Gehäusebau intelligent?

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Shefffield
Inventar
#1 erstellt: 27. Sep 2005, 13:22
Moin, Kollegen.

Meine intensive Netzrecherche der letzten Wochen hat neue Einsichten gebracht, aber auch ein paar Fragen offen gelassen.

Zwei grundsätzliche Auffassungen zum Gehäusebau stehen sich anscheinend gegenüber: "Akustisch tot" gegen "Materialklang".

Klassisch wird versucht, mittels "totem" Material, meist MDF, und hohem Materialeinsatz das Mitschwingen des Gehäuses zu unterdrücken. Dem bin ich bei meinen früheren Bauten gefolgt und habe zusätzlich durch den Einsatz einer Sandkammer (20 kg Quarzsand im Fuß) auch deutliche Verbesserungen gegenüber dem Fertigmodell (< 20 kg Gesamtgewicht) erzielt.

Die andere, für mich neue Philosophie beruht darauf, dass das Gehäusematerial einen angenehmen Eigenklang haben soll und ruhig mitschwingen darf. Schaut Euch dazu die Links am Ende der Mail an, wenn Ihr sie nicht schon kennt.

Dummerweise ist der Verweis auf den Instrumentenbau für die letztere Methode für mich sehr einsichtig. Ich werde also auf jeden Fall andere Materialien, vor allem das empfohlene Fichtenleimholz, ausprobieren. Aber ich habe etwas Bauchschmerzen dabei, wenn ich großflächige, dünne Wände einsetze.

Andererseits finde ich es ganz einfach intelligenter, Flächen mittels aufgeleimtem Fachwerk zu versteifen, statt stumpf Materialstärke einzusetzen.


Am konkreten Projekt:

Basshorn für 20 cm-Breitbänder

Warum nicht das Gehäuse in 16 oder noch radikaler 12 mm dünnem Material aufbauen, dafür allerdings mit einem engmaschigen Fachwerk die Wände versteifen, wo dies nicht schon durch die Hornfaltung gegeben ist. So lange man das Innenvolumen nicht großartig ändert, sollte eine solche Lösung erst bei hohen Frequenzen mitschwingen und durch das eingesetzte, angenehm klingende Holz in diesen Bereichen nicht unangenehm auffallen.

Handwerklich anspruchsvoller - aber nicht auch intelligenter??

Danke für Eure Anregungen,
Axel


Einige ausgewählte Links:

http://www.linkwitzlab.com/frontiers.htm
-> N - Mounting a driver to a baffle

http://www.rsl-horn.de/german.htm
-> Theorie -> Material

http://www.methe-family.de/sabacello.htm
Robert_K._
Inventar
#2 erstellt: 27. Sep 2005, 16:10
Ohne dir zu Nahe zu treten oder anderen Verfechtern dieser Idee: Meine persönliche Meinung ist, dass es keinen Sinn macht ein mitschwingendes Gehäuse zu bauen.
Die Aufgabe eines lautsprechers ist es das Musiksignal in seiner ursprünglichen Form wieder zu geben. Die meißten Lautsprecher sind darauf ausgelegt möglichst keinen Eigenklang zu haben - linearer Frequenzgang - keine Eigenresonanzen usw.

Am Beispiel eines Geräusches:
Ein vorbeifahrendes Auto:

In einem "totem" Lautsprecher bleibt es ein vorbeifahrendes Auto. Man kann erraten was für ein Motor hörbar ist, was für eine Auspuffanlage etc.

In einem "klingendem" Lautsprecher hört sich der Auspuff an als wäre er aus Fichtenholz o.ä.
Das ergibt doch keinen Sinn!!!

Gruß

Robert
Tom_am_See
Stammgast
#3 erstellt: 27. Sep 2005, 16:32
Hi Sheffield,

das ist eine Sache die Du ansprichst, da scheiden sich die Geister. Wo Du aber die Methe-Familie ins Spiel bringst, lies Dir mal den kompletten "Werdegang" durch, da ist ebenso von offenen Schallwänden wie auch von Hörnern die Rede.
IMHO gibt es nicht "eineeinzigalleinglücklichmachendewahrheit" im Lautsprecherbau. Alle Konzepte haben irgendwo ihre Daseinsberechtigung, solange sie für den jeweiligen Einsatzzweck geeignet sind. Was Dir dabei am besten gefällt, ist in dem Moment (für Dich!) richtig.
Natürlich gibt es Dinge, über die braucht man nicht ernsthaft nachzudenken, zum Beispiel Live-Lautstärke mit einer 3Watt Röhre ...duckundrennweg...

