Musikalische Gipfeltreffen: konstruktiver Interferenz

+A -A
Autor
Beitrag
pt_concours
Stammgast
#1 erstellt: 09. Jan 2010, 01:38
Hallo,

als ich überlegt habe, welche CDs ich in die verschiedenen „Klassik-Kisten“ packen könnte, hatte ich die Idee zu diesem Thread. Mir fiel nämlich auf, dass mir bei der gedanklichen Suche nach besonderen Schätzen in meiner Sammlung, immer wieder besonders Aufnahmen mit „musikalische Gipfeltreffen“ einfielen. Also, was meine ich damit? Ich spreche von Aufnahmen, wo zwei von mir besonders verehrte Musiker gemeinsam musizieren und das Ergebnis dabei auch außergewöhnlich (gut) ist, z.B.:


die Liederabende von Fischer-Dieskau begleitet von Sviatoslv Richter am Klavier, z.B. hier:



oder die Klavierkonzerte von MOZART mit Gulda unter der Leitung von Harnoncourt:



Also, welche Aufnahmen fallen Euch zu den folgenden Kriterien ein: zwei (oder mehrere) Künstler, die Ihr auch einzeln besonders gerne hört, musizieren gemeinsam und das Ergebniss dabei ist überragend.
Dabei gibt es ja durch aus auch Beispiele, wo zwei als Einzelkünstler sehr verehrte Musiker gemeinsam nicht das erreichen, was man sich eigentlich erhofft hatte...(destruktiver Interferenz) aber das könnte auch ein Thema für einen eigenen Thread sein. Es könnten auch unerfüllte oder ungehörte (oder nicht aufgezeichnete) Gipfeltreffen genannt werden. Nur sollten es möglichst wirklich einzelne Personen sein, nicht Dirigent XY mit Orchester RSO...

Gruß pt_concours
Jean_de_la_Tourette
Ist häufiger hier
#2 erstellt: 09. Jan 2010, 19:40



Joachim49
Inventar
#3 erstellt: 09. Jan 2010, 22:35
Hier zur Abwechslung mal wieder ein ernsthafter Vorschlag, nachdem man bei meinem Vorgänger allenfalls den Auftritt Peter Alexanders im Weissen Rössl gelten lassen kann. Lisa de la Casa mit Böhm und Furt mit der Neunten in Bayreuth eignen sich ansonsten vor allem für Geschwindigkeitsrekorde, Böhm für wahnwitzig schnelle 4 letzte Lieder, Furt für den am meisten zerdehnten und vermurksten langsamen Satz der Neunten, der auf dem Plattenmarkt angeboten wird.
Aber hier treffen ein wohldistinguierter Monsieur aus Frankreich und ein Wiener Provokateur aufeinander und liefern trotzdem etwas ganz und gar Aufregendes ab: Damals hat der eine Partner noch dafür gesorgt, dass die Hemden und Hosen des andern bei Auftritten gebügelt waren, später hat sich das erübrigt, da der Pianist nur noch bügelfreihe Klamotten getragen hat:
Jean_de_la_Tourette
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 10. Jan 2010, 01:31

Joachim49 schrieb:
Aber hier treffen ein wohldistinguierter Monsieur aus Frankreich und ein Wiener Provokateur aufeinander und liefern trotzdem etwas ganz und gar Aufregendes ab: Damals hat der eine Partner noch dafür gesorgt, dass die Hemden und Hosen des andern bei Auftritten gebügelt waren, später hat sich das erübrigt, da der Pianist nur noch bügelfreihe Klamotten getragen hat


Mir war nicht bekannt, dass die Messlatte hier "gebügelt oder bügelfrei" heisst.


Joachim49 schrieb:
Hier zur Abwechslung mal wieder ein ernsthafter Vorschlag, nachdem man bei meinem Vorgänger allenfalls den Auftritt Peter Alexanders im Weissen Rössl gelten lassen kann. Lisa de la Casa mit Böhm und Furt mit der Neunten in Bayreuth eignen sich ansonsten vor allem für Geschwindigkeitsrekorde, Böhm für wahnwitzig schnelle 4 letzte Lieder, Furt für den am meisten zerdehnten und vermurksten langsamen Satz der Neunten, der auf dem Plattenmarkt angeboten wird.


Ich kenne weder "Lisa de la Casa" noch "Furt".
Einerlei: Deine Beurteilungen sind allein deshalb absurd, weil Du die Interpretationen auf Tempi reduzierst, zumal Deine Einschätzungen relativ zu anderen Einspielungen von Rang überhaupt nicht stimmig sind. Ich habe an dieser Stelle auch keine Lust, den Gegenbeweis anzutreten. Jeder, der mit einem Browser umgehen kann, möge sich selbst ein Urteil verschaffen. So er überhaupt Lust dazu verspürt.

Auf ein bügelfreies Wochenende!


[Beitrag von Jean_de_la_Tourette am 10. Jan 2010, 01:32 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#5 erstellt: 10. Jan 2010, 01:57
Was die 4LL betrifft, haben wir hier glaube ich mal wieder so einen Fall, bei dem in den letzten 50 Jahren die Tempi tendenziell viel langsamer geworden sind. Della Casa/Böhm sind jedenfalls hundertmal besser als Schwarzkopf/Szell, auch wenn letztere Einspielung seltsamerweise ebenfalls als Klassiker gilt.

Meine Nominationen wären:

Beethovens Violinsonaten mit Kremer/Argerich

"Erzherzogtrio" u.a. mit Heifetz/Rubinstein/Feuermann

Winterreise mit Pregardien/Staier

JK jr.
pt_concours
Stammgast
#6 erstellt: 10. Jan 2010, 14:14
Hallo,

vielen Dank an alle Antworter für die interessanten Nennungen.


Joachim49 schrieb:

... hier treffen ein wohldistinguierter Monsieur aus Frankreich und ein Wiener Provokateur aufeinander und liefern trotzdem etwas ganz und gar Aufregendes ab: Damals hat der eine Partner noch dafür gesorgt, dass die Hemden und Hosen des andern bei Auftritten gebügelt waren, später hat sich das erübrigt, da der Pianist nur noch bügelfreihe Klamotten getragen hat:


Lieber Joachim, ein interessanter Hinweis, ich war mir gar nicht bewusst das es diese Aufnahmen gibt. Fournier kenne ich zu wenig, aber ich habe jetzt gesehen, dass er die Cellosonaten von BEETHOVEN noch mit anderen Pianisten aufgenommen hat. Diese Aufnahmen könnten -zumindest von den Musikern am Klavier beurteilt, für mich ebenfalls in diese Kategorie zählen (...nur kenne ich die Aufnahmen noch nicht)

1. Fournier & Schnabel




2. Fournier & Kempff




Gruß pt_concours
Joachim49
Inventar
#7 erstellt: 10. Jan 2010, 14:57

Jean_de_la_Tourette schrieb:
Deine Beurteilungen sind allein deshalb absurd, weil Du die Interpretationen auf Tempi reduzierst, zumal Deine Einschätzungen relativ zu anderen Einspielungen von Rang überhaupt nicht stimmig sind. Ich habe an dieser Stelle auch keine Lust, den Gegenbeweis anzutreten. Jeder, der mit einem Browser umgehen kann, möge sich selbst ein Urteil verschaffen. So er überhaupt Lust dazu verspürt.

