Klassik vs. Pop - das eine oder das andere?

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Neuling
#1 erstellt: 17. Dez 2008, 23:11
Klassik vs. Popmusik

Wenn ich mich in den gängigen Klassikforen so umschaue, bemerke ich, dass Klassikliebhaber sich oft abfällig über Popmusik äußern und fast nur ausschließlich Klassik hören.
Im Popbereich ein ähnliches Bild. In meinem Freundeskreis ernte ich nur mildes Lächeln, wenn ich Klassikthemen anschneide. „ Kann ich nix mit anfangen“, „ Ich mag die Melodien nicht“ sind gängige Statements.
Nun die Frage:
Sind diese beiden Arten von Musik nicht vereinbar? Sollte man als Musikliebhaber nicht aufgeschlossener sein?
Meine Ideen hierzu:
Klassik erschließt sich nicht beim ersten Hören, braucht aktive Beschäftigung, also Zeit, die nicht jeder zur Verfügung hat. Einmal erschlossene Stücke haben dann aber auch eine höhere Halbwertszeit, was ich von Popalben aus meiner Erfahrung nicht sagen kann. Zu oft habe ich mich an geliebten Alben überhört.
Wie sind Eure Erfahrungen mit Klassik und Pop? Switcht ihr hin und her oder bevorzugt ihr phasenweise das eine oder das andere? Oder ist Pop nur Schrott, einfältiges Gedudel und somit nicht der Erwähnung wert? Und welche Popalben sind so essentiell, dass man sie neben seine Klassiksammlung stellen kann?
Fragen über Fragen...

LG

Mark
Maastricht
Inventar
#2 erstellt: 18. Dez 2008, 00:24
Eigentlich ist die Antwort für mich recht einfach:
Wenn ich Lust habe auf Klassik, dann höre ich mir Klassik an,
wenn ich Lust habe auf Jazz oder Blues, dann ...
wenn ich Lust habe auf Pop, dann ...

Musik umfasst für mich ein Spektrum von den uralten Bluesbarden und den schon lang gestorbenen Klassik-Komponisten über Johnny Cash und Willie Nelson, Eric Clapton, Leonard Cohen, Leadbelly, Sonny Boy Williamson, Muddy Waters, Miles Davis, Coltrane, Duke Ellington, usw, usw, aber ich habe auch schon mal was ganz Gutes von Amy Winehouse, Jamie Collum und Amy MacDonald gehört, usw.usw.

An was an Popalben essentiell ist: das was mir sehr gefällt (genau wie bei Klassik).

Gruss, Jürgen
Kreisler_jun.
Inventar
#3 erstellt: 18. Dez 2008, 00:44
Ich höre praktisch keine Popmusik. Ein paar Folk/Folkrock-Sachen aus den 60ern, dann kenne ich ein wenig Rock-Klassiker, die man halt irgendwie mitbekommen hat, etwas Jazz und einiges aus Ethno/Weltmusik. Aber all das zusammen macht vermutlich nur etwa 5% meiner Hörzeit (und meiner CD-Sammlung aus). Es gäbe sicher auch ein paar zeitgenössische Sachen, die mir gefallen würden (Singer/Songwriter u..ä.). Aber ich bin mit der Klassik zufrieden, es gibt hier so große Bereiche, die noch zu entdecken sind und Stücke, die ich seit 15 Jahren kenne, die mir aber noch immer nicht langweilig sind, so daß ich kaum Bedarf nach anderer Musik habe. Auf Feten etc. langt es mir, wenn die Musik nicht offensiv scheußlich ist oder wenn ich Sachen aus der Jugendzeit als ich mich noch etwas häufiger solchen Klängen ausgesetzt habe, wiedererkenne.
Es interessiert mich nicht ausreichend, um auch hier auf die Suche nach den wenigen lohnenden Sachen zu gehen (oft gefällt mir der Stil schon grundsätzlich nicht). Auch wenn ich so vielleicht ein paar Dinge, die mir gefallen würden, verpasse, das ist eben Pech. Die Mehrheit heute beschränkt sich auf Pop etc., ignoriert 1000 Jahre Musikgeschichte, nicht anzufangen von außereuropäischer Musik, die verpassen wesentlich mehr.
Beim Jazz mache ich immer mal wieder versuche. Ich habe sicher mehrere Dutzend Jazz-CDs, etliche "Klassiker", höre es auch ab und zu ganz gern, aber eine wirkliche emotionale "Verbindung" wie bei den meisten klassischen Stücken, kommt selten zustande. Daher werde ich diesen Bereich in Zukunft auch eher zurückstellen, lieber mehr und noch unbekannte Klassik zwischen Mittelalter und heute hören.

Zwar glaube ich nicht, daß eine grundsätzliche Unvereinbarkeit besteht. Es gibt ja einige, die beides hören. Ich glaube aber, auch wenn das heute unpopulär und elitär klingt, daß nicht wenige durch Popbeschallung seit Kindheit oder früher Jugend tendenziell für die Klassik "verdorben" werden. Die allermeiste Popmusik lebt von Elementen, die in der Klassik zweitrangig sind und durch ihre Omnipräsenz fördert sie auch nicht gerade die Offenheit für andere Typen von Musik. Viele haben nur eine sehr vage Vorstellung, was es alles für Musik gibt, durch die Kürze, Schlichtheit und Eingängigkeit der meisten Popmusik kann die notwendige Konzentration und Aufmerksamkeit für komplexere Musikformen vermutlich verkümmern.


viele Grüße

JK jr.
Martin2
Inventar
#4 erstellt: 18. Dez 2008, 02:14
Ich habe einige Popmusik und manchmal höre ich sie ganz gerne. Ist Popmusik so unbedingt niveaulos? Das glaube ich gar nicht. Aber ich glaube im Bereich des Pops fehlen einem oft die Ansprechpartner. Im Bereich der Klassik ist es nicht so schwer, sich auf die Suche nach dem guten zu machen. Aber ich glaube schon, daß es viele Liebhaber des Pop - sicher nicht alle - gibt, die einen schlechten Geschmack haben.

Irgendwie verbinde ich Pop halt auch mit "Hitparaden" und genau diese Hitparadenkultur ist dies, weshalb ich dem Pop wenig abgewinnen kann. Statt "Hitparade" würde ich mir eher eine Auseinandersetzung um die Qualität von Popmusik wünschen - das würde mich vielleicht dann auch anregen, gelegentlich in Popmusik mal rein zu hören.
hifi-zwerg
Stammgast
#5 erstellt: 18. Dez 2008, 18:22
Hallo,

ich höre vieles queerbeet, sowohl Klassik als auch Jazz und Pop. Wobei Jazz magels Kenntnis erhr unterrepräsentiert ist. Was mir gefällt höre ich.


Irgendwie verbinde ich Pop halt auch mit "Hitparaden" und genau diese Hitparadenkultur ist dies, weshalb ich dem Pop wenig abgewinnen kann. Statt "Hitparade" würde ich mir eher eine Auseinandersetzung um die Qualität von Popmusik wünschen - das würde mich vielleicht dann auch anregen, gelegentlich in Popmusik mal rein zu hören.


Wobei "Hitparaden-Pop" oder "Chartpop" mit weiten Teilen der Popkultur soviel zu tun hat wie Klassik Radio mit Klassik.

Gruß
Zwerg
Kreisler_jun.
Inventar
#6 erstellt: 18. Dez 2008, 19:45

hifi-zwerg schrieb:


Irgendwie verbinde ich Pop halt auch mit "Hitparaden" und genau diese Hitparadenkultur ist dies, weshalb ich dem Pop wenig abgewinnen kann. Statt "Hitparade" würde ich mir eher eine Auseinandersetzung um die Qualität von Popmusik wünschen - das würde mich vielleicht dann auch anregen, gelegentlich in Popmusik mal rein zu hören.


Wobei "Hitparaden-Pop" oder "Chartpop" mit weiten Teilen der Popkultur soviel zu tun hat wie Klassik Radio mit Klassik.


