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Ist Filmmusik Klassik?

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Autor
Beitrag
sound67-again
Gesperrt
#51 erstellt: 18. Feb 2009, 11:16

Mellus schrieb:
SirVivals letztes Argument war ein begriffliches: Der Begriff "Klassik" hat eine größere Extension als der Begriff "Filmmusik". Also kann "Klassik" nicht identisch mit "Filmmusik" sein. Das halte ich für ein gutes Argument.


Was soll daran gut sein? Niemand hat behauptet, dass Filmmusik und Klassik begrifflich Synonyme sind. Wer würde das so missverstehen können? Deshalb war die daraus abgeleitete Polemik inhaltslos.


Allerdings hat bisher niemand von denjenigen, die anscheinend damit sympathisieren, Filmmusik als selbständige "Kunstmusik" oder "ernste Musik" aufzufassen, auch nur einen Begründungsansatz dafür vorgebracht (eine Aussage wie "Filmmusik ist Kunstmusik" geht nicht als Begründung durch); oder alternativ eine Begründung dafür, dass es diese Unterscheidung gar nicht gibt.


Da, wo sich Filmmusik explizit musikalischer Form bedient, z.B. der Leitmotivtechnik, Fugen, Passacaglien etc ist schon allein das "Gerüst" der Kunstmusik gewahrt. Die meisten orchestralen Filmmusiken haben ein thematisches oder motivisches Format und folgen in allen wichtigen Prinzipien denen der konzertanten Orchestermusik - und gehen zusätzlich eine Symbiose mit dem Film ein. Das sagt noch nichts über die Qualität der jeweiligen Arbeit aus, aber über ihren grundsätzlichen Charakter. Dadurch ist ute Filmmusik, also solche, die nicht bloß Filmeffekten folgt, auch autonom.


Der ästhetische Anspruch zwischen Filmmusik und "Kunstmusik" ist asymmetrisch. Kunstmusik ging und geht regelmäßig über den jeweils gegenwärtig ästhetisch akzeptierten Standard hinaus. Filmmusik, verstanden wie in 1) vom hifi-zwerg, bedient bzw. bezieht sich bloß auf diesen Standard.


Falsch bzw. irreführend. Nach dieser Definition wäre konservative Musik in ihrer jeweiligen Zeit auch keine Klassik, weil sich bspw. ein Carl Reinecke der Mittel Mendelssohns und Schumanns bedient, sie aber nicht erweitert. Dadurch hat Reineckes Musik weder einen "niedrigeren" Anspruch noch ist sie keine Klassik. Auch British Light Music wird zur "Klassik" gerechnet, obwohl sie überhaupt keiner weitergehenden ästhetischen Ansprüche hat.

Auch Filmmusik kann ästhetisch über den "Standart" (Was bitte schön ist der Standart z.B. heute - Avantgarde, Neoromantik, Polystilistik oder was?) hinausgehen, aber das Medium Film selbst ist in seiner Grammatik, zumindest, was das Mainstream Kino, erzählende Kino angeht, eher konservativ - und die Musik hierzu im konzertanten Sinne auch. Gehört sie deshalb nicht zur Klassik? Natürlich gehört sie dazu. Filmmusiken wie "Planet of the Apes" oder "Fantastic Voyage" sind im Vokabular weitaus "moderner" als so manches Orchesterwerk, das heute für den Konzertsaal geschrieben wird. Wieso also trennen?

Außerdem stellt die Filmmusik als solche auch eine musikalische Innovation dar, und zwar in den musikdramaturgischen und musiktechnischen Erfordernissen in der Symbiose mit dem Medium Film. So wie die Oper eine Symbiose von Musik und Theater darstellt.

Gruß, Thomas


[Beitrag von sound67-again am 18. Feb 2009, 11:45 bearbeitet]
Richard3108
Inventar
#52 erstellt: 18. Feb 2009, 12:12
Hallo
Mensch, wenn ich mir durchlese, was der Themensteller so schreibt und vor allem wie er das schreibt, dann sieht es ganz so aus, als ob wir hier einen echten Spezialisten haben (...).

GRUSS

EDIT Hüb: Beleidigung entfernt.


[Beitrag von Hüb' am 18. Feb 2009, 15:48 bearbeitet]
Mellus
Stammgast
#53 erstellt: 18. Feb 2009, 12:35
Hallo Thomas,

man neigt dazu Filmmusik mit einen geringeren künstlerischen Anspruch als Kunstmusik zu verbinden, da Filmmusik in der Regel ausgetretenen Pfaden folgt, bis hin zum "Malen-nach-Zahlen" oder zur "Effekthascherei". Oder anders ausgedrückt:


sound67-again schrieb:
Die meisten orchestralen Filmmusiken haben ein thematisches oder motivisches Format und folgen in allen wichtigen Prinzipien denen der konzertanten Orchestermusik


Und wenn Carl Reinecke auch so ein "Musikhandwerker" ist, dann macht er halt keine Kunstmusik. So what?

(Es leuchtet übrigens überhaupt nicht ein, wie etwas gleichzeitig "eine Symbiose" mit etwas anderem eingehen und trotzdem "autonom" bleiben kann.)

Viele Grüße,
Mellus
sound67-again
Gesperrt
#54 erstellt: 18. Feb 2009, 13:15

Mellus schrieb:
Und wenn Carl Reinecke auch so ein "Musikhandwerker" ist, dann macht er halt keine Kunstmusik. So what?


Deine Argumentation ist bezogen aus BEIDES, Filmmusik und konservative Komponisten à la Reinecke einfach falsch. Wieso sollen die Werke Reineckes keine "kunstmusik" sein, nur weil er das Musikvokabular nicht erweitert hat? Dann kannst du 80-90% aller klassischen Musik abtun. Das ist einfach Blödsinn!

Und lässt vermuten, dass du nur die Musik hörst, von der du glaubst, dass sie die Kunst "voran" gebracht hat (weil dir das jemand erzählt oder du es gelesen hast). Sollte das so sein, dann kann ich nur sagen: Welch kleine Welt. (Reinecke scheinst du ja z.B. nicht zu kennen). Ich mache mir lieber mein eigenes Bild.


(Es leuchtet übrigens überhaupt nicht ein, wie etwas gleichzeitig "eine Symbiose" mit etwas anderem eingehen und trotzdem "autonom" bleiben kann.)


