ELV RV 100 - Sicherungshalter abgeschmolzen

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tomtom0674
Neuling
#1 erstellt: 26. Nov 2016, 22:15
Hallo zusammen,

Ichhabe schon seit vielen Jahren einen ELV RV100 und hatte bislang keine Probleme damit. Heute habe ich gemerkt, dass der komplette rechte Kanal ausgefallen ist, d.h. die Heizspannung der Röhren war ausgefallen, die Röhren blieben kalt.

ich dachte zunächst an die Sicherung SI102 im Netzteil für die Heizspannung. Nachdem ich den Verstärker aufgeschraubt hatte, musste ich entdecken, dass zum einen die Sicherung durchgebrannt war aber zum anderen war ein Teil des Sicherungshalters der auf der Platine festgelötet war abgeschmolzen und auf der Platine ist ein dunkelbrauner Fleck zu sehen, was auf eine große Hitzeentwicklung schließen lässt.

Die EL34B-Röhren sind noch die originalen, die ich seinerzeit im Bausatz erhalten habe. Sie haben insbesondere im rechten Kanal deutlich braune Rußspuren.

Ich bin am Überlegen wie ich den Verstärker wieder in Betrieb setzen kann und warum es zu der starken Hitzeentwicklung am Sicherungshalter gekommen ist? Liegt eventuell ein Röhrendefekt vor so dass der Strom für die Heizspannung zu hoch ist?

Vielleicht kennt jemand aus dem Forum dieses Problem mit dem RV100 bzw. hat ähnliche Erfahrungen gemacht?

Vielen Dank,

Tom
Richardroehrich
Ist häufiger hier
#2 erstellt: 27. Nov 2016, 00:15
Mach doch mal ein paar Bilder vom Innenleben des RV100 und den genannten Röhren mit den Verfärbungen.
RoA
Inventar
#3 erstellt: 27. Nov 2016, 17:30

tomtom0674 (Beitrag #1) schrieb:
warum es zu der starken Hitzeentwicklung am Sicherungshalter gekommen ist?


Ferndiagnosen sind immer schwierig.

Wenn die Sicherung nicht richtig sitzt, die Kontakte korrodieren, die Lötstelle nicht gut ausgeführt ist etc., kann es zu Übergangswiderständen kommen. Immerhin fließen nominell 3,6A oder über 20 Watt am Sicherungshalter, und jeglicher Spannungsabfall erzeugt Wärme. Wenn es also ganz dumm kommt, kann sich der Sicherungshalter auslöten oder sogar schmelzen. Kommt selten vor, aber es kann passieren. Die Heizung bei Röhrenverstärkern ist nicht zuletzt deshalb meistens nicht abgesichert, obwohl oder weil eben ziemlich hohe Ströme fließen. Mit den Röhren hat das nichts zu tun, die sind wahrscheinlich in Ordnung.

Die durchgebrannte Sicherung deutet auf eine Überlastung hin und hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nichts mit dem geschmolzenen Sicherungshalter zu tun. Könnte ein Kurzschluß gewesen sein, weil z.B. die Einschaltstrombegrenzung nicht ausreichend war. Die meisten Sicherungen sterben beim Einschaltvorgang. Wenn die Leiterbahnen gut aussehen und es ansonsten keine Anzeichen für einen Kurzschluß gibt, einfach den Sicherungshalter austauschen und eine neue Sicherung einsetzen.
pragmatiker
Administrator
#4 erstellt: 27. Nov 2016, 19:45
Servus zusammen,

RoA (Beitrag #3) schrieb:
Immerhin fließen nominell 3,6A oder über 20 Watt am Sicherungshalter

wollen wir mal hoffen, daß 20[W] eben nicht am Sicherungshalter stehen bleiben.....dann würde der nämlich vermutlich brennen.

Das mit den ca. 3.6[A] (2 * 1.5[A] für die beiden E34 plus 2 * 300[mA] für die ECC81 und ECC82) ist allerdings völlig korrekt. In der Anleitung zum ELV RV100 http://www.hobbielektronika.hu/forum/getfile.php?id=35194 ist auf Seite 8 ein Bild zu sehen, demzufolge SI102 und SI202 (nicht sandgefüllte) Glasrohr-Feinsicherungen 5 * 20[mm] sind - und im Schaltbild ist auf Seite 5 vermerkt, daß es sich hierbei um eine träge Sicherung handelt. Damit kann man für diese Sicherung dieses Datenblatt hier heranziehen:

http://www.littelfus...13_Datasheet.pdf.pdf

Was hier aus dem Datenblatt rauszulesen ist: Bei ca. 14[A] Strom (das ist ca. das vierfache des Nennbetriebsheizstroms der Röhren pro Kanal) braucht diese Sicherung gut und gern 100[s] oder mehr, bis sie auslöst. Von den Trafodaten des RV100 ist mir nichts bekannt (und Ringkerntrafos sind durchaus überlastbare Biester) - aber: Ob der fast zwei Minuten lang auf der Heizwicklung fast viermal so viel Strom wie den Nennstrom hergibt, das wage ich dann doch zu bezweifeln. Außerdem müssen für das Auslösen der Sicherung schon noch deutlich größere Ströme als diese ca. 14[A] fließen, damit das halbwegs schnell geht.

