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Der Zwang 'alles' zu mögen - womit werdet ihr nicht warm?

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Beitrag
Hüb'
Moderator
#51 erstellt: 25. Nov 2013, 11:31

Kreisler_jun. (Beitrag #49) schrieb:

Hörbert (Beitrag #45) schrieb:

Die Emotionalen Aspekte von Musik sind m.E. nur die halbe Miete, auch der deutsche Schlager z.B. ist schließlich eine hochemotionale Musik, zumindest für mich muß Musik auch einen lntellektuellen Mindestanspruch erfüllen, sonst bleibt sie trotz aller Emotionalität einfach nur Gedudel, das mir mehr oder weniger bedeutungslos erscheint.

Eben. Wobei ich Schlagern wirklichen Ausdruck von Emotionen oft absprechen würde.

So sind die Zugänge zu Musik wohl verschieden.
Für mich muss Musik nicht unbedingt intelligent sein, um mir (sehr) gefallen zu können. Bei "einfacher" Musik ist mir aber wichtig, dass sie mir "wahrhaftig" (großes Wort, ich weiß) erscheint. Dem Künstler/Komponisten muss es ernst sein, mit seiner Musik - und das bilde ich mir dann auch zu hören ein. Die meisten (deutschsprachigen) Schlager sind in diesem Sinne auch nur vorgeblich, aber eben nicht tatsächlich emotional. Hier wird Musik lediglich im Sinne der Zielgruppe produziert. Das diese Musik bei dieser Zielgruppe dann "emotional wirken" mag, will ich gar nicht bestreiten, liegt aber meiner Ansicht nach eher an deren beschränktem Anspruch.

Und dabei gibt es nur gute und schlechte Musik, egal ob es um Klassik, Jazz, Soul, Rock, R & B oder irgendwelche Schlager geht. Genialität und Murks gibt es überall. Das gehört zum Menschsein. Doch nichts ist nur böse oder nur Murks und nichts ist nur gut und genial. So kann sogar im Häßlichen oder Mißlungenen mitunter ein besonderer Reiz liegen.

Sehe ich ganz ähnlich. Wobei ich mit meiner Brille als Musik-Fan auf der Nase schon zu behaupten wagen würde, dass die gedachten Schnittmengen mit "Müll&Murks" in machen Genres größer sind (wie z. B. beim Schlager), als in anderen. Aber auch das ist eben subjektiv.

Ich schrieb es ja weiter oben schon einmal: viele Menschen haben ja gar keinen intensiven Zugang zu Musik, der über das reine nebenbei Konsumieren hinausginge - sei es aus Prägung, Zeitmangel, anderen Interessen, Amusikalität etc. pp.

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 25. Nov 2013, 11:33 bearbeitet]
Schnuckiputz
Stammgast
#52 erstellt: 25. Nov 2013, 12:05

Hüb' (Beitrag #51) schrieb:
Die meisten (deutschsprachigen) Schlager sind in diesem Sinne auch nur vorgeblich, aber eben nicht tatsächlich emotional. Hier wird Musik lediglich im Sinne der Zielgruppe produziert. Das diese Musik bei dieser Zielgruppe dann "emotional wirken" mag, will ich gar nicht bestreiten, liegt aber meiner Ansicht nach eher an deren beschränktem Anspruch.


Das ist sicher richtig, doch vergessen wir nicht, daß auch früher schon Musik zu mehr oder weniger profanen Zwecken und für bestimmte Zielgruppen oder Anlässe komponiert wurde. Da gab es jede Menge "Auftragswerke." Von der Wasser-, über die Feuerwerksmusik und den Kaiserwalzer, die Tafelmusik bis zu den Opern von Rossini, der er nicht selten unter großem Zeitdruck komponierte. Aber allein deswegen ist sie nicht von minderer Qualität. Vielleicht gab man sich früher einfach nur mehr Mühe. Heute wird gerade im Schlagerbereich manches mit elektronischen Tricks, Hall, Chor usw. aufgepeppt, das man sich z.B. nur auf dem Klavier gespielt kaum anhören würde.

Da erinnere ich mich wieder mal an meinen Musiklehrer in der Schule. Der riet dazu, man solle sich die Melodie bei Popmusik mal ohne die ganzen Gimmicks und elektronischen Helferlein vorstellen, nur als Töne, wie man sie z.B. auf dem Klavier hören würde. Da erkannten sogar wir Teenis dann, daß manche Hits simpler, um nicht zu sagen primitiver, komponiert waren als manches einfache Kinderlied. Und wir konnten feststellen, daß die Musik der Beatles meist eigentlich recht solide komponiert war, während die der Bee Gees als ziemlicher Murks erschien.

Ansonsten denke ich auch, daß die Wirkung von Musik auch auf ihrer "Wahrhaftigkeit" beruhen kann. Das Ganze muß irgendwie "authentisch" klingen, was auch bei der Interpretation eine Rolle spielt, besonders bei Sängern. Auch da hat die Callas gezeigt, wie es geht. Sie hatte, wie Tulio Serafin es mal sagte, ein "häßliche große Stimme." Ihre fast schon magische Wirkung auf das Publikum beruhte auf ihrer Darstellungskraft, der Expressivität der Stimme und ihrer Bühnenpräsenz. Solides Handwerk ist also immer nur die Basis. Doch für große Kunst muß das gewisse Etwas hinzukommen - vielleicht etwas Spirituelles, bei dem der Künstler etwas von sich selbst gibt und wirklich "Musik macht" statt nur Noten vom Blatt zu spielen oder zu singen. Vielleicht ist es das, was wir suchen, wenn wir immer wieder neue Interpretationen der gleichen Musik hören - bis wir (vielleicht) eines Tages die Aufnahme gefunden haben, bei der für uns alles stimmt und deren Erhabenheit uns erschauern läßt.
Hüb'
Moderator
#53 erstellt: 25. Nov 2013, 12:49
Hallo Schnuckiputz (hast Du auch einen Namen? :)),

auch da bin ich weitestgehend bei Dir.
Damals fehlten einfach noch die Verschleierungsmöglichkeiten, welche bei der Herstellung moderner Pop-Musik heute zur Anwendung kommen können.
Die Begriffe "wahrhaftig" und "authentisch" würde ich übrigens in diesem Kontext weitestgehend synonym verwenden.

Grüße
Frank
Thomas133
Hat sich gelöscht
#54 erstellt: 25. Nov 2013, 14:45
Also mich blendet da nichts vor mangelnder Kreativität - wenn ich da zB rhythmisches Geschimpfe, auch Hip Hop genannt, höre dann kann der Groove noch so "cool" sein, produktionstechnisch in der 1.Liga spielen, wird es für mich genauso wenig besser als wenn man ein Stück Exkrement (wir wollen uns ja sittlich ausdrücken ;-) mit echtem Blattgold umwickelt. So gut kann man bei mir schlechte Ideen garnicht kaschieren als das ichs jetzt plötzlich gut finden würde. Bin deswegen bei der Popularmusik sehr wählerisch. Schlager bedient ja wie hier schon geschrieben wurde sehr geringe Ansprüche, simple nachsingbare oder besser gesagt "nachschunkelbare" Melodien die sich immer wiederholen und mit Texten aus dem Schmalztopf angereichert sind. Unterhaltungsmusik gabs früher auch schon, was sich da teils im WoO-Verzeichnis von Beethoven, manchen Ländlern von Schubert oder Mozarts Cassationen und Märsche für Bälle vorfinden läßt lockt mich auch nicht gerade vom Ofen hervor.
Nur das halt diese Musik einfach nur recht simpel für damalige Verhältnisse gehalten ist, die heutige Unterhaltungsmusik (Schlager) das Ganze aber so überzieht das es zu einer einzigen kitschtriefenden Suppe verkommt, sozusagen das musikalische Ebenbild zu Seifenopern und Rosamunde Pilcher-Filme.

