Klavier zu laut - was könnte helfen: dicke Vorhänge, dicker Teppich?

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kai-vd
Stammgast
#1 erstellt: 20. Jan 2012, 10:34
Mein Klavier ist so laut, dass es mir nach kurzem Spielen in den Ohren pfeift. Ich spiele eigentlich nur noch mit Dämpfungspedal, was ja auch nicht das wahre ist, weil der Klang dann natürlich sehr dumpf ist.

Es steht leider in einem ziemlich quadratischen Raum ca. 3,5 x 3,5 m.
Als es mal eine zeitlang in einem anderen Raum stand, klang es viel leiser.

Ich würde es trotzdem gerne in dem Raum lassen und versuchen etwas an der Akustik des Raumes zu ändern.

Der Raum klingt leider recht hallig, obwohl (zugegeben dünne) Auslegeware und u. a. ein großer Polstersessel drin ist.

Das Klavier steht jedenfalls immerhin nicht mittig an der Wand. Vom Stellplatz her habe ich sowieso auch keine große Auswahl, da die anderen Wände an Nachbarwohnungen angrenzen (hellhöriges Mietshaus).
Es steht an einer Wand, die seitlich zur Fensterwand ist.

Was ich bereits gemacht habe, sind zwei "Eckenrunder", die ich in an zwei der oberen Zimmerecken angebracht habe und Akustikdämmschaumstoffmatten unter und hinter dem Klavier.
Einen kleinen Teppich habe ich an eine Wand gehängt.

Was könnte ich nun noch tun, was helfen könnte und möglichst nicht allzu teuer ist? Meine finanziellen Mittel sind leider recht begrenzt.

Meine Vorhänge sind allerdings sehr dünn. Die sollte ich wohl als erstes gegen dickere tauschen, nicht wahr? Einfach schwere Samtvorhänge, oder besser eine andere Stoffart?

Was ist mit diesen (vermutlich teuren) Akustikvorhängen? Würden die mein Problem besser lösen als normaler Samt(?)-Stoff?
Natürlich wäre es schon schön, wenn ich das Zimmer nicht immer verdunkeln müsste, aber vielleicht müssten dicke, normale Vorhänge auch nicht ganz zugezogen werden?

Die Auslegeware ist wie gesagt recht dünn. Am Besten einen großen dicken Teppich kaufen und drauflegen?

Würde es viel bringen, wenn ich an der Zimmerdecke (leider Stahlbeton, kaum mit der Bohrmaschine hereinzukommen) Stofflaken "lose spanne" - ihr wisst was ich meine, dass es von unten so aussieht wie Segel?
Oder nicht-glatte Styroporplatten an die Decke kleben? Dann bräuchte ich zumindest nicht zu bohren.

Was würde eher helfen, die Vorhänge, der Teppich oder etwas mit der Decke machen? Oder noch etwas ganz anderes?

Womit sollte ich anfangen, um die andere Ausgabe dann evtl. sparen zu können, wenn die erste Maßnahme schon Erfolg bringt?

Edit: Hier ist eine Raumskizze: http://s14.directupload.net/file/d/2775/odrbrp46_pdf.htm


[Beitrag von kai-vd am 20. Jan 2012, 11:42 bearbeitet]
john_frink
Moderator
#2 erstellt: 20. Jan 2012, 15:31
Hi,

1.Problem: dein Raum ist quadratisch

2. Problem: die Nachhallzeiten sind wohl in allen Belangen zu lang.

bei (1) heisst das, dass die stehenden Wellen für manche Frequenzen maximal angeregt werden, vor allem im Bassbereich ist das durch dröhnen wahrnehmbar.

