Wie erkenne ich eine AAA-Aufnahme?

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tluesche
Neuling
#1 erstellt: 27. Apr 2020, 12:26
Ich habe kürzlich über eBay ein bespieltes 2-Spur Tonband gekauft, das angeblich eine Kopie eines Master-Bandes sein soll. Es klingt wirklich hervorragend und auch anders als der gleiche Titel auf CD. Von einer Vinylplatte kann die Aufnahme nicht sein, jedes Staubkorn hätte die Aufnahme entlarvt. Doch wie kann ich prüfen, ob die Aufnahme nicht doch von einer digitalen Quelle (CD, DAT oder Computer) stammt? Mit anderen Worten: ist die Aufnahme wirklich AAA, d.h. es war nie eine Digitalisierung dazwischen?
CMueller77
Stammgast
#2 erstellt: 29. Apr 2020, 09:48
Hallo und herzlich Willkommen im Forum!

Als Masterband wird eigentlich das originale Aufnahmesession-Band bezeichnet, auf welches die Musikgruppe/Interpret Ihre Songs aufgezeichnet hat. Dies sind meistens Mehrspurbänder (2 Zoll 16/24 Spuren oder 1 Zoll 8/16 Spuren). Die Songs werden dann korrekt abgemischt und dann auf ein 2-Spur-Band mit 38cm/s kopiert. Viele Leute sprechen bei diesem Band von einem originalen Masterband, was eigentlich nicht ganz korrekt ist; ich würde dieses Band als Downmix-Masterband bezeichnen. Von diesem Band gibt's dann zwei Arten von Kopien:

- Duplication Copies: das sind Kopien von Downmix-Masterbänder, welche für die Herstellung von Kassetten, Vinyl oder CDs verwendet wurden
- Safety Copies: das sind Kopien von Downmix-Masterbänder, welche als Backup erstellt wurden, im Falle, dass das original Downmix-Masterband kaputt geht

Leider wurden z.T. von den Downmix-Masterbänder illegale Kopien durch Mitarbeiter eines Tonstudios o.a. erstellt und früher oder später in Umlauf gebracht. Mittlerweile gibt es in Russland und anderen Länder Gruppen, welche Kopien solcher Bänder erstellen und diese dann für EUR 200+ über E-Bay usw. verkaufen. Grundsätzlich würde ich NIE solche illegal hergestellten Bänder kaufen!

Zu Deinen Fragen: diese kann man nicht sicher beantworten

Aber es gibt gewisse Anhaltspunkte, mit denen Du sogenannte Duplication- oder Safety-Copies von Downmix-Masterbänder erkennen kannst:

- Das erste Indiz ist, dass eigentlich immer mit einer Bandgeschwindigkeit von 15ips (38cm/s) erstellt wurden.

- In vielen Fällen wurden die Safety-Copies entweder Dolby A oder Dolby SR codiert. Wenn am Anfang und/oder am Ende des Bandes Rauschtöne (Dolby SR) oder "Pfeifftöne" (Dolby A) aufgezeichnet worden sind, deutet dies auf eine Safety-Copy hin, muss aber nicht

- Zum Teil geben Beschriftungen auf der Hülle/dem Karton des Masterbandes Hinweise auf dessen Herkunft. Welches Tonstudio hat die Kopie erstellt? Ist die Entzerrungsnorm aufgedruckt (CCIR/IEC oder NAB)? Ist das Aufnahmedatum ersichtlich? Wurde das Dolby System (A/SR) notiert?

Von welchem Jahr stammt Dein Band / Deine Aufnahme?

Da bereits mitte 80er Jahre Tonstudios Aufnahmen digital erstellt haben, sind AAA-Aufnahmen leider selten geworden. Es gab auch die Situation, dass die Aufnahme analog erfolgte und die Abmischung digital. Wenn Deine Aufnahme in den 70er erstellt wurde, ist die Chance hoch, dass Du eine reine Analog-Aufnahme hast. Zwar gibt es heute Tonstudios, welche von A-Z analog arbeiten, aber die sind selten geworden.

Du siehst Deine Fragen lassen sich kaum beantworten; ich hoffe, Dir dennoch weitergeholfen zu haben.

Wichtig: Ich rate Dir grundsätzlich aus rechtlichen Unsicherheiten ab, weitere solche "Kopien von Masterbänder" auf E-Bay zu kaufen.

LG
Christoph


[Beitrag von CMueller77 am 29. Apr 2020, 09:49 bearbeitet]
tluesche
Neuling
#3 erstellt: 29. Apr 2020, 10:11
Vielen Dank für die Erklärungen. Möglicherweise handelt es sich tatsächlich um eine Downmix Copy, 2-Spur/38cm/s, Aufnahme 70er Jahre. Und ja, sie kommt aus Russland. Rechtlich quält mich mein schlechtes Gewissen nur beschränkt. Die Schweiz geht mit dem Urheberrecht etwas lockerer um als die EU. Erstens habe ich vom gleichen Track mehrere CDs und Vinyl, für die ich Urhebergebühr bezahlt habe. Zweitens höre ich die Aufnahme ausschliesslich privat und stelle keine Kopien her.

Meine Frage war eher technischer Natur: Kann ich auf dem Band z. B. nach digitalen Artefakten suchen oder irgendwie messen?
CMueller77
Stammgast
#4 erstellt: 30. Apr 2020, 10:48
Keine Sache; cool, Du wohnst demnach auch in der CH

Das mit dem Urheberrecht in der Schweiz stimmt schon; allerdings habe ich erfahren, dass die Polizei in Russland schon etliche "Kopierwerke" erwischt und geschlossen hat. Bei der polizeilichen Schliessung wurden dann auch PC's beschlagnahmt und geschaut, wer diese Bänder gekauft hat. In dem Sinne dachte ich, dass ich Dich darauf aufmerksam mache.

Hmm, nein, das ist fast nicht möglich. Das einzige was ich mal machen würde, wäre ein Titel auf dem Band zu digitalisieren. Dann extrahierst Du von der CD denselben Titel. Dann beide Titel in Audacity (kostenlos) oder Steinberg Wavelab Elements (kostenpflichtig, aber günstig) in der Waveform-Ansicht und Spektrum Analyzer Ansicht vergleichen. Wenn das Band von der CD erstellt wurde, sollten die beiden Waveforms fast identisch sein. Wenn Du möchtest, kannst Du mir beide WAV-Files senden, dann analysiere ich diese für Dich (Mailadresse bitte per PN anfragen).

Aber was ich bereits von den russischen "Kopierwerke" erfahren habe, kaufen diese von Tonstudios oder privaten Leute Duplication Copies und erstellen dann von diesen Kopien, welche sie über E-Bay und andere Auktionsplattformen zu Preisen von EUR 200 bis 500 verkaufen. Dass es sich bei Dir um eine Kopie einer Downmix-Copy handelt, wage ich zu bezweifeln. Downmix-Copies sind meistens Dolby-codiert (mit Rausch- oder Piepstöne am Anfang und/oder Schluss des Tapes) und lassen sich auf "nicht-Dolby-Equipment" nicht vernünftig abspielen (z.B. viel zu stark betonte Höhen, "Pumpen" von Mitten/Höhen, etc...). Wenn Dein Band auf "nicht-Dolby-Equipment" super klingt, kann es sich um eine Kopie einer Duplication Copy handeln. Die gute Frage ist dann um welche Generation Kopie es sich handelt?

War wieder viel technisches, gell? Grundsätzlich sage ich immer: den Sound von Analog-Bänder mit Freude geniessen - das ist doch die Hauptsache

LG
Christoph
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