Zum Einen stimmt es schon, vielmals dient die heutige Chartsmusik nur als Hintergrundberieselung in Autos, Büroräumen, Restaurants, in Haushalten während anderer Tätigkeiten usw. aber man muss fairerweise auch sagen das hier teilweise auch nicht viel bessere Sitten in Konzertaufführungen vergangener Jahrhunderte vorherrschten, selbst bei Konzerten - wo man ja allein aus Respekt der Vorführenden gegenüber besonders ruhig sein sollte - waren Unterhaltungen im Publikum keine Seltenheit und mir fallen auch spontan Briefstellen von Mozart und Beethoven ein die in ihrer Künstlerehre gekränkt erzürnt das Klavierspiel abbrachen und Beethoven angeblich auch aufgrund dessen den bekannten Ausruf "Vor solchen Schweinen spiele ich nicht!" gemacht hat. Ich nehme an die Kenner die auch kunstvolle Werke schätzen und dabei konzentriert zugehört haben waren auch damals wie heute in der Minderheit wenn auch vielleicht etwas zahlreicher wie zu unserer Zeit. Ich könnte noch weiter ausholen aber ich habe irgendwie das Gefühl wir entfernen uns immer mehr vom eigentlichen Thema ;-)
gruß
Thomas
Wilke
Inventar
#55 erstellt: 25. Nov 2013, 15:56
Hallo Thomas,

auch ich mag keinen Rap-Gesang, frage mich aber : warum kommt er bei den kiddies an?
Wahrscheinlich wegen der Texte? So wie bei Schubert?
Hüb'
Moderator
#56 erstellt: 25. Nov 2013, 16:03

auch ich mag keinen Rap-Gesang, frage mich aber : warum kommt er bei den kiddies an?

Jedenfalls schön gereimt, Ralf.

Pigpreast
Inventar
#57 erstellt: 25. Nov 2013, 17:03
Ich kann seit Jahren sehr zu meinem Bedauern muss ich fast sagen, keinen emotionalen Zugang zu Bach finden. Die Bedutung seiner Werke ist mir Wohl bewusst, rational kann ich die Genialität auch nachvollziehen, wenn ich mich mit seiner Musik befasse. Allein, sie „ergreift“ mich nicht.

Nun mag das daran liegen, dass mein ursprünglicher Zugang zur Klassik zunächst hauptsächlich über die zwei mich faszinierenden Elemente „Virtuosität“ und vor allem „Klangkörper“ (großes Sinfonie-Orchester) lief und ich deshalb ohnehin eher Freund der späteren Wiener Klassik bzw. der Romantik bin. Andernfalls habe ich keine generelle Ablehnung gegen Barock (Vivaldi z.B. gefällt mir außerordentlich gut).

So oft ich mich auch der Musik von Bach hingebe, nach einer Zeit beschleicht mich immer so ein Gefühl, wie seit Stunden auf dem selben Kaugummi herum kauen. Vom Kopf her ist mir wohl bewusst, dass ich damit die Definition des Banausen erfülle, aber wie gesagt, Hochgefühle bleiben bei mir einfach aus, so sehr ich mich auch darum „bemühe“.
Hörbert
Inventar
#58 erstellt: 25. Nov 2013, 22:00
Hallo!

@Pigpreast


....nach einer Zeit beschleicht mich immer so ein Gefühl, wie seit Stunden auf dem selben Kaugummi herum kauen.....


Damit stehst du weder bei Bach noch bei einem guten Teil der übrigen Barock- und Rokoko-Musik nicht alleine da, auch ich kann nur mit einem kleinen Teil dieser Stilrichtungen etwas anfangen.

Aber das muß man auch nicht, ab und an wieder einmal intensiov reinhören genügt da für mich, zuweilen ergibt es sich dann doch das sich mir das eine oder ander Stück erschließt falls zufälligerweise einmal die Rokokorprwetation für mich stimmig ist.

MFG Günther
arnaoutchot
Moderator
#59 erstellt: 25. Nov 2013, 22:04
... und beim Adagio aus dem Cembalokonzert BWV 1052 d-moll (wahlweise auf Cembalo oder Klavier gespielt) tut sich da nichts bei Euch ? Erstaunlich ... eins der berührendsten Stücke, das ich kenne.
Hörbert
Inventar
#60 erstellt: 25. Nov 2013, 22:18
Hallo!

Nein, allerdings kann ich mit den beiden Violinkonzerten, der Doppelkonzert und den Goldberg-Variationen (Cembalo mit Karl Richter) etwas anfangen.

Der Rest läßt mich z.Z. noch im großen und ganzen kalt, und die meisten der Kantaten empfinde ich als bekennender Opern und Kantatenhörer als ein Graus.

MFG Günther
arnaoutchot
Moderator
#61 erstellt: 25. Nov 2013, 22:19

Hörbert (Beitrag #60) schrieb:
und die meisten der Kantaten empfinde ich als bekennender Opern und Kantatenhörer als ein Graus.


Siehe mein Posting No. 32 ... schon mal damit versucht ?
Hörbert
Inventar
#62 erstellt: 25. Nov 2013, 22:46
Hallo!

Nein die kenne ich bisher nicht, ich werde es mal im Hinterkopf behalten aber z.Z. bleibe ich von dem Zeug erstmal weg, eher kommen noch einige der Cembalosachen in Frage, die finde ich zumindestens nicht unerträglich sondern einfach nicht besonders bemerkenswert.

Irgendwie ist mir diese Musik auch zeitlich zu weit weg, Beethoven oder Schubert kann ich ja noch einigermaßen nachvollziehen aber schon bei Mozart und Hayden gibt es so einiges das mir einfach nichtssagend erscheint, -so z.B. die frühen Klaviersachen von Mozart, das sind für mich einfach Brillierstücke ohne Tiefgang-.

MFG Günther
Thomas133
Hat sich gelöscht
#63 erstellt: 25. Nov 2013, 23:17

Wilke (Beitrag #55) schrieb:

Wahrscheinlich wegen der Texte? So wie bei Schubert? :(


Hallo,
mag sein Andere haben einen anderen Zugang zu Schuberts Liedern wie ich, aber für mich spielt immer der musikalische Gehalt die Hauptrolle da kann der ausgewählte Text noch so interessant sein. Ich habe allemöglichen Einspielungen wo der Gesang für Cello oder Viola transkribiert wurde da ich auch (vor allem Früher) Probleme mit dem Gesang dazu hatte. Mir gefielen viele Lieder auch ohne Text. Erst mit der Zeit hab ich mich mehr und mehr für die dazugehörigen Texte interessiert und mich auch ein wenig an manchen Gesangsausdruck gewöhnt. Manchmal war der Text ein Zugewinn und manchmal fand ich darin keinen Mehrwert. Schubert hat ja schließlich den Texten (oftmals sehr kreative) Melodien verpasst, wäre nur allzu schön wenn das beim Rap auch nur annähernd der Fall wäre.
gruß
Thomas
Hörbert
Inventar
#64 erstellt: 25. Nov 2013, 23:39
Hallo!

Den Zugang zu Schuberts Liedern habe ich eigentlich mit der "Winterreise" gefunden, aber ich hatte vorher schon keine grundsätzlichen Probleme mit dem Liedschaffen anderer Komponistten wie Brahms, Berg oder Schönberg dessen "Buch der hängenden Gärten" mich auf Anhieb faszinierte.

Mehr Probleme als mit dem Klavierlied hatte ich ursprünglich mit Cembalomusik und Barocken Trompetenkonzerten hier ist mir der Einstieg besonders schwer gefallen und heute noch bin ich kein Freund allzu dominanter Trompeten.

MFG Günther
Kreisler_jun.
Inventar
#65 erstellt: 26. Nov 2013, 00:19

Pigpreast (Beitrag #57) schrieb:
Ich kann seit Jahren sehr zu meinem Bedauern muss ich fast sagen, keinen emotionalen Zugang zu Bach finden. Die Bedutung seiner Werke ist mir Wohl bewusst, rational kann ich die Genialität auch nachvollziehen, wenn ich mich mit seiner Musik befasse. Allein, sie „ergreift“ mich nicht.

Nun mag das daran liegen, dass mein ursprünglicher Zugang zur Klassik zunächst hauptsächlich über die zwei mich faszinierenden Elemente „Virtuosität“ und vor allem „Klangkörper“ (großes Sinfonie-Orchester) lief und ich deshalb ohnehin eher Freund der späteren Wiener Klassik bzw. der Romantik bin. Andernfalls habe ich keine generelle Ablehnung gegen Barock (Vivaldi z.B. gefällt mir außerordentlich gut).

Die Konzerte Bachs, besonders Violine, aber auch die Brandenburgischen, sind doch nicht so weit von Vivaldi stilistisch entfernt, oder?
Sehr schön und eingängig finde ich auch die Sonaten für Violine und Cembalo.

