Womit steige ich ein bei Free-Jazz?

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Jason_King
Inventar
#1 erstellt: 03. Jan 2012, 21:09
Ich fange gerade an, mich für Jazz zu interessieren. Allerdings sollte es ein wenig komplex sein, also kein Bar-, Piano- oder Big-Band-Jazz. Habe mir mal einige Zeitschriften gekauft aber ohne Hilfe komme ich da nicht wirklich weiter. Auch das Stöbern im Media-Markt hat mir nicht sehr viel weiter geholfen. Ich möchte mich schon konzentrieren beim Hören und hoffentlich auch mal neue Welten erhören. Was meint ihr....womit kann ich beginnen und womit kann ich mich steigern?
chriss71
Inventar
#2 erstellt: 03. Jan 2012, 21:26
Also mit Freejazz zu beginnen, würde ich nicht empfehlen.
Ich würde mit dem ersten Miles Davis Quintet beginnen, dann dessen Sidemen entdecken, weiter zum 2 Quintet (also modalen Jazz) und dann mit Coltrane und Ornette Coleman (und das ist dann schon relativ free).

poubelle
Inventar
#3 erstellt: 03. Jan 2012, 23:01
piano- sowie big band-jazz können verdammt anspruchsvoll und komplex sein.
ich sach nur mal Monk oder Gil Evans.
um sinnvolle tipps geben zu können, wäre es hilfreicher zu wissen, was dir so für musik gefällt und wie du dich mit jazz auseinander setzen möchtest.
Jason_King
Inventar
#4 erstellt: 03. Jan 2012, 23:31
Danke erstmal für eure Hilfe. Miles Davis ist schon mal auf meine Liste gewandert. Habe mir letztens eine CD gekauft " Lee Konitz, Bred Mahldau.....Live at Birdland". Dieser Stil gefällt mir grundsätzlich schon ganz gut, ist aber immer noch zu .....naja, melodiös. Ich komme, natürlich, vom Rock (Prog/Art-Rock) der frühen Jahre. Frühe Genesis, Yes, ELP und bin dann irgendwie zu Soft Machine gekommen. Durch die Musik von Soft Machine ist mein Interesse an Jazz geweckt worden. Nur ohne "Anleitung" steht man davor wie der sprichwörtliche "Ochs vorm Berg".
chriss71
Inventar
#5 erstellt: 03. Jan 2012, 23:43

Jason_King schrieb:
Habe mir letztens eine CD gekauft " Lee Konitz, Bred Mahldau.....Live at Birdland".


Gehört sicher zum besten des Jahres 2011 (auch auf meiner Bestenliste hier im Forum vertreten)!

Wenn du eher vom Progrock kommst, dann wäre natürlich auch die spätere elektrische Miles Periode zu empfehlen.

poubelle
Inventar
#6 erstellt: 04. Jan 2012, 00:02

Jason_King schrieb:
..Durch die Musik von Soft Machine ist mein Interesse an Jazz geweckt worden. ..

ab Soft Machine 3 ist die musik doch schon ziemlich jazzig

am einfachsten machst du es dir, wenn du die jazz ableger der Canterbury szene durchgehst.
z.B. Nucleus - aus der band kamen John Marshall, Roy Babbington und Karl Jenkins zu Soft Machine.
oder die Keith Tippett Group - aus der kamen Elton Dean, Nick Evans und Marc Charig.
Chris McGregor's Brotherhood of Breath ist ne weitere quelle von jazzern gewesen, die im umkreis und mit musikern der Soft Machine gespielt haben. Dudu Pukwana, Mongezi Feza und Louis Moholo stammen u.a. von da.
während Nucleus jazzrock spielte, sind die Keith Tippett und Chris McGregor gruppierungen teilweise reiner freejazz.
musikalisch dazwischen liegen die scheiben z.B. von Elton Dean und von Hugh Hopper.

ich fand damals diesen sampler ziemlich interessant. habe mir von fast allen darauf die entsprechenden LPs gekauft und nicht bereut.
*papamann*
Stammgast
#7 erstellt: 04. Jan 2012, 00:42
Yo; Electric Miles!

Ansonsten gab es eine Musiker-Nische die Free; bzw "New Thing" mit Soul/Funk zu verschmelzen suchte. Wie ich finde eine absolut spannende Sache! Oft ist diese Musik politisiert ("Black Movement") und mit Absicht ziemlich radikal. Langweiliger Schönklang ausgeschlossen.

