Weiche 2.Ordnung und keine Verpolung - wie kann das sein

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cr
Inventar
#1 erstellt: 08. Apr 2013, 22:30
Wie kann das sein, dass bei einer Weiche 2. Ordnung alle 4 Chassistypen (TT, TMT, MT, HT) gleich gepolt sind? Zumindest bei einer Simulation kommt immer ein schlechteres Ergebnis heraus, als wenn man abwechselnd verpolt.
Oder können Chassis die Phase nochmals so drehen, dass man sie nicht verpolen darf? Dann müßten aber auch die Chassis abwechselnd unterschiedlich stark verdrehen, sehr unwahrscheinlich.



[Beitrag von cr am 08. Apr 2013, 22:31 bearbeitet]
detegg
Inventar
#2 erstellt: 09. Apr 2013, 00:18

bei einer Weiche 2. Ordnung

bitte nicht Apfel mit Birne vergleichen!

Die Ordnung der Weiche sagt noch nichts über die vorhandenen Phasenverschiebungen bei der Übernahmefrequenz. Die Dimensionierung ergibt unterschiedliche Frequenzgang-Charakteristika. Die bekanntesten sind Bessel/Butterworth/Linkwitz/Tschebychev - mit allen möglichen Zwischenwerten. Und da unterscheiden sich [komplexer Frequenzgang = Amplitudengang + Phasengang] schon sehr deutlich.

Die Chassis sollten idealerweise bei den gewählten Übergangsfrequenzen akustisch wenig bis gar nichts beitragen.

;-) Detlef
cr
Inventar
#3 erstellt: 09. Apr 2013, 01:06
Bei jeder Charakteristik dreht die Weiche 2. Ordnung doch um 180 Grad, egal ob Linkwitz, Butterworth etc.
Probiers mal aus....
Sobald ich Chassis nehme, wo alles bekannt ist (Impedanzgang, Phasengang, SEO, akustische Phase) und die Simulation somit stimmen sollte, bekomme ich bei Nichtverpolung entweder krasse Einbrüche oder zumindest längere Badewannen. Sicher gibt es je nach Chassis noch kleinere Unterschiede, aber tendenziell ist es sehr ähnlich.
Zwischen Hochtöner und Mitteltöner /6000 Hz) erscheint es mir ja weniger problematisch, weil hier eine Änderung der Schallwege um 2,5cm schon 180 Grad bewirkt, also brauche ich nur den Kopf etwas höher oder tiefer halten. Aber zw. TT und TMT (250 Hz) und tMT und MT (800 Hz) ist es schon recht krass.
Schau dir einfach mal dieses Bild an: http://www.hifi-foru...d=25478&postID=69#69
Das gepunktete ist abwechselnd verpolt, das durchgezogene ist gleich gepolt. Beim gepunkteten verschenkt man zudem noch jede Menge Lautstärke, weil sich ja alles teils aufhebt. Dass der Frequenzgang unglatt ist, liegt daran, dass ich ich fiktive Chassis zur Simulation genommen habe, weil ich ja von den verbauten (außer den TMTs und dem TT) keine Daten habe. Ich habe statt den Heco-Gewebekalotten einfach Visaton-Gewebekalotten genommen (bei allen probierten Kalotten bleibt es im übrigen ähnlich).
Irgendwie frage ich mich halt schon, was die damals in den Jahren 72 bis 75 zusammengebastelt haben.....
Längerfristig habe ich eh vor, die alten Kalotten durch zwei moderne Gewebekalotten zu ersetzen (Visaton G50FFL und G25FFL) und die Frequenzweiche anzupassen (ist nicht mal so viel zu machen) - aber alle müssen abwechselnd verpolt werden, damit ich auf +3/-2dB hinkomme von 50 bis 20.000 Hz.
ehemals_Mwf
Inventar
#4 erstellt: 09. Apr 2013, 01:29
Hi,

wenn du die Einzeltreiber bis in die Nähe ihrer Resonanz-/Grenzfrequenz betreibst,
kommen durch Mechano-Akustik und evtl. Offset (z.B. Konuskonkav vs. Kalotte konvex) nochmal +/-90° zusätzlich zu den +/-90° der elektrischen Filter 2.Ordnung hinzu,
in der Summe liegen die Einzelzweige also tendenziell bei +/- 180° = 360° delta, also effektiv 4. Ordnung,
d.h. nicht umgepolt gibts positive Addition.

