Soundtrack 813 - SE

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Sehrlauthörer
Stammgast
#1 erstellt: 06. Jul 2008, 11:16
Hallo,

hiermit möchte ich meine "Neuanschaffung" vorstellen. Es handelt sich hierbei um einen SE-Röhrenamp mit großer Hochvolt-Sendepentode vom Typ 813 als Endröhre. Dieser Verstärker und ein wahrscheinlich recht baugleicher Verstärker (mit der 845 als Endröhre) werden unter dem Label "Soundtrack" öfter beim großen, bekannten Online-Auktionshaus angeboten.




Die Fakten:

Positiv: (wenig)

Der Schutzleiter war angeschlossen.
Nach der Aufwärmphase der Röhren (ca. 10 Sek.) ist dieser Amp absolut brummfrei.

Negativ: (sehr lange Liste)


Der Amp kam bei mir mit defekter Polklemme (Minus-Pol) an, ich musste die Plastikkappe zuerst einmal festkleben weil die gerissen war. War aber soweit nicht weiter tragisch.



Verkratzte Alu-Deckplatte und rechte vordere Ecke leicht gestaucht. Sicherlich kein Transportschaden weil der Amp in einer dicken Schaumstoff-Verpackung gut gegen Stöße gesichert ist.



Linke hintere Trafoabdeckung hat im/auf dem Lack eine sehr unschöne Rotznase.



Hier ein Foto vom Geräteinneren.



Insgesamt also eine eher mäßige bis schlechte Verarbeitungsqualität.


Der Schaltplan den ich auf Anforderung vorab vom Verkäufer erhalten habe. Allerdings stimmt dieser Schaltplan hinten und vorne nicht.



Der Schaltplan ließ mich aber schon im Vorfeld als sich der Verstärker noch im Zulauf befand nix gutes erwarten. Wer halbwegs Schaltpläne interpretieren zu vermag erkennt das offensichtlich der Verstärker mit vergleichsweise geringer Anodenspannung zu arbeitet scheint und zusätzlich ein viel zu geringer Anodenstrom fließt. 0,3 Volt, die am 10 Ohm Kathodenwiderstand abfallen wären nämlich rechnerisch lediglich magere 30 mA Ruhestrom. Eine Messung ergab dann in der Tat "nur" 562 Volt Anodenspannung und 32,5 mA / 37,6 mA Ruhestrom. Bei diesem Werten hätte man auch problemlos eine EL34 oder KT88 verwenden können. Vermutlich taugen weder Trafo noch AÜ für die Leistung die einer 813 würdig sind. Das ist jedenfalls kein sinnvoller Arbeitspunkt für solch eine Hochvolt-Röhre. Außerdem dürfte damit die Ausgangsleistung sehr weit weg von den versprochenen 50 Watt sein. Als erste Massnahme habe ich deshalb mal wenigstens den Ruhestrom auf jeweils 50 mA hochgeregelt, der Netztrafo wurde jedenfalls mit dieser Einstellung nicht viel wärmer.

Zum Klang:

Ein kurzer Soundchek den ich noch vor den Messungen machte ergab: Der Amp geht gehörmäßig nicht sonderlich tief herunter, dass erinnerte mich tonal sehr an einen serienmässigen Dynavox. 20 Hz ohne Pegelabfall hören sich jedenfalls ganz anders an. Vermutlich setzte der Pegelabfall schon bei 50Hz oder gar 100Hz ein. Auch oben herum fehlt es mir ein wenig an Glanz. Diese vermeindliche Glanzlosigkeit kann aber auch auf relativ geringe Klirrwerte hindeuten. Ich war mir im oberen Frequenzbereich aber nicht ganz sicher, im Bass fehlt es im jeden Fall zweifellos an Tiefgang. Absolut überflüssig erachtete ich jedoch gleich die 6-stufig einstellbare Gegenkopplung. Klanglich sinnvoll erschien mir nämlich nur die max. Gegenkopplung, mit stufig reduzierter Gegenkopplung (immer lauter werdend) wurde der Klang immer mittenlastiger, Bass hatte es dann überhaupt keinen mehr, es klang dann nur noch hohl und hallig. Wahrscheinlich ist nur mit straffer Gegenkopplung ein halbwegs linearer Frequenzgang erzielbar was auch nicht gerade für die AÜ sprach.

