Gehe zu Seite: Erste Letzte |nächste|

Biber, Heinrich Ignaz (1644-1704): Die Rosenkranzsonaten

+A -A
Autor
Beitrag
Hüb'
Moderator
#1 erstellt: 03. Jul 2007, 21:39
Hi!

Bei der Suche nach einer längst überfälligen Einspielung bin ich auf diese Brilliant-Ausgabe gestoßen:


http://www.jpc.de/jp.../rk/home/rsk/hitlist

Kennt jemand diese (oder kann ggf. Besprechungen verlinken?) bzw. kann eine andere preisgünstige Empfehlung aussprechen?

Viele Grüße

Frank
Hüb'
Moderator
#2 erstellt: 04. Jul 2007, 07:23


[Beitrag von Hüb' am 04. Jul 2007, 07:24 bearbeitet]
Deukalion
Inventar
#3 erstellt: 04. Jul 2007, 11:42
Hallo Frank!
Na, dass Du keine Antwort erhältst, hängt wohl damit zusammen, dass Deine Frage sehr kniffelig ist!!


Kennt jemand diese (oder kann ggf. Besprechungen verlinken?) bzw. kann eine andere preisgünstige Empfehlung aussprechen?


Denn:
- Die Referenzaufnahme für Bibers hochartifizielle Rosenkranzsonaten ist wohl die von Musica Antiqua Köln mit einem Reinhard Goebel auf der Höhe seiner violinistischen Fähigkeiten, aber die ist z. Zt. im Super- Hochpreis- Sektor angesiedelt:

http://www.amazon.de...6246?ie=UTF8&s=music

Über diesen Link findest Du unten auch das Zitat einer vergleichenden Rezension in einer alten Stereoplay

- Andererseits: Die von Dir ins Spiel gebrachte Aufnahme von Walter Reiter mit dem Cordaria Ensemble kennt höchstwahrscheinlich (außer den von Dir verlinkten englischen Kritikern ) kein Schwein, ich auch nicht!!
(Damit kein Mißverständnis entsteht: weder die Engländer noch ich sind Schweine )


Grüße
Hartmut
AladdinWunderlampe
Stammgast
#4 erstellt: 04. Jul 2007, 11:50
Lieber Frank,

ich kann Hartmut nur beipflichten. Auch mir ist als Referenzaufnahme der Rosenkranz-Sonaten unmittelbar die Einspielung von Reinhard Goebel eingefallen, auf die ich in anderem Zusammenhang schon einmal hingewiesen habe:

http://www.hifi-forum.de/viewthread-190-15.html


Aber tatsächlich ist diese überaus lohnenswerte Doppel-CD momentan extrem teuer.

Zu Walter Reiter kann ich mangels Kenntnis ebenfalls nichts beitragen.



Herzliche Grüße
Aladdin
Deukalion
Inventar
#5 erstellt: 04. Jul 2007, 11:50
Zusatz:
Hast du sicher schon selbst gefunden:

Aladdinwunderlampe (mit 2 d !) hatte sich hier in unserem Forum sehr positiv zu der Goebel- Interpreatation geäußert.



http://www.hifi-foru...thread=15&postID=2#2


Ich kenne von MAK + Goebel zu Biber nur die "Mensa sonora", die Interpreatation ist sehr gelungen (und low price!!)

Gruß
Hartmut
AladdinWunderlampe
Stammgast
#6 erstellt: 04. Jul 2007, 11:51
Ich war schneller!
Deukalion
Inventar
#7 erstellt: 04. Jul 2007, 11:53
Hallo Aladdin!
In der Minute, in der ich deinen Beitrag verlinkte, hast du dich ja selbst gemeldet!
Prima!

Schöne Grüße
Hartmut
Deukalion
Inventar
#8 erstellt: 04. Jul 2007, 11:54
Wieder warste schneller!
Deukalion
Inventar
#9 erstellt: 04. Jul 2007, 11:55
OT: Ich mache in Zukunft kürzere Beiträge - geht schneller!

Hüb'
Moderator
#10 erstellt: 04. Jul 2007, 17:54
Vielen lieben Dank für eure Hinweise!

Goebel mit Musica Antiqua Köln war auch mein erster Gedanke, wie ihr aber selbst gesehen habt, ist der Preis jenseits von gut+böse.

Zum antesten werde ich es wohl mit den Brilliant-CDs versuchen.
Vielleicht greife ich auch zu dieser Einspielung:


http://www.jpc.de/jp.../rk/home/rsk/hitlist

M. Mezger in stereoplay 4 / 91:"John Holloways Interpretation wird der Vielschichtigkeit dieser Werke mit beinahe traumwandlerischem musikalisch-stilistischem Feingefühl gerecht. Wann wird das Stichwort 'Klangrede' tatsächlich so ernst genommen, so konsequent in Agogik umgesetzt?"

(kennt DIE jemand :)?)

Grüße

Frank
pha
Stammgast
#11 erstellt: 05. Jul 2007, 11:00
Hallo,

für LP-Hörer empfehle ich noch die ab und zu recht preiswert erhältliche Aufnahme mit

Susanne Lautenbacher, Violine
Johannes Koch, Viola da Gamba
Rudolf Ewerhart, Cembalo, Positiv, Regal (die beiden letzteren Kleinorgeln)

auf FSM/vox, Nr. 33008/10. Großartige Aufnahme- und Pressqualität.

Zur Musik sage ich nur, als ich sie, zum ersten mal, im Nebenraum habe laufen lassen, bin ich irgendwann aus dem Arbeitszimmer zur Anlage gegangen und habe die ganze Plattenseite nur noch mit dem Gedanken, was für eine großartige Musik, vor den Lautsprechern gestanden. Überwältigend.

Danke für den Thread, Frank. Ich lege die Platten jetzt gerade nochmal auf.

Grüße,
Peter

Edit: die Aufnahme ist scheints auch extrem billig auf CD erhältlich: http://www.amazon.de.../028-1263417-4435708
Bitte nicht an dem entsetzlichen Cover stören Für den Preis kann man m. E. absolut nichts falsch machen.


[Beitrag von pha am 05. Jul 2007, 11:24 bearbeitet]
Hüb'
Moderator
#12 erstellt: 06. Jul 2007, 06:38
Hallo Peter!

Vielen Dank auch für Deinen Hinweis!
Eigentlich will ich keine Platten mehr kaufen, so dass ich - selbst wenn man die Scheiben mal für 1,- schnappen könnte - eher zur CD tendieren würde.

