Impedanzen: Verstärker, Lautsprecher - ultimative Verwirrung durch verschiedene Quellen

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Philidor
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 26. Okt 2016, 15:21
Hallo miteinander,

also ich habe gestern etwa 3 Stunden versucht die Sache mit der Impedanz von Verstärkern und Lautsprechern zu klären und bin gescheitert. Vor allem weil unterschiedliche Quellen derart widersprüchliche Aussagen treffen.

1.) Erst einmal bin ich auf diese Einführung gestoßen: http://www.hifi-forum.de/viewthread-42-5.html
Das ließt sich wunderbar und am Ende denkt man sich "Wenn ich heraus bekomme, welche Impedanz meine Lautsprecher und mein Verstärker haben, dann weiß ich, ob das funktioniert."

2.) Dann stößt man aber z.B. auf so eine Seite: http://www.hifiengine.com/manual_library/kenwood/ka-6100.shtml
und man denkt... "Wie jetzt? Muss ich den Verstärker mit 8 Ohm Lautsprechern betreiben? (-> Power output) oder kann ich alle Lautsprecher von 4-16 Ohm dran hängen? (-> speaker load impedance)

3.) Dann recherchiert man weiter und stößt auf diese Seite: http://www.sengpiela...oudspeakerAndOhm.htm
Da wird scheinbar behauptet, dass es völlig egal ist, welche Lautsprecher man betreibt?? Ist das alles völliger Quatsch, was da steht?

4.) Dann ließt man wieder, dass Hersteller bei den Impedanzen etwas schwindeln, um ihre Produkte leichter zu verkaufen. Was soll man denn dann tun? Muss ich das wirklich selbst messen und vielleicht Verstärker auf Verdacht kaufen und wieder weiter verkaufen und lernen, wie man das misst und mir dafür Equipment kaufen?

5.) Dann findet man so etwas: http://www.hifiengine.com/manual_library/kenwood/ka-501.shtml
und fragt sich "Warum ist da auf einmal keine "speaker load impedance" angeführt?

6.) Und zu guter letzt findet man so einen Verstärker: http://www.hifiengine.com/manual_library/pioneer/sa-706.shtml
bei dem es heißt "60 watts per channel into 8Ω (stereo)" wohingegen ein Foto der Rückseite des Verstärkers deutlich zeigt: http://audio-bg.org/ver3/img/p/681-3409-thickbox.jpg "A, B - 4 Ohm or more/speaker". "Whaat??"

7.) Außerdem konnte ich bis jetzt noch keinen Verstärker finden (möglicherweise abgesehen von diesem Pioneer da oben), der ausdrücklich für 4 Ohm Lautsprecher ausgewiesen ist. Gibt es die überhaupt?

8.) Irgendwann beginnt man dann zu spekulieren, ob man irgendwelche Ohms addieren oder dividieren muss, selbst wenn nichts in Serie geschaltet ist, damit sich das alles erklären lässt.

9.) Außerdem findet man auch viele Beiträge, in denen es heißt, dass man nur schauen muss, dass der Verstärker nicht überhitzt.

Ich hab wirklich keine Ahnung mehr, was ich glauben soll und wonach ich mich richten kann. Kann mir da jemand weiterhelfen?

Vielen Dank!


[Beitrag von Philidor am 26. Okt 2016, 15:22 bearbeitet]
Passat
Inventar
#2 erstellt: 26. Okt 2016, 16:44
Es gibt Vorschriften bzgl. der Nennimpedanz von Lautsprechern.
Die Nennimpedanz darf an keinem Punkt um mehr als 20% unterschritten werden.
D.H., ein 4 Ohm-Lautsprecher darf minimal 3,2 Ohm haben, ein 6 Ohm-Lautsprecher minimal 4,8 Ohm und ein 8 Ohm-Lautsprecher minimal 6,4 Ohm.

Geschätzt 80% aller Lautsprecher weltweit sind 4 Ohm-Lautsprecher.
Alle Lautsprecher, bei denen der Hersteller eine Impedanz "4-8 Ohm" angibt, sind 4 Ohm-Lautsprecher.
Diese Angabe ist übrigens normwidrig. Die Norm kennt keine von-bis-Werte.