Ach ja?
Das habe ich wirklich nie verstanden. Der eigentliche Pop ist also gar kein Pop, sondern unpopulär, alternative Geheimtips, die mit Charts-Schrott gar nichts zu tun haben, sondern was ganz anderes sind?

http://www.mtv.de/charts/album50

Was ist der "wahre Pop", der dort nicht auftaucht und worin bestehen die Unterschiede?

Klassik-Radio hat sehr viel mit Klassik zu tun. Es bietet zwar nur einen eingeschränkten und verzerrten Blick auf die Klassik (wobei es >10 Jahre her ist, daß ich es gehört habe, aber es wird wohl immer noch so sein), aber letztlich sind es (Ausschnitte aus) klassische(n) Stücke(n), die dort gespielt werden. Es stimmt, daß sie häufig a la Pop präsentiert werden, nämlich als kurze konsumierbare Ausschnitte, insofern verfehlen sie etwas, was für die Klassik zentral ist. Dennoch ist ein Satz aus einer Mozart-Sinfonie dieselbe Musik, gleich ob er einzeln im Klassikradio oder im Rahmen der Sinfonie gespielt wird.

viele Grüße

JK jr.
lydian
Stammgast
#7 erstellt: 18. Dez 2008, 19:49
Im Wesentlichen möchte ich die Aussagen von Kreisler_jun. unterstreichen. Auch wenn bei mir der Anteil an "Pop" (was ist das eigentlich?) deutlich über den genannten 5% liegt (ich schätze ca. 20%), ist es doch eindeutig die Klassik, die mich emotional bindet. Auf die berühmte einsame Insel würden es nur wenige oder eher gar keine Rock-Pop-Platten schaffen. Zwar ist auch mein Rock-Pop-Spektrum recht weit gefächert (von Singer/Songwriter bis Hard Rock), aber es dient eher der Zerstreuung, Ablenkung - oder zum Abreagieren. In den letzten 20 Jahren war ich nur dreimal auf einer Rock-Pop-Konzertveranstaltung. Dreimal war es Kari Bremnes. Im Konzert- und Opernhaus bin ich weitaus häufiger zu Gast. Allein die Tatsache, dass ich mir nicht die Mühe mache, Rock-Pop live zu erleben, ist ein Indiz, dass diese Musikrichtung für mich längst nicht den Stellenwert der so genannten Klassik besitzt.

Essentielle Popalben? Gibt es (für mich) nicht. Lohnende ja. Die frühen Pink Floyd z. B. Aber das habe ich alles so genau im Kopf, dass ich zum Hören keine LP oder CD auflegen muss......

Dagegen gibt es für mich essentielle Werke, oder einfach Musikstücke genannt, und die stammen alle aus dem Bereich der so genannten Klassik.

Vereinbaren lassen sich verschiedenen Musikrichtungen schon. Das sehe ich an meinem 11-jährigen Sohn: Er hat keinerlei Probleme, zunächst Prokofiev und direkt anschließend Grave Digger zu hören ..... beides wohl eher ungewöhnlich für das Alter.

Grüße,
Steff
hifi-zwerg
Stammgast
#8 erstellt: 18. Dez 2008, 20:00
Hallo,


(wobei es >10 Jahre her ist, daß ich es gehört habe, aber es wird wohl immer noch so sein),


Nein ist es nicht leider nicht mehr das gleiche, mit dem Klassik Radio von vor 10 Jahren passt der Vergleich nicht mehr so ganz. Es gibt heute kaum noch Stücke, die komplett gespielt werden, ehr ein paar zweite Sätze zwischen Filmmusik und seichten Jazz Stückert.


Ach ja?
Das habe ich wirklich nie verstanden. Der eigentliche Pop ist also gar kein Pop, sondern unpopulär, alternative Geheimtips, die mit Charts-Schrott gar nichts zu tun haben, sondern was ganz anderes sind?


Doch es gibt jede Menge Pop Musik, die sehr weit bekannt ist, die Bands füllen bei Konzerten durchaus Hallen mit 5000 Menschen. Die Verkaufszahlen der Platten über einen gewissen Zeitraum sind durchaus beachtlich, aber nie so hoch, daß es für die Charts reicht. Es ist daran nichts geheim, genau so wenig geheim wie Klassik, die nicht von Netrebko gesungen wird oder von Karajan dirigiert wurde.

Dazu ist nicht alles in den Charts aus Popsicht Schrott, wobei in den von dir verlinkten Charts mir bestenfalls 5 Platten gefallen, der Rest ist entweder echt Schrott, oder einfach nicht mein Geschmack.

Gruß
Zwerg
hifi-zwerg
Stammgast
#9 erstellt: 18. Dez 2008, 22:30
Hallo,


Vereinbaren lassen sich verschiedenen Musikrichtungen schon. Das sehe ich an meinem 11-jährigen Sohn: Er hat keinerlei Probleme, zunächst Prokofiev und direkt anschließend Grave Digger zu hören ..... beides wohl eher ungewöhnlich für das Alter.


Ich glaube ehr der Zugang ist bei Kindern oft natürlicher ,direkter, und unvoreingenommener. Meine Tochter (6) ihr gefällt vieles spontan gut (Klavierkonzert 24 von Mozart, Schwanensee, Kari Bremnes, Joan Beaz, vieles von Zukowski) und anders gar nicht (Moldau (ist so unheimlich kämpft da jemand?)), Kinderlieder von Nena oder Johny Cash.

Unvergessen belibt mir das Bold meiner Tochter wie sie mit ihrer besten Freundin ausgelassen zur neuen von Bob Dylan tanzten.

Gruß
Zwerg
Thomas133
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 19. Dez 2008, 02:38
Hallo,

Ich kann das was Kreisler schrieb auch nur unterstreichen - ich
beschäftige mich aber wahrscheinlich mehr mit Pop, auch wenn in Relation zur Klassik trotzdem geringfügig, Gelegenheits- bzw. Stimmungsangepaßt und bei mir natürlich bei Weitem nicht den Stellenwert besitzt.
Es gibt natürlich große Qualitätsunterschiede in der Popmusik und ich denke mir immer wieder das es irgendwie doch ein Zeichen unserer Gesellschaft ist das gerade der leb- und gefühlsloseste, unoriginellste Einheitsbrei am Meisten bei der Mehrheit der heutigen Musikkonsumgesellschaft ankommt - ich bekomme das leider immer wieder zufällig mit wenn ich unfreiwillig durch einen Mitmenschen mit dieser Musik wieder konfrontiert werde. Ich denke da haben die charts im Schnitt gesehn in den 70ern und 80ern mehr Qualität als heute geboten - heute werden diejenigen die in diesem oder ähnlichem Stile Musik machen schon als Alternativ bezeichnet.

Es ist bezeichnend das ich gerade diejenigen im Popmusikbereich gerne höre die auch sehr offen für andere Richtungen sind, manche auch später sogar klassisch komponiert haben - so war ich seit Beginn der 90er angetan von den Songs Jose Maria Cano´s der für die Spanische Gruppe Mecano schrieb (sein Bruder auch aber seine Songs finde ich weniger originell), nach der Auflösung komponierte er die Oper "Luna", ich glaube Domingo sang damals darin die Hauptrolle und nach wie vor kann ich Songs wie "El uno, el dos, el tres", "Una rosa es una rosa", "Sentia", "Mujer contra mujer" usw. usw. sehr viel abgewinnen und bieten für mich wenn ich die Stimmung danach habe eine tolle Alternative zur Klassik und übrigens liebe ich im Allgemeinen lateinamerikanische bzw. spanische Rythmen (aber
mehr traditionell, ursprünglich und nicht billigen Mainstream...kubanische Musik vor Allem aber das ist ja jetzt nicht gefragt).
Billy Joel ist auch ein Musiker den ich sehr respektiere, später auch ein Album "Fantasies & Delusions" nur für Solo-Klavier rausbrachte und sich hiermit eher an den Klassikbereich wendet. Carole King oder manches von Carly Simon usw.
Im Auto höre ich übrigens auch sehr gerne die Trad-Teile von Hubert v. Goisern...da brauch ich meist keine Klassik für die ich mich mehr konzentrieren will und mich vom Straßenverkehr nur ablenken würde. Das ist ursprüngliche, traditionelle Volksmusik meines Heimatlandes in ein wenig modernem Klanggewand und ich oute mich das ich auch dieser Musik etwas abgewinnen kann weil sie völlig unverkitscht und antikommerziell daherkommt und ich die musikalische und multikulturelle Einstellung Goiserns ebenso schätze - aber was ich da aufzähle hat wirklich überhaupt nichts mit der heutigen chartsmusik zu tun die sich für mich eher wie so ein skurill kitschiger Hollywoodfilm darstellt wo das Meiste nach bestimmtem simplen Schema x abläuft und ja keine Abweichung da sonst das kommerzielle Interesse gefährdert wäre.