Deine bisherigen Maßnahmen sind für (2) nicht zielführend. Um die Nachhallzeiten in den Griff zu bekommen, musst du 1. Reflexionen vermeiden, d.h. den Schall so gut es geht an vielen Stellen brechen, sodass hierdurch keine stehenden Wellen mehr möglich sind und 2. den Schall absorbieren, damit er seine Energie verliert. Beides ist für mittlere bis hohe Frequenzen mit Akustikschaumstoff machbar.
Für den Bassbereich ist eine großflächige Behandlung mit Schaumstoff oft schwierig, und auch können hierdurch die schlimmsten Moden nur geringfügig bekämpft werden, weshalb hier der Einsatz sogenannter Helmholtzresonatoren sinnvoll ist. Letzteres wird für reines Klavierspiel aber nicht von Nöten sein.
Anstatt Schaumstoff greifen viele User auch auf Mineralwolle zurück, die günstiger ist und ebensogute - im Bass sogar teilweise bessere Ergebnisse erzielt.

Für eine breite Absorbierung tiefer Frequenzen lohnt der Einsatz von Eckabsorbern - nicht nur bedämpfen sie tiefe Frequenzen, sie sorgen auch dafür, dass fiese Flatterechos vollkommen verschwinden.

Bevor man aber in Aktionismus verfällt und gleich den kompletten Raum mit Schaumstoff zukleistert, muss noch erwähnt werden, dass hohe Frequenzen viel einfacher ihre Energie verlieren und somit durch eine zu starke Bedämpfung die Raumakustik dumpf wird.

Der goldene Weg ist eine gleichmäßige Beplankung der freien Wände in intervallen, sodass ein Teil des Schalls reflektiert und ein teil des Schalls sowohl absorbiert als auch gebrochen wird.

Mein Vorschlag wäre z.b. diese Schaumstoffplatten in regelmäßigen Intervallen mit 5cm Abstand zur Wand anzubringen (der Wandabstand erhöht den Wirkungsgrad der Bedämpfung) und für 2(!) Ecken am besten ein paar Pakete Mineralwolle (unausgepackt!) bis zur Decke stapeln (hübsch wird das alles, wenn man es mit Tuch verkleidet).


Der Einsatz von schweren Vorhängen oder Teppichen an der Wand überdämpft hingegen lediglich hohe Frequenzen und bringt für den rest absolut gar nichts.

Hoffe geholfen zu haben. Lies dich ruhig noch im Akusitk Forum ein (die Stickys), damit du etwas mehr über die Thematik erfährst.


Schönen Gruß, le john
klickklick1
Stammgast
#3 erstellt: 20. Jan 2012, 16:02
...unter recording.de findest du auch noch Tipps
kai-vd
Stammgast
#4 erstellt: 20. Jan 2012, 16:53

john_frink schrieb:
Mein Vorschlag wäre z.b. diese Schaumstoffplatten in regelmäßigen Intervallen mit 5cm Abstand zur Wand anzubringen...


Wie viele? An welche Wände - alle? Vom Boden bis zur Decke? Welche Abstände?

OmG - bisher war es ein optisch schöner Raum... Sicherlich, die Türme mit der Mineralwolle kann man mit einem Tuch verdecken. Aber wenn ich alle Wände mit diesen grauen Schaumstoffplatten pflastern muss - puhh!
john_frink
Moderator
#5 erstellt: 20. Jan 2012, 17:16
Man muss nicht den Noppenschaumstoff nehmen, z.b. kann man auch plane Platten nehmen und auch diese mit schicken Stoff verkleiden.

Wie das in hübsch geht, zeigt dieser Thread


Wieviele man braucht, ist ohne Messungen schwer vorrauszusagen, die Ecken würde ich auf jeden fall mal mit den Eckabsorbern anfangen und auf die Wände min. 2-3m² verteilen. Berechnen könnte man das auch, Stichwort äquivalente Schallabsorptionsfläche, aber so tief war ich noch nie in der Materie.

kai-vd
Stammgast
#6 erstellt: 20. Jan 2012, 18:38
Ich bin jetzt wieder zuhause und habe das Zimmer genau ausgemessen. Sorry: Der Raum ist gar nicht quadratisch!
B: (Fensterseite) 3,34 m
L: (Klavierseite) 4,32 m
H: 2,51 m
Ändert das etwas?
john_frink
Moderator
#7 erstellt: 20. Jan 2012, 19:09
Ja, es ist nicht so schlimm wie in der Theorie beschrieben, lange Nachhallzeiten scheinst du dennoch zu haben.