Es gab früher ein paar wenige Lautsprecher, deren Impedanz mit "4 und 8 Ohm" angegeben ist.
Diese Lautsprecher haben 2 Klemmen, eine mit 4 Ohm und eine mit 8 Ohm. An der 8 Ohm-Klemme hängt ein Widerstand, der die Impedanz von 4 auf 8 Ohm anhebt.

Einige Hersteller geben bei ihren Lautsprechern als Impedanz 8 Ohm an, aber zusätzlich auch die Minimalimpedanz.
Liegt diese Minimalimpedanz unter 6,4 Ohm, weiß man, das die Angabe 8 Ohm gelogen ist.

Bei einigen dieser Hersteller liegen die angegebenen Minimalimpedanzwerte nahezu alle im Bereich 3-4 Ohm.
Daran sieht man, das es in Wahrheit 4 Ohm-Lautsprecher sind.

Was Verstärker angeht:
Nahezu alle Verstärker haben keine Probleme mit 4 Ohm Lautsprechern (wie auch, denn dann könnte man den Großteil der Lautsprecher daran nicht betreiben).

Bei den Lautsprecheranschlüssen muß man folgendes beachten:
Bei nahezu allen Verstärkern sind die Klemmen A + B parallel geschaltet.
Bei zwei Lautsprecherpaaren gleicher Impedanz halbiert sich also der Wert, den der Verstärker als Last sieht.
4+4 = 2 Ohm, 8+8 = 4 Ohm, Physikunterricht Parallelschaltung von Widerständen: 1/R + 1/R +... = 1/Rges.
Deshalb stehen an den Klemmen i.d.R. 2 Werte dran. Einmal für den Betrieb A oder B und einmal für den Betrieb A und B.

Es gibt aber auch einige Verstärker, bei denen die Lautsprecherausgänge in Reihe geschaltet werden.
Dies kann man ganz einfach durch Ausprobieren feststellen:
Nur an A Lautsprecher anschließen.
Schaltet man nun B hinzu, müssen die Lautsprecher an A verstummen.
Sind A und B parallel geschaltet, spielen die Lautsprecher an A bei diesem Test weiter.

Bei Reihenschaltung von Widerständen addieren sich die Werte einfach: 4+4 = 8, 8+8 = 16.

Völlig unabhängig davon muß man die Leistungsangaben sehen.
Es gibt durchaus Verstärker, die problemlos mit 4 Ohm-Lautsprechern zurechtkommen (und der Hersteller das sogar an den Klemmen und/oder der Anleitung auch bestätigt), aber bei denen die Leistung nur an 8 Ohm angegeben wird und die 4 Ohm-Angabe fehlt.
Das ist oft bei älteren Geräten aus den 70ern so.
Damals waren 8 Ohm-Lautsprecher noch häufiger als heute und es gab damals durchaus einige Verstärker, die mit 4 Ohm-Lautsprechern nicht gut zurechtkommen. Die schalten einfach bei höherer Lautstärke an 4 Ohm-Lautsprechern ab, weil die den höheren Strom, den 4 Ohm-Lautsprecher benötigen, nicht liefern können.

Grüße
Roman
lcts
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 26. Okt 2016, 16:44
(3) diskutiert die Ausgangsimpedanz des Verstärkers. Diese ist immer gering (mOhm) und für dich irrelevant. Interessant ist nur die Eingansimpedanz der Lautsprecher.

Dem Verstärker ist die erstmal eigentlich auch egal, aber:
Je geinger die Lautsprecherimpedanz, desto mehr Strom muss der Verstärker bei gegebenem Signalpegel liefern. Der Verstärker kann aber nicht beliebig viel Strom liefern, dadurch ergibt sich eine kleinste Impedanz, bei der der Verstärker bei Vollaussteuerung (maximales Signal) noch genug Strom liefern kann.
Das heißt nicht, dass man nicht auch geringere Impedanzen anschliessen könnte, man kann dann nur nicht mehr "voll aufdrehen" (Punkt 9).