Übrigens denke ich das Kinder hauptsächlich auf die Melodie
und den Rythmus achten ganz unabhängig welche Musikrichtung,
da sie wahrscheinlich auch nicht so sehr Klischees und Vorurteile oder einen Mitläufereffekt (gerade Jugendliche wollen ja "in" sein) wie Ältere kennen sind sie sicherlich viel offener und urteilen einfach nach diesen Kriterien ob ihnen etwas gefällt oder nicht egal ob diese Melodie jetzt von einem Orchester oder einem Popsänger vorgetragen wird und es gibt sicherlich auch in der Klassik genug Musik die für Kinder je nach Geschmack zugänglich sein könnte.

gruß
Thomas


[Beitrag von Thomas133 am 19. Dez 2008, 02:47 bearbeitet]
Klassikkonsument
Inventar
#11 erstellt: 19. Dez 2008, 20:45
Hallo liebe Klassik- und/oder Pop-Freunde,

zwar höre ich auch hauptsächlich Klassik und glaube schon, dass es einen Unterschied zwischen "U"- & "E"- Musik gibt (auch wenn manches klassische Werk auch unterhalten will und mancher Pop-Song ganz ernst gemeint ist).

Trotzdem höre ich auch gerne Pop/Rock. Zwar macht der keinen großen Anteil in meiner Sammlung aus. Aber Pop & Rock-Stücke sind ja auch nicht unbedingt für die Ewigkeit gemacht und sind mir oft willkommene Zufallsbekanntschaften.
Zwei Beispiele: gerade gehört habe ich eine Kassette, die mir ein Freund mal aufgenommen hat, wovon mich u.a. "Only in Dreams" von Weezer sehr anspricht: Eine tolle Strophen-Melodie, schmachtende Attitüde, ein ostinater Bass und eine überraschende Rückkehr rockiger Leidenschaft - wunderbar.
Ich habe durchaus eine gewisse Schwäche für Punk. Und es hat schön gepasst, als mein Mitbewohner uns mit "No Tears (for the Creatures of the Night)" von Tuxedo Moon aus seinem Zimmer "rausschmiss", weil er allmählich schlafen wollte.

Überhaupt ist ein klarer Vorteil von Pop & Rock gegenüber mindestens aller älteren Klassik der Ausdruck jugendkultureller Attitüden, wobei ich herzliche Rotzigkeit und Ambivalenz besonders schätze - etwa in "Stell' die Verbindung her" von den Sternen oder "Ein Abend im Rotary Club" von Tocotronic. Beethoven konnte und wollte so etwas nicht. Obwohl ... wer weiß?
Und auf Jimi Hendrix' Gitarren-Virtuosität lasse ich nix kommen.

Viele Grüße
Schneewitchen
Inventar
#12 erstellt: 19. Dez 2008, 23:59
Ich habe auch keine Probleme,Prokofiev und Amy Macdonald hintereinander zu hören.Ich höre alles,was mir Freude bereitet.Mit meinen fast 60 Jahren habe ich viele Musikrichtungen kommen und gehen gehört. Ich schließe mich keinen Mainstream an,um "in" zu sein.Ich protze nicht mit meinen Klassikkenntnissen und schäme mich nicht,wenn ich Vadder Abraham mit seinen Schlümpfen höre.
Ich achte auch nicht darauf,ob andere Leute Musik als gut oder schlecht beurteilen.Für mich zählt nur,was mir gefällt.
Maastricht
Inventar
#13 erstellt: 20. Dez 2008, 06:11

Schneewitchen schrieb:
schäme mich nicht,wenn ich Vadder Abraham mit seinen Schlümpfen höre.


Irgendwas stimmt hier doch nicht.


Gruss aus Vater Abraham-Land,
Jürgen


[Beitrag von Maastricht am 20. Dez 2008, 06:12 bearbeitet]
Klassikkonsument
Inventar
#14 erstellt: 20. Dez 2008, 06:15
Hallo Thomas,


reflection schrieb:
[...]aber was ich da aufzähle hat wirklich überhaupt nichts mit der heutigen chartsmusik zu tun die sich für mich eher wie so ein skurill kitschiger Hollywoodfilm darstellt wo das Meiste nach bestimmtem simplen Schema x abläuft und ja keine Abweichung da sonst das kommerzielle Interesse gefährdert wäre.


Man darf allerdings nicht vergessen, dass spätestens seit dem 19. Jahrhundert, also seit Komponisten nicht mehr fest an einem Hof angestellt, sondern frei schaffend tätig sind, klassische Werke als Waren in einer Marktkonkurrenz standen. Beethoven war wohl einer der ersten, der seine Werke mit einem kommerziellen Interesse schrieb.

Viele Grüße
cr
Inventar
#15 erstellt: 21. Dez 2008, 04:26
Schwankt bei mir in großen und langen Phasen.
Ursprünglich (ab 14J) klarerweise v.a. Pop, später dann mit 18 einen Zeitlang fast nur Klassik, mit 25 J starker Retourschwenk zu Pop und dann unterschiedlich.
Anzahl der CDs etwa 1:2(Klassik zu Pop), sagen wir 800 Klassik, 1600 Pop, so in etwa.
Wenn einem bei Klassik vor allem symphonische Musik (inkl. Barock) gefällt, Open weniger, Kammermusik eher weniger, dann läuft sich das schon mal tot. Ich muß nicht von jeder Symphonie 5 Interpretationen haben (bei eingen habe ich) und auch der ganzen Raritäten (wie auf Naxos, Chandos, cpo etc. erhältlich) wird man mal leid (sind ja ganz nett, aber meist nicht umsonst Raritäten).
Thomas133
Hat sich gelöscht
#16 erstellt: 22. Dez 2008, 14:09

Klassikkonsument schrieb:
Man darf allerdings nicht vergessen, dass spätestens seit dem 19. Jahrhundert, also seit Komponisten nicht mehr fest an einem Hof angestellt, sondern frei schaffend tätig sind, klassische Werke als Waren in einer Marktkonkurrenz standen. Beethoven war wohl einer der ersten, der seine Werke mit einem kommerziellen Interesse schrieb.


Hallo,
Es gibt aber darin doch einen wesentlichen Unterschied, die Anpassung an den heutigen Massengeschmack muß wesentlich oberflächlicher, monotoner und einfältiger ausfallen als zu Beethovens Zeiten (und ich glaube selbst da ging Beethoven auch nur gewisse Kompromisse im Verhältnis seiner Vorstellungen zur Erwartung Anderer ein). Wäre der heutige Pop nur annähernd qualitativ wie der damalige Klassik-"Mainstream" und ich wäre glücklich und zufrieden damit. Der heutige Mainstream ist wohl im Vergleich zum damaligen so unterschiedlich wie Donald Duck-Bilder zu Bilder von Michelangelo & Co.
gruß
Thomas
Kreisler_jun.
Inventar
#17 erstellt: 22. Dez 2008, 15:32
Es ist hochgradig verzerrend, zu behaupten, Beethoven habe seine Werke "aus kommerziellem" Interesse geschrieben. Erstens gab es schon knapp hundert Jahre vorher sehr viel deutlicher marktförmige Musikproduktion, z.B. im Falle von Händels Operngesellschaften. Zweitens ist das, wie schon gesagt wurde, überhaupt nicht mit dem heutigen Massenmarkt (oder auch nicht mit der beginnenden kommerziellen Unterhaltungsmusik im 19. Jhd.) zu vergleichen. Händels "Kunden" waren adlige oder großbürgerliche Subskribenten, eine winzige Minderheit der Bevölkerung.