Hab' ich in anderen Threads schon mit genervt; ganz ganz toll ist das hier! Vinyl und auch CD.

Weiter möchte ich die Impulse! Platten von Pharoah Sanders und Alice Coltrane ins' Spiel bringen.

Diese Musiken polarisieren: Dem Jazz-Freund sind sie zu weit weg von der reinen Lehre; dem Soul/Funk-Fan sind sie zu far out in Sachen "Paaarty!"

Genau da aber liegt der spannende Hase im Pfeffer!


Ähnlich spannend: Die AACM. Ein weites Feld; aber wunderbares zu entdecken. Hier passt der; zumindest in Europa; größte Erfolg des Art Ensembles Of Chicago. als Einstieg.

Obwohl auf ECM : Eine Wahnsinns-Platte! Von der als Basis könnte man erforschen was die Band-Mitglieder solo oder in anderen Formationen so angestellt haben; ein herrlicher Sport.

Ornette Coleman wurde bereits genannt. Nicht ganz so berühmt sind seine Platten aus den späten 7Ts/ frühen 8Ts. Ornette, der Godfather eines Idoms namens "Free Funk". Ist jetzt Jazz-Historie und wirkt wenn man das heute hört etwas...äh; angestrengt. Trotzdem möchte ich auf zwo Klassiker verweisen die einfach geil sind:

Dancing In Your Head und Body Meta.

Dem Themenersteller sei gesagt: es ist natürlich nur ein Vorschlag sich den "Free Jazz" so zu erschliessen. Vielleicht brauchst Du diesen klassischen Kram garnicht und wirst eher hier oder hier fündig.

Oder beim für mich eigentlich heiligen Gral: Sun Ra!

Auf jeden fette Entdecker-Reisen wünscht und grüßt

Carsten


@ poubelle: Das ist allerdings auch ein absolut spannendes Musizieren! Die gute alte Canterbury-Scene...


[Beitrag von *papamann* am 04. Jan 2012, 01:32 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#8 erstellt: 04. Jan 2012, 00:50
Ich stimme meinen Vorrednern voll und ganz zu. Free Jazz kann man nicht einfach so beschliessen, zu hören. Das muss man sich sinnvollerweise erarbeiten. Die Musiker, die diese Musik gespielt haben, kamen ja in der Regel auch alle von einem konservativeren Background und haben sich dann mehr oder weniger langsam freigespielt (Coleman und Ayler schneller, Coltrane langsamer, Miles Davis möglicherweise nie).

Eine logische Kette von Soft Machine "Third" ausgehend wäre > Miles Davis - Bitches Brew > Weather Report - I Sing the Body Electric > Wayne Shorter - The All Seeing Eye. Das ist dann schon ganz schön zahnscharf. Dann springst Du am besten auch mal ein Stück in die heutige Zeit zu den Coltrane, Shorter und Ayler-Epigonen zB zu einem David Ware - Godspelized oder David Murray - Home. Wenn das nicht reicht, kommst Du wieder und wir steigen mal in die Abgründe der Brötzmann-Schule (Ken Vandermark, Mats Gustafsson, Joe McPhee). Viel freier wird's nicht
*papamann*
Stammgast
#9 erstellt: 04. Jan 2012, 01:02
Kinners; Ihr seid einfach himmlisch! Macht total Spass!

"Das ist dann schon ganz schön zahnscharf." (Zitat arnaoutchot)

Hihihi....Super! Wobei die Kette aber sehr sinnig ist!


[Beitrag von *papamann* am 04. Jan 2012, 01:12 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#10 erstellt: 04. Jan 2012, 01:36
Noch ein möglicher Ansatz, ein bisschen verrückter: Warum nicht mal mit John Zorns Naked City anfangen ? Da ist alles drin. Verbindet Rock, Filmmusik und Free Jazz

naked_city
chriss71
Inventar
#11 erstellt: 04. Jan 2012, 01:45

arnaoutchot schrieb:
Wenn das nicht reicht, kommst Du wieder und wir steigen mal in die Abgründe der Brötzmann-Schule (Ken Vandermark, Mats Gustafsson, Joe McPhee). Viel freier wird's nicht ;)


Wobei ich ja sage, das ist keine Musik mehr!
Das ist nur mehr ein ungeordnetes Aneinanderreihen von Tönen.