Grüße

Thomas
Shefffield
Inventar
#4 erstellt: 27. Sep 2005, 17:02
Moin, Robert.


Robert_K._ schrieb:
Ohne dir zu Nahe zu treten oder anderen Verfechtern dieser Idee: Meine persönliche Meinung ist, dass es keinen Sinn macht ein mitschwingendes Gehäuse zu bauen.
(...)


Hier hake ich ein, weil ich genau an dieser Stelle einen fundamentalen Irrtum *vermute*. Jedes Material überträgt Schall, auch MDF.


Robert_K._ schrieb:

Die Aufgabe eines lautsprechers ist es das Musiksignal in seiner ursprünglichen Form wieder zu geben. Die meißten Lautsprecher sind darauf ausgelegt möglichst keinen Eigenklang zu haben - linearer Frequenzgang - keine Eigenresonanzen usw.


Die Szene neigt anscheinend dazu, manche Messwerte wichtiger zu nehmen als andere. Mir ist Impulstreue und AUsschwingverhalten inzwischen wichtiger als ein linealglatter Frequenzgang. Dabei habe ich gelernt, Dinge differenzierter zu betrachten und mehr in Frage zu stellen.

Dein Beispiel halte ich, ohne Dir zu nahe treten zu wollen, für zu stark vereinfacht.

Was die Michael Methe angeht - ich sehe mich bald auf einem ähnlichen Weg wie er, jedenfalls stehen nächste Woche auch bei mir offene Schallwände, einfach mal zum Probieren und Rumspielen. Ich setze meinen Schwerpunkt nur etwas mehr auf die Wandler und weniger auf die Elektronik.

Gruß,
Axel
Robert_K._
Inventar
#5 erstellt: 27. Sep 2005, 17:20
Ja! Natürlich habe ich vereinfacht! Ich möchte doch keinen Roman schreiben. Als Gegenthread läuft praktisch gerade "Lautsprecher aus Metall" in dem es darum geht, Gehäuse möglichst schalltot zu konstruieren.

Ein Lautsprecher ist ein Kompromiss aus unterschiedlichen Eigenschaften. Wo man die Schwerpunkte legt, ist jedem sein Eigenes. Doch wenn man bestimmte Eigenschaften fördert, ohne auf andere Rücksicht zu nehmen, kann nichts bei rauskommen. Niemand möchte einen Lautsprecher hören der Schwankungen im Frequenzgang von z.B. 20 dB hat. Da ist Impulstreue und Ausschwingverhalten Nebensache.
Ich halte z.B. auch nichts davon Lautsprecher per Frequenzweiche zwanghaft zu lineasieren. Ich habe soetwas schon des öfteren gehört und es hat mir überhauptnicht gefallen.
Aber wenn man anfängt das Gehäuse so zu bauen, dass es mit voller Absicht anfängt zu schwingen, dann kann man eigentlich gleich den Schwingspulenträger an ein dünnes, möglichst großflächiges Holz kleben und dann seinem "Instrument" lauschen.
Tom_am_See
Stammgast
#6 erstellt: 27. Sep 2005, 17:54
Hi Axel,
das ist mMn ein richtiger Ansatz, erst mal OB. Kein Gehäuse kann schließlich keinen "Gehäuseklang" verursachen.

Shefffield schrieb:

Jedes Material überträgt Schall, auch MDF.

Klar, die Frage ist aber, in welcher Größenordnung. Macht sich da der Klirr des Chassis zum Beispiel nicht viel deutlicher bemerbar? Gemessen am abgegebenen Pegel des Chassis ist der
Gehäuseklangpegel wohl vernachlässigbar oder kann mir jemand sagen, wieviel "Klirr" durch das Gehäuse hinzukommt?
Was ich ja immer wieder faszinierend finde, ist der Umstand, das der Hörraum dabei außer acht gelassen wird, welcher gerade bei OB erheblich "mitspielt".