Virtuosität findet man natürlich auch in vielen Cembalo- und Orgelstücken Bachs (aber hier kann ich selbst Einstiegssschwierigkeiten nachvollziehen).

Für die meisten Hörer ist die emotional ergreifendste Musik Bachs aber wohl eher in seinen Vokalwerken zu finden: Johannes- und Matthäuspassion, Kantaten wie "Es ist genug" oder "Ich will den Kreuzstab gerne tragen", "Ich hatte viel Bekümmernis" usw. Dazu muss man freilich in der Lage sein, sich auf solche geistlichen Texte einzulassen (oder sie völlig auszublenden).
op111
Moderator
#66 erstellt: 26. Nov 2013, 02:57

Pigpreast (Beitrag #57) schrieb:
Ich kann ... keinen emotionalen Zugang zu Bach finden.
... nach einer Zeit beschleicht mich immer so ein Gefühl, wie seit Stunden auf dem selben Kaugummi herum kauen...

Anscheinend bin ich nicht der Einzige, dem es so geht. Zum Glück bin ich kein Profi, der sich auch persönlich wenig ansprechende Werke erarbeiten muß.
Pigpreast
Inventar
#67 erstellt: 26. Nov 2013, 11:04

Kreisler_jun. (Beitrag #65) schrieb:
Die Konzerte Bachs, besonders Violine, aber auch die Brandenburgischen, sind doch nicht so weit von Vivaldi stilistisch entfernt, oder?

Gerade die Brandenburgischen Konzerte sind bei mir ein Musterbeispiel für besagtes "Kaugummi"-Gefühl. Stilistisch mögen die Vivaldi-Violin-Konzerte nahe daran liegen, wobei ich bei Bach immer die vielgerühmte Korrektheit der Form als vordergründig heraus höre, wo bei Vivaldi Lebendigkeit ist.

Virtuosität findet man natürlich auch in vielen Cembalo- und Orgelstücken Bachs (aber hier kann ich selbst Einstiegssschwierigkeiten nachvollziehen).

Bei Orgelstücken von Bach muss ich zugeben, dass mich da das ein oder andere auch schon "ergriffen" hat.

Für die meisten Hörer ist die emotional ergreifendste Musik Bachs aber wohl eher in seinen Vokalwerken zu finden: Johannes- und Matthäuspassion, Kantaten wie "Es ist genug" oder "Ich will den Kreuzstab gerne tragen", "Ich hatte viel Bekümmernis" usw. Dazu muss man freilich in der Lage sein, sich auf solche geistlichen Texte einzulassen (oder sie völlig auszublenden).

Allgemein bin ich für klassische Vokalmusik nicht so sehr zu haben. Sehr schön finde ich dennoch z.B. den Choral "Jesus bleibet meine Freude".

Ich will auch gar nicht sagen, dass ich Bachs Musik gar nichts abgewinnen könnte. Es ist jedoch weitaus seltener als bei vielen anderen (sogar ähnlichen) Komponisten. Und das fällt mir eben deshalb auf, weil Bach so eine bedeutende Stellung einnimmt.
op111
Moderator
#68 erstellt: 26. Nov 2013, 11:26
Die langsamen Sätze der Brandenburgischen (und auch anderer Werke wie der Suiten) bereiten mir relatuv wenige Qualen. Die munteren schnellen Sätze dagegen schon, und das nicht nur mir.
Freunde, mit denen ich ab und zu gemeinsam (klassische) Musik höre, forderten schon einmal energisch "Mach die preußische Fließbandzappelei aus!" als bei mir ein Brandenburgisches lief Offensichtlich lösen gerade diese regelhaft schematisch ablaufenden oder scheinenden Stücke Unwohlsein und Nervosität aus.
Eine Empfindung, die sich u.a. bei Vivaldi, Gabrieli oder älterer Musik wie Gesualdo gewöhnlich nicht einstellt.
Möglicherweise spielt da auch die Sozialisation durch musisch altspsrachlichen Gymnasial-Musikunterricht eine Rolle, in dem die Musik der Götter Bach und Mozart bis in die letzte Permutation einer Phrase zerlegt, diskutiert und angebetet wurde, um anschließend zu fragen, was sei dagegen Beethoven, Brahms oder gar "Wagner (igitt)".



[Beitrag von op111 am 26. Nov 2013, 11:29 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#69 erstellt: 26. Nov 2013, 12:50

Pigpreast (Beitrag #67) schrieb:

Kreisler_jun. (Beitrag #65) schrieb:
Die Konzerte Bachs, besonders Violine, aber auch die Brandenburgischen, sind doch nicht so weit von Vivaldi stilistisch entfernt, oder?

Gerade die Brandenburgischen Konzerte sind bei mir ein Musterbeispiel für besagtes "Kaugummi"-Gefühl. Stilistisch mögen die Vivaldi-Violin-Konzerte nahe daran liegen, wobei ich bei Bach immer die vielgerühmte Korrektheit der Form als vordergründig heraus höre, wo bei Vivaldi Lebendigkeit ist.

Was ihre Konzerte betrifft, fallen weder Bach noch Vivaldi formal aus dem Rahmen ihrer Zeit (der auch ziemlich weit gewesen ist). Bachs Konzertsätze orientieren sich im Prinzip am Vivaldi-Stil, sind nur oft erheblich länger und "dichter", was für manche wohl zulasten der "Spritzigkeit" geht, aber eben auch ein Merkmal ist, aufgrunddessen Bachianer Vivaldi für oberflächliches Geklingel halten...
Außer dem 5. sind die Brandenburgischen auch nicht meine Lieblingsstücke, aber schon Musik, die ich schätze und nicht zäh finde. (Die 4 Ouverturen/Suiten finde ich dagegen vergleichsweise langweilig.)



Ich will auch gar nicht sagen, dass ich Bachs Musik gar nichts abgewinnen könnte. Es ist jedoch weitaus seltener als bei vielen anderen (sogar ähnlichen) Komponisten. Und das fällt mir eben deshalb auf, weil Bach so eine bedeutende Stellung einnimmt.

Es ist halt auch so, dass gar nicht wenige Hörer Bach über alles setzen oder zumindest kaum andere Musik aus der Zeit hören bzw. weit hinter Bach zurücksetzen. Und solche Bachianer sind oft wirklich irritiert, wenn das jemand nicht in dieser Weise nachvollziehen kann. Deswegen fühlt man sich vielleicht noch eher als "Banause" als wenn man zB mit Brahms oder Händel wenig anfangen kann.


[Beitrag von Kreisler_jun. am 26. Nov 2013, 12:57 bearbeitet]
Pigpreast
Inventar
#70 erstellt: 26. Nov 2013, 13:19

Kreisler_jun. (Beitrag #69) schrieb:
Es ist halt auch so, dass gar nicht wenige Hörer Bach über alles setzen oder zumindest kaum andere Musik aus der Zeit hören bzw. weit hinter Bach zurücksetzen. Und solche Bachianer sind oft wirklich irritiert, wenn das jemand nicht in dieser Weise nachvollziehen kann. Deswegen fühlt man sich vielleicht noch eher als "Banause" als wenn man zB mit Brahms oder Händel wenig anfangen kann.

Ich glaube, diese Erklärung trifft es ganz gut.
HansFehr
Inventar
#71 erstellt: 26. Nov 2013, 13:34
Ich mag Bach sehr. Damit meine ich die Instrumentalwerke ab BWV 1000.

Wenn hier Kritik geübt wird, ist das verständlich. Bach hat ja den Großteil seiner Werke im Auftrag oder als Widmung komponiert. Oft für einen einzigen Einsatz. Also eher nicht für die Nachwelt. Einiges passt halt jetzt nicht mehr so richtig. Da denke ich an Überlängen.