Schade, es ist doch so einfach. Diese Musik, wenn sie gut gemacht(!) ist, macht in sich Sinn und als Ergäanzung zum Visuellen. Dann kann man sich auch keine Oper von der CD anhören, oder?

Gruß, Thomas


[Beitrag von sound67-again am 18. Feb 2009, 13:31 bearbeitet]
SirVival
Hat sich gelöscht
#55 erstellt: 18. Feb 2009, 13:45

sound67-again schrieb:

Mellus schrieb:
Und wenn Carl Reinecke auch so ein "Musikhandwerker" ist, dann macht er halt keine Kunstmusik. So what?


Deine Argumentation ist bezogen aus BEIDES, Filmmusik und konservative Komponisten à la Reinecke einfach falsch. Wieso sollen die Werke Reineckes keine "kunstmusik" sein, nur weil er das Musikvokabular nicht erweitert hat? Dann kannst du 80-90% aller klassischen Musik abtun. Das ist einfach Blödsinn!

Und lässt vermuten, dass du nur die Musik hörst, von der du glaubst, dass sie die Kunst "voran" gebracht hat (weil dir das jemand erzählt oder du es gelesen hast). Sollte das so sein, dann kann ich nur sagen: Welch kleine Welt. (Reinecke scheinst du ja z.B. nicht zu kennen). Ich mache mir lieber mein eigenes Bild.


(Es leuchtet übrigens überhaupt nicht ein, wie etwas gleichzeitig "eine Symbiose" mit etwas anderem eingehen und trotzdem "autonom" bleiben kann.)


Schade, es ist doch so einfach. Diese Musik, wenn sie gut gemacht(!) ist, macht in sich Sinn und als Ergäanzung zum Visuellen. Dann kann man sich auch keine Oper von der CD anhören, oder?

Gruß, Thomas


Hallo!

Entschuldigung, aber sounds Argumentation wirkt auf mich nur noch wirr, es kann aber auch sein, und das konzediere ich ganz ehrlich, dass ich als Vertreter des geistigen Mittelstandes dem intellektuell nicht mehr zu folgen vermag. Eingedenk dieser Erkenntnis werde ich mich aus diesem Thread nun leise weinend zurückziehen müssen.

Habe die Ehre
und Tschüss
Mellus
Stammgast
#56 erstellt: 18. Feb 2009, 14:00

sound67-again schrieb:
Deine Argumentation ist bezogen auf BEIDES, Filmmusik und konservative Komponisten à la Reinecke einfach falsch.


Ach verdammt. Und ich hatte gehofft, dass sie wenigstens kompliziert falsch sei!

Viele Grüße,
Mellus
sound67-again
Gesperrt
#57 erstellt: 18. Feb 2009, 15:04

SirVival schrieb:
Entschuldigung, aber sounds Argumentation wirkt auf mich nur noch wirr, es kann aber auch sein, und das konzediere ich ganz ehrlich, dass ich als Vertreter des geistigen Mittelstandes dem intellektuell nicht mehr zu folgen vermag.


Da du das Thema des Threads eingangs ja schon missverstanden hattest muss es wohl so sein.

Oft ist es einfach eine Frage des sich-öffnen-wollens gegenüber dem, was nicht dem "Standardkatalog der akzeptierten Klassik" entspricht. So mancher sammelt lieber 50 Bruckner 5., bevor er mal nach anderem forscht. Ganz offenbar hat das Problem nicht so sehr mit Filmmusik als solcher zu tun.
Mellus
Stammgast
#58 erstellt: 23. Feb 2009, 16:49
Nun hat dieser Thread ja einen unschönen Verlauf genommen. Es ist nicht meine Absicht, Öl ins Feuer zu gießen, zur Klärung einer Sicht, die man auf Filmmusik haben kann, soll aber noch ein berühmterer Mensch zu Wort kommen -- wohl wissend, dass Autorität kein Bürge für Wahrheit ist. In einem Interview mit Philip Glass findet sich folgende Passage:



Wer sind für Sie die einflussreichsten Komponisten des 20. Jahrhunderts?

Glass: Zu Beginn waren es definitiv Debussy, Schönberg und Strawinsky, diese drei. Und jeder war gleichermaßen wichtig. Für mich persönlich hatte Debussy einen größeren Einfluss als Schönberg, aber alle wollten sich dem Problem annähern, eine Ordnung zu schaffen in der Welt der Tonalität - das Ende der Romantik, die Auflösung der Tonalität, das hatte alles viel Verwirrung gebracht. Jeder hat verschiedene Wege gefunden, neue Wege der Komposition. Es folgte dann eine Periode von 50, 60 Jahren, in der die Leute an diesen Ideen arbeiteten und viele wunderbare Werke entstanden. Wichtig und einflussreich finde ich als nächstes John Cage. Er hat in den 60ern eine neue Diskussion über Musik eingeleitet, die die Musik sehr verändert hat. Seine eigene Musik wurde ja kaum gespielt - er war eben einer von denen, die Bücher über Musik geschrieben haben. Und wir Komponisten haben diese Bücher gelesen, weniger das normale Publikum. Seine Komponisten-Generation wurde sehr durch seine Gedanken beeinflusst.

Angekommen im 21. Jahrhundert, arbeiten die bekanntesten und vielschaffendsten Komponisten der klassischen Musik vor allem in Hollywood. Würden Sie denen auch in irgendeiner Art Einfluss bestätigen?

Glass: Nein. Wir reden hier doch von Komponisten, die etwas neues entdecken, erfinden, die eine neue Musiksprache entwickeln.

Und Williams, Horner, Zimmer?

Glass: Nein, nein. Die verpacken die Dinge nur neu, sie rekombinieren. Erfinden und Rekombinieren sind aber sehr unterschiedliche Dinge. Das ist in der Popmusik genauso, nicht jeder rekombiniert nur, auch da gibt es Erfinder, man muss nur den Unterschied kennen. Bob Dylan, das ist ein Erfinder. Genauso Paul Simon, die Beach Boys in den 60ern/70ern oder Frank Zappa - da wurde wirklich etwas neues erfunden. John Williams, James Horner, die sind sehr talentiert, aber sie sind keine Erfinder, sie schreiben ihre Musik, indem sie nur neue Verpackungen schaffen.


