Erfahrungen mit nOrh SE9 oder TS Audio SE 34.1 ?

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Keith_R
Schaut ab und zu mal vorbei
#1 erstellt: 05. Dez 2005, 14:25
Ich habe einen Röhrenvollverstärker TS Audio SE 34.1 (Eintakter mit 2 x EL34EH) ersteigert. Es handelt sich wohl um den nOrh SE9 unter anderem Namen oder ein leicht modifiziertes Nachfolgemodell.

Ich habe den Verstärker gekauft, weil der nOrh generell recht positiv, in Anbetracht des Preises ($399 frei Haus im Jahr 2003) sogar sehr gut rezensiert worden ist. Eine sehr ausführliche Besprechung findet man bei TNT-Audio.

Einzige Schwäche scheint eine gewisse Härte in den Höhen zu sein - vielleicht nicht so überraschend, weil die EL34 nicht als Trioden, sondern als Pentoden arbeiten.

Wer betreibt den kleinen Verstärker bereits? Welche Erfahrungen und Modifikationen habt Ihr gemacht? Ich hatte die Idee, evtl gleich ein Paar 6L& zu bestellen, die - zumindest in Gitarren-Amps - einen weicheren, bass-stärkeren Sound erzeugen. Ist das ein sinnvoler Weg?

Gruß Keith
audiosix
Stammgast
#2 erstellt: 09. Dez 2005, 15:45
Die 6L6 macht wesentlich mehr Klirr als die EL 34,

ich würde die 6CA7 probieren.

Reinhard
Keith_R
Schaut ab und zu mal vorbei
#3 erstellt: 12. Dez 2005, 15:50
Hallo Reinhard,
vielen Dank für die Empfehlung! Sind bestimmte Hersteller/ Marken besonders angeraten? Ein Kollege sagte Gutes über "National". Macht es Sinn - abgesehen von der netten Optik - , "big bottle"- Versionen zu kaufen?
Keith
Arcolette
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 12. Dez 2005, 18:04
Hallo Keith_R,

der TS Audio SE 34.1 ist absolut identisch mit dem nOrh SE9. Der einzige Unterschied ist die Frontplattenbedruckung. Ich hatte mal den 34.1 von TS Audio (Mitbringsel eines Kollegen aus Thailand, dort wird das Teil fabriziert), bei der Abnahme der Rückwand kam witzigerweise ein falsch bedrucktes nOrh-Label zum Vorschein.
Zur Technik: Es ist kein Wunder, dass dieser Verstärker hart oder harsch klingt. Das liegt allerdings NICHT an der EL34. Vielmehr haben die Jungs in Thailand einfach ihre Hausaufgaben nicht gemacht - der Arbeitspunkt der EL34 ist völlig daneben. Die Anodenspannung liegt bei ca. 380V, dafür ist der Anodenstrom viel zu klein. Die Folge: Die Aussteuerung hin zu höherer Anodenspannung / kleineren Anodenströmen (positive Halbwelle an der Anode bzw. negative am Gitter) ist sehr stark eingeschränkt. Daraus resultiert eine frühe, einseitige Begrenzung des Signales. Ohne Begrenzung sind nur ca. 4(!!) ehrliche Watt abrufbar. Jeder größere Musikimpuls führt also zu einseitiger Begrenzung und damit zu häßlichem Zerren. Das hört man natürlich besonders im Hochtonbereich. Bei derartigen Design-Fehlern hilft auch kein Röhrentausch. Eine einfache Hilfe gibt es nicht, da eigentlich ein neuer Netztrafo mit abgeänderter Anodenspannungswicklung das einzig Vernünftige wäre. Der Wert für die Anodenspannung sollte bei ca. 250V liegen (Ub ca. 270V), Ia bei 100mA. Witzigerweise hat der Übertrager das richtige Übersetzungsverhältnis...
Die einzige kleine Verbesserung ergibt sich durch Verwendung einer hochohmigeren Gleichrichterröhre. Statt der originalen GZ34 kannst Du die 5U4G bzw. russische 5Z3S ausprobieren. Dadurch sinkt die Anodenspannung etwas ab, aber leider nicht weit genug... In diesem Gerät gibt es noch mehr Bugs, aber ich will nicht soviel schreiben. Erstaunlich, was man bei sowenig Bauteilen alles falsch machen kann - und auf den Markt bringen darf. Und eigentlich schade um das ansonsten schöne, kleine Teil.

Viele Grüße

Arcolette
Keith_R
Schaut ab und zu mal vorbei
#5 erstellt: 16. Dez 2005, 17:06
Hallo Arcolette,
Du scheinst - im Gegensatz zu mir - über elektronisches Grundlagenwissen zu verfügen!
Die Empfehlung, eine höherohmige Gleichrichterröhre zu verwenden, werde ich auf jeden Fall beherzigen.
Zu dem nach Deiner Meinung etwas lässigen Umgang der Konstrukeure mit der Ansteuerung der EL34 eine echte Laienfrage: Mir ist aufgefallen, dass bei voller Aussteuerung des Verstärkers (etwa ab Potistellung 3 Uhr) die bläuliche Glut beider Röhren zu flackern beginnt. Kann das mit dem von Dir beschriebenen Fehler zusammenhängen? Ist es aus technischer Sicht ein Grund zur Beunruhigung?