Schließlich ist Beethoven ein schlechtes Beispiel, weil er sich fast niemals (von seiner Anfangszeit in Wien, als er sich als Pianist durchsetzen mußte) mit seiner Komposition nach irgendeiner Marktnachfrage richten mußte. Er hat es normalerweise geschafft, daß ihn Adlige unabhängig von konkreten Werken unterstützten. Außerdem stammten Einkünfte aus Konzerten (anfangs) oder von (adligen) Schülern. Natürlich hat er auch seine Kompositionen verkaufen können, aber er hat nicht für einen "Mainstream" komponiert (wie etwas später die Massenproduktion von Rossini, Donizetti u.a.)
Was auch immer in irgendwelchen Filmen dargestellt wird, Mozart und Beethoven waren nicht die "Rockidole" ihrer Zeit. Wenn es so etwas ähnliches damals gab, waren das im 18. Jhd. Primdonnen und Kastraten, ab dem 19. zusätzlich auch vereinzelte Instrumentalisten wie Paganini und später Liszt. Beethoven war ein solcher "Star nur für einige wenige Jahre Ende der 1790er in einem lokal sehr begrenzten Umfeld.

viele Grüße

JK jr.
Mellus
Stammgast
#18 erstellt: 22. Dez 2008, 17:05

reflection schrieb:
so unterschiedlich wie Donald Duck-Bilder zu Bilder von Michelangelo & Co.


Beziehungslos sind Disneys Comics und Malerei allerdings nicht, wie die Austellung Walt Disneys wunderbare Welt und ihre Wurzeln in der europäischen Kunst dokumentiert.


Mellus
Thomas133
Hat sich gelöscht
#19 erstellt: 22. Dez 2008, 17:50

Mellus schrieb:

reflection schrieb:
so unterschiedlich wie Donald Duck-Bilder zu Bilder von Michelangelo & Co.


Beziehungslos sind Disneys Comics und Malerei allerdings nicht, wie die Austellung Walt Disneys wunderbare Welt und ihre Wurzeln in der europäischen Kunst dokumentiert.


Mellus


Das wollte ich damit auch nicht sagen, sondern viel mehr die Unterschiedlichkeiten von gewissen stilistischen Modetrends in mehr symbolischer Weise herausstreichen und Mainstream unterliegt ja deutlich Modetrends. Außerdem waren mir mehr die gängigen Comics im Sinne und nicht spezielle Gemälde oder aus Filmen die sich mit dieser Thematik befassen (ich kenne auch gut gemachte Donald Duck Bilder von Helnwein das ist aber soweit ich das einschätze nicht der Standard als mehr die Ausnahme bei Disney-Comics)
gruß
Thomas
Klassikkonsument
Inventar
#20 erstellt: 22. Dez 2008, 17:51

Kreisler_jun. schrieb:
Es ist hochgradig verzerrend, zu behaupten, Beethoven habe seine Werke "aus kommerziellem" Interesse geschrieben.


Mir ging es auch nicht darum, Beethoven auf Krampf mit demjenigen gleichzusetzen, was man heute unter "kommerzieller Musik" versteht.
Nur muss man die Vorstellung von autonomer Kunst und Musik doch ein bisschen relativieren. Beethoven musste sicher keine Konzessionen an den Massengeschmack machen. Wenn man seine Werke als Waren anspricht, so muss man sie wohl eher mit Luxusgütern vergleichen. Und ab einem bestimmten Zeitpunkt erhielt er wohl auch eine lebenslange Rente.
Wie schon gesagt, gibt es imo einen Unterschied zwischen U- und E-Musik. Nur wäre es unfair, die U-Musik an den Maßstäben ihrer hohen Schwester zu messen. Dafür will und kann diese manches nicht, was jene macht.

Viele Grüße
Der:Unvollendete
Neuling
#21 erstellt: 06. Jan 2009, 21:40
Also ich persönlich halte nicht viel von der Aufteilung in E- und U-Musik.
Jede Musik sollte doch im weitesten Sinne unterhalten,
keiner hört Musik, um sich selber damit zu quälen.
Wenn man davon ausgeht, dass Musik eine universelle, emotionale Sprache ist, die eigentlich von jedem verstanden werden kann,
ist es nur eine Frage des Höraufwands (und des Geschmacks), wann sich einem auch ein anspruchsvolleres Werk erschließt.
Accuphase_Lover
Inventar
#22 erstellt: 24. Jan 2009, 21:39
Ich habe schon meine Probleme mit dem Terminus "Pop" an sich. Denn was ist Pop, populäre Musik, also solche die beim Volk ankommt ?
Des Wortes eigentlicher Bedeutung nach schon. Was dann die Strauss-Dynastie in Wien auch zu Popern machen würde.

Ja ich weiß, daß es Klassik-Snobs gibt, für die die Sträusse gar keine Klassik sind. Zu diesen Snobs, die man sonst in der Form nur noch im Jazz findet, äußere ich mich mal lieber nicht.

Die typisch deutsche (!) Differenzierung zwischen E- u. U-Musik halte ich gelinde gesagt für Unfug, da sie nur einem Wunsch zur Distinguierung entspricht, welche manche Leute offenbar nötig haben !

Obwohl es durchaus Genres gibt, mit denen ich absolut nichts anfangen kann (Hard & Heavy, Punk, Industrial, Volksmusik in ihrer derzeitigen TV-Ausprägung !), habe ich dennoch keine Probleme unterschiedliche Stile zu hören.
Wagner, Michael Jackson (die alten Sachen) und Herbie Hancock sind bei mir allemal möglich. Zugegebenermassen aber nicht unmittelbar hintereinander.

Aber es stimmt schon, Klassikgenuß fordert mehr Zeit und Konzentration als sie viele heute aufbringen wollen oder können.

Nicht umsonst ist die Klassikszene schon seit Jahren eher in der Krise. Da tun ein paar Superstars wie Anna Netrebko schon Not, auch wenn diese sich wieder gefallen lassen muß, daß man ihr gerne unterstellt, sie sähe eigentlich wesentlich besser aus als sie singt.





Grüße
Boettgenstone
Inventar
#23 erstellt: 24. Jan 2009, 22:33
Guten Abend,
das läuft bei allen anderen Musikrichtungen genauso "der Pop" ist nur der Prügelknabe für die "besseren Nischenstile".
Eigentlich voll für die Füße. Obwohl ich wirklich keinen Pop höre, naja laut einigen Personen schon, ich besitze immerhin Alben mit einer Auflage größer 500 Stück.


Accuphase Lover schrieb:
Ja ich weiß, daß es Klassik-Snobs gibt, für die die Sträusse gar keine Klassik sind. Zu diesen Snobs, die man sonst in der Form nur noch im Jazz findet, äußere ich mich mal lieber nicht.

Die gibts in allen Bereichen, leider.


Nicht umsonst ist die Klassikszene schon seit Jahren eher in der Krise. Da tun ein paar Superstars wie Anna Netrebko schon Not, auch wenn diese sich wieder gefallen lassen muß, daß man ihr gerne unterstellt, sie sähe eigentlich wesentlich besser aus als sie singt.

Musiknazis ;)
Man kann fast nichts gegen sie tun.
lydian
Stammgast
#24 erstellt: 25. Jan 2009, 03:05

Accuphase_Lover schrieb:

Ja ich weiß, daß es Klassik-Snobs gibt, für die die Sträusse gar keine Klassik sind.


Ich oute mich hiermit als Snob. Die Musik der Strauß-Dynastie besteht vorwiegend aus Tanzmusik. Daneben Operetten, also der Vorläufer des Musicals.

Der Begriff "Musiknazi" ist becheuert.

Grüße,
Steff
Accuphase_Lover
Inventar
#25 erstellt: 25. Jan 2009, 04:26

lydian schrieb:

Accuphase_Lover schrieb:

Ja ich weiß, daß es Klassik-Snobs gibt, für die die Sträusse gar keine Klassik sind.