Wen es interessiert, hier eine eBay-Auktion.

Viele Grüße

Frank
Hüb'
Moderator
#13 erstellt: 06. Jul 2007, 18:49
Hi!

Habe die Goebel-Aufnahme 2fach in einem CD-Laden entdeckt. Je für 36,99 €. Wenn jemand Interesse haben sollte, einfach eine PM an mich!

Grüße

Frank
arnaoutchot
Moderator
#14 erstellt: 09. Jul 2007, 14:06
Hi Hüb,

ich habe sowohl die Virgin/Holloway-Aufnahme alsauch die oben zu Recht gelobte Vox/Lautenbacher. Letztere ist ursprünglich bei Vox erschienen, das war auch auf CD zuerst eine normalpreisige Ausgabe und das Original schaut auch nicht soo billig aus wie diese hier:



Leider ist die Aufnahme dann einigen Billig-Verwertern in die Hände gefallen und wird teilweise sogar ohne Nennung der Ausführenden auf Billig-CDs vermarktet.

Von der Holloway habe ich die Virgin-Originalausgabe (Box), die ggüb. der oben gezeigten Low-Budget-Version ein sehr interessantes 100-seitiges Buch enthält und so aussieht:



Interpretatorisch sind diese beiden Ausgaben extrem gegensätzlich. Lautenbacher von 1962 ist karg, fast "gotisch", extrem trocken und für ihr Alter hervorragend aufgenommen. Wenn ich es bildlich beschreiben soll: Schwarz-Weiss mit scharfen Konturen im Sinne des klassischen Film noir. Holloway hingegen hat eine wesentlich stärkere instrumentelle Vielfalt (er hat auch mehr Musiker dabei) und malt ein prächtiges farbiges barockes Bild. Die Violine tritt hierbei mehr in den Gruppenverbund, nicht wie bei Lautenbacher, wo sie das alleinige Soloinstrument ist. Ich mag beide Aufnahmen und würde keine der beiden missen wollen. Leider dürften die Originalausgaben beider Aufnahmen nur noch schwer erhältlich sein.

Auf meiner Kaufliste habe ich noch diese, über die ich Gutes gelesen habe und über deren Label alpha ich ohnehin sehr angetan bin:



Inzwischen gibt es mehr als 10 Aufnahmen der Rosenkranz-Sonaten auf CD, es sollte sich also etwas finden lassen.

Grüße Michael


[Beitrag von arnaoutchot am 09. Jul 2007, 19:52 bearbeitet]
Hüb'
Moderator
#15 erstellt: 21. Jul 2007, 12:09
Hallo!

Hier meine Eindruck zu den beiden erworbenen Einspielungen:



Vorausschicken möchte ich, dass Barockmusik eigentlich nicht so meine Sache ist.
Die Rosenkranzsonaten gefallen mir jedoch ganz ausgezeichnet. Wunderschöne, abwechslungsreiche Musik voller Einfallsreichtum, in einer Mischung aus stiller, getragener Einfachheit und gleichzeitig großer Virtuosität.

Beim Vergleich der beiden Einspielungen ist für mich Holloway auf EMI/Virgin der klare Gewinner. Das Klangbild ist - wohl bedingt durch den Aufnahmeraum, eine Kirche, - deutlich dreidimensionaler. Zudem spielt die Sologeige aus der tiefen Raummitte heraus, wohingegen Reiters Geige mehr am linken Lautsprecher zu kleben scheint.

Interpretatorisch gesehen gestaltet Holloway IMHO stärker, verleiht den Werken Leben (und hinterlässt bei mir eine Dauergänsehaut! :)), wo Reiter zwar ebenfalls schön+gut musiziert, meiner Ansicht nach aber dennoch einen pauschaleren und unbeteiligteren Eindruck hinterlässt.

Mein Rat daher: wer partout nicht mehr als 5-6,- € ausgeben will, der greife zur günstigen Brilliant-Ausgabe. Alle anderen Schnäppchenjägern sei zur Virgin-Doppel-CD geraten.

Den Erwerb der Goebel-Aufnahme schiebe ich noch, bis diese aus dem Hochpreissegment entschwunden ist. Bis dahin bin ich erst einmal mit Holloway sehr glücklich!

Grüße

Frank
arnaoutchot
Moderator
#16 erstellt: 21. Jul 2007, 12:30
Hallo Hüb,

danke für Deinen - wie immer - sachkundigen Bericht. Das beruhigt mich ja, da kann ich mir den Reiter ja erstmal sparen.

Zu Holloway möchte ich noch anfügen, daß es sich für Leute, die sich tiefer mit der Materie beschäftigen wollen, durchaus lohnen kann, nach der weiter oben abgebildeten Originalausgabe zu suchen, weil diese ein fast 100-seitiges Buch mit einer sehr guten Beschreibung des Hintergrundes der Sonaten enthält. Ich habe die Midprice-Ausgabe extra vor ein paar Jahren gegen diese eingetauscht ...

Grüße Michael
prometeo
Stammgast
#17 erstellt: 04. Dez 2007, 23:34
Belebe den Thread hier mal. Kenne tue ich die Rosenkranzsonaten noch nicht, sie stehen aber auf meiner Kaufen-Liste ganz weit oben.

Es gibt noch mehr vielversprechende Aufnahmen, zB Manze ist immer gut und jetzt auch ziemlich günstig:

http://www.jpc.de/jp.../rk/home/rsk/notepad

Was ist eigentlich harmonia artificiosa-ariosa für ein Werk?

https://www.jpc.de/j...e&rsk=notepad&page=2


[Beitrag von prometeo am 04. Dez 2007, 23:38 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#18 erstellt: 05. Dez 2007, 00:49
Hallo Prometeo,

willkommen bei Biber ! Manze ist sicherlich eine gute Wahl, auch wenn er nur im Duo zusammen mit Richard Egarr sicherlich eher die karge solistische Linie verfolgt (im Gegensatz zu Holloway, der ein farbigeres barockes Bild zeichnet).