Auf der anderen Seite hat diese 6.3[AT] Sicherung einen KALTwiderstand von 9.5[Ohm]. Das ergibt bei 3.6[A] Heizstrom ca. 34.2[mV] Spannungsabfall an der KALTEN Sicherung - und damit eine Leistung von ca. 123[mW], die in der KALTEN Sicherung dauernd hängenbleibt. Übergangswiderstände zu den Sicherungsklammern sind da noch gar nicht berücksichtigt - und diese Übergangswiderstände sind mit Sicherheit vorhanden (und sorgen damit für zusätzlich Verlustleistung). Eine Verlustleistung von ca. 100[mW] kann ein so kleines Bauelement wie eine Feinsicherung schon wahrnehmbar erwärmen - gerade dann, wenn es nicht optimal gekühlt wird (siehe weiter unten).

Laut Bild der ELV Anleitung auf Seite 8 handelt es sich bei der Sicherungsfassung für SI102 und SI202 auch nicht um einen einzigen Sicherungshalter als Bauteil, sondern um zwei einzelne Low-Cost Sicherungsklammern. Die Dinger können dann beim Bestücken schon zu weit aufgespreizt worden sein (geringer Kontaktdruck im Betrieb kann die Folge sein) oder eine der beiden Klammern steht leicht verdreht (hierdurch liegt die Sicherung nicht mehr flächig am Fassungskontakt an) oder der Abstand der beiden Klammern stimmt nicht - oder, oder, oder. Kurz: beim Einbau und der Bestückung von zwei einzelnen Sicherungsklammern kann eine Menge schiefgehen (was später die Funktion beeinträchtigt), was sich beim Einsatz eines kompletten Sicherungshalters als ein einziges Bauteil vermeiden läßt. All diese Punkte können wegen erhöhter Übergangswiderstände zu erhöhter Verlustleistung und damit zu erhöhter Wärmeentwicklung führen - einer Wärme, die gemäß dem, was an Layout der Netzteilplatine auf der Seite 9 der ELV Beschreibung zu sehen ist, nicht durch sehr viel Leiterbahnkupfer (das nicht vorhanden ist) des Layouts weggekühlt werden kann.

All diese Punkte würden BEI MIR, wenn das MEIN Verstärker wäre, dazu führen, daß ICH die beiden Sicherungshalter ganz einfach auf der Leiterplatte auf deren Lötseite mit dickem Silberdraht (Durchmesser: mindestens 1[mm]) überbrücken würde - Punkt. Dies ganz einfach deswegen, weil ich persönlich durch diese Sicherungen keinerlei Sicherheitsgewinn sehe - aber auf der anderen Seite mit den zwei Sicherungen und deren Haltern zwei zusätzliche Schwachstellen im Gerät eingebaut sind. Nochmals: Das würde ICH machen, wenn es MEIN Verstärker wäre - dieser Satz ist allerdings keinesfalls als Ratschlag oder gar Handlungsanleitung meinerseits gegenüber irgendeiner dritten Person zu verstehen!!! Im Gegenteil: ICH persönlich rate ausdrücklich von Modifikationen eines Industrieproduktes an dieser Stelle ab, da ICH weder wissen noch nachprüfen kann, ob diese Arbeiten fach- und normgerecht sowie mit der nötigen technischen Umsicht ausgeführt werden!!!.

Ich persönlich kenne keinerlei professionelle Industrieprodukte (egal ob Beschallung oder Höchstqualitätsmeßtechnik, wie z.B. von Rohde & Schwarz) - und ich hab' da im Laufe meines Lebens schon einiges in der Hand gehabt - bei denen die Heizleitungen von EL34 und ECCxx, wenn diese Röhren in nichtexotischen Standardschaltungen mit Wechselstromheizung betrieben wurden (so wie beim RV100) irgendwie mit einer Sicherung abgesichert gewesen wären - das wird über die vielen Jahrzehnte in der Röhrenära ganz sicher schon seine guten Gründe gehabt haben.