Ich oute mich hiermit als Snob. Die Musik der Strauß-Dynastie besteht vorwiegend aus Tanzmusik. Daneben Operetten, also der Vorläufer des Musicals.


Gut, daß du dich gleich geoutet hast.

Darf Klassik nicht ausgelassen sein und einen "positive spirit" beinhalten ?

Nein, denn dann wäre ja der elitäre Charakter dieses Genres (der für viele überzeugte Klassikhörer offenbar so notwendig ist) nicht mehr gegeben !





Grüße
op111
Moderator
#26 erstellt: 26. Jan 2009, 11:01

Accuphase_Lover schrieb:
Ja ich weiß, daß es Klassik-Snobs gibt, für die die Sträusse gar keine Klassik sind.

Wenn der Garmischer Richard nicht gemeint ist:
Da schliesse ich mich direkt Steff an und oute mich in diesem Sinn ebenfalls als Klassik-Snob.

@Accuphase_Lover
Deine Bedenken hinsichtlich der (exakten) Kategorisierung teile ich ebenfalls, habe allerdings keine generelle Abneigung gegen als Hard & Heavy und Punk kategorisiertes.
Martin2
Inventar
#27 erstellt: 26. Jan 2009, 12:38
Hallo Franz J.,

aber Johannes Brahms hat meines Wissens Johann Strauß durchaus geschätzt! Ich höre Strauß auch eher selten, aber er hat schon seine Qualitäten.

Gruß Martin
Accuphase_Lover
Inventar
#28 erstellt: 26. Jan 2009, 22:22

Franz-J. schrieb:

Wenn der Garmischer Richard nicht gemeint ist:
Da schliesse ich mich direkt Steff an und oute mich in diesem Sinn ebenfalls als Klassik-Snob.


Dann mal direkt gefragt :

Was macht die Wiener Sträusse in deinen (und denen anderer offenbar) Augen so wenig "klassiktauglich" ?
Gilt das z.B. auch für Franz Lehar, da die Operette offenbar (?) nicht "ernsthaft" genug ist ?

Mich beschleicht immer der Verdacht, daß nichts was "gute Laune" oder Ausgelassenheit schafft, Klassik sein darf.




Grüße
Thomas133
Hat sich gelöscht
#29 erstellt: 27. Jan 2009, 01:48

Accuphase_Lover schrieb:

Dann mal direkt gefragt :

Was macht die Wiener Sträusse in deinen (und denen anderer offenbar) Augen so wenig "klassiktauglich" ?
Gilt das z.B. auch für Franz Lehar, da die Operette offenbar (?) nicht "ernsthaft" genug ist ?
Mich beschleicht immer der Verdacht, daß nichts was "gute Laune" oder Ausgelassenheit schafft, Klassik sein darf.


Ich mische mich mal ganz unverschämt dazwischen.
Meiner Meinung nach ist die Musik des Strauß-Clan & Co sicher Klassik wenn auch auf einer ganz anderen Ebene wie die sonst meist bevorzugte Musik eines leidenschaftlichen Klassikhörers. In der Regel hört dieser - wenn er etwas von dieser Epoche hört - Sinfonien, Konzerte, Klaviermusik, Kammermusik und dergleichen. Gute Laune kann, sofern ich da von mir ausgehe, auf jeden Fall darunter sein denn ich denke gute Laune und ein gewisser Anspruch, gewisse Rafinessen usw. schliessen sich nicht einander aus. Das Problem der Strauß-Musik ist wohl eher das wohl die meisten Klassikhörer
nicht den gewünschten Tiefgang darin finden.

Ich sehe Strauß & Co eigentlich eher gesondert innerhalb der Klassikwelt. Ich bin kein Fan von ihnen aber ich respektiere
und anerkenne den melodischen Einfallsreichtum und am Meisten noch die originelle Stilistik mit der allgemein das Wien des 19.Jhdts. verknüpft wird. Vielleicht tut man sich leichter wenn man eine gewisse Vorliebe für das Wienerische pflegt und diese Musik damit asoziiert. Am ehesten mag ich noch manch ihrer Walzer-Einleitungen und ausklingenden Schlüße sowie diverse Polkas. Die ständig sich wiederholenden Walzerthemen bringen mir nach der Zeit etwas Fadesse ins Gemüt.
Leider tut es im Feld der Klassikhörer auch am Image schaden
das als der heute bedeutenste und bekannteste Interpret von Strauß-Werken A.Rieu genannt wird und was das bedeutet wissen wir ja auch alle von einem anderen Thread.

gruß
Thomas
Accuphase_Lover
Inventar
#30 erstellt: 27. Jan 2009, 02:45

reflection schrieb:
Das Problem der Strauß-Musik ist wohl eher das wohl die meisten Klassikhörer
nicht den gewünschten Tiefgang darin finden.


Das scheint mir der Kernpunkt zu sein, der (explizitest gewollte !) Tiefgang !
Kann es sein, daß es sich hier in besonderem Maße um ein deutsches, ggf. noch österreichisches Problem handelt ?
Obwohl die Österreicher ja zumindest teilweise, das Talent besitzen, sich selbst nicht so bierernst zu nehmen wie die Deutschen.


reflection schrieb:

Vielleicht tut man sich leichter wenn man eine gewisse Vorliebe für das Wienerische pflegt und diese Musik damit asoziiert.


Da könntest du recht haben.
Ich als Münchner, der ich schon des öfteren in Wien war und jedes Jahr in Österreich bin, kann mich tatsächlich gewisser Assoziationen nicht erwehren, da ich ein Faible für's Wienerische habe

Kann schon sein, daß ein Norddeutscher das ganz anders sieht.


reflection schrieb:

Leider tut es im Feld der Klassikhörer auch am Image schaden
das als der heute bedeutenste und bekannteste Interpret von Strauß-Werken A.Rieu genannt wird und was das bedeutet wissen wir ja auch alle von einem anderen Thread.


Nun ja, selbst ich als Anti-Snob (meistens jedenfalls) kann mich beim Betrachten der Rieu-Shows eines gewissen "Grusel-Gefühles" nicht erwehren.
Allerdings bei mir eher aufgrund der "Rahmenbedingungen" (schunkelnde Hausfrauen bei Open Air - Veranstaltungen u. Ä.).

Klassik-Musikstadl ?





Grüße
cr
Inventar
#31 erstellt: 27. Jan 2009, 04:40
Und was ist mit den ungarischen Tänzen von Brahms?
Nachdem sie von Brahms sind, kann man sie ja nicht per se als zweifelhaft einstufen? Ob sie nun mehr Tiefgang als ein straußscher Walzer haben, sei aber mal dahingestellt.
Und von Mozart gibts auch jede Menge Musik, die nicht bierernst ist.

Eine Frage ist, ob bei der Rezeption der klassichen Musik nicht die protestantische Weltanschauung auch eine gewisse Rolle spielt, die man ja historisch (zB Calvinn, Zwingli) als recht lustfeindlich einstufen kann. Im Katholizismus ist zwar auch alles verboten, aber die Verbote werden meist weniger ernst genommen (Beichte).....
Dies könnte mglw. auch den Unterschied zwischen Norddeutschland/dem calvinistischen Teil der Schweiz und Süddeutschland/Österreich erklären.


[Beitrag von cr am 27. Jan 2009, 05:31 bearbeitet]
Accuphase_Lover
Inventar
#32 erstellt: 27. Jan 2009, 06:25

cr schrieb:

Eine Frage ist, ob bei der Rezeption der klassichen Musik nicht die protestantische Weltanschauung auch eine gewisse Rolle spielt, die man ja historisch (zB Calvinn, Zwingli) als recht lustfeindlich einstufen kann. Im Katholizismus ist zwar auch alles verboten, aber die Verbote werden meist weniger ernst genommen (Beichte).....
Dies könnte mglw. auch den Unterschied zwischen Norddeutschland/dem calvinistischen Teil der Schweiz und Süddeutschland/Österreich erklären.