Die "Harmonia artificioso-ariosa" sind sieben Trio-Partiten für 2 Violinen und B.C. In deutsch übersetzt heisst der komplette Titel "Kunstvoll-gesanglicher Wohlklang in verschiedenen Violin-Stimmungen". Das besondere dabei ist, daß es sich bei den beiden Violinenparts um gleichwertig hochkomplexe Partien handelt, die eine Vielzahl von Umstimmungen (Skordaturen) erfordern. Von der Bedeutung sind sie als "Vermächtnis" Bibers fast noch über den bereits nicht unbedeutenden Mysterien-Sonaten anzusiedeln. Die Musikgeschichte geht heute sogar so weit zu behaupten, daß dieses Werk ausschlaggebend für das Violinwerk Bachs war.

Eine sicherlich massgebliche Aufnahme stammt auch hier von Reinhard Goebel:



Grüße Michael
prometeo
Stammgast
#19 erstellt: 12. Dez 2007, 21:58
Nachdem ich nun die neuen Lautsprecher bekommen habe hat sich offensichtlich gerade der Verstärker verabschiedet. Ich dachte ich kann mal wieder ein paar CDs kaufen und Musik hören, aber nun muss ich erst wieder sparen für den Verstärker. Und sound gibt's weiter keinen.

Meine Liste für Wunsch-CDs wird immer länger. Also erstmal nix da mit Rosenkranzsonaten.


[Beitrag von prometeo am 12. Dez 2007, 22:46 bearbeitet]
Hüb'
Moderator
#20 erstellt: 12. Dez 2007, 22:02
Mein Beileid.
prometeo
Stammgast
#21 erstellt: 12. Dez 2007, 22:47

Hüb' schrieb:
Mein Beileid. :.


Gibt schlimmeres.
arnaoutchot
Moderator
#22 erstellt: 01. Apr 2008, 21:59
Ich will diesen Thread mal wiederbeleben, weil es zwei neue hörenswerte Aufnahmen der Rosenkranz-Sonaten gibt:

Zum einen hat mich als Mehrkanal-Freak natürlich gleich die erste mir bekannte SACD dieses Werks angesprungen:



Riccardo Minasi ist ein junger italienischer Geiger (* 1978), der eine südländisch impulsiv-virtuose Version zusammen mit der Bizzarrie Armoniche, einem Ensemble für Alte Musik, vorlegt. Äusserst farbig gestaltet, sogar im Vergleich zum bereits sehr farbig-barocken Holloway gewinnen die Sonaten nochmals an Schwung. Schöner kammermusikalischer Mehrkanalklang.

Mehr als erfreut war ich, daß Maya Homburger nun endlich ihre Aufnahme der Sonaten vorlegt. Angekündigt auf der Maya-Website war die Platte schon länger.



Maya Homburger ist eine Barockgeigerin, die mit dem Free Jazz-Bassisten Barry Guy liiert ist und auch schon viele Platten gemacht hat. Ihre Interpretation ist vom Geigenpart wesentlich trockener, erinnert mich fast an die karge und von mir hochgeschätzte Darstellung von Susanne Lautenbacher. Kluge dezente Begleitung durch die Camerata Kilkenny, der natürlich auch Barry Guy angehört. Er spielt auch teilweise Begleitungen auf dem Akustik-Bass, die sich hervorragend in das Klangbild einfügen.

Grüße Michael
Joachim49
Inventar
#23 erstellt: 26. Feb 2014, 13:54
jpc.de
Lange ist's her, dass sich hier etwas getan hat.Die relativ neue oben abgebildete Aufnahme überrascht zunächst einmal durch den Umstand, dass in der Box fünf Scheiben liegen, obwohl die Musik bequem auf zwei passt. Der Grund ist eine merkwürdige Art der Verschwendung: Die Aufnahme der Musik ist zweimal (identisch) enthalten, aber auf den Scheiben 3 und 4 spricht die französische Schauspielerin Marie Christine Barrault die kurzen Bibeltexte, auf die die Sonaten Bezug nehmen. Dazu gibt es noch eine interessante aber recht kurze DVD, in der die Interpretin über die Musik und die Aufnahme spricht. Die Geigerin ist die mir bis dahin unbekannte Florence Malgoire (Tochter des bekannten Leiters eines frz. Barockensembles). Das Beiheft ist etwas interessanter als gewöhnlich. Es zeigt, wenn auch etwas mickrig, die Stiche, die in der Originalversion der Partitur die einzelnen Sonaten verzieren, druckt die (auf 3 - 4) gesprochenen Bibeltexte ab, aber zeigt auch die Stimmung der Geige zu den verschiedenen Stücken. Die hohe E-Saite, ist fast immer um einen Ton oder eine Terz heruntergestimmt. In derAuferstehungssonate werden die beiden mittleren Saiten hinter dem Steg überkreuzt und also vertauscht. In der Dornenkrönung ist die normalerweise tiefste Saite um eine ganze Quinte höher gestimmt, so dass d der tiefste Ton ist. Das trotzdem eher dünne Beiheft ist dreisprachig, F, E und D, aber die deutsche übersetzung ist (von den Bibelstellen abgesehen) übersät mit Fehlern, die aber nur in seltenen Fällen die Verständlichkeit beeinträchtigen: "....Zehnte Sonate lässt das Hämmern der Nägel durch die Triolen ertönen, bevor davon Jesus in den Händen seines Vaters anfängt und stirbt". oder "14. Sonate, eine des lebenslustigste des Zyklus, drückt die Christi Himmelfahrt von Maria aus und frohlockt Jubelns von der Zärtlichkeit ihres Gesangs".
Zum Glück ist das musikalische Niveau erheblich höher als das der deutschsprachigen Texte. Die continuo Gruppe ist reichhaltig bestückt, so dass die Begleitung farbenreich ist. (Gambe, Bassgambe, lyrone (D?), Harfe, Cembalo, Orgel, Theorbe und Barockgitarre. Natürlich sind nicht all diese Instrumente immer alle im Einsatz, aber die verschiedenen Sonaten bekommen so eine jeweils spezifische Farbe. Die zwei verwendeten Soloinstrumente (moderner Nachbauten von Patrick Robin) sind schön in das Gesamtklangbild eingebettet, nie dringt sich die Sologeige solistisch-virtuos auf (die Stücke werden nie als solistische Bravourstücke aufgefasst). Von den ca. 6 Aufnahmen, die ich kenne, kommt diese der Aufnahme Alice Pierlots sehr nahe. Da die schändlicherweise vergriffene Aufnahme Pierlots von vielen zurecht als die, oder doch eine der besten gerühmt wird, bietet sich die Neuaufnahme Malgoires als Alternative an.
Auf der DVD spricht die Interpretin (natürlich auf Frz.) u.a. über die Schwierigkeit, die die Skordatur dem Interpreten bereitet, da er nie hört, was er in den Noten sieht. Im Notentext sieht man gleichzeitig wie man greifen muss und was de facto erklingt, da die Geige 'verstimmt' ist.
Wer die Rosenkranzsonaten nicht kennt, sollte sie unbedingt kennenlernen. Jetzt bietet sich (angesichts der Fülle des angebotenen Materials) die preiswerte Gelegenheit. Für mich jedenfalls rangieren diese Sonaten noch über den Sonaten und Partiten Bachs (wenn wir die unvergleichliche Chaconne eben ausseracht lassen).
mit freundlichen Grüssen
Joachim
arnaoutchot
Moderator
#24 erstellt: 29. Jan 2015, 23:51
Dass wir hier einen Biber-Thread haben, war mir völlig entfallen, auch wenn ich selbst vor gerade mal knapp sieben Jahren (!) hier geschrieben habe. Meine Rosenkranzsonaten-Sammlung ist heute um die lange vergriffene Gunar-Letzbor-Aufnahme gewachsen, habe sie auch gerade komplett gehört, es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sie als eine der Referenzaufnahmen geführt wird. In der Quersumme violinistische Virtuosität, emotionale Ausgestaltung und farbiger Klang ist sie sicherlich schwer zu übertreffen. Zum vollendeten Glück fehlt mir jetzt fast nur noch die Aufnahme von Alice Piérot auf alpha, die ich vor Jahren schon auf der Wunschliste hatte (siehe oben). Und vielleicht die grundlegende Aufnahme von Eduard Melkus, die aber auch lange vergriffen und dementsprechend teuer ist.