[Beitrag von chriss71 am 04. Jan 2012, 01:48 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#12 erstellt: 04. Jan 2012, 01:50
Chrissi, hör Dir bitte dieses Album an und dann sag mir danach, dass das wirklich keine Musik ist !!! Ich finde die Platte musikalisch grandios, auch klanglich übrigens (das ist leider ein Manko im Free Jazz, dass vieles nicht perfekt aufgenommen ist, zB viele FMP-Sachen). An Jason: Auch wenn sie danach ausschaut, würde ich eher nicht damit anfangen.

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chriss71
Inventar
#13 erstellt: 04. Jan 2012, 01:56
Hi Michael!

Habe ich natürlich!
Nur ist das für mich kein Freejazz, sondern eher Hardbop mit Neobop vermischt (und mit Freejazz vermischt)

arnaoutchot
Moderator
#14 erstellt: 04. Jan 2012, 02:03

chriss71 schrieb:
Nur ist das für mich kein Freejazz, sondern eher Hardbop mit Neobop vermischt (und mit Freejazz vermischt)


Aha. Alles eine Frage der Definition. Brötzmann eigentlich dasselbe für mich. Manchmal hat er auch noch ein bisschen Rock'n'Roll dabei (zB in der berühmt berüchtigten "Machine Gun") .
*papamann*
Stammgast
#15 erstellt: 04. Jan 2012, 02:55
Es gibt eigentlich keinen Free Jazz. Ornette Colemans' Platte würde ich eher mit "Befreie den Jazz" als mit "freier Jazz" übersetzen. Yo; Wortklauberei; aber für mich doch ein Unterschied.

Die AABA-Form oder der Blues haben seit seeligem Dixieland den Jazz dominiert. Also immergleiche Akkord-Progressionen die man zu füllen hat mit seinem Solo.

Selbst bei all den Wunderkindern (und das sind Jazz-Musiker für mich) endet das irgendwann in der Stagnation. Immerzu I-IV-II-V oder ähnliche Muster...irgendwann ist einfach alles gesagt/gespielt.

Aber schon die Swing-Könige haben mit anderen Formen 'rumgemacht; die Ellington-Suiten sind da zu nennen. Und dann kam Charlie Parker! Monk! Mingus!

Und so kann man das weiter verfolgen; das Bestreben diese überkommenen (auch europäischen!) Formen weiter zu entwickeln. Vom Modern Jazz Quartet über Coltrane bis Eric Dolphy. Wir dürften da alle unsere Helden haben.

Aber die nächste Generation war ja nicht völlig befreit von der Formen-Lehre; Archie Shepp oder Marion Brown. So schräg das alles klingt gegenüber Art Blakey's Jazz Messengers...diese Musik ist trotzdem organisiert; mit Absprachen, Unisono-Themen; Soli mit Begleitung...selbst bei Cecil Taylor. Was sich allerdings radikal änderte war der Groove!

...erst dann kommen zumindest für mich die eigentlichen "Free Jazzer" ins' Spiel; bei aller Vorsicht eher eine europäische Tradition. Yo, da mag es Platten geben die tatsächlich ohne jegliche Absprachen entstanden; und im Falle irgendwelcher Big Band Projekte ist das selbst für unsereins Hard Stuff.

Gelungen finde ich ehrlich gesagt die Unterscheidung zwischen "Klassizismus" und "Neo-Klassizismus". Yo, der Jazz-Papst J.E. Behrendt.

Wynton Marsalis und Bruderherz Brandford in ihrem Schaffen zu verfolgen; da wird diese Grübelei tatsächlich hörbar.

Ich habe für beides ein Faible.

Liebe Grüße

Carsten

Edit: John Zorn! Ich habe das Glück den Kerl schon mehrmals auf der Bühne erlebt zu haben: grandios! Der möchte sein Publikum mitnehmen.

Was sein Label angeht: besessen, der Mann. Alles ist so gnadenlos. So viel habe ich nicht; aber diese "Spillane". Oder diese Scheibe mit...tja...Klezmer? Meine Fresse!


[Beitrag von *papamann* am 04. Jan 2012, 03:09 bearbeitet]
chriss71
Inventar
#16 erstellt: 04. Jan 2012, 03:31

*papaman* schrieb:
Selbst bei all den Wunderkindern (und das sind Jazz-Musiker für mich) endet das irgendwann in der Stagnation. Immerzu I-IV-II-V oder ähnliche Muster...irgendwann ist einfach alles gesagt/gespielt.


Deswegen hat ja schon Ornette Coleman (im Zusammenspiel mit Charlie Haden) sowas wie tonale Zentren erschaffen. Um dieses Problem zu umgehen.

