Interview mit RHA's Produktentwickler Samuel Prentice

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HiFi-Forum
Stammgast
#1 erstellt: 27. Mrz 2017, 14:15

RHA’s Innovationen – von der Idee zum fertigen Produkt


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Von ihrer Heimat im schottischen Glasgow aus, entwickelt RHA's Design- und Ingenieur-Team die vielfach ausgezeichneten Produkte der Marke. Sam Prentice, Produktentwickler bei RHA, bietet nun eine exklusive Einsicht in den Entstehungsprozess eines RHA-Produkts – von der Idee zur Realität.


Erzählen Sie uns ein bisschen mehr über RHA’s Produktentwicklungsteam!

Wir sind ein wachsendes, vielseitiges Team mit etlichen Projekten, es ist also auf positive Art anspruchsvoll. Wir sind in alle Aspekte eines Produkts involviert und arbeiten bei jedem Part eng von Anfang bis Ende zusammen. Das beginnt bei Besuchen von Audio-Events auf der ganzen Welt, um Marktforschung aus erster Hand zu betreiben und endet bei der Koordination der Logistik für die Massenproduktion. Wir sind also bei jedem Schritt mit dabei.

Was sind Ihre wichtigsten Inspirationsquellen?

Als Team sind wir nicht nur von den neuesten Entwicklungen und Verbesserungen in der Technik und Herstellung oder im Produktdesign fasziniert, sondern auch von dem, was in anderen Industrien passiert. Es geht nicht darum, etwas Bahnbrechendes zu finden und es in einen Kopfhörer einzubauen. Die Gehäuse des CL1 Ceramic sind zum Beispiel aus demselben Material gefertigt, das auch zur Herstellung von künstlichen Diamanten genutzt wird – wir haben aber herausgefunden, dass es auch exzellente Klangeigenschaften besitzt. Es geht darum, ein breites Verständnis der Audio-Industrie zu haben und Wege zu finden, Klang, Komfort und Qualität unserer Produkte wirklich zu verbessern.

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Verraten Sie uns etwas über den Designprozess bei RHA...

Sobald wir ein Konzept haben, für das sich alle begeistern, geht es daran, den Zeichenblock mit ein paar Ideen zu füllen. Ich kann Tage damit verbringen, denselben Teil eines Produkts wieder und wieder zu zeichnen, bis es passt. Wir bauen die Zeichnungen mit Knetmasse nach, um ein Gefühl für die Haptik und das Aussehen eines Produktes zu bekommen. Oft führt die Arbeit mit der Miniaturausgabe eines Produkts zu neuen Ideen oder Denkprozessen. Um es zu einem brauchbaren Produkt weiterzuentwickeln, nutzen wir 3D-Modellierungen mit detaillierteren CAD-Zeichnungen (Computer Aided Design) von vielleicht sieben bis acht Varianten desselben Designs. Wir fangen dann an, wirklich über die praktischen Dinge nachzudenken, zum Beispiel über die Positionierung des Transducers im CL1 Ceramic für die beste Klangqualität oder wie der Schaltkreislauf des Dacamp L1 im Gehäuse sitzen muss, um die Eingangs- und Ausgangsbuchsen bestmöglich anzubringen. Sobald wir einen Entwurf haben, mit dem wir zufrieden sind, produzieren wir die ersten Prototypen im 3D-Druck.

Wie entscheiden Sie, welcher Herstellungsprozess am besten ist?

Wir werden definitiv nie Abstriche bei Klang, Qualität oder Komfort eines Produkts machen. Die Materialauswahl für unsere Produkte wird immer von den einzigartigen Eigenschaften eines Materials geleitet. Der Herstellungsprozess wird dann danach gewählt, welche Prozesse das Material am besten in die gewünschte Form bringen können. Beim CL1 Ceramic war die Zirkoniumdioxidkeramik äußerst widerstandsfähig und so dafür geeignet, zwei kraftvolle Treiber zu beherbergen, die zusammenarbeiten. Außerdem bot sie null akustische Resonanz zwischen den Transducern und dem Ohr. Bei der Herstellung erwies sich das Spritzgussverfahren als guter Weg, diese Eigenschaften zu bewahren und zu verstärken, während wir die Keramik damit gleichzeitig in eine natürliche und komfortable Form bringen konnten. Umgekehrt ermöglicht uns die Form des Dacamps, einen Prozess wie das Strangpressen zu nutzen, bei dem eine Form relativ einfach gegossen und geschnitten werden kann und das Ergebnis sauber ist.