IMG_1085
arnaoutchot
Moderator
#25 erstellt: 29. Jan 2015, 23:55

Joachim49 (Beitrag #23) schrieb:
Von den ca. 6 Aufnahmen, die ich kenne, kommt diese der Aufnahme Alice Pierlots sehr nahe. Da die schändlicherweise vergriffene Aufnahme Pierlots von vielen zurecht als die, oder doch eine der besten gerühmt wird, bietet sich die Neuaufnahme Malgoires als Alternative an.


Pierlot ist laut amazon per heute wieder lieferbar. Ich hab sie mal bestellt, ist jetzt auch schon egal ...

amazon.de
Joachim49
Inventar
#26 erstellt: 30. Jan 2015, 22:11
Du wirst es nicht bereuen !
arnaoutchot
Moderator
#27 erstellt: 30. Jan 2015, 22:32
Das hoffe ich !
arnaoutchot
Moderator
#28 erstellt: 22. Feb 2015, 14:11
So, nun hat endlich der schon länger angekündigte Vergleich der inzwischen bei mir vorhandenen acht Aufnahmen der Rosenkranzsonaten stattgefunden. Sehr gut war, dass sich dankenswerterweise meine durchaus barockaffine Partnerin bereiterklärt hat, an dem Vergleich mitzuwirken, insofern ist der im folgenden verwendete Plural kein pluralis majestatis, sondern tatsächlich Ausdruck unserer gemeinsamen aber unabhängig gefundenen Eindrücke.

Verglichen wurden im einzelnen die folgenden Aufnahmen, hier sortiert nach Aufnahmedatum. Die Klammer hinter den Interpreten gibt die Gesamtzahl der Begleitmusiker neben dem Solisten an. Bei allen Ausgaben handelt es sich um die Komplettaufnahme auf 2 CDs.

1 Susanne Lautenbacher, Rudolf Ewerhart, Johannes Koch (2), Vox Box 1962/1992
2 John Holloway & Tragicomedia (4), Virgin Classics 1989
3 Reinhard Goebel & Musica Antiqua Köln (3), DGG 1990
4 Gunar Letzbor & Ars Antiqua Austria (6), Arcana 1996
5 Alice Piérot & Les Veilleurs du Nuit (3), alpha 2002
6 Riccardo Minasi & Bizzarrie Armoniche (8 ), ARTS SACD 2006
7 Maya Homburger & Camerata Kilkenny (5), Maya 2006
8 Daniel Sepec, Hille Perl, Lee Santana, Michael Behringer (3), Coviello SACD 2009

IMG_1102

Als Vergleichsstück haben wir uns die Sonate No. 7 "Die Geisselung" (The Scourging) herausgesucht. Die Sonate ist gegliedert in eine Allemande und eine Sarabande, denen jeweils Variationssätze folgen. Insgesamt steigert sich die Sonate von einem eher kantablen Beginn in eine - je nach Aufnahme - expressive Darstellung der "Geisselung", bei der die Auffassungen der Interpreten sehr gut sichtbar werden.

Es war uns unmöglich eine wirkliche "Hitparade" der Aufnahmen zu erstellen, was nicht daran lag, dass unsere Urteile weit auseinanderlagen. Aber eigentlich haben alle acht Aufnahmen ihren Reiz, keine ist schlecht. Wir haben insofern drei Gruppen gebildet.

Die beiden Spitzenaufnahmen - da waren wir uns einig - sind die 4/ Letzbor und 5/ Piérot. Piérot spielt relativ schnell, vorwärtstreibend und rhythmisch akzentuiert, ohne dabei Harmonie und Gefühl ausser Acht zu lassen. Klanglich ist die Aufnahme auf dem gewohnt hohen alpha-Niveau mit einem ausgewogenen räumlichen Klangbild. Letzbor hat durch seine grössere Besetzung ein etwas fundamentalereres Klangbild. Sein Geigenton wirkt anfangs fast weich, die Ausformung erinnert sogar etwas an Goebels virtuoses Spiel, steigert sich aber dann zu der mit Abstand expressivsten Darstellung der "Geisselung" aller gehörten Aufnahmen. Er lässt die Peitschenhiebe tatsächlich fühlbar auf die Saiten der Geige prasseln und geht sogar so weit, selbst dem Continuo einen stakkatohaft schleppenden Rhythmus zu unterlegen. Das ist atemberaubend ! Klanglich ist die Aufnahme ebenfalls hervorragend. Wenn es nicht so plakativ wäre, würde ich sagen, dass diese beiden Aufnahmen das Yin und Yang der gehörten Aufnahmen darstellen.