Aber wenn jeder das spielt was er will und es wird nichts ausgemacht, dann kommt meines Erachten keine Musik raus sondern Lärm (komplette Atonalität inkl. freier Rhytmik und kein Unterschied mehr zwischen Ton und Geräusch - und hiermit verweise ich auf Brötzmann (Michael möge es mir verzeihen ;)).


[Beitrag von chriss71 am 04. Jan 2012, 03:32 bearbeitet]
*papamann*
Stammgast
#17 erstellt: 04. Jan 2012, 05:07
Das "Problem" des Jazz: trotz und gerade aller Wahnsinns-Musiker ist er zur Entwicklung "verdammt"...schwarze Klassik (Charles Mingus).

Das große Glück des Jazz: Zeitlosigkeit. Bebop war eine Revolution? Sieh einer an.

Heutzutage spielen Anfänger Parker-Riffs. John Coltrane? Kein Thema, "Bessie's Blues"; zähl' ein! Oder "Equinox".

Irgendwo müssen die hin mit ihrer Könnerschaft. Der Dance-Floor verspricht schnelles Geld; füllt dich aber nicht aus. Wirklich Neues füllt dich aus; aber du siehst genau null Kohle. Das ist bitteschön mehr als ein Klischee.

Ich selbst bin Amateur und muß vom Musizieren nicht leben. Aber im Freundeskreis sind Profis; und die leiden genau wie die Jazzer anderer Dekaden: Mit Jazz bleibst du arm.

Private Sessions.. Ich spiel' mein Walking-Bass und meine Kumpels spielen sich den Arsch ab. Nicht auf Kreuzfahrt-Schiffen oder Industrie-Galas; nicht langweilige Lounge-Kacke oder gar als Parodie-Truppe.

Einfach all das vergessen und Musik machen

Genau solch Platten gilt es zu checken. Mainstream; auch im Jazz; nervt.

Nur so Gedanken. Sorry.


[Beitrag von *papamann* am 04. Jan 2012, 05:25 bearbeitet]
Jason_King
Inventar
#18 erstellt: 04. Jan 2012, 10:55
Sorry, habe mich erst heute Morgen wieder eingeloggt. Das muß ich nun erstmal alles in Ruhe lesen und abarbeiten. Das sind auf jeden Fall alles Musiker und Bands, von denen ich schon mal gehört habe. Nun kann ich mir mal aussuchen, was davon für meine Ohren interessant ist. Merke aber schon, daß der Jazz hier im Forum sehr viele kompetente Hörer hat. Darüber und über eure Hilfe freue ich mich sehr.
Vielen Dank....Jason
arnaoutchot
Moderator
#19 erstellt: 04. Jan 2012, 11:43
Da kannste mal sehen, zwei Kollegen haben sich fast die ganze Nacht um die Ohren geschlagen ... Melde Dich, wenn Du die ersten Sachen gehört hast.
chriss71
Inventar
#20 erstellt: 04. Jan 2012, 12:43

*papaman* schrieb:
Das "Problem" des Jazz: trotz und gerade aller Wahnsinns-Musiker ist er zur Entwicklung "verdammt"...schwarze Klassik (Charles Mingus).


Das sehe ich doch etwas anders. Seit der Freejazz und Fusion Bewegung hat es keine richtige Entwicklung mehr gegeben. Im Gegenteil, die Musiker haben bemerkt, dass Freejazz auch nicht der richtige Weg ist. Klassizismus und Neoklassizismus sind nichts anderes als - alles ist möglich - nur von verschiedenen Richtungen. Höre dir mal Joshua Redman, James Carter, Christian Scott usw. an. Alles schon mal da gewesen - trotzdem, oder gerade deshalb sehr gute Jazzmusik.

arnaoutchot
Moderator
#21 erstellt: 04. Jan 2012, 13:03

chriss71 schrieb:
Seit der Freejazz und Fusion Bewegung hat es keine richtige Entwicklung mehr gegeben. Im Gegenteil, die Musiker haben bemerkt, dass Freejazz auch nicht der richtige Weg ist. Klassizismus und Neoklassizismus sind nichts anderes als - alles ist möglich - nur von verschiedenen Richtungen. Höre dir mal Joshua Redman, James Carter, Christian Scott usw. an. Alles schon mal da gewesen - trotzdem, oder gerade deshalb sehr gute Jazzmusik.

:prost


Ich sehe den Zustand des heutigen Jazz als "Free for All". Alles ist möglich, wie Du richtig schreibst, auch noch die verrücktesten Kombinationen. Das macht es ja so spannend. Der eigentliche Free Jazz war ein Phänomen der 60er, alles spätere eher Wiederholungen oder wie im Fall von Brötzmann eine eigene Schule.