Rainer_2.0
Stammgast
#8 erstellt: 21. Jan 2012, 02:47
Wenn du ohnehin schon PU-Schaum / Dämmmaterial besorgst, könntest du auch mal versuchen, bereits im Klavier Schaumstoffmatten anzubringen. Ich denke dabei an die große "Klappe" unterhalb der Tastatur. Einfach mal Probeweise eine große Matte innen an die Klappenrückseite lehnen (die Matte darf natürlich keine Saiten oder die Mechanik berühren). Vielleicht klingt es grauslig gedämpft, aber einen Versuch ist es wert. Ebenso evtl. zwischen Klavier und Wand.
Apropos wenig Geld und Dämmstoffe: "stinknormaler" PU-Schaumstoff tut es auch. Mit etwas Glück findest du einen Schaumstoffhändler in der Nähe, und kommst dort etwas günstiger weg, vor allem wenn du auch Reststücke (hinter Stoff etc.) verbauen kannst.

Wenn dein Raum hoch genug ist, bietet sich die Decke für Maßnahmen zur Nachhallverringerung im Raum natürlich auch an. Styropor bringt aber nichts, es muss ein offenporiges Material sein.

Grüße
Rainer
kai-vd
Stammgast
#9 erstellt: 21. Jan 2012, 19:02
Danke erst mal für die Tipps! Ich werde mich dann bald dranmachen...
kai-vd
Stammgast
#10 erstellt: 25. Jan 2012, 09:17

john_frink schrieb:
...Mein Vorschlag wäre z.b. diese Schaumstoffplatten in regelmäßigen Intervallen mit 5cm Abstand zur Wand anzubringen (der Wandabstand erhöht den Wirkungsgrad der Bedämpfung) ...


Wie ist der Wirkungsgrad der Bedämpfung höher:

- wenn hinter der Schaumstoffplatte nur Luft mit 5 cm Wandabstand ist

oder

- wenn die Schaumstoffplatte auf eine dünne Holzplatte geklebt wird und dahinter dann die Luft mit 5 cm Wandabstand ist?

Oder spielt das keine große Rolle?

Ich wollte es eigentlich erst mal ohne Holzplatten realisieren - je Schaumstoffplatte vier 16 cm lange Schrauben, auf denen ich die Platte "nach vorne schieben", also mit Wandabstand positionieren kann.


Die "regelmäßigen Intervalle" sind hoffentlich nicht so wichtig?

Ich wollte nämlich lieber "hier und dort" v. a. an der gegenüberliegenden Wand die Platten anbringen - weil schon so viele andere Sachen an den Wänden hängen, die ich gerne so belassen würde - (und vor jeder neuen Platte hinhören, wie sich der Raumklang verändert hat).


[Beitrag von kai-vd am 25. Jan 2012, 09:19 bearbeitet]
john_frink
Moderator
#11 erstellt: 25. Jan 2012, 09:31


- wenn hinter der Schaumstoffplatte nur Luft mit 5 cm Wandabstand ist


Richtig



- wenn die Schaumstoffplatte auf eine dünne Holzplatte geklebt wird und dahinter dann die Luft mit 5 cm Wandabstand ist?


Falsch (es sei denn, du machst daraus einen Verbundplattenresonator)

Bau dir doch einfach einen Rahmen, das kommt günstger. Was auch möglich ist, Lochplatte - dürfte aber einiges teurer sein.




Die "regelmäßigen Intervalle" sind hoffentlich nicht so wichtig?


Ich denke nicht.

kai-vd
Stammgast
#12 erstellt: 25. Jan 2012, 10:55
Danke, dann kann ich ja am Wochenende loslegen!


john_frink schrieb:
...Bau dir doch einfach einen Rahmen, das kommt günstger. Was auch möglich ist, Lochplatte - dürfte aber einiges teurer sein...


Ich dachte, ich hätte mit den 16 cm langen Schrauben (Stück 0,89 Euro) die günstigste und vor allem zeitsparendste Möglichkeit zur Anbringung gefunden: Ich muss kein Holz kaufen und (stundenlang) mehrere Rahmen bauen, sondern einfach nur Löcher in die Wand bohren, die ich für die Rahmen ja auch hätte bohren müssen.
john_frink
Moderator
#13 erstellt: 25. Jan 2012, 11:04
solange die Absorber dann nicht durchhängen, alles kein Problem.