Die knapp unter den beiden Spitzenaufnahmen liegende Mittelgruppe wird vertreten von 1/ Lautenbacher, 3/ Goebel und 8/ Sepec. Der Aufnahme von Lautenbacher aus den 60ern hatte ich an anderer Stelle schon mal einen "gotischen" Charakter unterstellt (im Gegensatz zu der "barocken" Interpretation eines Holloway). Man merkt, dass die Originalklang-Idee bei der Aufnahme noch nicht in den Köpfen der Musiker war, es ist eine akzentuierte, neutrale und - im positiven Wortsinn - kahle Aufnahme, was auch durch die nur zwei Begleiter unterstrichen wird. Expressivität und Übertreibung gibt es nicht. Klanglich unterliegt die Aufnahme aus naheliegenden Altersgründen der Konkurrenz, ist aber gut hörbar und selbstverständlich in Stereo. - Goebels Aufnahme ist zu Recht eine der anerkannten Spitzenaufnahmen, man hört, dass sie der Musiker auf dem Höhepunkt seiner geigerischen Fähigkeiten gemacht hat. Goebel ist extrem virtuos und pointiert, er nutzt die Sonate als solistisches Vehikel. Auch lässt er die Skordatur-Effekte am hörbarsten hervortreten. Aber uns gefiel die etwas individuellerere Einlassung von Letzbor und Piérot noch einen Tick besser. Klanglich ist die Aufnahme exquisit. - Sepec nimmt sich am Anfang der besprochenen Sonate zurück und lässt seinen Geigenton relativ stark in den Ensembleklang fallen, aber nur um in der Sarabande dann stark zuzulegen. Im Sinne der Steigerung der Expression schafft er damit einen fast ebenso starken Effekt wie Letzbor. Klanglich ist die Mehrkanal-SACD hervorragend.

Schliesslich noch die Aufnahmen auf dem dritten Platz, als da wären 2/ Holloway, 6/ Minasi und 7/ Homburger. Minasi und Homburger liefern ebenfalls Aufnahmen auf höchstem Niveau ab, Minasi ist mit der zahlenmässig stärksten Begleitung um ein farbiges Klangbild bemüht. Seinen Geigenton fanden wir aber einen Tick zu neutral. Klanglich ist diese ebenfalls in Mehrkanal vorliegende SACD warm, räumlich und differenziert. Homburger hat einen eher frei atmenden Ansatz, hier nimmt sich die begleitende Camerata Kilkenny auch vergleichsweise grosse Freiheiten heraus. Ihre geigerischen Effekte in der Sarabande sind aber sehr hörenswert. Die Aufnahme aus der österreichischen Propstei St. Gerold ist exquisit. - Am ehesten enttäuschend von allen acht Aufnahmen - wie gesagt aber alles auf hohem Niveau ! - erschien uns Holloway. Sein langsames, bedächtig-betuliches Tempo lässt die Geisselung wie mit Wattebäuschchen ausgeführt erscheinen, sein Stil ist im Vergleich zu den meisten anderen fast schon romantisierend zu nennen. Obschon gut, wirkte die Aufnahme auch klanglich etwas diffus.

Natürlich hätten wir noch gerne eine zweite Sonate verglichen, aber dafür fehlte leider im Komplettvergleich die Zeit. Vielleicht später ein mal.

Ein Tipp zum Schluss: Sollte jemand am Erwerb unserer beiden Spitzenreiter Piérot oder Letzbor auf CD interessiert sein, so rate ich zu zügigem Handeln. Nach Jahren der schwierigen Erhältlichkeit für beide CDs sind beide aktuell wieder erhältlich. Das muss aber nicht so bleiben !

jpc.de amazon.de

Edit: Schreibfehler


[Beitrag von arnaoutchot am 23. Feb 2015, 00:05 bearbeitet]
FabianJ
Inventar
#29 erstellt: 22. Feb 2015, 14:53
Danke für die Mühe und den äußerst interessant zu lesenden Hörvergleich. Ich war schon eine Weile am Überlegen mir eine zweite Aufnahme dieses Zyklus zuzulegen, aber die schiere Anzahl an Aufnahmen machte die Auswahl nicht eben leichter. Zu diesem Zweck ist dieser Vergleich doch sehr hilfreich.

Die Gunar Letzbor-/Ars Antiqua Austria-Aufnahme wurde ja bereits im „große und berührenden Interpretationen"-Thread empfohlen, war zu dem Zeitpunkt, als ich davon las, aber nicht mehr erhältlich. In die Alpha-Aufnahme möchte ich aber auch noch reinhören...

(Laut dem Cover heißt die Solistin in der Alpha-Aufnahme Alice Piérot, nicht zu verwechseln mit dem Gambisten Philippe Pierlot. )

Mit freundlichem Gruß
Fabian
arnaoutchot
Moderator
#30 erstellt: 22. Feb 2015, 16:03

FabianJ (Beitrag #29) schrieb:
(Laut dem Cover heißt die Solistin in der Alpha-Aufnahme Alice Piérot, nicht zu verwechseln mit dem Gambisten Philippe Pierlot. )


Upps, danke für den Hinweis. Bei mir hatte sich Pierlot festgesetzt und ich hab gar nicht mehr hingeschaut. Ich habe es korrigiert.
Joachim49
Inventar
#31 erstellt: 23. Feb 2015, 17:20
Bei mir hat es auch ein bisschen gedauert, bis mir die Verwechslung Pierot/Pierlot aufgefallen ist. Jedenfalls bin ich froh, dass sich für Michael (arnaoutchot) der Ankauf offensichtlich gelohnt hat. Für mich gehört sie auch ohne jeden Zweifel in die Spitzengruppe. Selbst würde ich sie Letzbor vorziehen. Ihr Spiel hat in meinen Ohren mehr Seele und ist oft von berührender Schönheit. Ich denke etwa an die Aria und die Variationen der 10. Sonate. Aber gut, da mag rein Subjektives mitspielen, mit dieser Aufnahme bin ich halt irgendwie verwachsen.
Spotify bietet übrigens sehr viel Aufnahmen an (z.Zt. nicht mehr Pierot, aber nun auch Letzbor. Auch diese bedrohliche Tschechin (?), Manze und Melkus sind mit dabei. Die Suchfunktion ist allerdings nicht optimal.
arnaoutchot
Moderator
#32 erstellt: 23. Feb 2015, 17:41

Joachim49 (Beitrag #31) schrieb:
Selbst würde ich sie Letzbor vorziehen. Ihr Spiel hat in meinen Ohren mehr Seele und ist oft von berührender Schönheit.