Leider ist auch Jazz-Mainstream eine Nische und wir handvoll Jazz-Hörer überschätzen immer das vergleichsweise niedrige Interesse an Jazz.
Jason_King
Inventar
#22 erstellt: 04. Jan 2012, 13:59

arnaoutchot schrieb:
Melde Dich, wenn Du die ersten Sachen gehört hast.

Das mache ich. Versprochen!!
*papamann*
Stammgast
#23 erstellt: 05. Jan 2012, 03:01

chriss71 schrieb:

*papaman* schrieb:
Das "Problem" des Jazz: trotz und gerade aller Wahnsinns-Musiker ist er zur Entwicklung "verdammt"...schwarze Klassik (Charles Mingus).


Das sehe ich doch etwas anders. Seit der Freejazz und Fusion Bewegung hat es keine richtige Entwicklung mehr gegeben. Im Gegenteil, die Musiker haben bemerkt, dass Freejazz auch nicht der richtige Weg ist. Klassizismus und Neoklassizismus sind nichts anderes als - alles ist möglich - nur von verschiedenen Richtungen. Höre dir mal Joshua Redman, James Carter, Christian Scott usw. an. Alles schon mal da gewesen - trotzdem, oder gerade deshalb sehr gute Jazzmusik.

:prost


So kann man das durchaus sehen. Wobei insbesondere Wynton Marsalis mir den Kopp wegbläst mit seiner Orientierung "am alten". Den Knaben liebe ich.

Es geht mir nicht darum nicht darum irgendwelchen Leuten "Stillstand" vorzuwerfen weil sie "klassisches" spielen. Zeitgenössischen Hard-Bop finde ich super. Oder ein Geschenk zur Weihnacht; "Big Band Dorsten": klassischer Sound; richtig toll.

"Zur Entwicklung verdammt" ist sicher auch ein persönlicher Eindruck. Ich liebe die Energie des Jazz; nicht nur als afro-amerikanisches Lay-Out. Stan Kenton; eher verpönt....ich finde dieses Breitwand-Gemetzele voll geil. Mir ist dieses "Feuer" wichtig im Jazz. Der Groove; und der darf auch von komplett "freien" Leuten kommen. Sollen die das dann "Pulse" nennen; bitte sehr.

Oder noch ganz anders:

John Zorn solo in Moers beim Festival: Nur das Mundstück in ein Glas Wasser. Wir haben uns totgelacht; und John Zorn auch. Ob das jetzt Jazz wäre war die Frage. Er wies immerzu auf die nächste Band hin; japanische Frauen mit alten japanischen Zithern; ob das nun Jazz wäre. Er ist bei denen dann bei zwo Stücken eingestiegen. Was ein kirres Zeug! Ist das Jazz? Wenn nicht; was genau ist dann Jazz? Die inzwischen 120 Jahre alte Tradition von Tonbildung und Phrasierung über standartisierten Akkord-Folgen? Der Versuch dem mit anderen Modellen vor der Stagnation zu retten? Die Rückbesinnung auf das was den klassischen Jazz ausmacht oder genau diese Klischees zu umschiffen? Oder ist Jazz letztlich nur eine von vielen Musiken mit improvisierten Teilen; im Gegensatz zum Gassenhauer; also einem Pop-Song...

So ganz frei von dieser ewigen Definitions-Kacke bin ich ehrlich gesagt immer noch nicht. Was lächerlich ist; weil eh sinnloses Unterfangen.

Aber mein Jazz-Regal heißt seit einigen Jahren anders:

Possible Music. Mögliche Musiken. Da stehen die Platten wo ich eben genau nicht weiß oder ahne was gleich passiert. Auch nach Hören über Jahre.

"Nefertiti" von Miles Davis übrigens ist komplett; Ton für Ton durchkomponiert. Keine Improvisation. Trotzdem aber eisenharter Jazz.

So soll das. Gedanken zur Nacht; nicht zu ernst nehmen.