Glass bestreitet nicht, dass Filmmusiken der Klassik (in irgendeinem Sinne) zugehörig sind. Ihre Komponisten haben Talent und "Sie beherrschen ihr Handwerk sehr gut", wie er später noch schreibt. Dennoch beharrt er auf einem Unterschied zu den bedeutenden "autonomen" Komponisten; in Glass' Worten: "aber sie erfinden nichts." Glass betont mit seinen Pop-Beispielen auch, dass das kein "Klasssikding" ist. Das bedeutet auch nicht, dass die Komponisten nicht zu einflussreicher Musik im Stande wären. Vielleicht sind sie es? Sie können es nur in Filmmusik nicht umsetzen, weil die "Seinsweise" des Genres "Filmmusik" dies nicht zulässt. Auch wenn es schwer vorstellbar ist, mag es tatsächlich mal eine Ausnahme gegeben haben. Aber was zählt schon eine Ausnahme? Glass' Position (die sich wahrscheinlich eh mit dem common sense deckt) finde ich jedenfalls recht nachvollziehbar.

Viele Grüße,
Mellus
sound67-again
Gesperrt
#59 erstellt: 24. Feb 2009, 17:57
Das ist nur eine Wiederholung deiner oben schon genau so sinnlosen "Einwände", die mit dem Thema gar nichts zu tun haben. Klassik hat nichts mit "Innovation" zu tun, es gibt progressive und konservative Komponisten, und? Ist Philip Glass vielleicht ein Innovator?

Er war es mal, doch seine eigene Musik tendiert immer mehr zur Neoromantik. Würde er deshalb akzeptieren, dass sie keine "Klassik" ist? Sicher nicht - und ER wird nicht durch das Gerüst eines konservativen Mediums wie dem des Erzähkinos GEHINDERT, innovativ zu sein.

Das leistet nichts, aber auch gar nichts zur Begriffsklärung.

Mozart war auch kein Innovator. Er hat weder eine neue Form geschaffen (anders als Haydn z.B.) noch Neuerungen in der Musiksprache gebracht, seine Musik ist in ihrer Zeit konservativ, wenn auch gut gemacht. Hätte er im 20. Jahrhundert gelebt, hätte er nicht Symphonien, sondern Filmmusik geschrieben. Er war ein Vielschreiber und Handwerker, genau das, was ein Filmkomponist sein muss.

Und? Ist seine Musik deshalb keine Klassik?

Komisch, für viele ist Mozart einer der "größten" klassischen Komponisten.

Dein Ansatz ist völlig abwegig, unsinnig, ja nicht im geringsten nachvollziehbar. Kurz gesagt: Was soll der Quatsch?

Auch das "Argument" der Autonomie verfängt nicht. Wie autonom waren Komponisten, die Musik zur Verbesserung der Verdauung irgendwelcher Potentaten geschrieben haben oder zur Verlustierung selbiger mit diversen Konkubinen? Wie "unabhängig" war deren Musiksprache, wenn sie wussten, dass für einen bestimmten Anlass ein bestimmter Ton getroffen werden musste?

Gruß, Thomas


[Beitrag von sound67-again am 24. Feb 2009, 18:38 bearbeitet]
WolfgangZ
Inventar
#60 erstellt: 24. Feb 2009, 19:38
Unabhängig davon, dass ich mich jetzt nicht in den Streit einmischen möchte, muss ich schon auch darauf hinweisen, dass kaum einem anderen Komponisten der Gegenwart solche Äußerungen derart wenig anstehen wie gerade Philipp Glass.

Einen größeren Langweiler und Kopierer seiner selbst, dessen Musik vorausberechenbar ist wie wenig anderes, muss man erst finden.

Und das sagt jemand, der recht gerne Minimal Music von Reich oder Adams hört.

Im Übrigen will ich gar nicht bestreiten, dass die Musik zu "Koyanisquaatsi" aus dem Moment ihrer Statik den Reiz des Films verstärkt. Nur: Anders kann Glass nicht!

Wolfgang


[Beitrag von WolfgangZ am 24. Feb 2009, 19:43 bearbeitet]
Hüb'
Moderator
#61 erstellt: 24. Feb 2009, 19:40

Mozart war auch kein Innovator. Er hat weder eine neue Form geschaffen (anders als Haydn z.B.) noch Neuerungen in der Musiksprache gebracht, seine Musik ist in ihrer Zeit konservativ, wenn auch gut gemacht. Hätte er im 20. Jahrhundert gelebt, hätte er nicht Symphonien, sondern Filmmusik geschrieben.

Welch präzise-(be-)zwingender Schluss...
Kings.Singer
Inventar
#62 erstellt: 24. Feb 2009, 19:58

sound67-again schrieb:
Das leistet nichts, aber auch gar nichts zur Begriffsklärung.

[...]
Dein Ansatz ist völlig abwegig, unsinnig, ja nicht im geringsten nachvollziehbar. Kurz gesagt: Was soll der Quatsch?



sound67-again schrieb:
Unerträglich arrogant sind übrigens vielmehr diejenigen, die Filmmusik als Ganzes als "minderwertig" abtun.





Das gibt Stoff um an anderer Stelle vielleicht "arrogantes Verhalten" zu definieren.


Viele Grüße,
Alex.
Mellus
Stammgast
#63 erstellt: 24. Feb 2009, 22:15
Niemand bestreitet, dass Filmmusik "Klassik" in einem allgemeinen Sinne ist. Deine Aufregung darüber, Thomas, beruht wohl darauf, dass Du hinter den Begriffsstand, der weiter oben in diesem Thread bereits erreicht wurde, zurückgehst. Filmmusik kann sogar "gut" sein. Aber stutzig darf man doch schon noch werden, wenn Filmmusik in einen Topf mit den größten Meisterwerken der Musikgeschichte geworfen werden soll, oder? Der Nachweis, dass hier ein Unterschied besteht, müsste idealerweise in exemplarischen Werkanalysen gebracht werden. Man kann sich aber auch auf seine Ohren verlassen und sich auf einer gröberen Ebene unterhalten. Und ein grobes Distinktionsmerkmal von "E-Musik" oder "Kunstmusik", um das es zum Schluss ging, war so etwas wie "ästhetischer Wert". Das ist ein schwammiges Etwas, aber Indizien dafür lassen sich im musikalischen Einfluss, im Abweichen von ausgetretenen Pfaden und der Autonmie von Musik finden. Und diese Eigenschaften sind in der Filmmusik nur schwach ausgeprägt. "Das Vokabular erweitern", wie Du es nennst, ist, das sollte noch erwähnt werden, kein Selbstzweck, sondern Ausdruck einer ästhetischen Haltung. Diese ästhetische Haltung muss man nicht teilen; vielleicht hat man auch gar keine ästhetische Haltung. Aber über Sinn und Unsinn, Zeitbezogenheit und Gültigkeit von ästhetischen Kriterien zu diskutieren wäre ein anderer Thread. (Im Bezugsrahmen einer "postmodernen Kuschel-Ästhetik" gibt es vielleicht wirklich keinen Unterschied zwischen E- und Filmmusik mehr.)