Da hast Du vollkommen recht. Nicht umsonst haben wir uns ja nicht auf einen alleinigen Sieger einigen können. Wenn man vom Aspekt der geigerischen Virtuosität ausgeht, kann man sicherlich auch noch die Aufnahme von Goebel in die Spitzengruppe aufnehmen.

Spotify habe ich nicht bzw. brauche ich auch nicht, ich habe genügend Aufnahmen, die ich erst mal hören kann.
Joachim49
Inventar
#33 erstellt: 22. Mrz 2015, 02:38
jpc.de
In Kürze ist auch die Aufnahme mit Franzjosef Maier (dem Anführer des Collegium Aureum) sehr preisgünstig wieder erhältlich.
Joachim49
Inventar
#34 erstellt: 25. Apr 2015, 00:25
jpc.de
Gute Zeiten für Freunde der Rosenkranzsonaten. In Kürze erscheint schon wieder eine Neuaufnahme (allerdings nur 1 - 5) mit Interpreten, die mir völlig unbekannt sind. Die Wiederveröffentlichung der Aufnahme mit Franzjosef Maier (siehe oben) ist sehr lohnenswert. Aber die beste Nachricht ist vielleicht diese: Rachel Podger, der wir mit ihrem Klavierpartner Gaty Cooper eine der besten Aufnahmen der Violinsonaten Mozarts zu danken haben, hat sie vor kurzem eingespielt. Vermutlich bei Channel Classics. Erscheinungsdatum noch unbekannr.
arnaoutchot
Moderator
#35 erstellt: 26. Apr 2015, 17:59

Joachim49 (Beitrag #34) schrieb:
Die beste Nachricht ist vielleicht diese: Rachel Podger, der wir mit ihrem Klavierpartner Gaty Cooper eine der besten Aufnahmen der Violinsonaten Mozarts zu danken haben, hat sie vor kurzem eingespielt. Vermutlich bei Channel Classics. Erscheinungsdatum noch unbekannr.


Ui, da werde ich nicht widerstehen können ! Mist, das ist dann die Nummer 9 ...

Die Schutzengel-Sonate hat sie ja schon eingespielt auf dieser SACD, das mal als Vorgeschmack ...

amazon.de
arnaoutchot
Moderator
#36 erstellt: 01. Nov 2015, 22:07
Nun ist auch die Aufnahme von Rachel Podger bei mir eingetroffen, und macht "alle Neune voll" Heinrich Ignaz Franz von Biber - Rosenkranz-Sonaten - Rachel Podger - Channel Classics SACD MCh 2015. Als grosser Fan dieses einzigartigen Sonatenzyklus mit bereits acht kompletten Aufnahmen im Schrank (siehe hier einen Vergleich dieser acht Aufnahmen, den ich Anfang des Jahres in diesem Thread gemacht habe) war ich sehr gespannt auf die Darbietung von Rachel Podger, deren Bach- und Vivaldi-Aufnahmen mir sehr gefallen haben.

Nun ist es schwierig, bei den bestehenden zahlreichen Deutungen (meine bisherigen acht sind ohnehin nur ein Bruchteil der vorhandenen Aufnahmen) heute noch einen völlig neuen Aspekt hinzuzufügen. Das gelingt Rachel auch nicht. Ihr Spiel ist unerwartet schwer, gleichsam sorgfältig auslotend, manchmal fast bleiern und hat aus meiner Sicht hier wenig gemein mit ihren beschwingten Bach- und Vivaldi-Aufnahmen. Auch wenn ich fern davon bin, die Aufnahme als enttäuschend zu bezeichnen, so fehlt mir doch irgendetwas, das ich erwartet habe. Vielleicht waren auch nur meine Erwartungen zu hoch ... Ich habe natürlich auch genau hingehört bei der Sonate #7 "Die Geisselung", die ich in dem oben verlinkten Hörvergleich getestet habe, da kann Rachel aber mit Kalibern wie Letzbor oder Pierot nicht gleichziehen.

Klanglich ist die SACD superb und unterstützt die Abbildung von Details des kleinen Ensembles perfekt. Von daher gibt es keinerlei Einwand.

jpc.de
op111
Moderator
#37 erstellt: 15. Okt 2016, 13:18
Das Expertenpanel des SRF [CH] Diskothek

SRF 2 Kultur schrieb:
In der «Diskothek» reden wir über Musik und ihre Interpretationen. Zwei versierte Gäste mit guten Ohren vergleichen im Blindtest verschiedene Aufnahmen eines Werks und exponieren sich mit ihren Urteilen. In mehreren Hörrunden wird die Auswahl immer kleiner, bis die «beste» Aufnahme übrigbleibt – Spiel und Hörschulung zugleich.

hat diese Aufnahme favorisiert:

Maya Homburger, Violine
Camerata Kilkenny

Maya Recordings MCD0603 (2006)
jpc.de


SRF 2 Kultur schrieb:
....schien ... die so emphatische wie
genaue Lesart von Bibers Meditationsmusik durch die Schweizer Geigerin Maya Homburger die beste zu
sein. Sowohl instrumental überzeugten Homburger und ihr irisches Ensemble in ihrer Aufnahme von
2006 wie auch in ihrer zum Hinhören zwingenden Mischung aus freiem Spiel und engem gedanklichem
Kontakt mit den vielen musikalischen bis metaphysisch-symbolischen Schichten von Bibers RosenkranzSonaten.