Liebe Grüße

Carsten


[Beitrag von *papamann* am 05. Jan 2012, 03:19 bearbeitet]
Jason_King
Inventar
#24 erstellt: 05. Jan 2012, 10:37
Ohhh Mann, ich hoffe, es kommt der Tag, an dem ich mitreden kann. Ich merke, es ist eine komplett andere Musik als die, die ich bisher gehört habe. Aber gerade auch die Worte meines Vorredners sagen mir, "es muß etwas sehr spannendes sein, auf das ich mich da einlassen will". Auf jeden Fall bestelle ich mir in den nächsten Tagen meine ersten Sachen!
poubelle
Inventar
#25 erstellt: 05. Jan 2012, 14:51

*papaman* schrieb:

.."Nefertiti" von Miles Davis übrigens ist komplett; Ton für Ton durchkomponiert. Keine Improvisation. ...

wie kommst du zu dieser meinung?
hör doch noch mal genauer hin!
*papamann*
Stammgast
#26 erstellt: 05. Jan 2012, 15:07
Okay, so ist das nicht gaaanz richtig. Aaaaber...Zitat wiki:

"Bekannt wurde das Album durch sein Titelstück „Nefertiti“ von Wayne Shorter; das ungewöhnliche „kompositorische Meisterwerk“ (Wießmüller) wiederholt mehrere Male die Melodie ohne individuelle solistische Beiträge, während die Rhythm Section darüber improvisiert, Dynamik schafft und damit ihre traditionelle Rolle umkehrt. Saxophonist Shorter stellt das leicht melancholische Thema vor; während der ersten Wiederholung tritt die Trompete in unisono-Spielweise hinzu; im folgenden wird das Thema nur durch die Intensität des Vortrags als auch durch die Pausengestaltung variiert.[Wießmüller 2] Eric Nisenson schrieb zu der Spielweise, er gäbe „keinerlei Soli im herkömmlichen Sinn, aber Klavier, Bass und Schlagzeug reagieren auf das Thema mit immer kniffligeren rhythmischen patterns.“[Nisenson 1"

Auf jeden killt mich das Stück jedesmal aufs' neue.

Liebe Grüße

Carsten
chriss71
Inventar
#27 erstellt: 05. Jan 2012, 15:23

*papaman* schrieb:
Auf jeden killt mich das Stück jedesmal aufs' neue.


Und damit stimme ich 100% überein!

Jason_King
Inventar
#28 erstellt: 05. Jan 2012, 21:18
Habe mir soeben ein paar CD`s gekauft und zwar: Bred Mehldau-Live in Marciac, Hank Roberts-Everything is alive und Keith Jarett-Rio. Morgen gehts an Hören. Was meint ihr zu meiner Anfangs-Auswahl?
arnaoutchot
Moderator
#29 erstellt: 05. Jan 2012, 23:07
Na ja, Free Jazz isses nu nich .... aber die neue Jarrett soll schön sein, hab sie noch nicht gehört.
Jason_King
Inventar
#30 erstellt: 05. Jan 2012, 23:20
Ich werd mal berichten, wie sie mir grfallen hat.
poubelle
Inventar
#31 erstellt: 06. Jan 2012, 15:35

Jason_King schrieb:
Habe mir soeben ein paar CD`s gekauft und zwar: Bred Mehldau-Live in Marciac, Hank Roberts-Everything is alive und Keith Jarett-Rio. Morgen gehts an Hören. Was meint ihr zu meiner Anfangs-Auswahl?

kann es sein, dass du nur hören wolltest, welche namen es zu vermeiden gilt, weil die freejazz machen?

deine auswahl hat ja nun überhaupt nichts mit der fragestellung zu tun.
noch wurde auch nur einer der gekauften musiker erwähnt. (außer von dir als schon vorhandenene scheibe)
stellt sich also die frage, warum fragst du überhaupt?
Jason_King
Inventar
#32 erstellt: 06. Jan 2012, 16:34
Halt mich ruhig für naiv...... Bei unserem MediaMarkt gab es so gut wie keine Jazz-Scheiben. So hab ich erstmal genommen was da war um irgendwie einzusteigen. Ich hab einfach Lust auf Musikhören....verstehst Du das?
poubelle
Inventar
#33 erstellt: 06. Jan 2012, 17:09

Jason_King schrieb:
..So hab ich erstmal genommen was da war um irgendwie einzusteigen. Ich hab einfach Lust auf Musikhören....

das beantwortet zwar nicht direkt meine frage, aber zeigt sehr schön wie sinnlos dieser thread ist.
mackimessa
Stammgast
#34 erstellt: 06. Jan 2012, 18:12
Tja von free Jazz verstehe ich nix, mir gefallen am ehesten die frühen Be Bop Hard Bop Blue Note Miles Davis Quintet Sachen vor der heftigen verkoksten electric Phase obwohl es da auch immer mal wieder spannende Momente gegeben hat). Neulich so ein Bootleg Live Konzert gesehen mit nem blutjungen Chick Corea, Wayne Shorter und vor allem Tony Williams, der Bassist war ein weisser Dave Holland ? 1969 Les Pins Jazz Festival
Egal, die Musik war schon reichlich FREE - ein Groove mehr oder weniger, jeder spielte alles durcheinander Miles meldete sich nur selten zu wort, nie einen Ton zu viel spielend. Interessant auf jeden.