Betrifft mich persönlich als Agnostiker weniger.
Ganz allgemein ist die Frage aber gar nicht mal uninteressant. Rezeption von Kunst ist sicherlich auch immer abhängig vom religiösen Hintergrund des "Konsumenten".

Obwohl ich eigentlich in der Gewichtung der "Ernsthaftigkeit" (was auch immer man darunter verstehen mag !) auch einen Ausdruck des "Deutschen Wesens" sehe, das sich ja auch in zahlreichen anderen Dingen massiv nierderschlägt, seien es andere Künste oder Politik !

Die Angelsachsen scheinen mir hier eine etwas andere Herangehensweise zu haben, was man auch und GERADE in der Literatur sieht.
Welche ich nicht umsonst so schätze.

Auch daß die Angelsachsen die Musik des 20. Jahrhunderts maßgeblich geprägt haben, kommt sicher nicht von ungefähr.

Wobei man jetzt anmerken könnte, daß die Angelsachsen trotz ihrer überragenden Bedeutung in sonstigen Dingen, im Bereich der musikalischen Klassik seltsam "schwach" geblieben sind.

Sicherlich eine interessante Frage, inwieweit eine Kultur/Zivilisation/Nation prädestiniert ist, gewisse Kunstformen zu prägen !


So, ich hör' jetzt Jazz.




Grüße
Mellus
Stammgast
#33 erstellt: 27. Jan 2009, 16:41

Accuphase_Lover schrieb:
Mich beschleicht immer der Verdacht, daß nichts was "gute Laune" oder Ausgelassenheit schafft, Klassik sein darf.


An dieser Diagnose ist vielleicht etwas dran, aber aus anderen Gründen. Wenn wir Klassik mal als Wiener Klassik verstehen, dann, so scheint es mir, kann man ein Merkmal "Ausgewogenheit der Launen" nennen: Eine Komposition kommt immer mit mehr als einem Thema daher, und wenn das erste Thema eine fröhliche Melodie ist, dann sollte das zweite Thema einen anderen Charakter haben. Sonst wäre es ja langweilig und würde, Spekulation, den ästhetischen Regeln der Zeit sowie weltanschaulichen Prinzipien widersprechen.

Es ist also nichts an guter Laune auszusetzen, solange sie nicht einseitig wird. Und es ist eben Einseitigkeit, die gerade kein Merkmal von Klassik ist.

Viele Grüße,
Mellus
Accuphase_Lover
Inventar
#34 erstellt: 27. Jan 2009, 18:16

Mellus schrieb:
Und es ist eben Einseitigkeit, die gerade kein Merkmal von Klassik ist.


Wobei wir dann bei der Frage wären, was eigentlich ist Klassik ?
Aber diese Frage ist wahrscheinlich, wie so oft "unerwünscht", da zu allgemein gestellt und nur schlecht beantwortbar, oder ?

Vielleicht wurde das ja hier auch schon diskutiert.



Grüße
Thomas133
Hat sich gelöscht
#35 erstellt: 27. Jan 2009, 18:29

cr schrieb:
Und was ist mit den ungarischen Tänzen von Brahms?
Nachdem sie von Brahms sind, kann man sie ja nicht per se als zweifelhaft einstufen? Ob sie nun mehr Tiefgang als ein straußscher Walzer haben, sei aber mal dahingestellt.
Und von Mozart gibts auch jede Menge Musik, die nicht bierernst ist.


Hallo,

Da könnte man einige klassische Komponisten aufzählen die unter Anderem auch Musik für Unterhaltungszwecke geschrieben haben, diese hatte aber auch so ihre verschiedensten Moden die sie durchlaufen hat, zwischen den Epochen also nicht so gut vergleichbar ist.

Brahms seine Ungarischen Tänze würde ich jetzt aber nicht mit einem Walzer vergleichen der eine ganz andere formelle Anlage besitzt und nicht gleichförmig geradezu vor sich "hinplätschert" sowie jedes Walzerthema meist hintereinander nochmals wiederholt wird. Aber man könnte es vielleicht mit den Polkas und Mazurken der Strauss-Familie vergleichen die man ja eigentlich auch symbolisch darauf bezugnehmend "Wienerische Tänze" nennen könnte.
(Ich glaube es gibt auch Polkas mit ungarischem Bezug aber so gut kenn ich mich jetzt nicht in deren Werkverzeichnissen aus)

Wo ich Strauss durchaus anhörbar finde sind die Ouvertüren die viel abwechslungsreicher gestaltet sind, es diverse Schattierungen gibt wie sie von mellus beschrieben wurden -
hier steht er einer Ouvertüre eines Offenbachs oder Bizet in keinster Weise nach.
Hier wäre zB die Fledermaus-Ouvertüre (und hier werden die markanten Walzerthemen immer nur ziemlich kurz angeschnitten)
http://www.youtube.com/watch?v=sHF5LP53LZY&feature=related

gruß
Thomas
Mellus
Stammgast
#36 erstellt: 27. Jan 2009, 18:37
Hallo Accuphase_Lover,

Du hast sicher recht, wenn Du anmerkst, dass die Frage danach, was Klassik sei, allgemein gestellt und schlecht zu beantworten ist. Nicht ohne Grund habe ich mich in meinem letzten Beitrag eigentlich auf die Wiener Klassik beschränkt -- eigentlich, da ich die Beschränkung in dem von Dir zitierten letzten Satz nicht ausgedrückt habe. Die Wiener Klassik sollte einigermaßen gut zu umreißen sein.

Aber intuitiv haben wir wohl alle eine Ahnung, was unter "Klassik" und "Pop" zu verstehen ist, so dass wir uns im Alltag über die jeweiligen Genres verständigen können. Ich nehme an, dass auch Du zugestehen möchtest, dass, nur um ein Beispiel zu nennen, Mozart eine andere Art Musik macht als Michael Jackson. Reicht diese Art des Verständnisses nicht aus?

Viele Grüße,
Mellus
Accuphase_Lover
Inventar
#37 erstellt: 27. Jan 2009, 20:03

Mellus schrieb:
Ich nehme an, dass auch Du zugestehen möchtest, dass, nur um ein Beispiel zu nennen, Mozart eine andere Art Musik macht als Michael Jackson. Reicht diese Art des Verständnisses nicht aus?


Doch !

Aber was ist beispielsweise mit Musik von John Williams ?Einige Filmmusiken sind genauso aufwendig eingespielt wie "Klassik" und können durchaus komplexer komponiert sein.

Oder darf klassische Musik keine "vordergründige" Funktion haben, womit sich Soundtracks dann schon selbst erledigen ?

Wo endet Klassik eigentlich zeitlich, 60er, 70er Jahre ?
Wird eigentlich noch Klassik komponiert ?


Klassik scheint ein zeitlich abgeschlossenes Genre zu sein - ganz im Gegensatz zu allen anderen Musikarten !

Siehst du "Klassiker" der Gegenwart ?






Grüße
Mellus
Stammgast
#38 erstellt: 27. Jan 2009, 20:30
Frage: Was ist ein Hund? Antwort: Ein vierbeiniges Haustier.

Man sieht schnell, dass die Antwort nicht ausreicht; sie kann Hunde nicht von Katzen unterscheiden.

Und was ist mit einem dreibeinigen Hund? Ist das kein Hund?

Eine bessere Antwort: Drei- oder vierbeiniges Haustier, das keine Katze ist.

Was ist mit zweibeinigen Hunden oder Meerschweinchen?

...

So kann man die Liste der Merkmale, die "hundisch" sind, immer weiter verlängern und verfeinern (und wird vermutlich bei einer "Hund-Essenz" landen! ). Aber immer wird sich ein Gegenbeispiel finden/konstruieren lassen, das von der bis dahin aufgestellten Merkmalsliste nicht eingefangen wird.

Und was für Hunde gilt, gilt für Klassik erst recht!

Das Definitionsproblem ist in meinen Augen nicht klassikspezifisch. Alle nicht-mathematischen Begriffe leiden darunter.

