Havelka , Svatopluk -- Ansichten und Hinweise gesucht

Salve!

Derzeit muß ich mit einem einzigen, unterbestückten Plattenladen, der obendrein nur CDs führt, in einem 100.000-Seelen-Städchen der nicht-deutschen Provinz auskommen. Die dort befindlichen, dürftigen drei Klassik-Regale kommen durchaus meinem knappen Geldbeutel zugute; das führt aber bei Leuten wie mir, die vom Musikkauf schwer abzubringen sind, nach einiger Zeit, in meinem Fall einem knappen Jahr, zu einem recht hilflosen ,,Kaufverhalten``. So habe ich mich auf eine ganze Reihe mir zuvor unbekannter Komponisten eingelassen, Scheiben teils nur anhand der CD-Beilage ohne jedes Probehören erworben und auf diese Weise mein Hörspektrum doch einigermaßen entwickeln können.

Meine letzte Runde machte mich mit dem offensichtlich als Filmmusiker renommierten, tschechischen zeitgenössischen Komponisten Svatopluk Havelka bekannt. Es handelt sich um vier mit lateinischen Texten versehene Stücke für Solisten, Chor und Orchester in einer Aufnahme von 1987 unter Václav Neumann:

Das Tracklisting:
1. Poggius salutem dicit Leonardo Aretino et de defensione M. Hieronymi (Poggio grüßt Leonardo Aretino [=Bruni]. Von der Verteidigung des Mgr. Hieronymus)
2. De pluribus martyribus. (Von mehreren Märtyrern)
3. De laudatione M. Ioannis Hus (Von der Lobpreisung des Mgr. Jan Hus)
4. De morte M. Hieronymi et Epilogus (Vom Tod des Mgr. Hieronymus. Epilog)
Ungeachtet der mich eher weniger ansprechenden Filmkompositionen umfaßte sein Repertoire eine interessante Vielfalt von modernen Kompositionstechniken, er scheint sich sowohl in Richtung von Ligetis Klangflächen als auch von Cages Aleatorik orientiert zu haben. Die auf obigem Tonträger enthaltenen Stücke befassen sich mit zentralen Themen tschechischer Geschichte, es scheint sich (habe noch keine Quelle ausfindig machen können) um originale Briefe Poggios oder Exzerpte daraus zu handeln. (Wer mit dem Namen nichts anfangen kann: Poggio war einer der bedeutendsten Humanisten, seine Konjekturen zu Klassikertexten finden sich auch heutzutage noch gelegentlich in kritischen Ausgaben. Im Lateinischen war er ein meisterhafter Stilist, dementsprechend edel muten die von Havelka bearbeiteten Texte an.) Religiösen Stoff wie diesen scheint sich Havelka mehrfach vorgenommen zu haben. Äußerlich scheint er eher eine Vorliebe für die größeren Formen gehabt zu haben: Symphonien, symphonische Dichtungen &c.

Nach einem Hördurchgang mutet das angesprochene Poggio-Oratorium ungewohnt und interessant an. Den Text mitzuverfolgen, habe ich bislang noch nicht versucht. Vom Höreindruck her kommt mir das Stück recht ausgewogen vor, auch wenn Havelka sehr gern das Orchester vollbeschäftigt.

Da mir bislang weder Havelkas Werk noch Leben ein Begriff sind, würde ich mich über jeden Kommentar freuen und für Hinweise zur weiteren Beschäftigung mit seinem Werk dankbar sein.

Freundlich grüßend, Philipp

[1] http://www.divadlo.cz/cenymk/2006/laureati_havelka.htm