Die Angaben "X Watt into Y Ohm" / "X Watt (Y ohm)" / "X Watt an Y Ohm" etc. sagen nichts darüber aus, was für Lautsprecher man anschliessen kann. Die abgegebene Leistung ist abhängig von der Impedanz, d.h. man muss bei der Leistungsangabe dazu sagen, an welcher Impedanz das gemessen wurde, mehr bedeutet das "into Y Ohm" nicht. "Speaker Load Impedance" oder "minimal load impedance" o.Ä. ist der relevante Wert (Punkt 2,5,6).

Generell würde ich davon ausgehen, dass jeder Amp 4 Ohm schafft, es sei denn vllt. wenn man immer mit Discolautsärke hört (Punkt 7).
Philidor
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 26. Okt 2016, 17:06
Vielen Dank, ihr beiden! DAS war mal wirklich klar und unmissverständlich formuliert
Mickey_Mouse
Inventar
#5 erstellt: 28. Okt 2016, 13:59
wenn man das zusammenfasst, dann läuft es in der Praxis tatsächlich auf deinen Punkt:
9.) Außerdem findet man auch viele Beiträge, in denen es heißt, dass man nur schauen muss, dass der Verstärker nicht überhitzt.
hinaus!

es gibt zwar überwiegend 4Ohm LS aber der Verstärker soll ja auch an 8Ohm LS noch laut genug spielen können.
P=U*I und zusammen mit I=U/R kann man das in P=I^2*R oder P=U^2/R umformen (P=Leistung, U=Spannung, I=Stromstärke, R=Widerstand/Impedanz).
wenn die Impedanz des LS hoch ist, dann benötigt man mehr Spannung, bei niedrigen Impedanzen mehr Strom.

Das Problem: die zur Verfügung stehende maximale Spannung ist fix durch das Netzteil vorgegeben (naja, mehr dazu unten). Alles was davon nicht gebraucht wird muss im Verstärker vernichtet werden.
Nehmen wir einen Verstärker der 100W Sinus an 8Ohm ausgeben kann, diese Sinus-Schwingung muss 80V von Spitze zu Spitze (Vss) betragen, das sind effektiv 28Veff -> 28V^2/8Ohm=100W. Und es fließt ein effektiver (mittlerer) Strom von 3,5A.
Wird der Verstärker mit +/-40V vom Netzteil versorgt, dann müssen im Schnitt 40-28=12V bei 3,5A im Verstärker vernichtet werden (Verlustleistung) -> 42W

Jetzt schließen wir an diesen Verstärker 4Ohm LS an. Die 100W werden bei 20Veff und 5A erreicht. Wie brauchen also weniger Spannung an den LS dafür fließt mehr Strom.
es fallen jetzt im Schnitt 40-20=20V bei 5A -> 100W im Verstärker an Verlustleistung an!

Obwohl der Verstärker in beiden Fällen 100W ausgibt (also auch gleich laut ist!), wird er bei 4Ohm LS viel heißer!
man sollte daher vorsichtig mit dem Spruch sein: man kann nur nicht mehr voll aufdrehen! Ja, man kann/darf/sollte nicht mehr voll aufdrehen, aber auch bei derselben Lautstärke die mit 8Ohm LS noch problemlos funktioniert hat, kann der Verstärker bei 4Ohm LS überhitzen!

Aus diesem Grund kann man manche Verstärker umschalten zwischen 4 (oder 6) und 8Ohm Betrieb. Hier wird nichts weiter getan als durch eine andere Anzapfung vom Trafo die Betriebsspannung der Endstufen zu reduzieren! Man hat dann weniger max. Spannung zu Verfügung um "hoch ohmige" LS voll auszusteuern, muss dafür aber auch weniger im Verstärker vernichten und die Kiste bleibt kühler. Leider übertreiben es die Hersteller damit meist und reduzieren die Spannung so weit, dass die Gefahr des Clippings besteht (die Spannung reicht für den Sinus nicht mehr aus und dessen "Polkappen" werden abgeschnitten).
Philidor
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 28. Okt 2016, 17:32
sehr spannend, cool, jetzt kenn ich mich noch besser aus. danke!
hifrido
Inventar
#7 erstellt: 30. Okt 2016, 13:30
Mann könnte vielleicht noch erweitern. Lautsprecher haben keine feste Impedanz. Die ist über dem Frequenzgang variabel. Die nennimpedanz bezieht sich eigentlich an die mindestimpedanz.
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