Nun gut

Aber mal was anderes Terje Rypdal fand ich immer nervig, bis ich auf seinem 1975er Doppel Album Odysse stiess - Ein Hammer vor'm Herrn auf ECM unbedingt checken.
Volker Kriegel - LIft oder Manfred Schoof frühe 70er LP Light Lines sind klanglich auch spannend. Du hast ja nen Plattenspieler.

Die einzige "Free Jazz" Cd die ich besitze ist von Ornette Coleman mit Tone Dial.
Nicht so nervig, wie der meiste Free Jazz.
HansFehr
Inventar
#35 erstellt: 06. Jan 2012, 21:02

poubelle schrieb:
aber zeigt sehr schön wie sinnlos dieser thread ist.

Ja, man ist drauf reingefallen. Ich habe bewusst nichts beigetragen.

Solche Threads kommen immer wieder mal vor.
poubelle
Inventar
#36 erstellt: 07. Jan 2012, 00:42

HansFehr schrieb:

Ja, man ist drauf reingefallen. Ich habe bewusst nichts beigetragen.

Solche Threads kommen immer wieder mal vor.

wenn auch sinnlos für den TE, so doch hoffentlich nicht unnütz für andere leser.

es sind ja immerhin einige nützliche tipps und verweise in die eine oder andere richtung von arnaoutchot, chriss71 und *papaman* gegeben worden.
in diesem sinne
Jason_King
Inventar
#37 erstellt: 07. Jan 2012, 18:14

poubelle schrieb:

das beantwortet zwar nicht direkt meine frage, aber zeigt sehr schön wie sinnlos dieser thread ist.

Ich weiß nicht, womit ich mir Deinen Zorn zugezogen habe. Und sinnlos? Für mich ganz sicher nicht. Dank auf jeden Fall an alle, die mir mit Ihrem Fachwissen sehr geholfen haben.
poubelle
Inventar
#38 erstellt: 07. Jan 2012, 22:40
@Jason_King:

warum zorn?
ich habe nur auf den nicht vorhandenen bezug deiner fragestellung und deines kaufverhaltens hingewiesen.
FriDin
Stammgast
#39 erstellt: 16. Feb 2012, 23:10
Hallo,
mein Einstieg in den Free Jazz verdanke ich dem
Art Emsmble Of Chicago.
Die Band hatte ich in den 70igern live auf dem Festival
in Moers gesehen.
Empfehlen würde ich dir noch
John Coltrane, Ornette Coleman und Ira Sullivan.
Gruss,
Fritz
dietmar_
Inventar
#40 erstellt: 19. Apr 2014, 18:02

FriDin (Beitrag #39) schrieb:
Empfehlen würde ich dir noch
John Coltrane, Ornette Coleman und Ira Sullivan.

Oh, das würde mich interessieren, wo hat denn Ira Sullivan etwas in Richtung Free gemacht? *Threadthema aufnehme*
Micha_L
Stammgast
#41 erstellt: 20. Apr 2014, 15:33

Jason_King (Beitrag #4) schrieb:
...............bin dann irgendwie zu Soft Machine gekommen. Durch die Musik von Soft Machine ist mein Interesse an Jazz geweckt worden. .


Wer Softmachine mag, der mag sicherlich auch das Mahavishnu-Orchestra.
Das ist zwar nicht free, aber wild-chaotisch..........

Am Besten das hier:



Gruß

Micha


[Beitrag von Micha_L am 20. Apr 2014, 15:34 bearbeitet]
Jason_King
Inventar
#42 erstellt: 22. Apr 2014, 14:03
Von McLaughlin habe ich schon so einiges, die allerdings noch nicht. Vielleicht ist der Titel ja Programm. Werde mal schauen, ob ich die "Live" günstig bekomme.
Dualplattenspieler
Inventar
#43 erstellt: 22. Apr 2014, 16:13
[quote="mackimessa (Beitrag #34)"]Tja von free Jazz verstehe ich nix[/quote]

Einwandfrei bewiesen!
Trotzdem mitmachen mit dieser Live Antibes Zusammenfassung: [quotedie Musik war schon reichlich FREE ][/quote]


[Beitrag von Dualplattenspieler am 22. Apr 2014, 16:14 bearbeitet]
Micha_L
Stammgast
#44 erstellt: 22. Apr 2014, 16:56

Jason_King (Beitrag #42) schrieb:
Von McLaughlin habe ich schon so einiges, die allerdings noch nicht. Vielleicht ist der Titel ja Programm. Werde mal schauen, ob ich die "Live" günstig bekomme.