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 27. Nov 2016, 19:53 bearbeitet]
tomtom0674
Neuling
#5 erstellt: 27. Nov 2016, 20:14
Ein paar Bilder vom Schaden:

IMG_6243

IMG_6239

IMG_6240IMG_6240
pragmatiker
Administrator
#6 erstellt: 27. Nov 2016, 20:27
Meine Interpretation - deckt sich mit meinen Zeilen weiter oben: Zu hoher Übergangswiderstand an der linken unteren Fassungsklammer - dadurch ist die abgefackelt. Ich tippe hier auf ein Sicherungs- und kein generelles Überstromproblem, weil: Wäre Überstrom entlang des kompletten Heizstromkreises die Ursache für die Erhitzung, dann hätte es nicht nur die untere, sondern auch die obere Fassungsklammer mit "erwischt". Im übrigen sieht die Lötstelle an ST213 (wie auch an ST113) auch so richtig "lecker" aus - das riecht direkt nach Verdruß (auf gut deutsch: mindestens diese beiden Lötstellen sind Murks). Und: (Fein)sicherungen, die durch äußere Einflüsse richtig heiß werden, werden deutlich hochohmiger - hierdurch erhöht sich die an ihnen erzeugte Verlustleistung, was bei sehr hohen Temperaturen dazu führen kann, daß Sicherungen auch bereits bei Strömen unterhalb ihres Nennwertes auslösen können - da muß also nicht zwingend ein Überstrom- oder Kurzschlußfall vorliegen. Und: so, wie die Brandstelle im Bild aussieht, hat auch die Sicherung über längere Zeit einige hundert Grad Celsius gesehen. Das Datenblatt der Sicherung meint jedoch, daß dieser Sicherung mehr als +260[°C] (beim Wellenlöten) für maximal ca. 10[s] bzw. mehr als ca. +350[°C] für ca. 5[s] beim Handlöten gar nicht gut tun.....sprich: danach isse möglicherweise hin, ohne je ihren Auslösestrom gesehen zu haben.

Wenn die Sicherungen beibehalten werden, dann empfehle ich, diese Sicherungsklammern komplett rauszuschmeißen und durch seriöse Sicherungshalter (die dann ein einziges Bauteil sind) zu ersetzen (seriös = Qualität = keine China-Billigware; seriös = recht gute Parallelität der Kontaktflächen beider Klammern zueinander in allen Dimensionen). Außerdem sollte man sich alle Lötstellen des Heizkreises nochmal gut anschauen, ggf, die lackisolierten Kupferdrähte sauber und vollflächig entlacken und mit einem hochqalitativen (kein Baumarkt, kein billiges Hobbymaterial vom großen Charly oder so) Bleizinn (damit ist die Löterei für Leute mit wenig Übung erheblich leichter als mit den heutigen bleifreien Silberloten) mit einer Lötspitzentemperatur von ca. +350[°C] bis +380[°C] (NICHT mehr - sonst verzundert's zu schnell) nachlöten. Leistung des Lötkolbens: Mindestens 50[W] bis ca. 80[W] mit passender Spitze - NICHT über 100[W]!

An der Diode D1 ist recht "schön" zu sehen, daß deren Bauteileanschlüsse beim Aufbau nicht mit einer Bauteilebiegelehre gebogen wurden, sondern irgendwie "anders". Sollte sich diese Biegetechnik in diesem Gerät auch noch an anderen Halbleiteranschlüssen wiederfinden, kann hier die nächste Verdrußbaustelle lauern: Halbleiter, deren Anschlußdrähte direkt am Gehäuse umgebogen werden (wodurch die Biegekräfte in des Gehäuse und damit in das Innere des Bauteils eingetragen werden) haben in aller Regel nicht das ewige Leben.

Ach ja - zum Aussehen der EL34: Die sehen eben so aus, wie diese Röhren aussehen, wenn sie ein paar Betriebsstunden runterhaben. Ich persönlich kann an diesem Aussehen nichts entdecken, was ich auch nur im entferntesten mit der Schmorstelle an der Heizungssicherung in Verbindung bringen würde.

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 27. Nov 2016, 21:24 bearbeitet]
tomtom0674
Neuling
#7 erstellt: 27. Nov 2016, 21:55
Herbert, vielen Dank für Deine Hinweise. Ich werde die Lötstellen mal überarbeiten und gute Sicherungshalter einbauen!
tomtom0674
Neuling
#8 erstellt: 02. Dez 2016, 12:48
Hallo zusammen,

kurzes Feedback von mir: ich habe neue Sicherungshalter eingebaut und die Sicherungen ersetzt. Jetzt geht der gute RV100 wieder. Die Röhren waren nicht defekt wie vermutet.

Vielen Dank für die Tipps - die haben mir ca. 100€ für die eventuell kaputten Röhren eingespart!

Tom
pragmatiker
Administrator
#9 erstellt: 02. Dez 2016, 13:14
Gratulation und herzlichen Dank für die Rückmeldung, Tom! Kommt heutzutage leider nicht sehr häufig vor, daß die Leute hinterher noch berichten, was das Resultat der Umsetzung von Beratung und Ratschlägen war.

Grüße

Herbert
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