Natürlich haben auch die etablierten Klassiker Werke hinterlassen, die aus anderem Antrieb geschrieben wurden. Die von Dir genannte Gebrauchsmusik ist ein Beispiel. (Deine Bemerkung zu Mozart meinst Du wahrscheinlich selbst nicht ernst und sie kann deshalb als Schrift gewordene Übersprungshandlung übergangen werden.) Das verdeutlicht nur, dass sich die Menge der musikalischen Werke je nach Sortierkriterium anders strukturiert und auch die "Unstrittigen" Werke fabriziert haben, die, wenn man nicht nach "Komponist" ordnet, vergleichsweise schlecht abschneiden.

Und, ja, irgendwie impliziert Unterschiede machen immer auch eine Wertung; zumeist ist jenes sogar der Zweck für dieses. Daran kann ich nichts ändern. Aber das steht noch einmal auf einem anderen Blatt als das, was man hört oder mag. Man kann ja auch nicht den ganzen Tag 99%-ige Schokolade essen sondern braucht schon mal ein Duplo. Und das, obwohl 99%-ige Schokolade sicher nach fast allen Bewertungsmaßstäben besser abschneidet!

In diesen groben Zügen stellt sich mir die Sache im Moment dar. Vielleicht ist das in früheren Beiträgen nicht gut rübergekommen und nun besser. Ursache für Verstimmtheiten sind in der Regel ja bloß Missverständnisse.

Viele Grüße,
Mellus
SirVival
Hat sich gelöscht
#64 erstellt: 25. Feb 2009, 14:20
Hi,

Im Grunde sollte es mir doch egal sein, ob jemand Filmmusik als Klassik ansieht oder nicht. Sie ist es aber eben nicht, weil sie in der Regel als form- und strukturloses Gequalle daherkommt mit Themen und Orchestereffekten aus 2. Hand oder besser aus dem musikalischen Billigkramladen. Oft gut zusammengestellt, aber allein illustrativen Zwecken dienend und nicht wie klassische Musik unseren Wahrnehmungshorizont als Sprache des Gefühls erweiternd.

Klassische Musik bedarf nicht der Verbindung mit irgendwelchen Bildern, sie wirkt allein aus sich selbst heraus, sie vermittelt in allgemein gültiger und spürbarer Weise, was uns Menschen im Innersten bewegt und was der Komponist in der Sprache der Musik vermitteln möchte. Dazu bedarf es keiner wie auch immer gearteten Verbindung mit irgendwelchen Bildern.

Die Musik zu "Krieg der Sterne", die hier ja gern als Beispiel für den Anspruch von Filmmusik auf Klassik angeführt wurde, ist demgegenüber doch nichts anderes als ein martialisches Getute und Getröte, das den fragwürdigen kriegerischen Inhalt dieser Filmserie noch akustisch verstärkend ausstaffiert und die inhaltsleeren, gestelzten Dialoge zu kaschieren hilft.

In manchen Filmen machte man jedoch auch vor der missbräuchlichen Benutzung von wirklich klassischer Musik nicht halt, um der sterilen, künstlichen Welt des dürftigen Plots gewissermaßen künstlerisches Gewicht zu verleihen: 2. Satz aus dem Klavierkonzert C-Dur von Mozart in "Elvira Madigan". Adagietto aus Mahlers 5. Sinfonie in "Der Tod in Venedig".

Interessant ist dabei, dass die Musik den Besuchern dieser beiden Filme viel stärker im Gedächtnis verhaftet war als der Inhalt der Filmhandlung und so den beiden genannten Musik-Werken zu einem kaum dagegewesenen Verkaufserfolg verhalf.

Ich habe in meiner Plattensammlung das Mozartkonzert mit eben jenem Cover, das eine Szene aus dem Film zeigt und unter dem Plattentitel im Subtitel sogar noch ausdrücklich den o.a. Film vermerkt. Mahlers Musik verhalf der andere genannte Film zum wirklichen Durchbruch mit der gegenwärtig noch grassierenden Überpräsenz in den Konzertsälen der Welt.

Sowas schaffen halt nur Klassische Komponisten, weil ihre Musik wirkliche Gefühle zu vermitteln vermag und nicht rein illustrativ und meist noch kitschig/sentimental eine mehr oder weniger gelungene Bilderfolge begleitet. Das ist der kleine aber feine Unterschied zwischen Klassik und Filmmusik.

Grüße
sound67-again
Gesperrt
#66 erstellt: 26. Feb 2009, 12:00

Hüb' schrieb:

Mozart war auch kein Innovator. Er hat weder eine neue Form geschaffen (anders als Haydn z.B.) noch Neuerungen in der Musiksprache gebracht, seine Musik ist in ihrer Zeit konservativ, wenn auch gut gemacht. Hätte er im 20. Jahrhundert gelebt, hätte er nicht Symphonien, sondern Filmmusik geschrieben.

Welch präzise-(be-)zwingender Schluss... :D


Ein sehr schwacher Vortrag auch von dir.

Es sollte nur zeigen, dass das ganze Getue und Gewese um einige klassische Komponisten, die angeblich nur höheren Musen gehorcht und uneigennützig für die Kunst gedarbt haben, lächerlich ist, weil diese genauso "Auftragskomponisten" waren wie Film- und die meisten Konzertkomponisten heute. Diener eines Herren oder mehrere. Huren sozusagen.

Mozart wäre der erste gewesen, der einen Filmauftrag angenommen hätte, wenn es genug Kohle dafür gibt.