Es wäre sicher eine einsichtsreiche Aufgabe, den Versuch zu starten, notwendige und hinreichende Bedingungen (die machen ja eine gute Definition aus) der Klassik zu identifizieren. Aber erfolgreich wird sie aus dem geschilderten Grund heraus nicht sein.

Was immer auch für ein Merkmal genannt wird, Du (oder jemand anderes) könntest ein Gegenbeispiel anführen. Aber das hat, wie gesagt, nicht unbedingt damit zu tun, dass Klassik ein leerer Begriff ist, zumindest nicht leerer als die meisten Begriffe, die wir benutzen.

Können wir es uns nicht einfach machen und gleich bei unserem für die meisten Zwecke ausreichenden, wenn vielleicht auch vagem, Verständnis bleiben?


Accuphase_Lover schrieb:
Siehst du "Klassiker" der Gegenwart ?


Ja, eine Auswahl sind im Thread über Neue Musik versammelt.

Viele Grüße,
Mellus
Martin2
Inventar
#39 erstellt: 27. Jan 2009, 22:22
Die Frage der Abgrenzungsprobleme zwischen Klassik und Pop beschäftigen mich nicht wirklich. Allerdings die Bezeichnung von U- und E-Musik konnte ich nie wirklich leiden. Das ist eine vollkommen irreführende, ja geradezu dumme Unterscheidung.

Klassische Musik finde ich oft höchst unterhaltsam. Sie ist auch nicht so abgegrenzt zu populärer Musik wie man vielleicht denken mag - gerade historisch gesehen. In der Barockmusik war es völlig normal, Suiten mit Tanzsätzen zu schreiben. Haydn wurde angegriffen, weil er der Volksmusik zu breiten Raum in seinen Werken gab. Und so weiter und so weiter.

Was an klassischer Musik insbesondere seit der Wiener Klassik so bemerkenswert ist, ist die Tatsache, daß es mit dem Populären, selbst Vulgären auch spielt. Und das finde ich eben höchst unterhaltsam, während mich vieles, was unterhaltsam genannt wird, eben gerade nicht unterhält.

Insofern wäre es eigentlich angesagt, die Bezeichnungen umzukehren. Die E Musik ist gerade die eigentlich U Musik, weil sie mit dem Unterhalterischen spielerisch umgeht und gerade darin unterhält, und die U Musik ist die eigentliche E Musik, weil sie geradewegs auf das Ziel los geht, mich unterhalten zu wollen, und dies sehr ernst nimmt, und mich darin natürlich gerade nicht unterhält.

Gruß Martin
op111
Moderator
#40 erstellt: 06. Feb 2009, 03:49
Hallo zusammen,

Accuphase_Lover schrieb:
Klassik scheint ein zeitlich abgeschlossenes Genre zu sein - ganz im Gegensatz zu allen anderen Musikarten !

der Begriff wird in unterschiedlicher Bedeutung benutzt.

  1. für die Epoche der Frühklassik und Wiener Klassik
  2. als Sammelbegriff für Musik seit dem 15. Jhd. (Renaissance - Neue Musik)
  3. als Synonym für Kunstmusik / "Ernste Musik" und damit als Gegensatz zu Popmusik


Die Verwertungsgesellschaften definieren Ernste Musik als kulturell bedeutende Werken und Leistungen.

Hier im Forum dürfte "Klassische Musik" mehrheitlich wie in (3.) als Kunstmusik aufgefasst werden.

wikipedia.org Kunstmusik


Kunstmusik ist ein Abgrenzungsbegriff von Musikstilen der (europäischen) Hochkultur, die im Unterschied zu anderen Musikformen mit bestimmten Funktionen - etwa der Programmmusik oder der Tanzmusik - als autonome Kunst angesehen werden.[1] Aufgrund der Fortentwicklung des Kunstbegriffs grenzt sie sich von der Musik der Volks- und Subkultur ab. Im Gegensatz zum gelegentlich fast synonym verwendeten Begriff ernste Musik, der sich primär von unterhaltender Musik abgrenzt, liegt die Betonung folglich auf dem künstlerisch-kulturellen Anspruch eines Werks. ...
op111
Moderator
#41 erstellt: 06. Feb 2009, 16:57

Martin2 schrieb:
aber Johannes Brahms hat meines Wissens Johann Strauß durchaus geschätzt! Ich höre Strauß auch eher selten, aber er hat schon seine Qualitäten.


was aber nicht bedeutet, daß ein Komponist, der überwiegend Kunstmusik schreibt, dies ausschliesslich tun muss.

Beispiele wären Brahms' Ungarische Tänze und vergleichbare Werke (Dvorak).

Gerade im Fall der Sträuße u.a. Operettenkomponisten ist die Grenze nur schwer zu ziehen. Mich würde interessieren wie eine Rechteverwertungsgesellschaft diese Musik heute einstufen würde, E oder U?
Accuphase_Lover
Inventar
#42 erstellt: 06. Feb 2009, 23:35

Franz-J. schrieb:

Die Verwertungsgesellschaften definieren Ernste Musik als kulturell bedeutende Werken und Leistungen.


Dazu zählen dann aber auch die Beatles, Elvis und ein paar andere.

Jazz beispielsweise ist DIE bestimmende Musikrichtung des gesamten 20. Jahrhunderts, ohne welche sehr viele Musik-Genres (deren Fans diese mit Jazz nie in Verbindung bringen !) wohl nicht existieren würden.
Ohne den Jazz sähe die Musiklandschaft des 20. u. des beginnenden 21. Jahrhunderts komplett anders aus !

Und in den vergangenen 100 Jahren hat sich ziemlich viel getan, mehr als in den musikalischen Jahrhunderten seit der Eroberung Konstantinopels zusammengenommen !

Das heißt, der Jazz erfüllt damit bedingt durch seine prägende Wirkung für sehr viele Genres und die Gesellschaft (!), bis hin zur Gegenwart ("als einziger Beitrag der USA zur Weltkultur", der sinnigerweise von den Sklaven kreiert wurde, wie jemand mal so treffend formulierte ! ), in VOLLEM Umfang das Kriterium von "kulturell bedeutenden Werken und Leistungen" !




Grüße
op111
Moderator
#43 erstellt: 07. Feb 2009, 14:52
Accuphase_Lover, im Prinzip stimme ich dir in groben Zügen zu, nur zeigt sich hier, daß bedeutend einen weiten Interpretationsspielraum zulässt.
Über die genauen Kriterien dieser Gesellschaften müsste man genaueres in Erfahrung bringen.
Verlangen GEMA u.a. eigentlich, daß der Schöpfer bedeutender Werke eine musikalische Ausbildung mit Meisterbrief ("verachtet mir ..." ) oder Hochschulabschluss besitzen muss?
Mellus
Stammgast
#44 erstellt: 13. Feb 2009, 10:36
Jens Hagestedt hat im Eurozine einen interessanten Artikel"Über den Unterschied zwischen 'ernster' und 'Unterhaltungsmusik'" geschrieben. Zunächst dekonstruiert er die Unterschiedung, um sie dann auf andere Weise wieder einzuführen, nämlich -- extrem verkürzt -- mit Bezug auf das "Ich" des Hörers, dessen verschiedene Schichten unterschiedlichen musikalischen Input bedürfen. Der Text ist recht lang, berücksichtigt aber viele Faktoren, neben musikalischen auch soziologische und entwicklungspsychologische.

Viele Grüße,
Mellus
hifi-zwerg
Stammgast
#45 erstellt: 13. Feb 2009, 17:11
Hallo,


Über die genauen Kriterien dieser Gesellschaften müsste man genaueres in Erfahrung bringen.


Es lohnt sich nicht wirklich, wenn man nicht gerade Komponist ist. Es gibt ein recht komplexes Punktesystem, hierbei spielt aber mehr die Aufführungspraxis und der kommerzielle Erfolg eine Rolle, weniger der schwer messbare "Anspruch".