[Beitrag von HansFehr am 26. Nov 2013, 13:45 bearbeitet]
Thomas133
Hat sich gelöscht
#72 erstellt: 26. Nov 2013, 13:45
Bach war ein Meister der Polyphonie was sich auch teils stark in den Brandenburgischen Konzerten zeigt, Vivaldi dagegen überwiegend homophon und das Hauptaugenmerk auf eingängig, virtuose Themen hin komponierend, in manchen Konzerten haben die Nebenstimmen höchstens nur spärlichste Begleitfunktion. Die Violinkonzerte Bachs sind jetzt aber stilistisch nicht so weit von Vivaldi entfernt um diese jetzt als Vivaldi-Hörer spröde finden zu müssen.
Geht aber schon bischen weit die bedeutende Stellung Bachs innerhalb der Klassikszene in Frage zu stellen weil so manch einer mit ihm persönlich nichts anfangen kann. Ich erkenne auch Wagners beudetende Rolle in der Opern-Gattung an obwohl ich und viele andere Klassikhörer keinen richtigen Zugang zu seiner Musik finden. Man darf nicht vergessen das Bach - angeblich - nicht nur von gewissen Schulprofessoren aufgeschwatzt wurde sondern auch gewisse Personen namens Beethoven, Mozart, Brahms, Mahler, Schumann usw. sehr große Verehrer seiner Musik waren und ich glaube nicht weil sie das aus dem gleichen Antrieb taten der hier den Schulpädagogen unterstellt wird.
Mich überrascht das eigentlich auch das Bach hier so einen schlechten Stand hat, liegt wohl daran das bei Vielen hier generell erst die Klassik ab ca. 1810 zu beginnen scheint.
Ich find das auch voll o.k. solange man nicht zwangsläufig das Manko bei Bach sucht. Auch wenn ich zustimme das manche Werke für manche Hörgewohnheiten schwer zu erschliessen sind, aber die Violinkonzerte oder Cembalokonzerte sollten zum. für einen der etwas mit Vivaldi anfangen kann irgendwie machbar sein.
Ich hab ja jetzt einer Sprachaustauschfreundin aus Venezuela links zu manchen Bach-Stücken geschickt, nicht aus freiem Antrieb und Missionierungsversuchen heraus sondern weil sie mich vor paar Tagen gefragt hat was für ein Stück das in einem Doku-Video auf Youtube wäre - kurioserweise war das Video über diesen Eiskristallforscher über den ich hier vor nicht allzu langer Zeit etwas gelästert habe...wußte garnicht wie populär der angeblich zu sein scheint weil ich hab ihr nie von diesem Typen erzählt. Das Stück war die 1.Suite für Cello in G-Dur, ziemlicher Klassik-"Gassenhauer" mittlerweile geworden und hab ihr halt ein paar weitere links zu eingängigen Stücken Bachs geschickt falls ihr das gefallen sollte, ich werde ja dann berichten ob sie zum. etwas Zugang dazu gefunden hat. Klassik ist für sie übrigens absolutes Neuland obwohl ich ja mal gelesen habe in Venezuela wäre aufgrund des Erfolges von Dudamel ein ziemlicher Klassik-Hype (ist wohl ziemlich relativ zu verstehn) aufgekommen. Naja vielleicht ist er ja gerade an ihr vorübergegangen. Für die Freunde der Neuen Wiener Schule...es gibt Bearbeitungen bzw. Transkriptionen mancher Bach-Werke von Webern und Schönberg, vielleicht hilft ja das zum. psychologisch weiter indem man sich dann beim hören dem Einfluss und Mitwirken der Moderne-Götter bewußt wird.
gruß
Thomas
Kreisler_jun.
Inventar
#73 erstellt: 26. Nov 2013, 13:58
Bach hat mehr für die "Nachwelt" komponiert als irgendein Zeitgenosse. Nicht zuletzt deswegen sind die Werke ja so detailliert ausgearbeitet.
Am meisten trifft das auf "Lehrwerke" wie Wohltemperiertes Klavier, Goldbergvariationen, Kunst der Fuge, die Orgelwerke in Clavierübung III u.a. zu, auch die h-moll-Messe hat er in seiner späteren Zeit aus älteren Stücken zusammengestellt, vermutlich um sie in Form eines exemplarischen Werks zu erhalten. Für Konzerte und Kantaten gab es zwar ursprüngliche Anlässe, aber auch die hat Bach oft wieder überarbeitet; die Brandenburgischen sind eine repräsentative Zusammenstellung, die Cembalokonzerte basieren alle auf älteren Werken usw.

In jedem Fall gilt für fast alle Musik bis zum Beginn des 19. Jhds. (und auch noch für einige spätere), dass sie im Auftrag oder für konkrete Anlässe komponiert wurde. Dieser Umstand kann daher kaum für stilistische Besonderheiten Bachs verantwortlich sein oder dafür, dass manche heute Hörer Vivaldi lieber mögen (oder umgekehrt).
Gegenüber Händel oder Mozart sind gar nicht wenige gewichtige Werke Bachs wie die oben angeführten nicht für solche konkreten Gelegenheiten entstanden.
Thomas133
Hat sich gelöscht
#74 erstellt: 26. Nov 2013, 14:03

HansFehr (Beitrag #71) schrieb:
Bach hat ja den Großteil seiner Werke im Auftrag oder als Widmung komponiert. Oft für einen einzigen Einsatz. Also eher nicht für die Nachwelt.


Diesen Punkt verstehe ich jetzt aber nicht ganz, die meisten klassischen Komponisten haben vorwiegend von Aufträgen gelebt, auch der hier erwähnte Vivaldi und andere große Namen, große Werke wie Beethovens Missa Solemnis, einige seiner Sinfonien, Elias von Mendelssohn der beim komponieren sehr unter Zeitdruck stand und einige andere Werke. Das sollte normalerweise über die Qualität erstmal garnichts aussagen. Für die Nachwelt war bis zum 19. Jahrhundert hin kaum etwas komponiert - es war generell üblich mehr Uraufführungen oder zum. zeitgenössische aktuelle Werke aufzuführen, sehr selten gab es dabei Ausnahmen. Das hat sich erst allmählich geändert als Mendelssohn und Schumann sich für Werke verstorbener Komponisten wie Bach, Händel, Schubert,... eingesetzt haben.
op111
Moderator
#75 erstellt: 26. Nov 2013, 15:30
Hallo zusammen,

Thomas133 (Beitrag #72) schrieb:
Man darf nicht vergessen das Bach - angeblich - nicht nur von gewissen Schulprofessoren aufgeschwatzt wurde sondern auch gewisse Personen namens Beethoven, Mozart, Brahms, Mahler, Schumann usw. sehr große Verehrer seiner Musik waren und ich glaube nicht weil sie das aus dem gleichen Antrieb taten der hier den Schulpädagogen unterstellt wird.

sehe ich auch so. Nur das Thema habe ich eher als ganz subjektive Erfahrungssammlung, denn als musikwissenschaftliche Betrachtung gesehen. Und da gelten ganz unterschiedliche subjektive Kriterien.
Es ist näherungsweise wie mit der Abneigung gegen bestimmte Nahrungsmittel, objektiv mag Knoblauch (Kümmel, Zimt usw.) nicht nur nicht schädlich sein, sondern ernährungsphysiologisch außerordentlich wertvoll, dennoch kann sich manch einer nicht überwinden, das Zeug zu essen geschweige denn auch noch zu mögen.
Die Abneigung ist in dem Fall ganz und gar von der Qualität der Sache unabhängig.
In der Literatur gibt es ähnliches, die Bedeutung eines bestimmten Autors mag unbestritten sein, nur Spaß am Lesen habe ich deshalb nicht zwingend.
Wenn es "Halbgötter" (Bach, Mozart, Beethoven ... ) betrifft, bricht ein Sturm der Entrüstung los, bei Stockhausen, Kagel ... hätte man kaum mit der Achsel gezuckt .



[Beitrag von op111 am 26. Nov 2013, 15:38 bearbeitet]
Pigpreast
Inventar
#76 erstellt: 26. Nov 2013, 15:32
Ich hätte gar nicht damit gerechnet, geschweige denn beabsichtigt, hier ein "Bach"-Bashing loszutreten. Ich fühlte mich lediglich durch den Thread-Titel an mein spezielles Verhältnis zu Bach erinnert. Das diesbezüglich außergewöhnliche ist ja nicht, dass ich seine Musik nicht außerordentlich liebe. Das kann ich ja (wie höchstwahrscheinlich jeder) von einer Vielzahl von Komponisten, Genres oder Musiker sagen. Der Unterschied ist jedoch, dass ich das in den meisten Fällen achselzuckend hinnehme ("Gut, gefällt mir halt nicht"), während es mich bei Bach immer wieder ein wenig wurmt, dass ich seine Musik oft nur theoretisch zu würdigen weiß.