Gruß, Thomas
Hüb'
Moderator
#67 erstellt: 26. Feb 2009, 12:09
Zur Info: die Sperrung des Users "sound67-again" erfolgte vor - und nicht wegen ! - seinem letzten Beitrag, da er erneut (und wahrlich nicht zum ersten Mal!) provozierend, beleidigend und auf einer persönlichen Ebene angreifend andere User dieses Forums angegangen ist.

Grüße
-die Moderation-


[Beitrag von Hüb' am 26. Feb 2009, 12:10 bearbeitet]
Kings.Singer
Inventar
#68 erstellt: 26. Feb 2009, 12:46
Eigentlich schade. Denn in seinem letzten Beitrag hat er es zum ersten Mal bewerkstelligt, zumindest mir, seinen Standpunkt näher zu bringen. Das täuscht aber nicht über seinen 'Diskussionsstil' hinweg.

Zurück zum Thema:
Was unbestritten ist, ist der Unterschied zwischen der "ernsthaften klassischen Musik" und der "Gebrauchsmusik". Dass ein (Auftrags-)Komponist nicht bei jeder Komposition des Rad neu erfinden kann und deswegen thematisch oder harmonisch altes Material neu verpackt, ist uns ja allen bewusst. Aber die Gebrauchsmusik von damals und von heute unterscheidet sich doch schon grundlegend.

In meinen Augen ist die heutige Filmmusik nicht viel mehr als Popmusik im klassischen Gewand verpackt, wenn auch vielleicht noch ein Stück weit innovativer. Einerseits stellt sich mir die Frage was dann noch 'Klassik' innerhalb dieses Gedankenspielchens ist, wenn man Filmmusik = Pop als Klassik bezeichnet.
Andererseits mag die zeitgenössische Klassik eines Mozart vielleicht die Popmusik ihrer Zeit gewesen sein, aber heute interessiert sich statistisch doch kein Mensch mehr für unsere zeitgenössische klassische Musik. Das zeigt doch auch welchem Wandel diese Begriffe unterliegen. Da kann man doch gar nicht ein feststehendes Dogma aus deren Definition machen.

Irgendwo muss aber auch eine Grenze gezogen werden. Korngold und Konsorten stehen sicherlich irgendwo zwischen den Stühlen, aber den berühmten "Crossover" braucht es eben auch um neue Richtungen einzuschlagen und neue Wege zu erkunden.

Viele Grüße,
Alex.
SirVival
Hat sich gelöscht
#69 erstellt: 26. Feb 2009, 13:54
Hi,

diese Diskussion scheitert eigentlich schon an einer befriedigenden Antwort auf die Frage, was Klassik eigentlich zu sein habe. Klassik ist musikalisch stringent nur die Epoche von Haydn bis zum mittleren Beethoven. Als Zäsur wird dessen 3.Sinfonie, die Eroica angesehen, danach ist alles bis zum Todesjahr von Brahms der Romantik zuzurechnen.

Also kann Filmmusik schon aus diesem Grund gar nicht Klassik sein. Der Begriff Klassische Musik, die auf Filmmusik ebenfalls nicht ohne konkrete Begriffsbestimmung anwendbar ist, entzieht sich demgegenüber einer klaren zeitlichen Eingrenzung, denn die Frage nach dem Beginn und Ende läßt sich nicht so ohne weiteres beantworten. Ist die Musik, ich will mal diesen komischen Begriff zeitgenössisch benutzen, ist die zeitgenössische Musik noch klassische Musik oder was ganz anderes? Oder ist der Begriff Ernste Musik doch eins zu eins mit dem Begriff klassische Musik kongruent zu verwenden?

Die Unterscheidung zwischen U- und E-Musik mag bei der stilistischen Einordnung von Filmmusik vielleicht hilfreich sein. Dann brauchen wir die argumentativen Salti, ob Filmmusik tatsächlich Klassik sei, nicht vorzuführen, denn dann ist sofort klar, wohin die Filmmusik gehört, nämlich in den Bereich U-Musik.

U-Musik, deren Komponisten sich der Mittel der E-Musik vor allem in Bezug auf das klassische, spätromantische Sinfonieorchester und das klassische tonale System bedienen. Ich denke, dass die meisten, wenn nicht alle Filmmusik-Komponisten Musik studiert haben und ein hohes Maß an handwerklichen und kompositorischen Fähigkeiten besitzen.

John Williams, Elmar Bernstein, Bernhard Herrmann sind auch als Komponisten von E-Musik bekannt geworden, aber Geld verdienen kann man in Hollywood besser als in den Konzertsälen. Aber ich denke auch, dass sie keinen Anspruch darauf erheben würden, dass ihre Filmmusik Klassik sei.

Grüße


[Beitrag von SirVival am 26. Feb 2009, 13:55 bearbeitet]
Mellus
Stammgast
#70 erstellt: 26. Feb 2009, 21:32

Kings.Singer schrieb:
Andererseits mag die zeitgenössische Klassik eines Mozart vielleicht die Popmusik ihrer Zeit gewesen sein


Das glaube ich nicht. Wenn ich mich recht entsinne, gab es neben den "E-Opern" wie denen von Mozart auch "Volksopern" eben fürs Volk. Eine Bäuerin vom Lande hätte den wie eine Katze jaulenden Don Giovanni wohl mit ihrem Nudelholz vom Hof gejagt!

Aber vielleicht wissen die Experten hier dazu Verlässlicheres zu sagen.

Viele Grüße,
Mellus
lydian
Stammgast
#71 erstellt: 26. Feb 2009, 23:19

Mellus schrieb:

Wenn ich mich recht entsinne, gab es neben den "E-Opern" wie denen von Mozart auch "Volksopern" eben fürs Volk.


Ja, die Zauberflöte z. B.
sound67-again-and-again
Gesperrt
#72 erstellt: 28. Feb 2009, 13:03

Hüb' schrieb:
[color=red]Zur Info: die Sperrung des Users "sound67-again" erfolgte vor - und nicht wegen ! - seinem letzten Beitrag, da er erneut (und wahrlich nicht zum ersten Mal!) provozierend, beleidigend und auf einer persönlichen Ebene angreifend andere User dieses Forums angegangen ist.