Gruß
Keith
Arcolette
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 16. Dez 2005, 18:30
Hallo Keith,

das bläuliche Schimmern auf den Anodenblechen im Takt der Musik ist völlig normal und bei allen Röhren zu beobachten, in die man hineinsehen kann (auch bei Kleinleistungsröhren wie z.B. ECC83, wenn man den Strom hochdreht, z.B. auf dem Röhrenprüfgerät). Das blaue Licht entsteht durch das Auftreffen der Elektronen auf dem Anodenblech und die damit einher gehende (geringfügige) Energieumwandlung in Licht. Das ist aber kein linearer Prozeß, deshalb sieht man das erst ab einer bestimmten Stromdichte. Unwissenschaftlich gesprochen: Die Jungs (=Elektronen) kommen an der Anode mit einer Mordsgeschwindigkeit an und holen sich quasi blaue Flecken beim Aufprall - und je mehr Elektronen angeflogen kommen (=Lautstärke), um so blauer wird es. Sicher wird Dir aufgefallen sein, daß das Flackern vorrangig im Baßtakt erfolgt - die Baßanteile sind auch die energiereichsten im Musikprogramm. Bei einigen anderen Röhren ist blaues Leuchten auch am Glaskolbeninneren zu sehen. Ich hatte mal ein paar 300B aus chinesischer Fertigung. Dort waren die Anodenzylinder nicht perfekt geschlossen, so daß ein Teil des Elektronenstrahls an der Anode vorbei direkt auf das Glas flog. Die von den Chinesen benutzte Glasmischung konnte man offensichtlich mit Elektronenbeschuß zum blauen Schimmern bringen. Das sieht im Dunkeln recht mystisch aus, ist aber ganz gewiß kein Qualitätsmerkmal...
Wenn die Anode oder das Schirmgitter allerdings anfangen, rote Backen zu bekommen, solltest Du umgehend ausschalten und den Amp überprüfen lassen. Das kann z.B. durch einen schleichend defekt werdenden Gitterkondensator hervorgerufen werden (typischer Fehler in alten, nicht restaurierten Röhrenradios).

Viele Grüße

Arcolette
Keith_R
Schaut ab und zu mal vorbei
#7 erstellt: 18. Dez 2005, 19:28
Hallo Arcolette,
vielen Dank für die schnelle Entwarnung inklusive Erklärung für Leute, die Physik eher mit großen staunenden Augen betrachten.
Ich bin aber auch sehr neugierig und werde mich des Themas jetzt auch von der theoretischen Seite annehmen. Mal sehen, ob mir die nOrh-Leute einen Schaltplan schicken können.

Ich höre jetzt seit ungefähr 20 Std mit dem kleinen Chrom-Asiaten, davor hat er sich 48 Std eingebrannt. Macht auf jeden Fall Spaß, auch wenn ich ihn erst mal an völlig ungeeigneten Boxen betreiben muss. (Wharfedale EM95, Wirkungsgrad ca. 88dB) Meine kürzlich erworbenen BK201-Hörner mit Fostex-Breitbändern werden gerade restauriert, weil die Gehäuse zu stark mitschwangen und auch optisch höchstens Garagentauglichkeit hatten.

Nach Weihnachten werde ich eine 5UG4 wie von Dir vorgeschlagen einsetzen, mal sehen, was dann klanglich passiert.
Gruß
Keith
Keith_R
Schaut ab und zu mal vorbei
#8 erstellt: 14. Jan 2006, 21:06
Hallo Arcolette,
ich möchte mich noch einmal herzlich für den Tipp mit der 5UG4 bedanken: Ich habe heute eine eingesetzt. Und zwar gleich eine sehr schöne NOS Coke-Bottle von National aus dem Jahr 1944 - das Auge hört ja mit ;-).
Der Klang hat sich sehr gut entwickelt dadurch. Nichts dramatisches, aber vor allem wesentlich sauberere Höhen. Auch längeres Hören mit größeren Lautstärken macht jetzt richtig Spaß.
Das bläuliche Flackern (nicht Schimmern) der Anodenbleche ist auch weg, Verzerrungen bei voller Aussteuerung auch. Rein gefühlsmäßig: Der Verstärker arbeitet entspannter und klingt auch so.
Als nächstes werde ich versuchen, die EH EL34 gegen Mullards auszutauschen, das wurde mir auch als Klangverbesserung empfohlen. Dann melde ich mich wieder!
Gruß
Keith
Keith_R
Schaut ab und zu mal vorbei
#9 erstellt: 15. Jan 2006, 23:27

audiosix schrieb:
Die 6L6 macht wesentlich mehr Klirr als die EL 34,

ich würde die 6CA7 probieren.

Reinhard



Hallo Reinhard,
vielen Dank nach langer Zeit für Deinen Tipp. Ich glaube, das könnte hinhauen. Ich habe erstmal Arcolettes Tipp umgesetzt, jetzt kann das heitere tube rolling weiter gehen.
Ich schaue mich parallel nach einem Paar Mullard EL34 und 6CA7 um. Am liebsten hätte ich ein Paar EI big bottles. Wenn jemand welche anzubieten hat: Her damit. Ansonsten werde ich sie wohl aus den USA ordern müssen, da ich sie keinem dutschen Händler habe finden können.

Gruß, Keith


[Beitrag von Keith_R am 15. Jan 2006, 23:28 bearbeitet]
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