Letztlich sehe ich es aber auch gelassen. Wenn die Zeit reif ist, werde ich ihn für mich entdecken. So ist es bislang schon häufiger geschehen, dass ich Genres/Komponisten/Musiker (auf das gesamte Musik-Spektrum bezogen, nicht nur auf Klassik), denen ich zuvor nichts abgewinnen konnte, plötzlich ganz großartig fand. Meist war der Auslöser irgend eine "Information", die mich dazu brachte, die entsprechende Musik von einer "anderen Seite" zu betrachten als bis dahin.
Kreisler_jun.
Inventar
#77 erstellt: 26. Nov 2013, 16:11
Naja, wenn man bei den folgenden Sätzen häufig zustimmen würde, dann ist es vielleicht nicht so verwunderlich, wenn es mit Bach nicht klappt:

- Ich mag hauptsächlich (großbesetzte) Orchestermusik
- Ich mag hauptsächlich Musik zwischen 1800 und 1920
- Ich mag eher keine Vokalmusik
- Ich mag eher keine geistliche Musik
- Ich mag eher keine Kammermusik
- Ich mag eher keine Musik für Klavier/Cembalo solo
- Ich mag eher keine Musik vor 1780
Hüb'
Moderator
#78 erstellt: 26. Nov 2013, 16:12
Kannst Du das bitte als PAP darstellen?

Pigpreast
Inventar
#79 erstellt: 26. Nov 2013, 16:39
@Kreisler_jun. (Beitrag #77):

Ich stimme Dir bezüglich des "Fragekataloges" nebst Schlussfolgerung voll zu, wenn man ihn als Momentaufnahme betrachtet. Man könnte sicherlich eine Vielzahl anderer Fragekataloge erstellen, aus denen sich dann ableiten ließe, dass Musik XY nicht gut zu finden ebensowenig verwunderlich sei.

Nun ist nach meiner Erfahrung nach Musikgeschmack jedoch nichts statitsches, sondern einer gewissen Entwicklung unterzogen. Viele ähnliche Fragekataloge, die ich einst mit "ja" beantwortet hätte, beantworte ich heute mit "nein". Und unter dieser Prämisse bleibt die Frage, wieso nicht Bach zum Beispiel der Anlass sein könnte, Zugang zu eben den von Dir erwähnten Dingen zu finden. Zumal ich es a) ja durchaus immer mal wieder probiere und b) es ja durchaus auch Fragen aus Deinem Katalog gibt, die ich nicht kategorisch mit "ja" beantworte.
Thomas133
Hat sich gelöscht
#80 erstellt: 26. Nov 2013, 17:33
Gratuliere Frank, da hast du wohl mit dem Threadtitel voll ins Schwarze getroffen...ich nehme an die Administration wird sich für deine außerordentlichen Bemühungen mit einer Sonderverdopplung deines 5-stelligen Monatsgehalts erkenntlich zeigen.

@ Franz
Hab damit überhaupt kein Problem, habe dann wohl deine Zeilen mit dem Musikunterricht missverstanden. Wie ich ja schon schrieb find ich das "voll o.k. solange man das Manko nicht bei Bach sucht" Jeder hat schließlich die Freiheit etwas zu mögen oder nicht zu mögen ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. Trotzdem versteh ich nach wie vor nicht so ganz wie man Vivaldi mögen kann aber keinen Zugang zu den Violinkonzerten Bachs findet, ungefähr so als würde ich die Musik von Ferdinand Ries mögen aber nichts mit Beethoven anfangen können, oder gerne Herzogenberg höre aber keinen Zugang zu Brahms finde. Ich weiß ja nicht wie groß da bei dir die persönliche Differenz ist, aber Bachs Violinkonzerte sind nicht so weit weg von der Stilistik Vivaldis, Bach hat sich ja auch erwiesenermaßen mit Vivaldis op.3 "L`Estro Armonico" auseinandergesetzt und etwas davon für Orgel transkribiert. Aber ich verstehe es natürlich wenn man sich mit Werken wie den Brandenburgischen Konzerten, WTK oder gar der "Kunst der Fuge" schwer tut, das hebt sich auch von der Kompositionskunst und Komplexität von all den anderen damaligen zeitgenössischen Komponisten auch eindeutig ab, somit seh ich das als Art Sonderstellung innerhalb des Barocks. Aber wie geschrieben hat ja Bach auch eingängigere Stücke geschrieben.
Wir können ja einen Versuch machen - ich höre eine Woche lang jeden Tag 1 Stunde Stockhausen und du im gleichen Zeitausmaß die Brandenburgische Konzerte...nur fürchte ich das ich unter diesem Deal ärger leiden müßte . Nein, ich denke solang es nicht von alleine kommt bringt es auch nichts das erzwingen zu wollen, das wäre psychologisch sicher auch kontraproduktiv.
Aja noch was...das hättest du wohl gerne das Stockhausen auch noch ein Halbgott der Klassik wird und in Schulen in einem Atemzug mit Beethoven, Bach, Mozart usw. genannt wird, naja jeder darf träumen...die Andre Rieu-Fans halten Strauß auch für einer wenn nicht den wichtigsten Komponisten der Klassik Schönberg meinte ja auch mal die Leute sollen auf den Straßen seine Melodien nachpfeifen, warum nicht... voll einprägsam, eingängig und gut nachpfeifbar die 12-Ton reihen
op111
Moderator
#81 erstellt: 26. Nov 2013, 17:57

Thomas133 (Beitrag #80) schrieb:
... Frank ... Sonderverdopplung deines 5-stelligen Monatsgehalts

Oh, nur noch 5-stellig, haben sie etwa Franks Gehalt gekürzt?


[Beitrag von op111 am 26. Nov 2013, 19:09 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#82 erstellt: 26. Nov 2013, 19:06

Pigpreast (Beitrag #79) schrieb:

Nun ist nach meiner Erfahrung nach Musikgeschmack jedoch nichts statitsches, sondern einer gewissen Entwicklung unterzogen. Viele ähnliche Fragekataloge, die ich einst mit "ja" beantwortet hätte, beantworte ich heute mit "nein".

Ja klar, darum geht es u.a. in diesem Thread
Ich wollte mit der Liste eher die Verwunderung von Thomas zerstreuen. Der Schwerpunkt der Klassiksparte des Hifi-Forums liegt seit je bei Orchestermusik, hauptsächlich der Spätromantik und frühen Moderne. Selbst wenn es einige rege Threads zu anderen Gebieten gegeben hat, ist diese Tendenz eindeutig. o.k., Orgel-CDs sind auch gut zum Lautsprecher-Testen, da ist wohl auch normalerweise Bach dabei.

Ich weiß auch nicht, was ich Dir raten soll. Ich finde Bachs Konzerte nahe genug an Vivaldi, dass ich nicht sagen kannn, worauf man da achten sollte, wenn man sie zäh findet. Die Sätze sind absolut gesehen ja nicht allzu lang, wenn auch meist länger als Vivaldis.
Bei anderen Stücken wie Goldbergvariationen oder Wohltemperiertes wäre mein Tip, immer nur wenige der (eher kurzen) Stücke auf einmal zu hören und die evtl. immer wieder, nicht eine ganze CD lang.

Ansonsten ist das ja auch nichts, worüber man sich graue Haare wachsen lassen sollte. Manche Musik wird man vielleicht nie so schätzen wie andere Hörer, selbst wenn man meint, in vieler Hinsicht einen ähnlichen Geschmack zu haben.
Pigpreast
Inventar
#83 erstellt: 26. Nov 2013, 22:30

Kreisler_jun. (Beitrag #82) schrieb:
Ansonsten ist das ja auch nichts, worüber man sich graue Haare wachsen lassen sollte. Manche Musik wird man vielleicht nie so schätzen wie andere Hörer, selbst wenn man meint, in vieler Hinsicht einen ähnlichen Geschmack zu haben.

Sehe ich letztlich auch so. Es sei denn, man unterliegt eben dem "Zwang 'alles zu mögen"...

Ich weiß auch nicht, was ich Dir raten soll. Ich finde Bachs Konzerte nahe genug an Vivaldi, dass ich nicht sagen kannn, worauf man da achten sollte, wenn man sie zäh findet. Die Sätze sind absolut gesehen ja nicht allzu lang, wenn auch meist länger als Vivaldis.

An der Länge wird's kaum liegen. In den späteren Werken der Wiener Klassik wurden die Sätze ja noch länger, von der Romantik ganz zu schweigen (gut, blöder Vergleich, da zwar länger, aber vordergründig sowieso abwechslungsreicher). Wenn mir ein Thema gefällt und das Arrangement dazu, dann kann ich stundenlang zuhören.