@Hüb: Ich finde, Du bist etwas hart mit ihm ins Gericht gegangen. Im Forum werden andernorts ganz andere Hiebe ausgeteilt.

Und das sage ich als völlig Unbeteiligter ...
sound67-again-and-again
Gesperrt
#73 erstellt: 28. Feb 2009, 13:08
Und in diesem Sinne hier noch mal die ursprünglicher Antwort auf einige Äußerungen oben, die mir unbekannterweise zugespielt wurde:


Im Grunde sollte es mir doch egal sein, ob jemand Filmmusik als Klassik ansieht oder nicht. Sie ist es aber eben nicht, weil sie in der Regel als form- und strukturloses Gequalle daherkommt mit Themen und Orchestereffekten aus 2. Hand oder besser aus dem musikalischen Billigkramladen. Oft gut zusammengestellt, aber allein illustrativen Zwecken dienend und nicht wie klassische Musik unseren Wahrnehmungshorizont als Sprache des Gefühls erweiternd.


Wie ich bereits ausgeführt habe, halte ich ebenfalls 90% aller Filmmusik für "Mittelmaß bis Schrott", gerade weil deren Schöpfer nicht in der Lager sind, etwas originelles oder sonst musikalische hochwertiges zum medium beizutragen (Hättest Du den Thread etwas intensiver gelesen ... )

Es gibt eben rein funktionale Filmmusik, die außerhalb (manchmal auch innerhalb) des Films einen qualvollen Tod stirbt, aber auch reichlich andere.


Die Musik zu "Krieg der Sterne", die hier ja gern als Beispiel für den Anspruch von Filmmusik auf Klassik angeführt wurde, ist demgegenüber doch nichts anderes als ein martialisches Getute und Getröte, das den fragwürdigen kriegerischen Inhalt dieser Filmserie noch akustisch verstärkend ausstaffiert und die inhaltsleeren, gestelzten Dialoge zu kaschieren hilft.


Die Musik für Stars Wars ist sicher an etlichen Stellen plakativ, muss sie auch sein. Aber abgesehen davon, dass du hier überaus polemisch gegen den Film agitierst und nur einfach die Musik mit ihm identifizierst, um deine Abneigung gegen die durchaus fragwürdige Stossrichtung des Films zu erklären - hat das mit der Qualität der Musik nichts zu tun hat.

Du würdest wahrscheinlich einen solchen Film mit Streichquartett untemalen ...


In manchen Filmen machte man jedoch auch vor der missbräuchlichen Benutzung von wirklich klassischer Musik nicht halt, um der sterilen, künstlichen Welt des dürftigen Plots gewissermaßen künstlerisches Gewicht zu verleihen: 2. Satz aus dem Klavierkonzert C-Dur von Mozart in "Elvira Madigan". Adagietto aus Mahlers 5. Sinfonie in "Der Tod in Venedig".

Interessant ist dabei, dass die Musik den Besuchern dieser beiden Filme viel stärker im Gedächtnis verhaftet war als der Inhalt der Filmhandlung und so den beiden genannten Musik-Werken zu einem kaum dagegewesenen Verkaufserfolg verhalf.


Auch das ist falsch. Erst mal ist das Hauptthema aus Star Wars im Bewußtsein verankert als die beiden anderen Beispiele, zweitens hat gerade die LP von Star Wars JEDEN Verkaufrekord (bis TITANIC) von Filmmusik gebrochen und könnte mit weit über 1 Mio Tonträgern sogar höher liegen als die von Mahlers 5. in allen Einspielungen zusammen genommen.

Übrigens sind sich die Filmemacher hinter Star Wars einig, dass es die Musik ist, die den Film "gerettet" hat und zu seinem Erfolg massiv beigetragen hat. Lucas war ganz verzweifelt, als er den Schnitt des Films ohne Musik fertig hatte. Und für eine Komposition, bei der 90 Minuten technisch komplex mit dem Film zusammenzuführende Musik für großes Orchester in nur 2 Wochen abgeliefert werden musste, ist "A New Hope" nicht nur eine beeindruckende Energieleistung, sondern auch musikalisch überraschend gut.

Lucas wollte einen Ritterfilm im Science-Fiction-Gewand drehen, dafür hat Williams eine Ritterfilm-Musik im Science-Fiction-Gewand komponiert.

Anders als Lucas war Visconti längst vor "Death in Venice" einer der profiliertesten Regisseure in Europa, dessen neuen Filmen die Cineasten stets entgegen fieberten. Mahler hat da gar nichts dazu addiert und Viscontis Ruhm nicht gemehrt.

Schade, dass du so vieles selber nicht wahrnehmen willst. Einerseits beklagst Du die "Häppchenästhetik" im KlassikRadio, andererseits reicht deine eigene Aufnahmefähigkeit scheinbar nicht aus, genügend Details von Filmen ODER Filmmusik aufzunehmen, um diese im Zusammenhang verdauen und darstellen zu können.


Sowas schaffen halt nur Klassische Komponisten


s.o.

@KingSinger: Meine Bemerkung im Was-höre-ich-jetzt Thread war eine Anspielung auf eine gegen mich gerichtete solche in einem anderen Thread. Bevor man also meint, komisch sein zu wollen (Smilie), sollte man sich vergewissern, was man genauer hinsehen.
sound67-again-and-again
Gesperrt
#74 erstellt: 28. Feb 2009, 13:15

SirVival schrieb:
diese Diskussion scheitert eigentlich schon an einer befriedigenden Antwort auf die Frage, was Klassik eigentlich zu sein habe. Klassik ist musikalisch stringent nur die Epoche von Haydn bis zum mittleren Beethoven.


Was du meinst ist die WIENER Klassik. Nur damit ist stringent jene Epoche um Haydn, Mozart und Beethoven bezeichnet. Wenn Du das "Wiener" weglässt, stimmt deine Definition nicht mehr.

Übrigens ist Sprache nicht statisch, sondern einer Entwicklung unterworfen. Sprachwissenschaftlich sind dies z.B. Begriffsverengungen und Begriffserweiterungen. Deshalb sind Definitionen ebenso fließend.

Weiter oben wurde schon über die Probleme der Eingrenzung diskutiert. Der Vorschlag, die Filmmusik (natürlich nur die, die wir hier gegenständlich als "symphonische" Filmmusik diskutieren) als Subgenre der multimedialen Orchestermusik (zusammen mit Schauspielmusik, Oper, Hörspielmusik) zu definieren ist übrigens recht weit verbreitet.