Auf ein bügelfreies Wochenende!


Warum denn gleich so eingeschnappt, werter Monsieur, und das nur wegen einer anderen Einschätzung. Es wäre doch merkwürdig wenn es solche Differenzen nicht gäbe, oder?
Dass die 4 letzten Lieder della Casas und Bôhms, gemessen am üblichen Angebot, auffällig zügig sind, ist keine absurde Einschätzung sondern eine Tatsache. Allerdings ist es richtig, dass die Aufnahme dadurch nicht minderwertig wird. Subjektiv gesehen darf man sich doch an dem Tempo stören, oder? Genauso, wie man sich daran erfreuen kann.
Warum Dr. Wilhelm Furtwänglers Aufnahme der Neunten zur Eröffnung des Festspielhauses in Bayreuth so ruhmreich ist, wird mir wohl immer ein Rätsel bleiben. Jedenfalls habe ich im Adagio molto e cantabile noch nie so orientierungslose pizzicati und hilflose Hörner gehört. Auch hier gilt, dass jeder das Recht hat, an dieser Aufnahme Gefallen zu finden oder auch nicht. Allerdings ist es meiner bescheidenen Meinung nach nicht völlig aus der Luft gegriffen, wenn man die Böhm'schen 4 letzten Lieder für etwas zu schnell und den Furtwängler'schen Beethoven für etwas zu langsam hält. Dass in der Bayreuther Aufnahme etwas schief geht, kann nun jeder wirklich hören. (Wobei ich, zugegebenermassen, die Tatsache dass etwas schiefgeht, nicht für ausreichend halte,um eine Aufnahme abzuwerten.)

Wir sollten auf diesem Forum anerkennen, dass es manchmal erhebliche Meinungsverschiedenheiten gibt und dass Werturteile, mehr oder weniger begründet, erheblich voneinander abweichen können. Kein Grund, sich gegenseitig die Kompetenz und Urteilsfähigkeit abzustreiten.

Allerdings bin ich der Meinung, dass Tempofragen sehr wichtig sind, schon deshalb weil Musik ein temporales Geschehen ist.

Im Übrigen würde es mich sehr freuen, wenn Du Deine interessanten Beiträge zu (französischen) Pianisten fortsetzen könntest. Insbesondere würde es mich freuen, wenn du etwas zu Marcelle Meyer schreiben könntest, deren Bachspiel ich mag, aber deren zahlreiche andere Aufnahmen (in einer in F erhältlichen EMI Box) ich überhaupt nicht kenne.

Freundliche grüsse
Joachim

(Den 'Weissen Rössel' mit Peter Alexander habe ich tatsächlich gehört, nämlich im Kino mit meiner Grossmutter. Das war vielleicht sogar noch in den späten 50-er Jahren des vorigen Jahrhunderts. )

Für Browsersüchtige hier die Zeitangaben zu Strauss (aufpassen: Böhm beginnt mit 'Beim Schlafengehen').
Beim Schlafengehen: 5:07
September: 3:57
Frühling: 3:15
Im Abendrot: 5:59
Joachim49
Inventar
#8 erstellt: 10. Jan 2010, 15:16

pt_concours schrieb:


...., ich war mir gar nicht bewusst das es diese Aufnahmen gibt. Fournier kenne ich zu wenig, aber ich habe jetzt gesehen, dass er die Cellosonaten von BEETHOVEN noch mit anderen Pianisten aufgenommen hat. Diese Aufnahmen könnten -zumindest von den Musikern am Klavier beurteilt, für mich ebenfalls in diese Kategorie zählen (...nur kenne ich die Aufnahmen noch nicht)



Lieber pt-concours,
es gibt meines Wissens sogar noch andere Aufnahmen von Cellosonaten mit Fournier, nämlich die, die Fournier zusammen mit seinem Sohn am Klavier gemacht hat. Allerdings ist der filius (anders als der Brendels) interessanterweise unter einem Pseudonym (ich glaube J. Fonda) aufgetreten. Diese Aufnahmen kenne ich nicht, die drei anderen schätze ich alle sehr. Dein Beitrag ruft mir aber in Erinnerung, dass ich die Schnabel-Fournier Aufnahme am meisten schätze, und ihr eigentlich das Etikett des 'Spitzentreffens' hätte zubilligen müssen. Jedenfalls ist es interessant in Schnabel-Fournier einen jugendlichen Cellisten mit einem reifen, berûhmten Pianisten zu hören, die beide mit grossen Elan spielen. Bei Gulda ist der Altersunterschied umgekehrt (ein 'väterlicher' Fournier, der sich sogar ums Bügeln kümmert), bei Kempff-Fournier sind es zwei 'alte Herren', die oft miteinander musiziert haben, und eine Aufnahme nobelster Klassizität abliefern. Keine der drei Aufnahmen möchte ich missen.
mit freundlichen Grüssen
Joachim
Joachim49
Inventar
#9 erstellt: 10. Jan 2010, 16:31
Hier ein Vergleich zwischen della casa/Böhm und anderen Aufnahmen, aus denen leicht ersichtlich ist,dass meine Einschätzung, die Aufnahme sei aussergewöhnlich zügig, "im Vergleich zu anderen einspielungen von Rang überhaupt nicht stimmig ist" (JdlT)

In der Reihenfolge: della Casa/Böhm - Norman/Masur - SZchwarzkopf/szell - Karajan/Janowitz - Fleming/Thielemann - Te Kanawa/Davis - Popp/Tennstedt - Isokoski/Janowski - Stemme/Pappano - Harper/Hickoxs - Lott/Järvi - Tomowa-Sint/Karajan - Schwarzkopf/ackermann

Frühling
3:15
3:43
3:40
4:16
3:17
3:11
3:51
3:03
3:15
3:32
3:01
3:19
3:29

(Hier gibt es viele Aufnahmen, die annähernd das gleiche tempo haben, oder selbst schneller sind)

september
3:57
5:26
5:21
4:53
4:53
4:25
5:16
5:00
4:48
4:16
4:16
4:01
4:10
(Hier sind della casa/BÖhm am schnellsten; nur wenige Aufnahmen kommen in die Nähe: Karajan/tom.Sintow (4:01), Schwarzkopf/Ackermann (4:10)

Beim Schlafengehen
5:07
6:05
5:23
6:17
5:40
5:24
6:19
5:06
5:17
4:57
5:30
5:30
4:31
(2 aufnahmen sind schneller: Harper-Hickox 4:57 und schwarzkopf Ackermann 4:31; Stemme-Pappano kommen in die Nähe, der Rest ist oft erheblich langsamer.

Im Abendrot
5:59
9:54
8:25
7:03
7:42
7:47
8:24
7:40
7:35
7:21
7:40
7:16
7:25
(Hier sind della Casa und Böhm mehr als eine Minute schneller als die zweitplazierten' (Janowitz/Karajan). Im Durchschnitt sind die andern Aufnahmen ca. 1:30 Minuten langsamer. Hier sind die Unterschiede doch schon extrem.

