder unschoen) zu sehen, wie tief sich diese falschen Paradigmen durch Selbsterfahrung tatsaechlich ins Bewusstsein eingraben.

Carsten
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