Aber raten könntest Du mir (diese Frage auch @Thomas113) vielleicht, welches Bachsche Violinkonzert den Vivaldischen am meisten ähnelt.
Kreisler_jun.
Inventar
#84 erstellt: 26. Nov 2013, 23:07
Das Bach-Konzert, das am meisten Vivaldi ähnelt, ist das für vier Cembali, denn das ist eine Bearbeitung eines Vivaldi-Konzerts (Das Original für vier Violinen gefällt mir aber auch besser).
Von den Violinkonzerten ist mein Favorit das in E-Dur, das ist wohl nicht allzu Vivaldi-nah, aber wirklich sehr eingängig. Das in a-moll dürfte wohl "italienischer" sein, ebenso vielleicht auch die Doppelkonzerte. Der Rest sind eh Rekonstruktionen anhand der Cembalokonzerte (eigentlich auch schon das Violine/Oboe-Doppelkonzert)
Pigpreast
Inventar
#85 erstellt: 26. Nov 2013, 23:42
Besten Dank. Werde mich bei Zeiten mal damit beschäftigen. Vielleicht wird ja dadurch mein "Bach-Bann" gebrochen...
kastenbier
Stammgast
#86 erstellt: 27. Nov 2013, 11:34
Hallo
Bei mir scheint ein Mozartblocker eingebaut zu sein, für mich klingt eine Sinfonie wie die andere, bei den Opern ist es genau so 95% der Arien sind so angelegt dass sie auf die Tränendrüsen drücken sie haben einen Rührseligen Ausdruck so daß sich nach kurzer Zeit schon die Zehnägel aufrollen.
Habe ernsthaft versucht mich in Mozart einzuhören, zb. im Mozartjahr durch viel Musikhören, aber schon nach kurzer Zeit das Gegenteil erreicht was ich wollte.
Dabei wird doch immer gesagt was für ein genialer Komponist er war. Göttlich ist der richtige Begriff, denn es klingt alles so abgehoben, mit nur auf Wohlklang getrimmtem und jede Menschliche Schwäche vermeidendem Ausdruck, da klingt selbst das Leid noch schön und wohlproportioniert.

Haydn zb. gefällt mir sehr gut den zähle ich zu den größten Komponisten überhaupt aber zwischen den Kompositionen von Mozart und mir wird wohl nie eine Freundschaft entstehen.

Rainer
Kreisler_jun.
Inventar
#87 erstellt: 27. Nov 2013, 12:54

kastenbier (Beitrag #86) schrieb:
Hallo
Bei mir scheint ein Mozartblocker eingebaut zu sein, für mich klingt eine Sinfonie wie die andere, bei den Opern ist es genau so

Wenn sich alles gleich anhört, ist das (außer vielleicht bei Satie und Minimal Music ) ein ziemlich zuverlässiges Indiz dafür, dass man anscheinend noch nicht ausreichend differenziert für die entsprechende Musik zuhört.


95% der Arien sind so angelegt dass sie auf die Tränendrüsen drücken sie haben einen Rührseligen Ausdruck so daß sich nach kurzer Zeit schon die Zehnägel aufrollen.

Leporellos "Registerarie", Giovannis "Champagnerarie", die Arien der Königin der Nacht, Konstanzes "Martern aller Arten" usw. dürften schon mehr als 5% ausmachen. Und für den Rest kann ich es eigentlich auch nicht nachvollziehen.

Allein in der Zauberflöte: volkstümliche Lieder Papagenos (Der Vogelfänger, Ein Mädchen oder Weibchen), Opera Buffa (zB Monostatos "Alles fühlt der Liebe Freuden), "sentimentale" Tenorarie (Bildnis), hochdramatisches (Der Hölle Rache), salbungsvoll-humanistischer Priesterton (In diesen heilgen Hallen). Alles vollkommen unterschiedlich, ein sehr weites musikalisches und emotionales Spektrum.
op111
Moderator
#88 erstellt: 27. Nov 2013, 13:45

Kreisler_jun. (Beitrag #87) schrieb:
Wenn sich alles gleich anhört, ist das (außer vielleicht bei Satie und Minimal Music ) ein ziemlich zuverlässiges Indiz dafür, dass man anscheinend noch nicht ausreichend differenziert für die entsprechende Musik zuhört.

Das ist nur eine Seite der Medaille.
Die andere:
Sollte man weiter widerwillig Marzipan zu essen üben, wenn es wiederholt nicht geschmeckt hat?
Ich für meinen Teil würde diese Quälerei vermeiden und den Versuch auf später vertagen, wenn einmal Appetit auf Marzipan aufkommen sollte.


[Beitrag von op111 am 27. Nov 2013, 13:46 bearbeitet]
silbendrexler
Ist häufiger hier
#89 erstellt: 27. Nov 2013, 15:20

Kreisler_jun. (Beitrag #77) schrieb:
Naja, wenn man bei den folgenden Sätzen häufig zustimmen würde, dann ist es vielleicht nicht so verwunderlich, wenn es mit Bach nicht klappt:

- Ich mag hauptsächlich (großbesetzte) Orchestermusik
- Ich mag hauptsächlich Musik zwischen 1800 und 1920
- Ich mag eher keine Vokalmusik
- Ich mag eher keine geistliche Musik
- Ich mag eher keine Kammermusik
- Ich mag eher keine Musik für Klavier/Cembalo solo
- Ich mag eher keine Musik vor 1780


Jetzt wird mir einiges klar. Die Liste kann ich größtenteils bejahen.
Gewiss, es gibt Musik von Bach, die mich berührt, aber das sind dann die eher leichteren Stücke, wie das "Italienische Konzert", die Brandenburgischen und die Cellokonzerte. Und diverse Orgelstücke, die Dorische Toccata z.B.
Die Goldberg Variationen und das Wohltemperierte Klavier zählen für mich dann schon zur Selbstkasteiung - eher für die Fastenzeit geeignet.

Oder mit anderen Worten gesagt:


Das ist nur eine Seite der Medaille.
Die andere:
Sollte man weiter widerwillig Marzipan zu essen üben, wenn es wiederholt nicht geschmeckt hat?
Ich für meinen Teil würde diese Quälerei vermeiden und den Versuch auf später vertagen, wenn einmal Appetit auf Marzipan aufkommen sollte.


Eben. Höre ich weiterhin und mit Genuss Mozart und Beethoven, Schumann und Mahler. Bach hat Zeit, bis die fetten Jahre vorbei sind. Vielleicht gehört dazu wirklich etwas mehr Altersweisheit, oder meinetwegen auch Katharsis. Wobei elegant der Bogen zur Fastenzeit geschlagen wäre.

Mein letztes Bach-Erlebnis (live) jedenfalls waren die Violinsonaten, es dürfte jetzt so etwa 1 1/2 bis 2 Jahre her sein. Frank Peter Zimmermann und Enrico Pace, Einladungskonzert (eigentlich Generalprobe zu einem solchen) einer abgewickelten westdeutschen Großbank in MG.
Das Spiel von Zimmermann und Pace war sicher großartig, aber das Material wirklich schwere Kost. Während und auch noch nach dem Konzert habe ich mich gefragt, was eigentlich anstrengender war - die Sonaten zu spielen, oder ihnen zuzuhören. Ich war am Ende bestimmt genau so platt wie die beiden Musiker. Ergo: Ich mochte/mag es nicht. Ich kann mit den meisten Stücken von Bach nichts anfangen, altes Testament hin oder her. Da geht es mir mit Bach wie mit der Mathematik.


[Beitrag von silbendrexler am 27. Nov 2013, 15:21 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#90 erstellt: 27. Nov 2013, 15:30
Ich finde zB das italienische Konzert oder gar Dorische + Fuge nicht grundsätzlich "leichter" als das Wohltemperierte. Wie gesagt, würde das eben nicht in CD-Länge anhören, sondern eben nur zwei oder drei Präl. + Fuge.

Die Violine/Klavier bzw. Cembalo-Sonaten fand ich dagegen vom ersten Hören an (allerdings als schon recht erfahrener Hörer mit >10 Jahren Klassikerfahrung) ziemlich melodisch und eingängig.