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Was hat das Design des CL1 Ceramic und des Dacamp L1 inspiriert?

Beide Produkte zeichnen sich durch Innovationen in jedem Bereich ihres Designs aus, aber es gab besondere Merkmale, die unsere Denkweise und Herangehensweise beeinflusst haben. Beim CL1 war es die Fähigkeit des piezoelektrischen Treibers, hohe Frequenzen präzise wiederzugeben, die uns dazu inspiriert hat, einen speziellen Keramikplattentreiber zu entwickeln. Es ist ziemlich zufriedenstellend, eine Technologie zu finden, die für die Anwendung, die wir ihr geben, hervorragend geeignet ist.
Beim Dacamp L1 wollte das Team das tastbare, nostalgische Gefühl nachbilden, das bei klassischen Hi-Fi-Anlagen aufkam, wenn man an den Kontrollrädern spielte, um zu sehen, was mit dem Klang passiert. Daher kommen die EQ-Rädchen und die Volumenrolle, die man heute am Produkt findet. Damit sind die Bedienungselemente genauso Teil des Erlebnisses wie das, was im Dacamp L1 drinsteckt.

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Wie wird sichergestellt, dass jedes Produkt perfekt klingt?

Bei unseren Kopfhörern ist das ein gemeinschaftlicher Prozess: Muster werden produziert, getestet, verbessert und dann sowohl durch die Firma geschickt als auch zu Leuten, deren ehrlichem Feedback wir vertrauen. Dieser Prozess wiederholt sich, bis wir etwas in der Hand haben, das wir mit Stolz in einen Kopfhörer bauen können. Manchmal ist dieser Prozess allerdings auch komplizierter: Vielleicht müssen wir die Gehäuse für Klangresonanz und Klarheit überarbeiten oder den Treiber neu positionieren. Beim Dacamp L1 war das Sound Design für uns eine komplett neue Erfahrung, da es mehr mit der Anordnung des Schaltkreises zusammenhing. Wir haben jede Anordnung, die uns in den Sinn kam, ausprobiert und ausführlich getestet, wie sie jede Klangeigenschaft beeinflusst: Klarheit, Genauigkeit, Detail, Auflösung, Schärfe und so weiter. Das zweikanalige Set-up des Dacamp L1, bei dem wir die rechten und linken Stereokanäle splitten und komplett getrennt verarbeiten, existiert nicht, weil es beeindruckend ist – es existiert, weil es einfach besser klingt.

Können Sie uns den Fertigstellungsprozess eines Produktes etwas genauer schildern?

Nach den ersten Tests und Rückmeldungen werden letzte Prototypen in unseren Produktionsstätten hergestellt. Egal, wie viel Forschungsarbeit wir geleistet haben oder wie präzise die Zeichnungen sind, es gibt Probleme die wir nicht voraussehen können, bis alle Komponenten aus dem endgültigen Material zusammengesetzt und verziert sind. Das Testen dieser Prototypen erlaubt es uns, jegliche Probleme bei den Audio- oder Elektronikkomponenten zu finden und zu verbessern, bis jedes einzelne Element perfekt funktioniert. Wenn wir einen Prototyp haben, mit dem wir zufrieden sind, haben wir ein sogenanntes “Golden Sample“. Wir produzieren dann eine limitierte Menge dieser Golden Samples für Tests in der Endproduktion. Das erlaubt es uns, jeden der über hundert Schritte zu verbessern und sicherzustellen, dass wir das Produkt auch in großen Mengen mit demselben Standard herstellen können wie das Golden Sample.
Nach so einem langen Prozess ist die erste volle Produktion natürlich spannend, aber auch sehr aufregend und erfüllt einen mit Stolz. Das ist der Moment, in dem das Produkt, an dem man über Jahre gearbeitet hat, von Menschen auf der ganzen Welt gehört und genossen wird.


[Beitrag von #Friederike# am 27. Mrz 2017, 16:10 bearbeitet]
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