Gruß,


[Beitrag von sound67-again-and-again am 28. Feb 2009, 13:25 bearbeitet]
sound67-again-and-again
Gesperrt
#75 erstellt: 28. Feb 2009, 13:57

Kings.Singer schrieb:
Was unbestritten ist, ist der Unterschied zwischen der "ernsthaften klassischen Musik" und der "Gebrauchsmusik". Dass ein (Auftrags-)Komponist nicht bei jeder Komposition des Rad neu erfinden kann und deswegen thematisch oder harmonisch altes Material neu verpackt, ist uns ja allen bewusst.


Diese Unterschedung ist keineswegs "unbestritten", zumal auch Deine eigene nachfolgende Definition schon nicht mit der übereinstimmt, aus der heraus diese höchst fragwüridge Unterscheidung eigentlich gemacht wird.

Die Verwendung "alten Materials" hat jedenfalls nicht damit zu tun. Das haben Bach, Haydn & Co nämlich schon reichlich getan, ohne dass man deren Rang - oder den Rang der so entstandenen Werke, jemals ernsthaft in Zweifel gezogen hätte. Das bezieht sich übrigens sowhl auf den "Diebstahl" fremden Materials als auch auf das Wiederkäuen des eigenen, was z.B. Bach bis zum Exzess praktiziert hat.


Irgendwo muss aber auch eine Grenze gezogen werden. Korngold und Konsorten stehen sicherlich irgendwo zwischen den Stühlen


Wieso? Korngolds Filmmusik hat den gleichen Rang wie seine Opern "Die tote Stadt" und "Das Wunder der Heliane", niemand mit Kenntnis der Konzertmusik würde ihn in diesem(!) Sinne als "zwischen den Stühlen" sitzend bezeichnen. Und das gilt auch für zahlreiche seiner Kollegen, die fast alle eine ähnliche Ausbildung durchlaufen und diese auch so in die Tat umgesetzt haben.

Deine Logik, mit der du einerseits Filmmusik als "Gebrauchsmusik" (wenig originell) bezeichnest, im gleichen Atemzug aber sagst, für die "neue" Musik interessiere sich kein Mensch mehr, mutet übrigens auch etwas supekt an.

Gruß,


[Beitrag von sound67-again-and-again am 28. Feb 2009, 18:47 bearbeitet]
SirVival
Hat sich gelöscht
#76 erstellt: 28. Feb 2009, 14:04
Hi,

mir fällt zu den beiden letzten Beiträgen nur ein Wort ein:

GNADE! Vielleicht erfindet noch mal jemand den optischen Lallschutz. Hat der Typ denn keinen Friseur?

Grüße
Sir_Henry0923
Stammgast
#77 erstellt: 02. Mrz 2009, 20:22
Hi,

musikgeschichtlich wird als Klassik der Zeitraum zwischen 1730 und 1827 angesehen, als Klassik im engeren Sinne (Hoch-Klassik) die Zeit von 1760 - 1800. Diese Klassik-Epoche schließt natürlich die Wiener Klassik mit ein, ist aber nicht ausschließlich Wiener Klassik, denn Musik wurde zu der Zeit ja nicht nur in Wien gemacht.

Wenn man also strenge Maßstäbe anlegt, kann Filmmusik nicht synonym als Klassik bezeichnet werden, das ist musikgeschichtlich schlichtweg Unfug.

Und wenn auch Filmmusik manchmal wie Klassik (im erweiterten Sinne, daß alle Kunstmusik unter der Rubrik Klassik läuft) klingt, so ist sie lediglich eine besondere Form der U-Musik. Wenn jemand sie dennoch als Klassik gesehen haben möchte, je nun, dann soll er. Vielleicht ist er ja Rundfunkredakteur im Bereich Klassik.

Gruß

Henry


[Beitrag von Sir_Henry0923 am 02. Mrz 2009, 20:23 bearbeitet]
op111
Moderator
#78 erstellt: 02. Mrz 2009, 20:46
Hallo Sir Henry,
die möglichen Begriffsbestimmungen Klassik hatten wir bereits ab Beitrag #21 ff diskutiert:

Mellus schrieb:
Aus einem anderen Beitrag:
Franz-J. schrieb:
der Begriff ["Klassik"] wird in unterschiedlicher Bedeutung benutzt.
1. für die Epoche der Frühklassik und Wiener Klassik
2. als Sammelbegriff für Musik seit dem 15. Jhd. (Renaissance - Neue Musik)
3. als Synonym für Kunstmusik / "Ernste Musik" und damit als Gegensatz zu Popmusik


Dann haben wir:

Filmmusik ist nicht Klassik 1.
Filmmusik kann Klassik 2. sein.
Filmmusik ist nicht Klassik 3. ...


[Beitrag von op111 am 02. Mrz 2009, 20:48 bearbeitet]
Sir_Henry0923
Stammgast
#79 erstellt: 03. Mrz 2009, 00:28
Hi Franz-J.,

auch wenn diese Begriffsbestimmungen aus Wikipedia übernommen sind, sind sie leider nicht ganz korrekt, insbesondere Definition 2. Nach der wären dann auch z.B. Heino und Tony Marschall Klassik. Das willst du uns nun wirklich nicht antun wollen.

Gruß

Henry
op111
Moderator
#80 erstellt: 03. Mrz 2009, 11:29
Hallo Henry,

auch wenn diese Begriffsbestimmungen aus Wikipedia übernommen sind, sind
sie leider nicht ganz korrekt, insbesondere Definition 2. Nach der wären dann auch z.B. Heino und Tony Marschall Klassik. Das willst du uns nun wirklich nicht antun wollen.