Gruss,
Michael

EDIT:
die +/- Phasenwinkel gelten ~ für die Übergangsfrequenz.


[Beitrag von ehemals_Mwf am 09. Apr 2013, 01:45 bearbeitet]
detegg
Inventar
#5 erstellt: 09. Apr 2013, 01:35

Bei jeder Charakteristik dreht die Weiche 2. Ordnung doch um 180 Grad, egal ob Linkwitz, Butterworth etc. - probiers mal aus

hab ich - aber nicht mit LS-Simu-Progis. Die scheinen bestimmte Charakteristika zwingend vorzugeben. Boxsim z.B. Linkwitz (?).

Diese Filtertypen sind auf unterschiedliche Parameter optimiert - Bessel z.B. auf optimal flache Gruppenlaufzeit (GLZ = 1. Ableitung des Phasenganges), BW auf möglichst geringe Überschwinger bei gleichzeitig akzeptablem Phasengang, Tschebychev ist eher außen vor (bei SUBs bevorzugt), Linkwitz hat dann für LS einen akzeptablen Kompromiss gefunden, der häufig funktioniert (ohne Verpolung).

Es ist für den Laien wirklich nicht leicht zu verstehen. Ein elektrisches Filter (HP,TP,BP, usw.) hat eine elektrische Übertragungsfunktion, die von vielen Parametern abhängig ist. Zudem ist diese komplexe ÜF nur unter Beachtung von Real- und Imaginärteil aussagekräftig. Dazu kommt dann noch der (mögliche) Anteil der Chassis, des Gehäuses etc. in einem Konstrukt.

Wirklich "richtige" Ergebnisse liefern imho im LS-Bau nur Messungen an den jeweiligen Lautsprechern.

;-) Detlef
cr
Inventar
#6 erstellt: 09. Apr 2013, 01:42
Bezieht sich auf die Einbauresonanz fc oder?
Wäre im konkreten Fall eher nicht zutreffend, TMT fc 130 Hz bei Trennung 250 Hz, MT 600 Hz bei Trennung 800 Hz und HT irgendwas bei 1500 und Trennung 6000 Hz.

Was macht man eigentlich bei 3. Ordnung? Da steht man ja auch komplett dazwischen.

Irgendwie muss ja ein vernünftiger Frequenzgang erreicht worden sein (auch wenn die Simulation das Gegenteil besagt), denn die Boxen wurden nicht nur vom Hersteller, sondern auch von Magazinen gemessen. Gerade darum erstaunt mich ja die Sache so.
PeterFW
Stammgast
#7 erstellt: 09. Apr 2013, 02:04
Hallo!
Mhm... wenn die Phase immer gedreht wird dann würd ich gerade interessenhalber einmal fragen was ich hier falsch gemacht hab:
fr10sat

Da liegt der Phasengang im bereich der Übernahmefrequenz doch super beisammen oder?

Grüße,
Peter
cr
Inventar
#8 erstellt: 09. Apr 2013, 02:27
Vielleicht liegts daran, dass beide Chassis im Bereich ihrer Resonanzfrequenz (HT) bzw. am Ende ihrer Bandbreite (TT) getrennt werden (siehe Kommentar weiter oben)?
Meine dagegen werden weit davon getrennt.