Mit max.Gegenkopplung fand ich die Klangqualität aber (noch !!!) ganz brauchbar weil tendenziell eher in Richtung neutral und straff gehend. Die Räumlichkeit ist dabei ganz gut in Tiefe und Breite gestaffelt. Ich hatte jedenfalls nichts besonderst mitreissendes oder nerviges hören können. Die anschliessende Messungen sollten micht aber eines besseren belehren, habe wohl doch zu oft zu laut gehört

Trotzdem, dieser Amp überzeugte mich eigentlich schon von Anfang an in keinen einzigen Punkt so richtig. Tuningpotential sah und sehe ich auch keines weil zB. für höherwertige Koppelkondensatoren einfach kein Platz da ist. Wegen des völlig verfehlten Arbeitspunktes der 813er Endröhre und der offensichtlich sehr schlechten AÜ wäre das wohl auch nicht zielführend. Die anschließene Messungen übertraffen meine Befürchtungen aber noch bei weiten.


Die Messwerte:

Die erste Messung zeigt die max. Aussteuerbarkeit an der 4 Ohm Anzapfung mit 3,4 Last und an der 8 Ohm Anzapfung mit 6,8 Ohm Last.



Folgende Messung zeigt was passiert wenn man noch weiter aussteuert.



Bei manchen Verstärkern kann man evtl. versuchen eine 4 Ohm Last an die 8 Ohm Anzapfung zu klemmen, hier jedoch wird dann die Aussteuerbarkeit noch weiter eingeschränkt.




Als nächste Messungen die Klirrfaktor-Messungen.


4 Ohm Anzapfung/3,4 Ohm Last bei +\-2 Volt und +\- 4 Volt.



Und 8 Ohm Anzapfung/6,8 Ohm Last.



So, jetzt kommst aber noch schlimmer.Frequenzgang an der 8 Ohm Anzapfung mit 6,8 Ohm Last bei +\- 4 Volt. Oberes Diagramm mit max. Gegenkopplung, unteres Diagramm mit min. (ohne ???) Gegenkopplung.



Und jetzt, schlimmer gehts wirklich nimmer. Frequenzgang an der 4 Ohm Anzapfung mit 3,4 Ohm Last bei +\- 2 Volt. Oberes Diagramm mit max. Gegenkopplung, unteres Diagramm mit min. (ohne ???) Gegenkopplung.



Dieser Amp hat durch seinen völlig verfehlten Arbeitspunkt der 813 Endröhre sogar noch weniger Ausgangsleistung als ein typischer 300B Amp. Der Klirrfaktor (K2) bewegt sich auch bei geringer Ausgangsspannung immer im Bereich um ca. 3%, das ändert sich selbst bei 1 Volt Ausgangsspannung fast nicht. Der K3-Klirrfaktor steigt hingegen wie üblich mit der Ausgangsspannung. Die Gegenkopplung "arbeitet" wohl eher als Frequenzweiche. Der geringe Ruhestrom wurde bestimmt nicht grundlos gewählt, vermutlich vertragen die AÜ auch gar nicht mehr Ruhestrom als die werksseitig eingestellten 30 mA weil die AÜ sonst schon magnetisch-dauergesättigt sind. Die hohen K2-Klirrwerte, die auffallend aussteuerungs-unabhängig (K2=3%) sind müssen ja eine Ursache haben und das hochregeln des Ruhestrom von 30 mA (lt. Schaltplan) auf immerhin 50 mA war bestimmt contra-produktiv. Der Netztrafo wurde wie schon erwähnt trotz erhöhen des Ruhestromes um ca. 45% nicht übermässig warm.


Mein Fazit und ganz persönliche Meinung:

Dieser Verstärker sollte man besser da lassen wo er ist, "sowas" kann man eigentlich nur noch als (Textpassage auf Wunsch der Moderation entfernt) bezeichnen weil dieser Verstärker nicht mal ansatzweise hält was sein Aüßeres verspricht.Dieser Verstärker ist von vorne bis hinten eine kpl.Fehlkonstruktion und hat deswegen eigentlich nur Schrottwert. Von der technischen Umsetzung her absolut ohne Hand und Fuß. Was soll zB. eine Hochvolt-Sendepentode vom Schlage einer 813 mit lediglich 560 Volt Anodenspannung und so gringem Ruhestrom anfangen, da hätte eine EL34, EL156 oder KT88 besser gepasst ohne alleine schon 50 Watt!!! Heizleistung in den Endröhren zu verbraten zu müssen. Oder warum muss die negative Gittervorspannung vor dem Poti satte -200 Volt betragen nur um danach -145 Volt im Einstellpoti/Widerstand zu verbraten. Vermutlich weil der (vollkommend unpassende) Netztrafo gerade verfügbar oder günstig zu haben war, oder und das dürfte wahrscheinlich der wahre Grund sein, weil ein bis auf die Endröhren identischer 845 SET-Amp diese hohe neg. Gittervorspannung braucht damit sich der Ruhestrom weit genug herunter regeln lässt. So ein Engineering kann man nur als vollkommen sinn- und nutzlose Ressourcen- und Energieverschwendung bezeichnen. Ich verstehe einfach nicht wie man sowas überhaupt produzieren kann. Was soll das ganze eigentlich ......