Nur frage ich mich, ob das Eigengewicht nicht auf dauer den Schaumstoff dehnt.

kai-vd
Stammgast
#14 erstellt: 25. Jan 2012, 11:18
Ja, das ist allerdings genau die befürchtung, die ich auch habe, von der ich aber denke, dass ich es erst feststellen kann, wenn der Schaumstoff da ist. Wie die Festigkeit des Materials ist.

Es wird übrigns dieser hier:

http://www.akustik-p...c5852cd016c27212a80d
john_frink
Moderator
#18 erstellt: 25. Jan 2012, 11:43
Diese Nachricht wurde automatisch erstellt!

Das Thema wurde aufgeteilt und einige themenfremde Beiträge wurden verschoben. Das neue Thema lautet: "Hilfe benötigt: Heizungsanlage des Nachbarn macht Lärm!"
kai-vd
Stammgast
#19 erstellt: 30. Jan 2012, 10:42
So, es ist vollbracht und war ein voller Erfolg!

Was ich alles gemacht habe:

- Zwischen die Riesten des Klaviers (Holzverstrebungen vor der Resonanzplatte) Akustikschaumstoff gepackt, davor mehrere Lagen schweren Stoff befestigt, an die Wand davor Schaumstoff, an den Seiten und oben überstehend, das Klavier ganz heran gerückt.

- An der Wand dahinter: die vorhandenen Bücherregale vollgepackt und den Inhalt mit unterschiedlichen Höhen und Tiefen ausgerichtet für eine gute Diffusorwirkung, 3 Akustikschaumstoffplatten, 1 Wandteppich

- An der Decke, über dem Klavier: 5 Akustikschaumstoffplatten

- Und andere Kleinigkeiten: weitere kleine Wandteppiche an anderen Wänden, hier und da etwas von dem Schaumstoff, freie Wandflächen mit Gegenständen/Möbeln "zugestellt", Polstersessel in die Ecke gestellt.

Ich glaube, der fieseste und härteste Reflexioinsschall kam von der Betondecke, direkt über dem Klavier. Die Platten, die jetzt dort hängen haben am meisten zur besseren Akustik beigetragen.

(Das abgehängte Anbringen der Platten, um 5 cm Luft zu haben, mit langen Schrauben war übrigens nur mit einem geliehenen Bohrhammer aus dem Baumarkt sinnvoll möglich. Mit meiner normalen Schlagbohrmaschine hätte ich für die 6 mm Bohrlöcher in die Stahlbetondecke seeehr lange gebraucht, hätte vermutlich zig Bohrer verglüht und die Nerver meiner Nachbarn und meine eigenen extrem strapaziert. Schon ein gewaltiger Unterschied: An einem Loch mehrere Minuten mit schwerem Anpressdruck herumzujuckeln - wenn man denn überhaupt ganz hereinkommt - oder 20 Löcher in 3 (!) Minuten, mit einem guten Bohrhammer, der selbst in härtestem Beton hereinflutscht wie in Butter.)

Das Klavier ist jetzt hör- und spürbar leiser, das Harte und Schrille im Klang ist weg, es sind aber immer noch genügend Höhen vorhanden und es pfeift nicht mehr in den Ohren!

Man merkt natürlich auch den Unterschied beim Sprechen im Raum - gedämpfter, wärmer, kaum noch hallig - aber noch nicht unangenehm dumpf.

Vielen Dank für eure Hilfe!


[Beitrag von kai-vd am 30. Jan 2012, 11:20 bearbeitet]
john_frink
Moderator
#20 erstellt: 30. Jan 2012, 11:34
Freut mich, dass es geklappt hat!!

Du hättest nicht zufällig Lust, hier ein paar Bilder vom Klavier und dem Raum zu posten?

Dann hätten Leute mit ähnlichen Problemen Anschauungsmaterial.

Schönen Gruß, le john



[Beitrag von john_frink am 30. Jan 2012, 11:34 bearbeitet]
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