Bzw. kanns auch am Schallentstehungsort (SEO) liegen. Beim Hochtöner genügen ja schon wenige cm, um die Phase komplett zu drehen, beim TT/TMT (250 Hz) sinds dagegen 60 cm und TMT/MT (800 Hz) immerhin noch 20 cm. Je nach HT kann man starke Unterschiede feststellen, während sich bei den TT und TMT wegen der größeren Wellenlänge nur wenig ändert, ob der SEO jetzt ein paar cm weiter vorne oder hinten liegt.

Aber wenn ich es wüßte, hätte ich den Thread nicht eröffnet.
cr
Inventar
#9 erstellt: 09. Apr 2013, 02:36
Bei dieser Weiche (4-Weger) sind
TT normal
TMT verpolt
MT verpolt
HT normal

(zw. TMT und MT somit keine Verpolung, aber zw. TT/TMT und MT/HT)

http://www.visaton.d...kv/bauanleitung.html
P.Krips
Inventar
#10 erstellt: 09. Apr 2013, 17:09
Hallo,
das Haupt"problem" ist, daß für die Polung der Chassis nicht der Phasenverlauf der Weiche maßgebend ist, sondern der akustische Phasenverlauf.
Man darf dabei (SEO-Versatz ist ja schon genannt worden) nicht übersehen, daß sich die resultierende (akustische !) Flankensteilheit aus der elektrischen Flankensteilheit UND dem Treiberverhalten zusammensezt.
Da aber ein starrer Zusammenhang zwischen akustischer Filterflanke und akustischer Phase existiert, ergeben sich halt von der Pi mal Daumen Regel abweichende "richtige" Polungen.

Gruß
Peter Krips
ehemals_Mwf
Inventar
#11 erstellt: 11. Apr 2013, 00:23

PeterFW (Beitrag #7) schrieb:
... wenn die Phase immer gedreht wird dann würd ich gerade interessenhalber einmal fragen was ich hier falsch gemacht hab...

Nichts, alles gut

Filter elektrisch = 2. Ordnung (beide)
Filter mechanisch-akustisch + Offset = ~2. Ordnung (beide)
= Summe ~4.Ordnung (= 24 dB/8ve falls ohne Offset),
d.h. bei Übernahmefrequenz +/-180° (theoretisch), bzw. +140 /-220° (deine Simulation)
= 360° Differenz (1 Periode) = 0°
= positive Addition (theoret. +6 dB) ohne Umpolung der Wandler
ehemals_Mwf
Inventar
#12 erstellt: 11. Apr 2013, 00:57

cr (Beitrag #9) schrieb:
Bei dieser Weiche (4-Weger) sind
TT normal
TMT verpolt
MT verpolt
HT normal
...

ohne die Visatonkombi im Detail zu kennen, nur nach Theorie und Optik der Treiber:

TT zu TMT -- rel. flacher Übergang (effektiv 2. Ordnung), wenig Offset rel. z. Wellenlänge
TMT zu MT -- rel. steiler Übergang (3. - 4. Ordung effektiv), plus Offset zw. Konus (konkav) u. Kalotte (konvex),
MT zu HT -- wieder rel. flache Filter, wenig Offset (beides Kalotten), akustische Grenzfrequenzen rel. weit ab v.d. Ü-Frequenz

Abweichungen von der Theorie zeigen sich in Form unsymmetrischer Abstrahlkeulen in den Übergangsbereichen,
bei Anordnung der Treiber übereinander: aufwärts oder abwärts

Abweichungen /Unsymmetrie können in den elektr. Filtern ausgeglichen werden durch
-- Aufbau ungerader Ordnungen (1. od. 3.), und/oder
-- Einfügen von Dämpfungs-Widerständen in Reihe zu den Parallel-Bauelementen (= reduzieren der Phasendrehung),
dadurch elektrische Filterordnung im Übergangsbereich typisch um eine halbe Ordnung reduziert auf z.B. 1,5 oder 2,5