Ich kann eigentlich nur ganz dringend von einem Kauf abraten, es sein denn man benützt diesen Verstärker nur als optisches Anschauungsopjekt, zum genussvollen Musikhören eignet er sich jedoch nicht. Ich hoffe (auch der Umwelt zuliebe) das ich mit meinen Bericht möglicherweise den einen oder anderen Interessenten vor einem Fehlkauf bewahren kann.


Gruß.

Michael


[Beitrag von Sehrlauthörer am 06. Jul 2008, 12:39 bearbeitet]
_ES_
Administrator
#2 erstellt: 06. Jul 2008, 11:22
Was hat denn das Teil gekostet ?
Sehrlauthörer
Stammgast
#3 erstellt: 06. Jul 2008, 11:42

Random_Task schrieb:
Was hat denn das Teil gekostet ?


In Anbetracht des Gebotenen viel zu viel.

Kosten:

471,67 € (Auktionsbetrag/Expresszuschlag/Versandversicherung) + 89,62 € Zoll und Steuer + 19,17 € Handlingsgebühr von TNT. Ergibt zusammen einen Kaufpreis von 580,46 €

Da ich die laufenden Auktionen schon seit längeren beobachte weiß ich mit Sicherheit das von dem Ebay-Verkäufer schon mehrere Verstärker von Soundtrack nach Deutschland verkauft wurden. Erst gestern Abend noch hat ein Käufer aus Deutschland so einen Soundtrack 845 SET für immerhin 419,67 € ersteigert. In der Regel ersteigern die Käufer für 320-360,-€ diese Kisten. Schade um das Geld.


Gruß

Michael
Granuba
Inventar
#4 erstellt: 06. Jul 2008, 11:57
Hi Michael,

hat das Gerät keinen Berührungsschutz? Die Regler liegen recht nahe an den Vorstufenröhren, und ich meine, sowas wäre Pflicht, oder?

Harry
Sehrlauthörer
Stammgast
#5 erstellt: 06. Jul 2008, 12:07

Murray schrieb:
Hi Michael,

hat das Gerät keinen Berührungsschutz? Die Regler liegen recht nahe an den Vorstufenröhren, und ich meine, sowas wäre Pflicht, oder?

Harry


Wäre besser, aber selbst bei meinem Unison Research Smart 845-SE Monoblöcken wird darauf offenbar verzichtet und die kosten neu immerhin satte 7500,-€. Kann aber auch sein das die bei meinem schon 10 Jahre alten Gebrauchtgeräten damals noch nicht (CE-Konform) notwendig waren und jetzt mitgeliefert werden. Wegen der Optik wird die wohl aber kaum einer montieren, es sei denn er hat Kinder im Hause. Die 845 wird in Betrieb nämlich so heiß das gleich die Haut am Glaskörper der 845 kleben bleibt sollte man die Röhre berühren. Ich habe mir jedenfalls schon mal eine übele Brandblase bei einer unbeabsichtigen Berührung geholt. Auch nicht auszudenken was bei einem Glasbruck passieren könnte. Ich bin mir nicht sicher was dann mit der Graphit-Anode passieren würde, evtl. würde die dann gleich in Flammen stehen. Gefährlich wäre auf jeden Fall das dann an der Anode ca. 1000 Volt Anodenspannung freiliegen. Der Einsatz solch eines 845-Amp wäre mir bei Kindern in Haus einfach zu gefährlich.

Ein Schutzkäfig wird jedenfalls bei den Soundtracks nicht mitgeliefert, ein CE-Zeichen gibt es selbstverständlich auch nicht.


Gruß.

Michael


[Beitrag von Granuba am 06. Jul 2008, 12:12 bearbeitet]
rorenoren
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 06. Jul 2008, 14:20
Moin,

das ist eine bittere Erfahrung.

Mit etwas Bastelgeschick liesse sich vielleicht zumindest etwas besserer Klang hinbekommen.

Eine Gegenkopplung vom Lautsprecherausgang auf die erste Röhre könnte etwas Besserung verschaffen.
(wenn die Verstärkung gross genug ist)

Allzuviel wird das bei den Übertragern aber nicht bringen, wenn nicht irgendwo anders der Fehler für diesen Frequenzgang zu suchen ist.

Für mich unverständlich ist die Heissklebersauerei in vielen Chinakrachern.

Gruss, Jens
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