Zusammengefasst: Im "Frühling" gibt es keine grossen Differenzen. Der schnellste "september" bei della Casa/Böhm, nur eine Aufnahme von 12 Vergleichsaufnahmen kommt in die Nähe. Die meisten anderen Aufnahmen sind auffällig langsamer. Obwohl es 'Beim schlafengehen" zwei schnellere Aufnahmen gibt, sind die meisten anderen Aufnahmen oft erheblich langsamer. Beim 'Abendrot' kommt niemand auch nur annähernd in die Nähe della casas/Böhms, die mit über einer Minute Vorsprung das Ziel erreichen, und deren Tempoauffassung von keinen anderen Interpreten auch nur annähernd geteilt werden.

Die Behauptung della/Casa und Böhm kämen in ihren 4LL für eine Rubrik Geschwindigkeitsrekorde in Anmerkung, scheint mir nicht ganz aus der Luft gegriffen zu sein.
Joachim
Klassikkonsument
Inventar
#10 erstellt: 10. Jan 2010, 20:39
Hallo Joachim,


Joachim49 schrieb:
es gibt meines Wissens sogar noch andere Aufnahmen von Cellosonaten mit Fournier, nämlich die, die Fournier zusammen mit seinem Sohn am Klavier gemacht hat. Allerdings ist der filius (anders als der Brendels) interessanterweise unter einem Pseudonym (ich glaube J. Fonda) aufgetreten. Diese Aufnahmen kenne ich nicht, die drei anderen schätze ich alle sehr.


ja, diese Ausgabe gab es mal einzeln bei 'Aura':



Ludwig van Beethoven:

- Sonate g-moll op. 5 Nr. 2

- Sonate A-dur op. 69

- Variationen op.66 (über Ein Mädchen oder Weibchen aus Mozarts Zauberflöte) & WoO 45 (über See, the Conquering Hero Comes aus Händels Judas Maccabaeus)

aufgenommen 1964 live in Ascona.

Die höre ich ganz gerne. Aber die derzeitigen Mondpreise auf dem amazonischen Marktplatz muss man wohl nicht unbedingt dafür ausgeben.

Diese Aufnahme ist auch in einer günstigeren 10-CD-Box enthalten:



Viele Grüße
Kreisler_jun.
Inventar
#11 erstellt: 10. Jan 2010, 21:13
Wie sind denn die Tempi bei Flagstad/Furtwängler?

Ich habe zügig gar nicht bestritten, vermutete aber eben ungeachtet der wenigen verstrichenen Jahrzehnte, einen Effekt wie bei Beethoven, wo die zügigen Tempi authentisch sind, sich aber breitere etabliert hatten. Dafür spräche, daß die älteste Vergleichsaufnahme Schwarzkopf/Ackermann auch auf der zügigen Seite ist.

(Von Strauss selbst dirigierte Aufnahmen aus den 1920ern und 30ern, etwa von Mozart, weisen, wenn ich recht erinnere, extrem zügige Tempi auf, wie er es bei seiner eigenen Musik, die ich größtenteils nicht mag, macht, weiß ich nicht)

JK jr.
op111
Moderator
#12 erstellt: 11. Jan 2010, 10:19

Joachim49 schrieb:
Die Behauptung della/Casa und Böhm kämen in ihren 4LL für eine Rubrik Geschwindigkeitsrekorde in Anmerkung, scheint mir nicht ganz aus der Luft gegriffen zu sein.


Es gibt noch eine zügige Aufnahme, Te Kanawa/Solti (vs. della Casa/Böhm), wobei als Einwand die Frage erlaubt ist, ob man so schnell Schlafengehen muss:

3:21 (3:15)
4:38 (3:57)
4:55 (5:07)
6:24 (5:59)


[Beitrag von op111 am 11. Jan 2010, 11:05 bearbeitet]
op111
Moderator
#13 erstellt: 11. Jan 2010, 10:29
Schwarzkopf, Herbert v.Karajan
Frühling 2:45 (!)
September 3:52
Beim Schlafengehen 4:50
Im Abendrot 6:47


[Beitrag von op111 am 11. Jan 2010, 10:30 bearbeitet]
op111
Moderator
#14 erstellt: 11. Jan 2010, 10:35
Wilhelm Furtwängler , Kirsten Flagstad (1950)
2:44 (!)
4:11
5:00
7:29

Furtwängler wählte zu Beginn seiner Karriere sehr zügige Tempi. Die Tendenz, Tempi zu verschleppen, wurde im wesentlichen erst in den 1930ern ausgeprägt.


[Beitrag von op111 am 11. Jan 2010, 10:40 bearbeitet]
op111
Moderator
#15 erstellt: 11. Jan 2010, 10:46

Kreisler_jun. schrieb:
Della Casa/Böhm sind jedenfalls hundertmal besser als Schwarzkopf/Szell, auch wenn letztere Einspielung seltsamerweise ebenfalls als Klassiker gilt.


Wobei erstere trotz Böhm besser ist als die zweite, die wegen Schwarzkopf weitgehend unanhörbar ist.


[Beitrag von op111 am 11. Jan 2010, 11:06 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#16 erstellt: 09. Feb 2010, 11:25

op111 schrieb:

Kreisler_jun. schrieb:
Della Casa/Böhm sind jedenfalls hundertmal besser als Schwarzkopf/Szell, auch wenn letztere Einspielung seltsamerweise ebenfalls als Klassiker gilt.


Wobei erstere trotz Böhm besser ist als die zweite, die wegen Schwarzkopf weitgehend unanhörbar ist.


D'accord. Della Casa ist m.E. überall besser als Schwarzkopf, die ich nicht sehr mag (besonders grotesk z.B. auch im Brahms Requiem "Ich will euch trösten", wo die Stimme eher an das fiese Fräulein Rottenmeyer erinnert, allerdings ist die Passage extrem heikel und überzeugt mich in wenigen Interpretationen). Aber der Ruf der (nebenbei auch meist textunverständlichen) 4 LL ist mir ein Rätsel. Die frühere Einspielung mit Ackermann soll besser sein.

viele Grüße

JK jr.
op111
Moderator
#17 erstellt: 09. Feb 2010, 14:06
Als Modellbeispiele für "Konstruktive Interferenz" fallen mir vor allem der Pianist Leon Fleisher und dessen Zusammenarbeit mit dem Dirigenten George Szell ein.