Auch wenn ich unsere User im Klassikforum überwiegend als humorvoll und belastbar kennen gelernt habe, möchte ich das niemandem antun.
Dass Wikipedia nur richtige und wissenschaftlich fundierte Informationen liefert, kann man wohl kaum erwarten.
Vielmehr scheint mir diese weite Streuung des Bregriffsfeldes die allgemeinen Schwierigkeiten bei der Abgrenzung Kunstmusik/Gebrauchs-/Populärmusik deutlich zu machen, was sich ja nicht zuletzt in der Forums-Diskussion manifestiert hat.
op111
Moderator
#81 erstellt: 03. Mrz 2009, 12:18
Hallo zusammen,
Mellus hat m.E. in seinem Beitrag #63 sehr anschaulich dargestellt, was die Diskussion bewegt:

Mellus schrieb:
... Aber stutzig darf man doch schon noch werden, wenn Filmmusik in einen Topf mit den größten Meisterwerken der Musikgeschichte geworfen werden soll, oder? Der Nachweis, dass hier ein Unterschied besteht, müsste idealerweise in exemplarischen Werkanalysen gebracht werden.
... ein grobes Distinktionsmerkmal von "E-Musik" oder "Kunstmusik", um das es zum Schluss ging, war so etwas wie "ästhetischer Wert".
... (Im Bezugsrahmen einer "postmodernen Kuschel-Ästhetik" gibt es vielleicht wirklich keinen Unterschied zwischen E- und Filmmusik mehr.)
...
Und, ja, irgendwie impliziert Unterschiede machen immer auch eine Wertung; zumeist ist jenes sogar der Zweck für dieses.


Um noch einmal auf die Gebrauchsmusik vegangener Epochen zurück zu kommen:
Ich halte es nicht für ausreichend, diese nur mit heutigen Kriterien zu bewerten. Der schnelle Wandel in der Ästhetik führt m.E. zu Fehleinschätzungen, schon allein weil es manche Sparten erst in jüngerer Zeit gibt.
hifi-zwerg
Stammgast
#82 erstellt: 03. Mrz 2009, 12:19
Hallo,


(...) insbesondere Definition 2. Nach der wären dann auch z.B. Heino und Tony Marschall Klassik.


Ich kenne eigentlich keinen Ansatz der Heino und Tony Marshal der Neue Musik zurechnent. Ich habe es mir jetzt zwar auch einfach gemacht und Wikipedia verlinkt, aber mir ist aber kein anderer Ansatz bekannt, der dies versucht hat. Wobei die Abgrenzun der Definitionsansätze 2. und 3. sicherlich unscharf ist (z. B. was bedeutet "Neue Musik" bzw. "bis Neue Musik").

Ich halte das aber für den aktuellen Fred für untergeordnet, da allein schon aus zeitlicher Zuordnung (im wesentlichen beginnt ja Filmmusik mit dem Tonfilm) sich die 3. Definition anbietet. Und schon sind wir zurück in der Diskussion, in welcher der drei Schubladen (E-, U- oder F- Musik stecken wir denn nu die Filmmusik

Gruß
Zwerg
Sir_Henry0923
Stammgast
#83 erstellt: 03. Mrz 2009, 13:00
Hi Zwerg,

das war auch nicht so ernst gemeint, wie es sich vielleicht gelesen hat. Aber ich finde, du hast die Kategorien U- und E-Musik durch die dritte, nämlich F-Musik treffend erweitert. Im Grunde ist es eine Frage der persönlichen Philosophie, wie man die Entität Filmmusik einordnet.

Was mich jedoch kolossal stört, dass bei Rundfunksendern, wie z.B. NDR Kultur, so getan wird, als gäbe es keinen Unterschied zwischen Klassischer und Filmmusik. Global betrachtet ist beides Musik, der Anspruch an den Hörer sollte jedoch ein anderer sein.

Aber das Konzept solcher Sendungen verfolgt solche Ziele nicht mehr. Klassische Musik ist hier zur reinen Hintergrundmusik verkommen, ihr künstlerischer Wert wird dadurch und durch den kritiklosen Mix mit F-Musik schlichtweg negiert. Vielleicht setzt sich hier auch nur die gesellschaftlich-politische Tendenz fort, alles zu egalisieren.

Das blöde Gelaber der Rundfunk-Moderatoren verstärkt diesen Eindruck noch. Man gewinnt auch leider den Eindruck, dass das infantile Geschwätz, das sie von sich geben, dem Glauben entspringt, dass draußen an den Lautsprechern nur noch debile Greise sitzen, mit denen man so sprechen muss. Omilein und Opilein, die eh nicht mehr alles so recht verstehen, wenn man sich nicht auf die Kommunikationsebene von Kleinkindern begibt. Hier ist leider eine Generation von Hörfunkmachern auf den Plan getreten, die von dem Gegenstand dessen, was sie senden, scheint's soviel Ahnung haben wie der Ochs vom Tanzen.

Grüße

Henry
op111
Moderator
#84 erstellt: 03. Mrz 2009, 13:10
Hallo zusammen,

Sir_Henry0923 schrieb:
...Das blöde Gelaber der Rundfunk-Moderatoren verstärkt diesen Eindruck noch. Man gewinnt auch leider den Eindruck, dass das infantile Geschwätz, das sie von sich geben, dem Glauben entspringt, dass draußen an den Lautsprechern nur noch debile Greise sitzen, mit denen man so sprechen muss. ...

die mangelhafte Präsentation in den Medien musste leider in den Foren schon oft thematisiert werden.
Beim WDR habe ich eine solche Tendenz noch nicht festgestellt, aber vielleicht höre ich auch nur zu selten Radio.
Sir_Henry0923
Stammgast
#85 erstellt: 03. Mrz 2009, 14:05
Hi Franz-J.,

ich bin schon lange von NDR 3 auf WDR 3 umgesprungen. Da ist das Niveau tatsächlich noch erfreulich hoch. Höre aber auch zugegebenermaßen selten Radio.

Gruß

Henry
grobifrank1976
Ist häufiger hier
#86 erstellt: 29. Mai 2018, 16:13
Eine Frage zum Thema:

Während es ja häufig so ist, dass man bestimmte Filmmusiken auf konkrete Werke der klassischen Musik zurückführen kann, würde mich mal interessieren, auf welches konkrete Vorlage die Musik in dem Film "The Vikings" von 1958 (mit Kirk Douglas) zurückgeht. Besonders interessiert mich die Szene, in der die Schamanin Kitala die Winde beschwört, die anstehende Flut zurückzudrängen. In der Musik ist an dieser Stelle eine geisterhafte, hohe Sopranvokalise zu hören, die eine ganz tolle Stimmung erzeugt. Wer kenn sowas?!
Viele Grüße

Frank
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