Natürlich soll niemand gezwungen werden, Marzipan zu essen. Wenn "alles" von Mozart irgendwie gleich klingt, drängt sich mir allerdings der Vergleich mit jemandem auf, der bei einer Weinprobe alle Weine "sauer" findet.
o.k., zugestanden, ihm schmeckt es nicht. Aber dieser Weinschmecker hat doch offensichtlich noch nicht die Schmeckfähigkeiten entwickelt, die eine Weinprobe überhaupt zu einem sinn- und genussvollen Erlebnis machen können.
silbendrexler
Ist häufiger hier
#91 erstellt: 27. Nov 2013, 16:21

Kreisler_jun. (Beitrag #90) schrieb:

Die Violine/Klavier bzw. Cembalo-Sonaten fand ich dagegen vom ersten Hören an (allerdings als schon recht erfahrener Hörer mit >10 Jahren Klassikerfahrung) ziemlich melodisch und eingängig.

Natürlich soll niemand gezwungen werden, Marzipan zu essen. Wenn "alles" von Mozart irgendwie gleich klingt, drängt sich mir allerdings der Vergleich mit jemandem auf, der bei einer Weinprobe alle Weine "sauer" findet.
o.k., zugestanden, ihm schmeckt es nicht. Aber dieser Weinschmecker hat doch offensichtlich noch nicht die Schmeckfähigkeiten entwickelt, die eine Weinprobe überhaupt zu einem sinn- und genussvollen Erlebnis machen können.


Nun ja. Ich bin zwar selbst kein Musiker, würde mich aber ebenfalls als erfahrenen Hörer (mit >25 Jahren Klassikerfahrung) bezeichnen. Aber bei Bach funkt es einfach nicht, wie geschrieben, vielleicht sind seine Sonaten und Fugen einfach zu mathematisch, und Mathe liegt mir nicht. Und ich habe in meiner jetzigen Lebensphase ja auch nicht vor, mich der Mathematik zu widmen, um eventuell hinter das Geheimnis ihrer Schönheit zu kommen...
Mahler im Gegensatz dazu hat mich damals schon als recht "unerfahrenen" Klassikhörer unmittelbar angesprochen.

Und der Vergleich mit der Weinprobe ist hübsch, liefert er doch eine Steilvorlage.

Ich bin auch erfahrener Weintrinker (zwischenzeitig mal 10 Jahre als Weinberater gearbeitet, auch in der Sortimentsgestaltung/Auswahl) mit >20 Jahren Verkostungserfahrung. Mit Verlaub: Es gibt Weinproben, da sind alle Weine einfach sauer. Ich erinnere mich an eine Veltliner-Verkostung, die ich vor einigen Jahren mit meinen Weinfreunden (wir treffen uns mehrmals jährlich zu einer Themenverkostung) durchgeführt habe. Wir haben dabei einen gewissen Qualitätsanspruch, es kommt generell keine Discounterware auf den Tisch. Bei der erwähnten Verkostung war kein Wein <10,- dabei, auf der anderen Seite mindestens 2 Gewächse >20,-. Und an den Jahrgängen hat es auch nicht gelegen. Aber die Weine waren alle, ausnahmslos, von einer derart unangenehmen Säure geprägt, dass wir uns ALLE gefragt haben, was das eigentlich soll (und wir sind fast ausnahmslos Riesling-Aficionados, also ziemlich säurefest). An unseren Schmeckfähigkeiten lag es jedenfalls nicht, wenn 6 Menschen unabhängig (wir verkosten blind, jeder macht seine Notizen, dann wird verglichen) zum selben Ergebnis kommen, muss da was dran sein.

Was will ich damit sagen?

Mir schmeckt Bach einfach nicht. Zumindest nicht alles und nicht immer. Er ist für mich der Veltliner unter den Komponisten.
Ich will ja gar nicht ausschließen, dass er mir irgendwann zu schmecken beginnt. Ich will mich nur jetzt und heute nicht dem Diktat unterwerfen, ihn mögen zu müssen, nur weil er von einer herrschenden Meinung in der Literatur als einer der drei Größten, wenn nicht der Größte überhaupt angesehen wird. Darum geht es doch bei diesem Thread auch, oder?
Ich höre lieber Vivaldi als Bach, auch wenn Strawinski gesagt haben soll, er sei ein furchtbarer Langweiler gewesen, habe 400 mal das gleiche Konzert geschrieben. Kannte Strawinski eigentlich Vivaldis Opern? Wahrscheinlich eher nicht.

Und wenn es nicht dafür noch ein bissel zu früh am Tag wäre, würde ich mir jetzt einen Saar-Riesling aus dem Keller holen, und eine Oper von Vivaldi hören.



Eins noch: Meine bessere Hälfte, 12 Jahre Klavierunterricht, erster Preis bei Jugend musiziert und so, war nach dem Bach-Konzert gleichermaßen geschlaucht.
op111
Moderator
#92 erstellt: 27. Nov 2013, 16:40

Kreisler_jun. (Beitrag #90) schrieb:
der Vergleich mit jemandem auf, der bei einer Weinprobe alle Weine "sauer" findet.
o.k., zugestanden, ihm schmeckt es nicht. Aber dieser Weinschmecker hat doch offensichtlich noch nicht die Schmeckfähigkeiten entwickelt, die eine Weinprobe überhaupt zu einem sinn- und genussvollen Erlebnis machen können.

Oder aber, im Wein wird eine Komponente empfunden, die widerlich schmeckt und die andere nicht wahrnehmen oder sogar delikat finden. Das soll es geben. Und ab da spielen die Feinheiten keine Rolle mehr: welcher Jahrgang, welches Terroir wie hoch die Restsüße - es ist alles sekundär.
Ich denke wir reden über ein Hobby und nicht die Eignung als Klassik-Produzent, und da ist es verschmerzbar, eine eigene Ausrichtung zu haben.
Pigpreast
Inventar
#93 erstellt: 27. Nov 2013, 17:30

op111 (Beitrag #88) schrieb:
Sollte man weiter widerwillig Marzipan zu essen üben, wenn es wiederholt nicht geschmeckt hat?

Ja klar! Allein schon, damit dieser Thread hier Futter bekommt...

Nein, im Ernst: Ich glaube, quälen sollte man sich nicht, sonst vermiest man sich am Ende etwas total, worauf man sonst vielleicht später tatsächlich Lust bekommen hätte. Aber ich glaube schon, dass es sich rentieren kann, in nicht allzu engen Abständen doch immer mal wieder etwas auszuprobieren, das einem bislang nicht schmeckte. Vielleicht hat man ja jetzt zufällig die Reife, die einem bei den bisherigen Versuchen fehlte. Vielleicht hat man sich zwischenzeitlich mit einer anderen Musik neu beschäftigt und ist dadurch in der Lage, bisher unbeachtete Aspekte der betreffenden Musik zu würdigen. Vielleicht befindet man sich auch in einer Stimmung, die man bislang so nicht kannte, und die betreffende Musik ist zufällig genau die richtige dafür… es kann viele Gründe geben, wieso einem Marzipan plötzlich doch schmeckt. Nur erzwingen lässt sich da freilich nichts.
Thomas133
Hat sich gelöscht
#94 erstellt: 27. Nov 2013, 23:16

Pigpreast (Beitrag #93) schrieb:
Nur erzwingen lässt sich da freilich nichts.


