Bedeutende "geniale" Dirigenten mit einer außerordentlichen, prägenden Wirkung

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Hörstoff
Inventar
#1 erstellt: 13. Okt 2019, 22:47
Guten Abend,

in diesem Thread soll gelistet werden, welche Dirigenten oder Dirigentinnen durch ihr Wirken einen prägenden Eindruck auf ihre Zeitgenossen oder auf die Hörer haben bzw. hatten (falls verstorben oder in Rente). Merkmale solcher Einschätzungen sollten eine hervorragende musikalische Leistung sein, aber auch ein interpretatorischer Eigensinn, der sich deutlich von einer Vielzahl "umgebender Dirigenten" absetzt.

Den umstrittenen Begriff "genial" habe etwas plakativ verwendet. Mir geht es nicht darum, Sinn oder Unsinn des Geniebegriffs zu diskutieren, sondern Dirigenten zu finden, die sich mit außerordentlichen Leistungen vom "Üblichen" absetzen oder aber aus künstlerischen Gründen so zentral waren, dass an ihnen kein Weg vorbeiführt.

Entsprechende Nennungen sollen auch als Inspiration dienen, Werke oder Gesamteinspielungen dieser Dirigenten zu hören, zu erwerben oder als außerordentlich wahrzunehmen.

Mein Anlass ist die an anderer Stelle im Hifi-Forum bereits diskutierte DG-Gesamteinspielung von Carlos Kleiber, die 2018 mit digitalen Remastern auf einer Pure Audio Blu-Ray Disc neu aufgelegt wurde. Dieser exzentrische Dirigent, der sich vertraglichen Bindungen entzog und seinen Musikerinnen und Musikern hörbar viel abverlangte, wurde 2011 von 100 KollegInnen zum "greatest conductor of all times" gewählt:
http://www.bbc.co.uk...carlos_kleiber.shtml.

Dem muss in dieser Absolutheit natürlich nicht zugestimmt werden, ich fand den 2004 verstorbenen Karl Ludwig Bonifacius Kleiber (so sein voller Name, mehr unter https://de.wikipedia.org/wiki/Carlos_Kleiber) aber schon vorher sehr bemerkenswert. Dieser ist also mein erster Vorschlag zum Thema. Da er sich vertraglichen "Masseneinspielungen" entzog, allerdings eher als schillernde denn als zentrale Figur des Dirigentenbetriebs.

amazon.de
Hüb'
Moderator
#2 erstellt: 14. Okt 2019, 12:07
Hi,

IMHO ein schwieriges Thema, da Dirigenten wohl per se recht "verklärt" wahrgenommen werden. Insofern droht dem Thema ein vergleichsweise beliebiges Name-Dropping all derjenigen Taktstockschwinger, die sich länger und erfolgreicher im Markt gehalten haben...

Wenn ich Deinen ersten Absatz als Maßgabe nehme, dann fallen mir spontan Furtwängler und Celibidache ein. Über beide muss man nicht viel schreiben, denke ich.

Celis Münchner Nachlass wird mittlerweile übrigens verramscht:

jpc.de

Auch Klemperer, Solti oder Giulini könnte man sicher nennen...

Viele Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 14. Okt 2019, 12:08 bearbeitet]
Hörstoff
Inventar
#3 erstellt: 15. Okt 2019, 17:51
Hi Frank,

dank dir.
Ich schlage vor, dass die Anzahl der Nennungen pro Beitrag auf eine/n Dirigenten/in beschränkt wird.
Dein Input war also Celibidache .

Wobei ich zugebe, dass Solti für mich auch dazuzählt, aber vielleicht möchte jemand diesen in einem eigenen Beitrag vorstellen.
Hüb'
Moderator
#4 erstellt: 15. Okt 2019, 17:58

Hörstoff (Beitrag #3) schrieb:
Ich schlage vor, dass die Anzahl der Nennungen pro Beitrag auf eine/n Dirigenten/in beschränkt wird.

Willkür!

Hüb'
Moderator
#5 erstellt: 16. Okt 2019, 10:30
Ich will dann gerne noch ein paar Worte zu Celibidache verlieren. Grundsätzlich liefern der deutsche wie der englische Wiki-Eintrag bereits einen guten Überblick über seine Bio, einige seiner wesentlichen Ansichten und seine Reibungspunkte. Fraglos sind insbesondere seine späteren Deutungen mit den Münchnern aufgrund der langsamen Tempi polarisierend. Man hört bei ihm manche Dinge, die man sonst nicht wahrnimmt. Ob das, was er tut, sich noch im Rahmen des interpretatorisch Zulässigen bewegt, diese Frage muss wohl jeder für sich beantworten. Ich finde seine Sichten als Ergänzung (!) oft erhellend. Manchmal kommt er zu Wirkungen, die mich emotional stark ansprechen. Manches "zerfällt" aber auch, verliert an drive, wird langweilig.
Celis gestörtes Verhältnis zu Tonträgern kann ich nicht nachvollziehen. Wobei sein Musizieren für den Moment und aus dem Moment heraus der Musik nochmals eine andere, dem Vergänglichen geschuldete Wertigkeit verleiht, wider ständiger Verfügbarkeit.
Besonders gut "konnte" er (mAn) Bruckner, wobei die oben gemachten Einschränkungen natürlich auch hier gelten.
Seinem Credo gem. hat er nicht viel hinterlassen. Die oben gezeigten EMI-Aufnahmen gab es ursprünglich mal in vier Einzel-Boxen mit einer Urpsrungs-UVP von ca. 1.000 DM. Mir sind diese Einspielungen ein lieb gewonnener Schatz, der heute für 50 EUR (!) verramscht wird.
Gerne gelesen habe ich diese Bio:
https://www.amazon.d...9031&s=books&sr=1-10
Sie erscheint mir allerdings eher distanzlos und zu wenig kritisch/ neutral.