Mitbewerber:
Daniel Sepec, Violine
Hille Perl, Viola da Gamba; Lee Santana, Erzlaute und Theorbe; Michael
Behringer, Cembalo und Orgel
Coviello Classics COV 21008 (2010)

Lina Tur Bonet, Violine
Musica Alchemica
PanClassics PC 10329 (2015)

Rüdiger Lotter, Violine
Ensemble Lyriarte; Axel Wolf, Laute, Theorbe und Barockgitarre; Olga
Watts, Cembalo und Truhenorgel
Oehms Classics OC 514 (2005)

Ariadne Daskalakis, Violine
Ensemble Vintage Köln
BIS 2096 (2015)
----
Ich gestehe, auch mir als dieser Musik eher fern stehendem, hat die Sendung einiges von der Faszination des Werks vermittelt.
op111
Moderator
#38 erstellt: 15. Okt 2016, 13:20

FabianJ (Was hört Ihr gerade jetzt? (Klassik !!!) - Beitrag #16487) schrieb:
jpc.de
Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704)
Die Rosenkranzsonaten
Hélène Schmitt (Violine), François Guerrier (Claviorganum), Massimo Moscardo (Erzlaute, Theorbe), Francisco Mañalich (Viola da Gamba), Jan Krigovsky (Violone)
Aufnahme: September 2014, Gut Holthausen, Büren (Ostwestfalen)

Bislang habe ich mir die ersten fünf Sonaten angehört. Wie ich das von anderen Aufnahmen der Geigerin Hélène Schmitt und ihren jeweiligen Mitstreitern gewohnt bin, besteht dabei nie ein Zweifel an ihren Fähigkeiten im Umgang mit dem Instrument, die Virtuosität wird dabei aber nie in den Vordergrund gestellt, was auch für die übrigen Mitglieder dieses Ensembles gilt. Auch was die Wahl der Tempi angeht, klang es für mich immer genau richtig.

Ich habe auch ein bisschen zum Vergleich gehört mit meinen anderen beiden Einspielungen dieser Werke, einmal die ältere Einspielung mit John Holloway, zum anderen die von Gunar Letzbor und seinem Ensemble Ars Antiqua Austria. Bei den Vergleichen sagte mir manches Mal die Hélène Schmitt-Aufnahme noch ein wenig mehr zu, in anderen Sonaten sagten mir diese und die Interpretation von Gunar Letzbor/Ars Antiqua Austria im gleichen Maße zu.

Meine liebste Sonate aus dieser Sammlung ist die Chaconne (Christi Darstellung im Tempel). Diese ist in Gunar Letzbors Aufnahme, für meinen Geschmack, zu schnell gespielt. Bei Hélène Schmitt ist dies nicht der Fall und auch sonst ist es eine wundervolle Interpretation dieses Werkes. Was diese Sonate betrifft, so gefällt mir John Holloways Einspielung allerdings noch mindestens genauso gut, auch wenn sie klanglich nicht mit der neueren Aufnahme mithalten kann.

Klanglich überzeugt die Aufnahme von Hélène Schmitt und ihrem Ensemble auf ganzer Linie. Der Aufnahmeraum wurde für diese Art von Musik sehr gut gewählt und der Klang der Instrumente kann sich ohne störenden Hall entfalten. (Die Mehrkanal-Tonspur habe ich mir nicht angehört.)

Ich möchte Joachim für die Empfehlung dieser Einspielung danken!

Mit freundlichem Gruß
Fabian
arnaoutchot
Moderator
#39 erstellt: 15. Okt 2016, 15:48

op111 (Beitrag #37) schrieb:
Maya Homburger, Violine,
Camerata Kilkenny


Ich bin kein Experte, aber ich habe in Post #28 schon mal einen Vergleich der bei mir vorhandenen Aufnahmen gemacht, Da ist Maya Homburger leider nicht auf den ersten Platz gekommen, auch wenn ich sagen muss, dass hier starke Konkurrenz besteht. Generell schätze ich die Arbeit von Maya Homburger sehr, v.a. mit ihrem Mann, dem Free-Jazz-Bassisten Barry Guy.

Und ja, faszinierend ist das Werk allemal, nicht umsonst gibt es so viele Aufnahmen davon. Fabian hat mich ja schon wieder ins Wanken gebracht mit seinem positiven Urteil über Helene Schmitt, aber ich brauche wirklich nicht noch eine zehnte Aufnahme des Zyklus.
op111
Moderator
#40 erstellt: 15. Okt 2016, 16:18
Hallo Michael,
das sollte keine Kritik an deiner Auswahl bedeuten, du weißt ja, 10 Experten, 11 Meinungen.

Letztlich war der Tenor der SRF-Sendung u.a., daß die Sonaten ein weites Feld an plausiblen Interpretationsansätzen ermöglichen.
Es ist wie mit den Goldbergvariationen ...
Mir ist aufgefallen, daß es auch unter modernen Aufnahmen gravierende Klangunterschiede gibt, die indirekten, etwas fahlen in Watte gepackten liegen mir nicht so.
arnaoutchot
Moderator
#41 erstellt: 15. Okt 2016, 16:33
Ich hatte es auch nicht als Kritik verstanden, wollte nur meinen Vergleich nochmals erwähnen. Das mit den Experten sehe ich ebenso, ich muss nicht Musik studiert haben, um eine begründete Meinung zu einem Thema zu haben ...

Solltest Du das Thema der Sonaten tatsächlich weiter vertiefen wollen, würde ich Dir Letzbor empfehlen. Da ist alles direkt und nichts in Watte gepackt.
op111
Moderator
#42 erstellt: 15. Okt 2016, 16:48
Hallo Michael,
die Aufnahme von G. Letzbor hatte ich aufgrund deiner Empfehlung gekauft.
Sie müßte in den kommenden Tagen hier eintreffen, und dann brauche ich Urlaub, um den "noch zu hören"-Stapel zu verringern.
arnaoutchot
Moderator
#43 erstellt: 15. Okt 2016, 16:58
Dann bin ich gespannt, darüber zu hören.

Ich hab jetzt gleich wieder einen 12 Stunden Flug vor mir, da kann man dann wenigstens mal ein paar Neuerungen aus dem Lufthansa-Bordprogramm antesten. Ansonsten d'accord, es gibt mehr interessante Neuerscheinungen als ich Zeit zum Hören habe. Leider wechselt das Programm für einen Vielflieger bei der LH nur sehr langsam ... Da fällt mir ein, dass ich ein paar Hörungen vom Hinflug noch gar nicht erwähnt habe, zB das eindrucksvolle Violinkonzert von Korngold von Vilde Frang. Aber ich verliere mich hier ...
Joachim49
Inventar
#44 erstellt: 16. Okt 2016, 00:29
@Fabian
Ich sehe das eben erst, dass Du Dir die Aufnahme mit Helene Schmitt zugelegt hast. Es freut mich, dass sie Dir gut gefällt (sonst hätte ich ein schlechtes gewissen wegen meiner Empfehlung). Ich finde sie eine der besten (neben Pierot). Podger hat mich wider Erwarten ziemlich kalt gelassen.
Joachim49
Inventar
#45 erstellt: 11. Feb 2017, 00:35
jpc.de
Mit Bibers Rosenkranzsonaten bin ich gut bestückt. Meine Lieblingsaufnahmen sind von Alice Pierot und Helene Schmitt. Obwohl es unwahrscheinlich ist, dass die beiden Damen von ihrer Spitzenposition verdrängt werden, kann ich oft nicht widerstehen, wenn es neue Angebote gibt. Es gibt einen Grund, warum man bei der neuen Aufnahme nicht zögern sollte: der Preis und, noch interessanter, die drei CD mit allen Violinsonaten Bibers. Sie werden von dem in den Niederlanden lebenden russischen Geiger Igor Ruhadze gespielt, der in verschiedenen Mischungen von Orgel, Cembalo, Cello und Theorbe begleitet wird. Am auffälligsten scheint mir, dass die Sologeige gar nicht nach Barockvioline (was das auch sein mag) klingt, sondern auch da noch aufblüht und strahlt, wo die historisch informierten Spielweisen oft etwas stumpfer klingen. Die drei verwendeten Instrumente (Tononi, Jacobs, Tecchler) sind um 1700 entstanden. Mag sein, dass sie höher gestimmt sind als in der HIP Praxis üblich. Das booklet macht dazu keine Angaben.