Ein herausragendes Beispiel dafür ist neben den Konzerten von Beethoven, Grieg und Schumann diese Aufnahme, deren kompromisslos herbe Strenge kaum eine andere erreicht:

Johannes Brahms
Klavierkonzerte Nr. 1 & 2
Leon Fleisher
Cleveland Orchestra
George Szell
Sony , ADD, 57-61
jpc
Martin2
Inventar
#18 erstellt: 09. Feb 2010, 17:53

Klassikkonsument schrieb:


Diese Aufnahme ist auch in einer günstigeren 10-CD-Box enthalten:





Diese Box von Membran oder so was ist wirklich sehr günstig und ich werde sie mir wohl in ein paar Monaten mal zulegen. Vor allem sind die meisten Aufnahmen wohl nicht so alt, daß sie nicht mehr genießbar wären. Ist das nun Membran oder ist das "Documents"? Jedenfalls gibt es in der Reihe glaube ich noch eine Fritz Wunderlich Box, die hier neulich im Sonderangebotsthread empfohlen wurde, aber auch eine Fischer Dieskau Box. Wird alles angeschafft, sobald meine "Kaufsperre" vorbei ist.


Gruß Martin
op111
Moderator
#19 erstellt: 09. Feb 2010, 18:06
Hallo Martin,

Martin2 schrieb:
Ist das nun Membran oder ist das "Documents"?

wenn du auf den Link geklickt hättest, wüsstest du es!


Geschützter Hinweis (zum Lesen markieren):

Es ist Documents


Einige Aufnahmen stammen m.W. aus Rundfunkübertragungen.
Martin2
Inventar
#20 erstellt: 09. Feb 2010, 23:33

op111 schrieb:
Hallo Martin,

Martin2 schrieb:
Ist das nun Membran oder ist das "Documents"?

wenn du auf den Link geklickt hättest, wüsstest du es!



Gut, es ist Documents. Da ärgert mich allerdings, daß es schwachsinnig ist, sich Documents zu nennen. Jedenfalls habe ich versucht, nach denen zu googlen, zunächst sogar mit Doc, was auf der Seite angegeben war, aber die nicht gefunden. Die Seite von Membran findet man schon. Ist natürlich auch möglich, daß die gar keinen Internetauftritt haben, aber Documents ist so allgemein, daß man die schlicht nicht findet - oder zumindestens nicht so ein Trottel wie ich. Hätte gerne mal den Katalog oder was auch immer die haben, mir angesehen.

Gruß Martin
Hörbert
Inventar
#21 erstellt: 09. Feb 2010, 23:39
Hallo!

@Martin2

Hier ein Zitat zu einem anderem Forum der etwas Licht in die Angelegenheit bringen dürfte.


Das Label Documents, eines der Labels des Unternehmens membran international G.m.b.H. hat das Konzept, billige Boxen vornehmlich im Buchhandel abzusetzen, über das ihr Vertriebssystem läuft.

Wahre Schätze werde da in 10-CDs-Boxen, manche größer manche kleiner, zu Schleuderpreisen ab 1 EUR pro Silberling unters Klassikvolk gebracht.

Der große Nachteil scheint jener zu sein, dass die Boxen nur eine kurze Zeit lang erhältlich sind. Das ist der Grund, weshalb ich hier rasch darauf aufmerksam mache, denn diese Schätze gilt es zu heben.

Ich empfehle gleich uneingeschränkt jene Boxen, die die Konzertmitschnitte des Italienischen Labels Arua (vormals Ermitage - und inzwischen unter einem ganz anderen Namen, den ich vergessen habe, enthalten sind.) Dabei handelt es sich um Schätze des Italienischen Rundfunks, die mit viel Liebe die internationalen Musikgrößen bei Konzerten in Norditalien festgehalten haben. Nichts ist dabei was schlecht wär, manches finde ich sogar überragend und sogar so mache Inselplatte von mir ist da drobem. (Ärgerlich nur, dass ich alle CDs einzeln teurer bereits über die Jahre in Italien beim Ursprungslabel selbst zusammen gekauft habe; ärgerlich auch, dass viele andere wertvolle Mitschnitte dieses Labels fehlen, ich denke insbesondere an Sviatoslav Richter )


Ich hoffe das hilft dir weiter.

MFG Günther
Martin2
Inventar
#22 erstellt: 09. Feb 2010, 23:50

Hörbert schrieb:


Der große Nachteil scheint jener zu sein, dass die Boxen nur eine kurze Zeit lang erhältlich sind.


Oh weh oh weh. Das bedeutet wohl das Ende meiner Einkaufssperre, da ich einige Sachen wie den Fritz Wunderlich und den Fischer Dieskau und die Kammermusikbox gerne hätte. Da blamiere ich mich wohl, aber da ich das weiß, ist es wohl besser, sofort zu bestellen. Na ja, fast 6 Wochen hat die Einkaufssperre ja gehalten.


Ich empfehle gleich uneingeschränkt jene Boxen, die die Konzertmitschnitte des Italienischen Labels Arua (vormals Ermitage - und inzwischen unter einem ganz anderen Namen, den ich vergessen habe, enthalten sind.)


Welche Boxen wären denn das?


Gruß Martin
Hörbert
Inventar
#23 erstellt: 10. Feb 2010, 21:53
Hallo!

@Martin2

Leider kann ich dir da nicht weiterhelfen, aber ein großer Teil der Boxen sind offenbar Rundfunkmitschnitte vom Schweizer Rundfunk die so schnell nicht wiederveröffentlicht werden.

Im übrigen finde ich eigentlich nicht das du dich blamierst, sechs Wochen sind für dich doch eine kleine Ewigkeit.

Allerdings würde ich an deiner Stelle genau prüfen inwieweit du schon Doubletten in guter Interpretation der Stücke hast. Eventuell wäre es ja in einigen Fällen besser eine etwas weniger günstige Aufnahme zu erwerben und dafür doppelungen zu vermeiden.

Wieweit bist du eigentlich mit dem Durchhören gekommen?

MFG Günther
Martin2
Inventar
#24 erstellt: 11. Feb 2010, 01:16
Hallo Günther,

Ja, mit den Dubletten ist das so eine Sache. Deshalb will ich auch noch mal ein paar Tage abwarten und mir überlegen, welche dieser Boxen ich wirklich brauche. Fritz Wunderlich etwa liebe ich sehr, habe aber auch schon einiges von ihm, so 5 CDs etwa. Beim der Fischer Dieskau Box würde mich unbedingt die Winterreise interessieren. Aber die schöne Müllerin höre ich dann vermutlich doch lieber mit einem Tenor wie Wunderlich oder Schreier. Die Fischer Dieskau Box:


Arien & Lieder von Lortzing, Nicolai, Mozart, Wagner,
Humperdinck, Pfitzner, Nicolai, Beethoven, Wagner,
Donizetti, Verdi, Bizet, Puccini, Strauss, Wolf
+Schubert: Schwanengesang; Die schöne Müllerin, Winterreise
& Einzellieder
+Schumann: Liederkreis; Dichterliebe & Einzellieder
+Brahms: Die schöne Magelone; Vier ernste Gesänge &
Einzellieder
+Mahler: Kindertotenlieder; Lieder eines fahrenden Gesellen
Dietrich Fischer-Dieskau, Hertha Klust, Klaus Billing,
Gerald Moore, Berlin PO, London PO, Wien PO, RSO Köln,
Berlin SO, RSO Berlin, Rudolf Kempe, Wilhelm Furtwängler,
Herbert von Karajan, RIchard Kraus, Wilhelm Schüchter,
Ferenc Fricsay u. a.