Wie ich ja schon schrieb wäre das auch nur kontraproduktiv. Muß man auch alles mögen? Nein. Ich fühl mich auch nicht dazu verpflichtet Wagner-Opern, Stockhausen und die neue Wiener Schule zu mögen. Mir geht es da wie Silbendrexler bei Bach...als ich mich zuletzt mit komplexen Schönberg-Werken auseinandergesetzt habe fand ich das Meiste davon auch sehr anstrengend, von Hörgenuss kann da bei Weitem nicht die Rede sein und warum soll man sich das antun - die Lebenszeit ist zu kostbar um sich ständig mit Dingen zu beschäftigen die in einem emotionslos kalt lassen. In größeren Abständen mal wieder reinhören ist ja o.k. aber ich fühle mich deswegen nicht als schlechterer Mensch wenn sich mir diese Musik nie erschliesst.
Ich kann mir auch vorstellen warum einige Bach nicht mögen - natürlich geprägt von den üblichen Gewohnheiten, bei Bach ist vieles viel konzentrierter als bei den meisten anderen Komponisten, sowieso im Vergleich zur Romantik. Was Bach oftmals in paar wenigen Takten ausdrückt dafür brauchen die meisten anderen Komponisten ein vielfaches an Takten, die Thematik ist dabei nicht immer vordergründig sondern was drumherum passiert, die Behandlung der Nebenstimmen bzw. Kontrapunkt sowie der weitere harmonische Verlauf...das war etwas auf das er besonders viel Wert gelegt hat und so viele große Komponisten nach ihm teilweise imitieren wollten oder zum. studiert haben. Für viele die Bach nicht mögen klingt Bachs Musik wohl zu konstruiert schätze ich mal, konstruiert für sich sollte mal nicht negativ sein denn das ist jede Musik aber bei Bach klingt sie auch sehr danach aber wenn man erkennt wie genial sie konstruiert ist, alle Proportionen perfekt stimmen, mit durchdachten Wechselwirkungen und Zusammenspiel aller Stimmen und einem ausgeklügelten nie langweilenden harmonischen Verlauf, dann schätzt man Bach wohl mehr. Ich denke es ist eine Frage sich hier auch auf Details einzulassen. Bachs Musik zu hören und sich nur treiben zu lassen, pathetische Gefühlsausbrüche und groß angelegte Formen wie in der Romantik zu erwarten, das kann nicht funktionieren. Vielleicht hilft es auch mal auf Youtube nach Videos zu suchen wo man die Noten mitverfolgen kann, aber ist nur ein Vorschlag der funktionieren kann aber nicht muß. Wer sich aber prinzpiell so sehr vor dieser Musik graust der hat auch das Recht sie für immer unangetastet zu lassen so wie ich auch wohl bei Stockhausen...sorry Franz.
gruß
Thomas
Pigpreast
Inventar
#95 erstellt: 28. Nov 2013, 00:05

Thomas133 (Beitrag #94) schrieb:
Vielleicht hilft es auch mal auf Youtube nach Videos zu suchen wo man die Noten mitverfolgen kann, aber ist nur ein Vorschlag der funktionieren kann aber nicht muß.

Gute Idee. Als ich die Klassik für mich entdeckte (das Internet steckte noch in den Kinderschuhen), habe ich übers Wochenende immer Partituren aus der Uni-Bibliothek nach Hause ausgeliehen und die beim Musikhören mitgelesen. Nicht nur der Informations- sondern auch der Genuss-Zugewinn war enorm.

Bachs Musik zu hören und sich nur treiben zu lassen, pathetische Gefühlsausbrüche und groß angelegte Formen wie in der Romantik zu erwarten, das kann nicht funktionieren.

Das hätte ich jetzt so auch nie versuchen wollen. Dass man sich Bach eher über den Kopf erschließt, ahnte ich schon lange. Ich glaube, jede Musik hat so ihre eigenen "Türchen", über die man zu ihr herein dringt. Das habe ich ich schon unzählige Male festgestellt und nur so ist es mir möglich, ein so breites Spektrum an Musik genießen zu können.

Wer sich aber prinzpiell so sehr vor dieser Musik graust der hat auch das Recht sie für immer unangetastet zu lassen...

Ja, wenn's denn wirklich so ist. Da ich aber aus Erfahrung weiß, wie schön es ist, etwas neues zu entdecken, behalte ich im Hinterkopf: Da ist noch eine von mir unentdeckte Musik, die es doch irgendwie in sich zu haben scheint. Und wer weiß, eines Tages...
Martin2
Inventar
#96 erstellt: 30. Nov 2013, 08:51
Also Bach ist auch für mich ein schwieriger Komponist. Und das gilt auch für Joseph Haydn. Dabei gilt für mich bei beiden Komponisten, daß ich die Begnadetheit der Inspiration durchaus erkenne, aber Haydn erscheint mir oft zu bieder, während die Inspiration von Bach so durch und durch solide ist - was an sich ein außerordentliches Qualitätsmerkmal ist -, aber mich eher emotional kalt läßt.

Nein, es gibt keinen Zwang "alles zu mögen". Ganz im Gegenteil kann man etwas außerordentlich wertschätzen und ich schätze Bach und Haydn ganz außerordentlich, aber so richtig ganz warm damit dann doch nicht werden.

Natürlich kann man etwas durchaus anerkanntes natürlich auch völlig ablehnen. Und man darf da durchaus seine eigene Meinung haben. Bei Resphigi etwa ( der allerdings eh nicht in derselben Liga spielt wie Bach und Haydn), sage ich etwa, für mich taugt diese Musik nicht das geringste, es ist glänzend orchestriert und harmonisiert, es könnte eine ganz tolle Musik sein, ist es aber nicht.

Mit Liszt geht es mir häufig ähnlich, wo ich sage, es gibt ein paar dolle Sachen von Franz Liszt, die h moll Sonate, die Faustsinfonie, Les Preludes, von der Wiege bis zu Bahre, aber dann hört es bei mir auch schon fast auf, dann höre ich irgendso eine seiner sinfonischen Dichtungen oder Klavierstücke und sage: Na ja, phantasievoll orchestriert, aber ohne genuine Inspiration.

Gruß
Martin
Hüb'
Moderator
#97 erstellt: 30. Nov 2013, 12:19
Hallo Martin,

ich bin mir recht sicher, dass Du mit Deiner kritischen Haltung gegenüber Respighi nicht ganz allein dastehst.
Zu Liszt habe ich bisher auch noch keinen wirklichen Zugang finden können. Insgesamt habe ich Schwierigkeiten mit "solistisch" orientierter, übermäßig virtuoser Musik, die den Künstler als technischen Artisten in den Fokus des musikalischen Geschehens rückt, mir darüber hinaus aber wenig sagt. Da ist mir eine einfach zu bewältigende, vielleicht sogar schlichte, Phrase, die mich dafür aber wirklich berührt, einfach hundertmal lieber.

Grüße
Frank
Martin2
Inventar
#98 erstellt: 30. Nov 2013, 20:02
Na Gott sei dank, dann muß man Resphigi eventuell doch nicht mögen?
Klassikkonsument
Inventar
#99 erstellt: 30. Nov 2013, 20:19
Respighi muss man natürlich nicht mögen. In meiner Sammlung habe ich nur die alte Toscanini-Aufnahme der "Römischen Trilogie". Habe ich ewig nicht gehört.
Aber den Anfang von "Römische Brunnen" habe ich als ganz reizend in Erinnerung. Und der altrömische Zirkus am Anfang der "Römischen Feste" hat schon was durch seinen brachialen Charakter.
Die Nachtigall aus dem Grammophon, die irgendwo in "Die Pinien von Rom" vorkommt, ist immerhin wahrscheinlich das erste Sample der Musikgeschichte. Aber ich habe keine nähere Erinnerung an den Satz.
Musikhistorische Bedeutung und musikalische Qualität müssen ja auch nicht immer Hand in Hand gehen.
Pigpreast
Inventar
#100 erstellt: 30. Nov 2013, 21:08
Ergänzend zu meinen bisherigen Beiträgen wollte ich anmerken: Natürlich gibt es auch Musik, bei der ich vom Hörensagen weiß, dass sie wohl künstlerisch wertvoll ist, die mich aber überhaupt nicht interessiert und ich so auch gar keine Ambitionen habe, mir den künstlerischen Wert zu erschließen. Insofern habe ich natürlich nicht den 'Zwang, alles zu mögen'. Interessant ist jedoch, dass es eben auch Musik gibt, die mich immer wieder interessiert, mich dann aber doch nicht wirklich in ihren Bann zu ziehen imstande ist.
Kreisler_jun.
Inventar
#101 erstellt: 30. Nov 2013, 22:35

Pigpreast (Beitrag #95) schrieb:

Das hätte ich jetzt so auch nie versuchen wollen. Dass man sich Bach eher über den Kopf erschließt, ahnte ich schon lange. Ich glaube, jede Musik hat so ihre eigenen "Türchen", über die man zu ihr herein dringt. Das habe ich ich schon unzählige Male festgestellt und nur so ist es mir möglich, ein so breites Spektrum an Musik genießen zu können.

Dabei sollte man aber nicht unterschlagen, dass es zig Hörer gibt, die Bachs Musik (besonders Stücke wie die Konzerte und Suiten, aber auch die Vokal- und Orgelmusik) anscheinend recht problemlos "über den Bauch" erschließen.
Die Gegenüberstellung "intellektueller Bach" - pathetisch-gefühlige Romantik ist jedenfalls sehr verkürzt. Zumal Komponisten wie Mendelssohn, Chopin, Schumann, Brahms große Bach-Verehrer gewesen sind.


[Beitrag von Hüb' am 01. Dez 2013, 13:17 bearbeitet]
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