[Beitrag von ehemals_Mwf am 11. Apr 2013, 01:00 bearbeitet]
cr
Inventar
#13 erstellt: 11. Apr 2013, 01:11
So ganz scheinen die Entwickler ja bei meinen alten Trümmern nicht gewußt haben, was sie tun. Trotz praktisch gleicher Frequenzweiche und gleicher Chassis haben sie bei der einen den HT zum MT verpolt, bei der anderen nicht. Die eine wurde 2 Jahre früher gefertigt als die andere, die jüngere hat die Weiche auf Platine, die ältere fliegend. Unterschiedliches Basschassis: Schaumstoffsicke/ Gummisicke.
Was solls. Bei 6000 Hz entspricht dies einem geometrischen Versatz von 180 Grad = 2,5 cm.
cr
Inventar
#14 erstellt: 11. Apr 2013, 01:35
Doch, jetzt ist einiges klarer: Bei der jüngeren Box wurde (ohne dass er im Schaltplan auftaucht) nachträglich ein 15 uF-Elko parallel zum MT gepfriemelt (ist auch auf der Platine nicht vorgesehen, sondern hängt zwischen den Lötösen, wo's Kabel zu MT geht). Dies verschiebt die Phase soweit, dass eine Umpolung weniger Phasenversatz bringt. Es ist ein wenig besser als die alte Variante (kein Elko und unverpolt).
Ist jetzt die Frage, was ich tun soll. Unterschiedlich lassen*, bei beiden unverpolt und ohne Elko, bei beiden verpolt mit Elko.....

* schlecht wegen Stereo-Ortbarkeit?

Das Problem MT/HT ist damit eigentlich geklärt.

TT/TMT bleibt unschön mit fast 90 Grad und TMT/MT auch, wobei beim TMT/MT allerdings ein etwas anderer SEO beim originalen MT schon relativ viel ändern würde (somit kann man eigentlich nichts Genaues sagen, wie die Phase wirklich läuft)


[Beitrag von cr am 11. Apr 2013, 01:55 bearbeitet]
P.Krips
Inventar
#15 erstellt: 11. Apr 2013, 09:46
Hallo cr,
langsam verzweifele ich....

Deine ganzen Simulierereien und deine Schlussfolgereien daraus sind keinen Schuß Pulver wert, da du a) nicht die tatsächlichen Treiber in den Simus verwendest und b) keine Messungen ihres tatsächlichen akustischen Verhaltens eingebaut in der Box hast.
Das hat man dir nun aber schon öfters gesagt....

Da du die dir angebotene Möglichkeit, die Boxen messen zu lassen nicht wahrnehmen kannst oder willst, habe ich dir für diesen Fall schon geschrieben, wie du vorgehen solltest.

Unter der Voraussetzung, daß bis auf die z.Zt. noch unterschiedlichen Bässe die restlichen Treiber identisch sind, MUSST du die Weiche von den Bauteilen und Treiberpolung her bei den Boxen auf Gleichstand bringen.

Gruß
Peter Krips
cr
Inventar
#16 erstellt: 11. Apr 2013, 11:01
Ja, ich bringe sie auf Gleichklang. Und werde mich für die 15 uF-Anbindung des MTs (MK1-Variante) statt der 30 uF entscheiden, da letztere auch für die heutzutage kräftigeren 50mm-Kalotten eher schon im Grenzbereich liegt (er bekommt dabei rel. viel Leistung im Bereich unter 800 Hz ab).

Dass die Simulation absolut gesehen nicht aussagekräftig ist, ist mit schon klar.
Aber warum bei der einen beim HT die Phase dann verdreht wurde, erklärt sich mit dem zusätzlichen parallelen Kondensator dennoch gut, weil dieser die Phase eben deutlich verschiebt. Wenn der Kondensator weg ist, muss somit zurückgepolt werden.


[Beitrag von cr am 11. Apr 2013, 11:36 bearbeitet]
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