Das ist die kurze Zusammenfassung der Fischer Dieskau Box. Ich glaube Beethoven Lieder sind auch dabei. Die Arien interessieren mich nicht so wahnsinnig, aber bei der geringen Investition nehme ich sie gerne mit. Sehr interessiert mich wie schon gesagt die Winterreise, aber auch die vier ernsten Gesänge von Brahms, die Einzellieder. Auch zum Beispiel die Lieder eines fahrenden Gesellen interessieren mich. Selbstverständlich habe ich das meiste in anderen Interpretationen, aber Fischer Dieskau ist ein berühmter Liedsänger, den ich aber gar nicht in meiner CD Kollektion habe und dies wäre ein willkommener Anlaß, dies zu ändern.

Bei der Fritz Wunderlichbox gibt es eine solche Zusammenfassung nicht. Bei Fritz Wunderlich wird es mit Sicherheit einige Duplikationen für mich geben, da ich wiegesagt einige CDs mit ihm habe, so ungefähr 5, 6. Mich reizt die Box trotzdem und sie ist auch noch billiger als die Fischer Dieskaubox. Fritz Wunderlich hat einfach ein wunderbares Organ und Timbre.


CD 1 - Mozart: Adagio KV 261; Rondo KV 373 / Bach: Ciaccona
aus BWV 1004; Allegro assai aus BWV 1005 / Beethoven: Sonate
für Violine & Klavier Nr. 5 / Paganini: Capriccios für Violine
solo op. 1 Nr. 5 & 11 / Strawinsky: Chanson russe / Ries:
Perpetuum mobile op. 34 Nr. 5 / Paradis: Sicilienne Es-Dur
(Nathan Milstein, Arthur Balsam / 1957)
+CD 2 - Beethoven: Cellosonaten Nr. 2 & 3; 12 Variationen
WoO 45; 12 Variationen op. 66 (Pierre Fournier, Jean
Fonda / 1964)
+CD 3 - Beethoven: Violinsonaten Nr. 4 & 19 / Mozart:
Violinsonate KV 378 (Arthur Grumiaux, Clara Haskil / 1960)
+CD 4 - Mozart: Streichquartett Nr. 15 / Dvorak:
Streichquartett Nr. 12 / Ravel: Streichquartett F-Dur
(Quartetto Italiano / 1968)
+CD 5 - Beethoven: Streichquartett Nr. 16 / Berg: Lyrische
Suite (Juilliard String Quartet / 1970)
+CD 6 - Schubert: Oktett D. 803; Grand Duo für Violine &
Klavier D. 574 (Wiener Oktett / 1953 & 1956)
+CD 7 - Haydn: Streichquartett Nr. 39 / Schubert:
Streichquartette Nr. 10 & 14 (Smetana Quartet / 1979 & 1982)
+CD 8 - Mozart: Flötenquartette KV 285, 285a & b, 298;
Präludium & Fuge für Streichtrio KV 404a; Rondo aus dem
Quartett KV 370; Adagio aus dem Quartett G-Dur (Jean-Pierre
Rampal, Trio Pasquier / 1982)
+CD 9 - Beethoven: Violinsonate Nr. 1 / Brahms: Violinsonate
Nr. 1 / Bach: Partita BWV 1004 (Henryk Szeryng, Eugenio
Bagnoli / 1975)
+CD 10 - Brahms: Sextett Nr. Streicher Nr. 1 & 2 (Giuliano
Carmignola, Stefano Zanchetta, Tommaso Poggi, Fabrizio
Merlini, Mario Brunello, Franco Rossi / 1992)


Das ist die Kammermusikbox, die hier ja schon empfohlen wurde.

Davon habe ich auch das meiste, aber nicht mit diesen Interpreten. Und diese Interpreten interessieren mich halt schon, wie meinetwegen die CD mit dem Juliard String Quartett. Viele andere Interpreten sind mir vom Namen her bekannt, wie etwa der Szeryng, der Rampal, der Millstein oder der Fournier. Und manches würde ich auch gerne mal in einer anderen Einspielung hören, wie etwa den Berg oder die Brahms Violinsonate.

Also insgesamt finde ich sind das drei sehr interessante Boxen und ich glaube, ich hole sie mir mal.


Wieweit bist du eigentlich mit dem Durchhören gekommen?


Nicht wirklich sehr viel weiter, aber ich habe in der letzten Zeit zum Beispiel mal wieder mich durch die Beethoven Klaviersonaten mit Schnabel durch gehört. Dazu hatte ich das Büchlein von Edwin Fischer. So sehr kann man das denke ich doch nicht planen. Aber zum Beispiel zu den Beethoven Streichquartetten habe ich mir nun das dicke Buch von dem Imdorf ( ?) oder so ähnlich ausgeliehen und das wird mich dazu anregen wieder einmal intensiver in die Quartette rein zu hören.


Gruß Martin
Hörbert
Inventar
#25 erstellt: 11. Feb 2010, 02:29
Hallo!

@Martin2

Beethovens Streichquartette mit dem Juilliard Strechquartett habeich Vollständig, das ist die Einzige Gesamtaufnahme nebeb dem Melos Quartett die bei mir überlebt hat. Hier wird Beethoven aus einer recht modernen Sicht interpretiert, diese CD ist auf jeden Fall hörenswert.

Die Lyrische Suite haut allerdings in eine ähnliche Kerbe wie die La Salle Aufnahme die du schon hast hier würde ich dir eher zu einer der etwas "weicheren" Aufnahmen als Kontrast raten, eventuell vom Alban Berg Quartett.

Die Violinsonaten mit Arthur Grumiaux, Clara Haskil sind allerdings bemerkenswert, ohnehin ein Traumduo der 60ger. Ebenso verhält es sich für die 70ger mit dem Duo Henryk Szeryng, Eugenio Bagnoli.

Die Ravell-Aufnahme mit dem Quartetto Italiano ist m.E. ohnehin ein muß, ewig schade das die Streichquartette von Brahms und das Klavierquintett Op.34 mit dem Quartetto Italiano nicht ebenfalls in dieser Box enthalten sind.

Alles in allem ist die Kammermusikbox eine Schatztruhe, gäbe es nicht gar so viele Doubletten mit bei mir schon vorhandenen Tonträgern hätte ich sie mir ebenfalls zugelegt.

Die Dieskau Box ist leider ganz ohne seine hervorragenden Interpretationen neuerer Musik zumindestens einige der Reimann und Henze Sachen wären da eigentlich Pflicht. Aber man kann nicht alles haben. Bei der Winterreise ziehe ich die Kombination Richter/Schreier vor, aber das ist Geschmackssache die vier ernste Gesänge habe ich leider schon von ihm, ebenfalls die Die schöne Magelone, also für mich leider ebenfalls zu viele Doubletten.

Mit Wunderlich habe ich so meine Probleme, -er liegt mir nicht-, das liegt eventuell an meinem Wunderlich-Einstig ( Pfitzner, "Von Deutscher Seele"). Aber das ist wohl Geschmackssache.