Details gehen aus der GEMA Satzung hervor. Ein Freund hat mir das mal versucht zu erklären, aber die Regeln von Baseball scheinen mir dagegen übersichtlich und verständlich. Ich habe mir lediglich als extrakt gemerkt, je komerziell erfolgreich ein Stück ist umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß es U-Musik ist (z. B. Stichwort "anspruchsvolle Sinfonik der U-Musik").

Gruß
Zwerg
Kreisler_jun.
Inventar
#46 erstellt: 13. Feb 2009, 18:04

Mellus schrieb:
Jens Hagestedt hat im Eurozine einen interessanten Artikel"Über den Unterschied zwischen 'ernster' und 'Unterhaltungsmusik'" geschrieben. Zunächst dekonstruiert er die Unterschiedung, um sie dann auf andere Weise wieder einzuführen, nämlich -- extrem verkürzt -- mit Bezug auf das "Ich" des Hörers, dessen verschiedene Schichten unterschiedlichen musikalischen Input bedürfen. Der Text ist recht lang, berücksichtigt aber viele Faktoren, neben musikalischen auch soziologische und entwicklungspsychologische.


Ein recht seltsamer Artikel...
Neben einigen sehr plausiblen oder sogar scharfsinnigen Überlegungen findet sich dort auch einiges ziemlich Kuriose und Obskure. Angefangen mit so einer pseudo-etymologischen Erläuterung der Bedeutung von "Unterhaltung" bis hin zu der seltsamen mystischen Auffassung der Ich-Befreiung, die durch Musik erreicht werden sollte usw. Oder die Konfusion zwischen der Relevanz der Haltung des Rezipienten mit den spekulativen Eigenschaften und Fähigkeiten und entsprechenden Hörpräferenzen "Hochbegabter", wo aber anscheinend musizierende Wunderkinder und Komponisten zusammengeworfen werden.

Auch die Ausführungen über Melodie und Rhythmus scheinen mir klischeebehaftet und klärungsbedürftig (wenn auch sicher nicht komplett verfehlt) zu sein.

Stellenweise auch offensichtlich nicht ernst gemeint, ohne daß ich immer erkennen könnte, wann doch...

Insgesamt habe ich jedenfalls den Eindruck, daß er am Ende den "Sockel" der "ernsten Musik" wieder sehr deutlich aufrichtet.

JK jr.
Mellus
Stammgast
#47 erstellt: 17. Feb 2009, 16:33

Kreisler_jun. schrieb:
Ein recht seltsamer Artikel...
Neben einigen sehr plausiblen oder sogar scharfsinnigen Überlegungen findet sich dort auch einiges ziemlich Kuriose und Obskure.


Das stimmt. Die Passage mit den Wunderkindern beispielweise habe ich gleich überblättert.

Aber zwei Anmerkungen noch: die "Ich-Befreiuung", von der Du sprichst, finde ich gar nicht so seltsam. Ein nicht selten zu lesender ästhetischer Anspruch von Kunst ist doch tatsächlich, dass der Rezipient nachher ein Anderer ist als vorher. Das muss kein mystischer Vorgang sein, sondern ist einfach Teil einer Persönlichkeitsentwicklung. Ja sogar die gesamte Gesellschaft kann Ziel künstlerischer Bewegungen sein. Das drohende Jubiläum des Futuristischen Manifestes gibt dafür, so weit ich weiß, gerade ein aktuelles Beispiel.

Es klingt für mich so, als ob Du es bedauerst, dass der Autor am Ende "den Sockel der ernsten Musik wieder aufrichtet". Für mich bildet die Unterscheidung in "U" und "E" jedoch etwas ab, dass es tatsächlich gibt und daher finde ich es nicht verwerflich, davon zu sprechen. Damit ist freilich noch nicht gesagt, dass der Unterschied ein kategorialer ist; vielleicht ist er nur graduell. Vielleicht ist eine Zweiteilung auch zu grob und drei, vier, fünf Unterscheidungen wären geeigneter. Der Autor macht, wenn ich mich recht entsinne, auf eine einfache Formel heruntergekocht, doch nichts anderes als eine Differenzierung nach Hörweisen, ähnlich dem Nahrungsaufnahmeunterschied von "Konsum" vs. "Genuss". Das macht er allerdings "philosophisch" deutend und mit einem bisweilen aufgeplusterten Vokabular und ebensolchen intertextuellen Bezügen. Eine ähnliche Position, allerdings ohne Aufplusterung, hast Du in irgendeinem anderen Thread auch mal vertreten, am Beispiel von Rotwein vs. Cola-Fanta-Sprite. Für mich macht das Sinn.

Viele Grüße,
Mellus
Kreisler_jun.
Inventar
#48 erstellt: 18. Feb 2009, 14:41

Mellus schrieb:

Kreisler_jun. schrieb:
Ein recht seltsamer Artikel...
Neben einigen sehr plausiblen oder sogar scharfsinnigen Überlegungen findet sich dort auch einiges ziemlich Kuriose und Obskure.


Aber zwei Anmerkungen noch: die "Ich-Befreiuung", von der Du sprichst, finde ich gar nicht so seltsam. Ein nicht selten zu lesender ästhetischer Anspruch von Kunst ist doch tatsächlich, dass der Rezipient nachher ein Anderer ist als vorher. Das muss kein mystischer Vorgang sein, sondern ist einfach Teil einer Persönlichkeitsentwicklung.


Mir klang das etwas mystisch, eben in Richtung der Befreiung vom "Ichsein" so wie man das im Buddhismus u.ä. findet. Wenn man es so liest wie Du, hätte ich freilich kein Problem damit. Dann ist mir aber nicht ganz klar, warum das nur der ernsten Musik spezifisch sein sollte, zumal der Autor ja anderweitig so eine vulgärentwicklungspsychologische Idee äußert, daß man in der Pubertät Popmusik hören müsse. Das scheint mir von der grundsätzlichen Fraglichkeit, (was haben denn die Jugendlichen vor 150 Jahren gemacht, als es keine Popmusik gab?) doch eine Abwertung der Popmusik, die im Widerspruch zur ursprünglichen Stoßrichtung steht.



Es klingt für mich so, als ob Du es bedauerst, dass der Autor am Ende "den Sockel der ernsten Musik wieder aufrichtet".


Nicht unbedingt, aber es widerspricht dem Eindruck, den ich zunächst von der Zielrichtung des Artikels hatte.



Für mich bildet die Unterscheidung in "U" und "E" jedoch etwas ab, dass es tatsächlich gibt und daher finde ich es nicht verwerflich, davon zu sprechen. Damit ist freilich noch nicht gesagt, dass der Unterschied ein kategorialer ist; vielleicht ist er nur graduell. Vielleicht ist eine Zweiteilung auch zu grob und drei, vier, fünf Unterscheidungen wären geeigneter. Der Autor macht, wenn ich mich recht entsinne, auf eine einfache Formel heruntergekocht, doch nichts anderes als eine Differenzierung nach Hörweisen, ähnlich dem Nahrungsaufnahmeunterschied von "Konsum" vs. "Genuss". Das macht er allerdings "philosophisch" deutend und mit einem bisweilen aufgeplusterten Vokabular und ebensolchen intertextuellen Bezügen.


Wenn ich recht verstehe, sieht er aber doch auch einen Unterschied in der Sache, nicht bloß in der Rezeptionsweise. Denn die Popmusik ermöglicht eben nicht die Rezeptionsweise, die bei der ernsten Musik die angemessene ist. Oder? Ich gebe ja zu, daß ich das so ähnlich sehen würde, aber es ist dann eigentlich nicht mehr so eine vermittelnde Position wie es am Beginn den Anschein hatte. Sondern es wird ein Unterschied gemacht und der wird auch ziemlich deutlich bewertet. Was m.E. erstmal unabhängig von etwaigen Zwischenstufen tun kann.



Eine ähnliche Position, allerdings ohne Aufplusterung, hast Du in irgendeinem anderen Thread auch mal vertreten, am Beispiel von Rotwein vs. Cola-Fanta-Sprite. Für mich macht das Sinn.


Ein Glück, daß mir das ohne Aufplusterung gelungen war...
Ja klar, ich bin aber diesbezüglich auch ein konservativer Knochen.

JK jr.
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