Die gibts für runde 10 Eumel..

In Deiner Situation war ich vor 40 Jahren.
Der Rock wurde immer komplexer, mit Improvisationen und langen Soli. Dann starb Hendrix und der Rock wurde danach wieder simpler und "verpopte" sozusagen.
Da bin ich über die damalige Brücke des Jazzrock gegangen. Allzu gefällige Jazznummern wollte ich auch nicht.


[Beitrag von Micha_L am 22. Apr 2014, 16:56 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#45 erstellt: 22. Apr 2014, 17:24

Jason_King (Beitrag #42) schrieb:
Von McLaughlin habe ich schon so einiges, die allerdings noch nicht. Vielleicht ist der Titel ja Programm. Werde mal schauen, ob ich die "Live" günstig bekomme.


Nur meine persönliche Meinung: Gegen die "Inner Mounting Flame" und die "Birds of Fire" fällt die Live-Platte stark ab !!! Wenn Du die beiden Studioplatten noch nicht hast, dann unbedingt diese zuerst kaufen. Bei der Live ist nomen = omen, sie operiert bei mir stark auf der "Nothingness"-Seite Aber mit Free Jazz hat das alles nichts zu tun.


[Beitrag von arnaoutchot am 22. Apr 2014, 17:27 bearbeitet]
Jason_King
Inventar
#46 erstellt: 22. Apr 2014, 17:37
Michael, die beiden von Dir genannten habe ich natürlich. War schon eine kleine Sensation, als die Anfang der 70er rauskamen. Nur das der Gitarrist kurze Haare hatte, hat uns nicht so gefallen.
arnaoutchot
Moderator
#47 erstellt: 22. Apr 2014, 17:47
Na dann, dann versuch's mal mit der Live. Aber vermutlich wirst Du nicht viel Neues ggüb. den Studio-Platten finden (und Free Jazz schon gar nicht ).

Hast Du mal was aus der Hörkette, die ich im dritten oder vierten Post oben genannt hatte, gehört ?

Eine logische Kette von Soft Machine "Third" ausgehend wäre > Miles Davis - Bitches Brew > Weather Report - I Sing the Body Electric > Wayne Shorter - The All Seeing Eye. Das ist dann schon ganz schön zahnscharf. Dann springst Du am besten auch mal ein Stück in die heutige Zeit zu den Coltrane, Shorter und Ayler-Epigonen zB zu einem David Ware - Godspelized oder David Murray - Home. Wenn das nicht reicht, kommst Du wieder und wir steigen mal in die Abgründe der Brötzmann-Schule (Ken Vandermark, Mats Gustafsson, Joe McPhee). Viel freier wird's nicht
Jason_King
Inventar
#48 erstellt: 22. Apr 2014, 19:07
Bitches Brew und einiges von Weather Report habe ich auch im Regal. Mein Jazz-Geschmack ist allerdings inzwischen ein anderer. Piano-Trios sind das, was ich gern höre. Bred Mehldau, Keith Jarrett, EST und auch ziemlich viel von ECM.
Free ist doch nicht das geworden, was mich begeistern konnte.
Im Moment höre ich seeeehr gern "Somewhere" von Jarrett.
Micha_L
Stammgast
#49 erstellt: 23. Apr 2014, 09:14
Hallo Jason,

nun sieht die Sache etwas anders aus, als eingangs beschrieben: Du kennst Jazz schon lange und Jazzpiano magst Du auch.

Die gegensätzlichen Auffassungen von arnaoutchot und mir zu dieser McL-Live werden nicht das erste Mal offenbar.

Beim Freejazz empfehle ich Peter Brötzmann, wenn Du Powerplay magst - andernfalls (also kein Freejazz) Piano-Trios von Makiko Hirabayashi. Da hörst Du nicht nur sidemen, sondern interessante Begleiter und der enja-Klang ist auch erstklassig.

Gruß
Micha


[Beitrag von Micha_L am 23. Apr 2014, 09:33 bearbeitet]
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