Na die gesamten 32 Klaviersonaten von Beethoven sind doch schon ein ordentliches Stück, das habe ich auch noch nicht oft gemacht, neben Op.7 und Op.13 höre ich zumeist nur die späten Sonaten ab Op.101. Ganz seltem mal etwas aus dem Rest.Ähnlich geht es mir mit den Streichquartetten hier höre ich hauptsächlich ab Op.127.

Das Dumme ist halt das man erstmal eine gewisse Vertrautheit mit den Werken haben muß bis man eine persönliche Auswahl treffen kann, da hat man es bei Brahms entschieden leichter als bei Beethoven.

Gerade bei deinem Hauptinteressegebiet -der Barockmusik und der Frühklassik-, wimmelt es ja geradezu von Vielschreibern, da wüßte ich gar nicht wo ich anfangen sollte.

MFG Günther
Martin2
Inventar
#26 erstellt: 11. Feb 2010, 02:55
Hallo Günther,

ja die Geschmäcker sind halt verschieden. Ich gebe zu, daß man beim Wunderlich gelegentlich den Eindruck hat, daß er sich im Glanz seiner Stimme sonnt, aber es ist in der Tat eine wunderbare Stimme, bei der für mein Gefühl auch eine ungeheure Lebensfreude zum Ausdruck kommt. Ich kann ihn nicht immer hören, aber manchmal mag ich ihn sehr. Er hatte ja auch nie eine besondere Abgrenzung zur leichten Muse und hat Schlager genauso geträllert wie das Lied von der Erde.

Beim Beethoven geht es mir genau umgekehrt, daß er mir immer weniger zusagt, je später die Sachen werden. Mir wollen die späten Sachen oft ungeheuer weitschweifig vorkommen, wie zum Beispiel diese Arietta aus Opus 111. Auch die späten Streichquartette sind für mein Gefühl zum Teil schwere Kost. Heute hörte ich mal wieder die Hammerklaviersonate mit Schnabel - nie würde ich die reine Qualität dieser Sonate anzweifeln - das hat eine granithene Kraft, aber irgendwie läßt mich diese Sonate doch eher kalt. Opus 109 gefiel mir dann wieder mehr.


Gerade bei deinem Hauptinteressegebiet -der Barockmusik und der Frühklassik-, wimmelt es ja geradezu von Vielschreibern, da wüßte ich gar nicht wo ich anfangen sollte.


Wie kommst Du darauf, daß dies mein "Hauptinteressengebiet" ist? Ich mag nur das Spätbarock ab Purcell besonders. Frühklassik? Kenne ich kaum, ein bißchen von CPE Bach, das wars. Und ich habe es zum Beispiel längst schon wieder aufgegeben, die Bach Kantaten hören zu wollen - einiges was ich hörte, fand ich toll, aber vieles auch nicht und dann habe ich es irgendwann aufgegeben, mehr zu hören. Das ist derselbe Grund, warum ich vieles von Händel nicht kenne.

Gruß Martin


[Beitrag von Martin2 am 11. Feb 2010, 03:00 bearbeitet]
Hörbert
Inventar
#27 erstellt: 11. Feb 2010, 12:06
Hallo!

Oha, da lag ich wohl etwas daneben, aber ich hatte den Eindruck daß du dich am liebsten zwischen Bach/Händel und Stamitz/Wagenseil bewegst.

Das mit den Kantaten von Bach kann ich sehr gut verstehen, die muß man auch wirklich nicht kennen. Soweit ich weiß sind viele davon Brot- und Butterwerke bei denen Bach oft altes Material wieder neu aufbereitet hat. Die sind m.E. ungefähr so wichtig wie Schönbergs Operetten-Orchestrierungen.

Beim Pfitzner ist Wunderlich für mich halt schlicht und ergreifend mit seinem Part überfordert und liegt mit einer Stimmlage etwas daneben. Die alte Emi Einspielung unter Otto Klemperer vom Mahlers Lied von der Erde mit Ludwig/Wunderlich ist dagegen recht gut gelungen, -wenn nur die Aufnahmefehler nicht wären-. Über seinen Andres in der alten DG-Aufnahme von Alban Bergs "Wozzek" unter Böhm möchte ich nicht reden, das liegt ihm einfach nicht und neben Evelyn Lear als Marie und Fischer-Dieskau als Wozzeck ist die eher kleine Partie des Andres auch eigentlich recht bedeutungslos.

Op. 106 ist wirklich wie in Stein gemeißelt und stellt für mich einer der Höhepunkte der Klavierliteratur überhaupt dar, mein Weg zu diesem Monumentalweg führte mich über Op.7, Op.10/3 und schlußendlich Op.13. Wahrscheinlich gibt es Hörer denen sich die Hammerklaviersonate leichter und schneller erschließt als mir. Auch die große Fuge Op.133 für Streichquartett hat sich mir nicht so einfach erschlossen, hier waren Op.127 und Op.132 für mich weitaus eingängier. Erst die wesentlich spätere Beschäftigung mit Max Rtegers Fugentechnik hat mir dann den Op.133 nähergebracht.

MFG Günther
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#28 erstellt: 12. Feb 2010, 10:56

Hörbert schrieb:
Das mit den Kantaten von Bach kann ich sehr gut verstehen, die muß man auch wirklich nicht kennen. Soweit ich weiß sind viele davon Brot- und Butterwerke bei denen Bach oft altes Material wieder neu aufbereitet hat. Die sind m.E. ungefähr so wichtig wie Schönbergs Operetten-Orchestrierungen. :)

Hallo Günther,

[OT] ohne es nachgezählt zu haben - der Anteil der Parodien in Bachs knapp 200 erhaltenen Kirchenkantaten dürfte deutlich niedriger sein als der in seinem gesamten Orchester- und Oratorienschaffen. Der Zugang zu den Kantaten erschließt sich m.E. leichter in ihrem jeweiligen liturgischen Kontext, was zugegebenermaßen nun wirklich nicht jedermanns Sache ist. Man tut Bach jedoch unrecht, wenn man versucht, seine Kantaten losgelöst vom Text (als absolute Musik) zu bewerten. Zweifellos birgt das Kantatenwerk so manche echte Perle. [/OT]

Gruß, Kaddel
Kreisler_jun.
Inventar
#29 erstellt: 12. Feb 2010, 11:23
Obwohl ich selbst die Kantaten bisher nur auszugsweise (vielleicht die 20 oder 30 bekanntesten) einigermaßen kenne, halte ich das ebenfalls für eine ziemlich krasse Fehleinschätzung.
(So ähnlich könnte man behaupten, dass Haydns Sinfonien oder Mozarts Klavierkonzerte "Brot und Butter"-Werke gewesen seien, weil sie diese im Rahmen ihres Broterwerbs in recht großer Zahl komponierten....)

Gewiss waren diese Kompositionen sozusagen Bachs "täglich Brot", aber sie unterscheiden sich in der Machart und Qualität überhaupt nicht grundsätzlich von den Passionen, die letztlich nicht mehr als umfangreiche Kantaten für den Karfreitag sind.
Man geht daher sicher nicht fehl, wenn man das geistliche Kantatenwerk gemeinsam mit dem Clavier- und Orgelstücken als Kern des Bachschen Schaffens ansieht.