Grüße

Thomas
A._Tetzlaff
Inventar
#7 erstellt: 27. Sep 2005, 18:04
Nabend zusammen!
Deinen Ansatz, dünneres Material mit ordentlich Streben zu versehen, kann ich nur empfehlen. Ich finds einfach affig, Materialstärke zu nehmen, bis der Boden bricht. Streben bringen teilweise sogar bessere Ergebnisse!
Noch ein Tipp: Alte Fliesen ins Gehäuse einkleben. Wesentlich einfacher als ein Sandwichgehäuse zu bauen.
Vom Gehäuse, das Musik macht halte ich nicht viel. Warum? Weil die Schwingungen viel zu unberechenbar sind und die Kalkulation, wie das Gehäuse denn nun klingt, schwierig wird. Ach ja, und OB-Designs sollten mangels Gehäuse auch keinen Klang haben.
Shefffield
Inventar
#8 erstellt: 28. Sep 2005, 08:51
Moin!

Robert,
den "Gegenthread" habe ich gesehen und ich verfolge mit Interesse, was dabei herauskommt. Natürlich bin ich neugierig, auch mal einen Metalllautsprecher zu hören und zu vergleichen, ob ich eine eigene Klangfarbe feststelle und, falls ja, ob mir das gefällt.

Frequenzgangschlenker von 20 dB erwarte ich auch nicht von Pappgehäusen (wie sie gerne in Autos verbaut werden ), dafür setze ich Breitbänder ein. Und je höherfrequent die Resonanzen sind, desto weniger Energie wird übertragen.

Das Thema "Schwingspuelnträger direkt an's Holz" wäre überlegenswert, wenn Holz nicht so schwer (-> dicht) wäre. Dann doch lieber Papier, auch wenn's viel mehr (von der Rückwand reflektierten) Schall durchlässt... (siehe linkwitzlabs)

Tom,
der Raum ist das zweite, was ich angehen will.
1. Schallwandler
2. Raum
3. lange nix
4. immer noch lange nix
5. Elektronik

Klirr ist bei BP- oder BR-Subwoofern ein großes Thema, bei Hörnern üblicherweise nicht. Und interessanter als der Pegel des Klirrs ist sicherlich seine Zusammensetzung.

Alfred,
danke für die Bestätigung - dacht ich mir doch irgendwie...

Offene Schallwände haben *garantiert* einen deutlichen Eigenklang, schließlich sprechen wir über zweimal fast einen Quadratmeter ebene Holzfläche, die als Ganzes vom eingebauten Chassis zum Schwingen angeregt wird. Das *muss* mitschwingen.

Oder?

Axel
LarsAC
Stammgast
#9 erstellt: 28. Sep 2005, 09:05
Spendor hat früher Lautsprecher so gebaut, dass das Gehäuse "mitklingt". Die Ergebnisse sind heute noch berühmt,

Lars
timo_bau
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 28. Sep 2005, 09:34
ich möchte jetzt nicht eine Grundsatzdiskussion anfangen, aber eines möchte ich hier klarstellen und dann noch detailliert erklären.

Der Eigenklang von OB im Vergleich zu geschlossenen Gehäusen ist um den Faktor 1000 geringer.

Ich habs in Formeln überschlagsmäßig berechnet und deshalb so eine präzise Aussage.

Zur Erklärung: Was zerrt an einem Geschlossenen Gehäuse an der Boxenwand? Der Wechseldruck und die Membranbewegung, also die 50 Gramm bei Bässen oder 10 Gramm bei BBs der Membran versucht das Gehäuse in Schwingung zu versetzen plus den Wechseldruck. Was zerrt bei Obs an der Schallwand, es ist lediglich die Membran die über Massenträgheit (Actio = Reactio) die Schallwand versucht in Schwinungen zu versetzen, also 10 Gramm zu vielleicht 10 kg, es kann sich jeder ausrechnen was dabei als Klirr rauskommt, irgendwo im bereich 0.0..3 % Klirr. Bei geschlossenen Gehäusen gibt es sehr detaillierte Untersuchungen wieviel Klirr bei hohen Hüben entstehen kann und welcher Anteil das Gehäuse dabei hat, wir sind hier im Bereich zwischen 0.3 % und 1 % Klirr (bei hohem Verschiebevolumen)
Hier ist der Hauptanteil der Wechseldruck der je nach Lautstärke schon mal im 0.01 und 0.1 bar-Bereich im inneren liegt.