[Beitrag von Joachim49 am 11. Feb 2017, 00:36 bearbeitet]
op111
Moderator
#46 erstellt: 12. Feb 2017, 15:42
In der Gramophone vom Januar 2017 hat der Komponist und Musikwissenschaftler Fabrice Fitch eine Auswahl der Aufnahmen von 1962 - 2015 diskographisch ausgewertet.
Jan-2017

Die Empfehlungen:

Top Choice
Rüdiger Lotter
Lyriarte Ensemble
Oehms, DDD, 2004
jpc.de

The 'meditative' option
Julia Wedman,
Felix Deak,
Lucas Harris,
Charlotte Nediger,
Julia Seager-Scott
Dorian, DDD, 2010
jpc.de

The 'historical' Recording

Musica Antiqua Köln,
Reinhard Goebel
DGG, DDD, 1990
jpc.de

The wild card
Lina Tur Bonet,
Musica Alchemica
PAN, DDD, 2015
jpc.de

Auf aufnahmetechnische Besonderheiten bzw. den Klang der Aufnahmen geht Fabrice Fitch nicht ein.



[Beitrag von op111 am 12. Feb 2017, 15:57 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#47 erstellt: 12. Feb 2017, 17:06
Interessant. Vor allem interessant, dass ich neun Aufnahmen habe und nur eine davon taucht jetzt hier auf, und zwar der Goebel. Diese Aufnahme von 1990 allerdings schon als historische Aufnahme zu bezeichnen, halte ich für etwas gewagt. Zumal sich in der Interpretation der Sonaten nicht soo viel getan hat. Die Aufnahme auf Sono Luminus mit Julia Wedman sollte klanglich sehr gut sein, das Label ist mir als hochaudiophil bekannt. Aber die Konkurrenz ist gross ...
op111
Moderator
#48 erstellt: 12. Feb 2017, 17:19
Die betrachtete Menge ist eine Auswahl aus 26 Aufnahmen
zwischen 1962 Lautenbacher (Vox) über Melkus, Maier, Holloway, Goebel, Letzbor bis zu Podger und Tur Bonet (2015).
Als Ziel gibt Fitch an, 4 möglichst hochwertige aber extrem kontrastierende ausgewählt zu haben.


[Beitrag von op111 am 12. Feb 2017, 17:21 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#49 erstellt: 12. Feb 2017, 17:25

op111 (Beitrag #48) schrieb:
Als Ziel gibt Fitch an, 4 möglichst hochwertige aber extrem kontrastierende ausgewählt zu haben.


Das macht mich ja schon wieder neugierig ...
op111
Moderator
#50 erstellt: 12. Feb 2017, 17:29
Die Kanadierin Julia Wedmann spielt m.W. in vielen Ensembles z.B. Tafelmusik
"http://www.tafelmusik.org/about/orchestra/bios/julia-wedman"
Zur Aufnahme der Biber-Sonaten gibt es ein Video (engl.)
"https://www.youtube.com/watch?v=o-hoKtuW0lw"
op111
Moderator
#51 erstellt: 12. Feb 2017, 17:37
Und eine Hörprobe
Lina Tur Bonet,
Musica Alchemica
"https://www.youtube.com/watch?v=EayZ8K5P4us"
Suche:
Gehe zu Seite: Erste Letzte |nächste|
Das könnte Dich auch interessieren:
Brahms: Die Streichquartette
vanrolf am 18.04.2005  –  Letzte Antwort am 16.04.2007  –  21 Beiträge
Ives: Die beiden Streichquartette
Hüb' am 05.12.2006  –  Letzte Antwort am 07.12.2006  –  5 Beiträge
Brahms: Die Violinsonaten
Hüb' am 13.11.2006  –  Letzte Antwort am 20.08.2018  –  53 Beiträge
Mozart: Die Streichquartette
vanrolf am 16.04.2006  –  Letzte Antwort am 10.06.2009  –  17 Beiträge
Brahms: Die Streichquintette
vanrolf am 22.01.2006  –  Letzte Antwort am 27.02.2006  –  16 Beiträge
Beethoven: Die Streichquartette
ph.s. am 19.12.2004  –  Letzte Antwort am 15.02.2020  –  253 Beiträge
Strauss, Richard: Die Kammermusik
Hüb' am 29.10.2004  –  Letzte Antwort am 27.05.2011  –  6 Beiträge
Tanejew, Serge: Die Kammermusik
Hüb' am 03.10.2007  –  Letzte Antwort am 14.01.2008  –  11 Beiträge
Beethoven: Die Violinsonaten
5th_element am 27.06.2009  –  Letzte Antwort am 15.09.2019  –  37 Beiträge
Reger, Max - die Streichquartette
Martin2 am 04.01.2012  –  Letzte Antwort am 12.01.2012  –  31 Beiträge

Anzeige

Produkte in diesem Thread Widget schließen

Aktuelle Aktion

Partner Widget schließen

  • beyerdynamic Logo
  • DALI Logo
  • SAMSUNG Logo
  • TCL Logo

Forumsstatistik Widget schließen

  • Registrierte Mitglieder925.721 ( Heute: 2 )
  • Neuestes MitgliedMaxikulti
  • Gesamtzahl an Themen1.551.049
  • Gesamtzahl an Beiträgen21.536.841

Hersteller in diesem Thread Widget schließen