Die Werke, die größtenteils aus Parodien bestehen, sind übrigens das Weihnachsoratorium (meist aus weltlichen Kantaten) und die h-moll-Messe (meist aus, teils verlorenen, geistlichen Kantaten).

JK jr.
Hörbert
Inventar
#30 erstellt: 12. Feb 2010, 15:12
Hallo!

Es spricht ja nichts dagegen Bachs Kantaten zu Schätzen, zu Mögen und zu Hören. Aber sie enthalten m.W. keine Elemente die die spätere Musikentwicklung nachhaltig beeinflußten.

Ganz anders liegt der Fall bei Haydens Symphonien, hier läßt sich die Entwicklung der Gattung von der einfachen Form der früheren Werke zur einer immer höheren Komplexion die Beethovens Werke vorausahnen läßt gut verfolgen. Natürlich muß man nicht alle 108 (Hoboken) -oder nach anderer Zählung- 104 Hayden-Symphonien kennen, auch hier gilt: "Wem´s gefällt." Aber zumindestens einen signifikanten Teil sollte man schon kennen.

Mozarts Klavierkonzerte sollte man schon ein wenig kennen um die spätere Entwicklung gerade dieser Konzertgattung als "Publikumsmagnet" verstehen zu können, aber auch hier gilt das ein teil davon durchaus genügt und man wirklich nicht alle 23 reine Klavierkonzerte unbedingt gehört haben. Auch hier sollten Neigung und persönliche Vorlieben den Ausschlag geben.

Genau in diesem Sinne war ja auch meine Bemerkung zu den Bachkantaten gemünzt. Warum sollte Martin2 sich mit Bachs Kantaten abmühen wenn sie ihm nicht liegen?

MFG Günther


[Beitrag von Hörbert am 12. Feb 2010, 16:39 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#31 erstellt: 12. Feb 2010, 16:12

Hörbert schrieb:

Mozarts Kalavierkonzerte sollte man schon ein wenig kennen um die spätere Entwicklung gerade dieser Konzertgattung als "Publikumsmagnet" verstehen zu können, aber auch hier gilt das ein teil davon durchaus genügt und man wirklich nicht alle 23 reine Klavierkonzerte unbedingt gehört haben. Auch hier sollten Neigung und persönliche Vorlieben den Ausschlag geben.

Genau in diesem Sinne war ja auch meine Bemerkung zu den Bachkantaten gemünzt. Warum sollte Martin2 sich mit Bachs Kantaten abmühen wenn sie ihm nicht liegen?

MFG Günther


Hallo Günther,
wie soll ich wissen für welche der 23 Klavierkonzerte ich eine Neigung und Vorliebe habe, wenn ich sie nicht alle zumindest einmal gehört habe? Und wer Martin kennt, der weiss, dass es sehr wohl einen Grund für ihn gibt sich mit Musik zu beschäftigen, die ihm nicht liegt. Martin schreibt "Komponist X finde ich uninteressant, nicht gut, etc." Dann melden sich ein paar Forianer zu Wort, die ihn
deshalb ausschelten, woraufhin er verspricht, sich die Sachen noch einmal anzuhören. Das zweite Urteil ist danhn schon viel ausgewogener. Man kann dies etwa recht deutlich an seiner Haltung zu Haydn sehen. Aber es gibt noch viele andere Beispiele, u.a. Beethovenquartette. (Dies ist natürlich kein Vorwurf gegenüber Martin, es zeigt, dass der Dialog hier auf dem Forum oft fruchtbare Folgen hat (hoffentlich auch bei mir)
mit freundlichen Grüssen
Joachim
Hörbert
Inventar
#32 erstellt: 12. Feb 2010, 16:39
Hallo!

@Joachim49

Eine gute Frage die eigentlich eine gute Antwort verdient, nun du kannst dich vorab mit der Literatur zu Mozarts Klavierkonzerten beschäftigen und so z.B den Konzerten im "galanten Stil" (frühe Konzerte)je nach Neigung entweder bevorzugt Aufmerksamkeit schenken oder sie Ausklammern. Ebenso kannst du z.B. mit den Subskriptionskonzerten verfahren u.s.w. Natürlich bleibt immer ein letzter Zweifel der dich eventuell dazu bringt den ausgeklammerten Konzerten irgendwann einmal Beachtung zu zollen, aber das ist kein zwangsläufiger Prozess.

Hand auf´s Herz, jeder von uns trifft hier wieder und immer wieder eine Vorauswahl, -ansonsten wärest du in der Flut der Musik aus vier bis fünf Jahunderten die von der Musikindusdrie auf den Markt geworfen wird rettungslos verloren-. Gleich welche Kriterien du anlegst, Vorauswählen mußt du.

Martin macht auf seine Art doch auch nichts anderes, natürlich brauchen wir darüber hinaus alle ( oder zumindestens fast alle ) Anregungen von aussen um nicht in der einen oder anderen Form zu erstarren. Das ist ja nicht nur bei der Musikauswahl so.

Auf viele mag seine Art sich diesbezuglich zu äussern provokant wirken undnatürlich bringt ihn gerade der wiederspruch weiter, -aber muß er sich da wirklich in 200 Bachkantaten verfranzen die ihm nicht liegen -? Ich denke das einige davon genügen um zu wissen ob sie einem gefallen oder nicht.

MFG Günther
Joachim49
Inventar
#33 erstellt: 12. Feb 2010, 19:27
Ich selbst habe mich durch die (nicht immer überzeugende) Brilliant Boxen der Kantaten durchgekämpft. Es gibt unter ihnen ganz wunderbare Stücke, aber sie sind sehr verstreut in allen Kantaten, und oft kam es vor, dass mir in einer Kantate nur ein einziges teil gefiel, etwa der Eingangschor oder wie häufig, Arien in denen eine Stimme mit einem Soloinstrument dialogiert (meist Oboe oder Geige). Hilary Hahn hat jetzt solche Stücke aufgenommen. Bei den Kantaten wüsste ich wirklich nicht, wie ich meine 'Lieblingsstücke' entdecken könnte, ohne mich durch alle durchzuhören (was gewiss nicht immer ein Vergnügen war). Einer meiner Favoriten ist der Eingangschor zur Kantate BWV 140. (Wachet auf ....). Welch ein Meisterwerk.
In einem Punkt hat Hörbert allerdings recht: Ohne Vorurteile geht es nicht. Sonst müsste man ja auch die Bücher schon gelesen haben, um zu wissen, welche man lesen will.
Joachim
Hörbert
Inventar
#34 erstellt: 12. Feb 2010, 20:11
Hallo!

@Joachim49

Ich denke mal das wir gar nicht so weit auseinanderliegen, selbstverständlich sind Bachs Kantaten für einen Liebhaber und Kanner derselbigen stark unterschiedliche Werke die man nicht verwechseln kann. Aber für jeden der ihnen nicht soviel abgewinnen kann -denke ich- wohl eher ein recht homogener Block bei dem Stichprobenartiges Hören einiger Exemplare genügt. Danach weiß man zumindestens ob man hier weiter reinhören will oder ob man den Komplex eher erstmal beiseite läßt. Jedenfalls würde ich so vorgehen und mir immer wieder die eine oder andere der Kantaten vornehmen, wer weiß eventuell zündet das Verständniss ja mal.