Unter dieser Grundüberlegung heraus sind OB erheblich sauberer bei der Musikwiedergabe, wenn man eines bedenkt dieser Wechseldruck zerrt nicht nur an den Außenwänden sondern auch an der relativ labilen Membran, somit kann man herleiten dass die Chassis in OB weniger Klirr verursachen, dies kann man auch sehr deutlich nachvollziehen.

Also die Aussage ist richtig dass die Schallwand zum Resonieren angeregt wird, aber zu einen erheblichen geringeren Anteil als bei anderen Gehäusevarianten.

Gruß Timo

EDIT: hierzu die Untersuchung AL als Schallwandmaterial geeignet oder nicht? hier ansatzweise im FRED
http://www.visaton.d...=10090&highlight=sos


[Beitrag von timo_bau am 28. Sep 2005, 09:37 bearbeitet]
A._Tetzlaff
Inventar
#11 erstellt: 28. Sep 2005, 16:06
Jaja, genau so wars auch gemeint. Es entfallen Störungen wie Stehwellen. Natürlich ist OB nicht gleich das Maß aller Dinge, da sie als Dipol funktionieren und damit aufstellungskritischer sind.
Shefffield
Inventar
#12 erstellt: 28. Sep 2005, 20:43
Das wird spannend hier!

Moin, Kollegen.

1. Welches Material hat Spendor denn verwendet?


2. "I built two horns with MDF and two identical horns with plywood and the plywood horns a much much better (sound is more focussed, more lively)."

(aus: http://www.diyaudio....d8ff&threadid=64270)

Der obige Thread beleuchtet, dass das Thema erheblich komplexer ist, als wir wohl alle denken.

Auszüge:
MDF ist weicher und speichert daher besser Energie, die es dann verzögert wieder abgibt.

MDF hat keine Mikrolöcher -> keine Undichtigkeiten

MDF-Staub soll giftig sein.

'Ne Menge Input...


3. Interessante Zahlen, Timo! Bei Linkwitz ist ja auch schon zu lesen, dass der innerhalb der Box reflektierte Schall fast ungehindert durch die dünne Membran donnert - verzögert natürlich. Also sind OSe auch in der Theorie gar nicht so schlecht...

Linkwitz beschreibt, dass der Einbau eines Chassis am Korb die schlechteste aller Varianten wäre - er spannt sie an den Magneten innerhalb des Gehäuses ein. Absolut nachvollziehbar, ich werde das ausprobieren! Spart bestimmt den einen oder anderen Millimeter Wandstärke.

Zusätzlich bringen mich Timos Berechnungen auf den Gedanken, die Gehäuse mit der Zimmerwand zu verschrauben, damit sie sich nicht mal theoretich im Gegentakt der Membran bewegen können. Zumindest für die Eckhörner macht das garantiert Sinn. Große Hübe treten zwar nicht auf, aber es ist ordentlich Fläche und Magnetkraft im Spiel...

Wie gesagt - wenn meine ersten Hörner stehen und spielen, will ich mit geschlossenen HM-Kammern aus verschiedenen Werkstoffen experimentieren und selbst hören, welches Material mir am besten gefällt. Das Ergebnis werde ich hier posten, aber es ist noch ein bisschen hin. Gestern habe ich die Werkstatt besichtigt, die ich über den Winter benutzen kann.

Bis dann,
Axel
Shefffield
Inventar
#13 erstellt: 29. Sep 2005, 18:58
Moin.

Entschuldigt den Doppelpost, aber hier gibt's einige Antworten:

http://www.exdreamau...xen-baumaterial.html

Bis bald,
Axel
A._Tetzlaff
Inventar
#14 erstellt: 30. Sep 2005, 00:58
Vor Jahren hat HobbyHiFi ähnliche Messungen gemacht und ist in etwa zu den gleichen Erkenntnissen gekommen. Materialschlacht bringt genausoviel, wie intelligentes Verstreben und Bedämpfung der Eigenschwingungen. Du kannst Dir also in Deinem Vorhaben sicher sein!
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