Aber ich denke nicht das ich die Kantaten umbedingt kennen muß um z.B. Max Regers Kammermusik zu verstehen, -obwohl gerade Reger sich insbesondere auf Bach bezieht-, allerdings eher in einem etwas abstrakteren Sinne.

MFG Günther
Kreisler_jun.
Inventar
#35 erstellt: 12. Feb 2010, 22:05
Ich wollte sicher Martin oder jemandem anders nicht nahelegen, alle 200 Kantaten durchzuhören (zumal ich das selbst noch nicht getan habe). Es ging mir hauptsächlich darum, dass es sich hier um einen ganz zentralen Teil von Bachs Schaffen handelt, daher überhaupt nicht zu vergleichen mit "Wellingtons" Sieg, Schönbergs Walzerbearbeitungen oder Haydns Schottischen Liedern.

Gewiss sind die musikalisch nicht revolutionär (aber das ist Bach i.e.S. nie). Aber zum einen sind sie eben im Grunde im selben Stile wie die Passionen etc. geschrieben und nicht prinzipiell schwächer, auch wenn Bach sicher an einem Werk wie der Matthäuspassion besonders gefeilt hat und einzelne Stücke in den Kantaten eher routinierten Durchschnitt bieten mögen.

Auch hier könnte man sich ebenso wie bei Haydnsinfonien oder Mozartkonzerten vom Bekanntheitsgrad des Werks leiten lassen. Das gibt keinen so schlechten Überblick, da zu den bekanntesten ziemlich unterschiedliche Werke gehören. z.B. das archaische BWV 4 Christ lag in Todesbanden ebenso wie die lyrischen Bass-Solo-Kantaten oder eingängige Stücke wie BWV 140 "Wachet auf..." oder 80 "Ein feste Burg..."

JK jr.
Martin2
Inventar
#36 erstellt: 12. Feb 2010, 23:18
Es geht nicht darum, daß mir Bachs Kantaten "nicht liegen". Ungefähr 6 oder 7 CDs habe ich auch gehört, aus der Masterworks Brilliant Box und einige Kantaten mit dem Rotzsch. Einiges, vielleicht 20 %, gefällt mir ausgezeichnet, aber vieles finde ich stinklangweilig. Und da fehlt mir die vernünftige Auswahl. Wofür ich da immer ein offenes Ohr hätte, wären vernünftige Empfehlungen. Und Kreisler Jr schreibt selber, daß er wohl die "besten" kennt, nur weiß ich persönlich überhaupt nicht, was die "besten" sind. Gut fand ich persönlich BWV 147, 106 und 199, - 181 schon weniger und 106 gefiel mir bespielsweise nicht. Ich hatte mir dann noch ein paar Einzelausgaben aus der Brilliant Edition besorgt, war aber ziemlich gelangweilt. Vielleicht sollte ich mir wenigstens die 5 Rotzsch CDs mal alle zu Gemüte führen.

Ich habe nichts gegen Bach Kantaten, aber jetzt beispielsweise noch mal alle Beethoven Klaviersonaten mit dem Schnabel mir anzuhören, fand ich nun mal spannender. Beethovens Klaviersonaten haben für mich ein grundsätzlich sehr hohes Niveau ( außer vielleicht den Opus 49, und auch Opus 22 mag ich weniger), während bei Bach Geniestreich mit sakraler Langeweile abwechselt. Und leider ist es bei so "ganz großen" wie Bach immer schwierig, überhaupt Kritik zu üben. Las erst neulich wieder, daß Bachs Kantaten alle "ganz großartig" seien und daran habe ich eben meine Zweifel. Im übrigen hat dieses permanente Loben auch den Nachteil, daß einem wirkliche Empfehlungen nicht mehr geglaubt werden. Wenn ich etwa sage: Hör dir die Beethoven Klaviersonaten an, die sind fast alle großartig, dann glaubt einem das keiner mehr.

Gruß Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#37 erstellt: 12. Feb 2010, 23:52
Ich weiß nicht, ob ich die besten kenne. Behaupt nur, dass die bekanntesten jedenfalls nicht die schlechtesten sind, sondern einen guten Überblick, dabei aber ziemlich unterschiedliche Typen bieten.

Es sagt auch niemand, dass alle Kantaten oder alle Stücke daraus gleichermaßen beeindruckend wären. Aber das sind wohl auch nicht alle Stücke aus dem Weihnachtsoratorium (das wie gesagt, zu 90% aus weltlichen Kantaten zusammengeschustert wurde). Es ist daher m.E. nicht richtig, dass die Passionen, das WO und die h-moll ewige, schlackenlose Meisterwerke seien, während die Kantaten weitgehend routinierte Brotarbeit bieten. Dazu sind die Werke stilistisch zu ähnlich und auch im Niveau zu nahe beieinander.
Der Unterschied dürfte eher darin liegen, dass es mehr gute Interpretationen der Passionen gibt und v.a. dass wir die Passionsgeschichte kennen und diese Gelegenheit zur Dramatik bietet, wie es eine Kantate zum xy. Sonntag nach Trinitatis nicht tut...

Die Stücke in den Passionen gefallen mir auch nicht alle gleichermaßen; z.B. diese Bassarie in der JP "Lieber Heiland lass dich fragen? oder so?" ist ziemlich blass vgl. mit "Es ist vollbracht" oder "Ich folge Dir gleichfalls" usw. Im WO finden sich Stücke, die mir eher routiniert scheinen als die in BWV 140 usw.

Eine Kantate muss überdies nicht einmal in Einzelstücken das Niveau der MP erreichen, um sehr hörenswert zu sein. Schuberts 4. Sinfonie erreicht auch nicht annähernd das Niveau der "Unvollendeten", dennoch höre ich mir sie ab und zu mal gerne an.

JK jr.
Suche:
Das könnte Dich auch interessieren:
Allgemein: Virtuosen ohne "Gefühl"
Alfred_Schmidt am 21.05.2004  –  Letzte Antwort am 24.05.2004  –  16 Beiträge
Bedeutende "geniale" Dirigenten mit einer außerordentlichen, prägenden Wirkung
Hörstoff am 13.10.2019  –  Letzte Antwort am 30.12.2019  –  15 Beiträge
Foren Archiv
2010

Anzeige

Produkte in diesem Thread Widget schließen

Aktuelle Aktion

Partner Widget schließen

  • beyerdynamic Logo
  • DALI Logo
  • SAMSUNG Logo
  • TCL Logo

Forumsstatistik Widget schließen

  • Registrierte Mitglieder925.669 ( Heute: 9 )
  • Neuestes MitgliedCDCzc
  • Gesamtzahl an Themen1.550.898
  • Gesamtzahl an Beiträgen21.533.418

Hersteller in diesem Thread Widget schließen