Viele Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 16. Okt 2019, 10:31 bearbeitet]
Michelle_Collector
Stammgast
#6 erstellt: 16. Okt 2019, 10:45
Ich habe die Originalausgaben von Celibidache auf den EMI-CD-Boxen , molto bene..

Weitere Jhr.-Dirigenten :
Sir Eugene Goossens , Walter Süßkind , beide auf 'Everest Records'
Eugen Bochum
Ferenc Fricsay
usw. usw. ...

M.
Hüb'
Moderator
#7 erstellt: 16. Okt 2019, 10:51

Eugen Bochum

Tief im westen, wo die Sonne verstaubt... oder wie?

SCNR

Michelle_Collector
Stammgast
#8 erstellt: 16. Okt 2019, 11:04
Das ist Forums-Machwerk , man gibt JOCHUM ein und kommt BOCHUM raus !

Stört dieser Eingriff sonst niemand , lässt sich dieser Blödsinn deaktivieren?

M.
Hüb'
Moderator
#9 erstellt: 16. Okt 2019, 11:20
Das Forum kann nix für die Autokorrektur Deines Endgeräts.
Eine eigene Autokorrektur des Hifi-Forums existiert nicht.

Viele Grüße
Frank
-Moderation Hifi-Forum-
Michelle_Collector
Stammgast
#10 erstellt: 16. Okt 2019, 11:39
Ok , Entschuldigung ...

M.
ParrotHH
Inventar
#11 erstellt: 29. Okt 2019, 15:24
Ich werfe mal einen meiner Vorschläge in den Raum: Felix-Mendelssohn Bartholdy.

Der Kerl war ja nicht nur ein grandioser Komponist und Virtuose, sondern auch ein sehr innovativer Dirigent seiner Zeit, dem wir u. a. solche Petitessen wie die Wiederentdeckung Bachs zu verdanken. Vieles davon hat der Antisemitismus und seine Apologeten bis heute erfolgreich unter den Teppich gekehrt. Allein das schon ein Grund, dem häßlichen Geist Wagners in meiner Musiksammlung keinen Platz einzuräumen.

Ich erspare mir weitere eigene Ausführungen, wären sie doch nur Reproduktionen dessen, was anderswo besser aufbereitet verfügbar ist, in Kurzform z. B. im entsprechenden Wikipedia-Absatz.

Parrot
Hüb'
Moderator
#12 erstellt: 29. Okt 2019, 15:31
Sicher richtig, ihn hier zu erwähnen. Allerdings ist sein Wirken als Dirigent (!) nur sehr mittelbar erfahrbar.
Hat er eigentlich berühmte Schüler im Dirigieren unterrichtet?
ParrotHH
Inventar
#13 erstellt: 29. Okt 2019, 15:45

Hüb' (Beitrag #12) schrieb:
Sicher richtig, ihn hier zu erwähnen. Allerdings ist sein Wirken als Dirigent (!) nur sehr mittelbar erfahrbar.

Nur mittelbar, aber dann doch bei jeder Aufführung, denn ohne ihn wäre die Geschichte des Dirigierens wahrscheinlich heute eine andere ...

Wikipedia schrieb:
Den Dirigenten in Funktion und Gestalt oder auch als Berufsbezeichnung, wie man ihn heute kennt, gibt es erst seit Anfang des 19. Jahrhunderts. Als erster Dirigent im heutigen Sinn gilt Felix Mendelssohn Bartholdy seit seiner Leitung des Gewandhausorchesters in Leipzig. Zunehmend größer werdende Chöre und Orchester machten die Leitung vom Instrument aus unmöglich. Bis zum 20. Jahrhundert wurden die meisten großen Orchester noch von Kapellmeistern dirigiert, die routinemäßig eigene Kompositionen und Musikbearbeitungen für ihr Ensemble erstellten.


Parrot
Hörstoff
Inventar
#14 erstellt: 29. Okt 2019, 23:20

ParrotHH (Beitrag #11) schrieb:
Ich werfe mal einen meiner Vorschläge in den Raum: Felix-Mendelssohn Bartholdy.

Der Kerl war ja nicht nur ein grandioser Komponist und Virtuose, sondern auch ein sehr innovativer Dirigent seiner Zeit, dem wir u. a. solche Petitessen wie die Wiederentdeckung Bachs zu verdanken.

...und von Haydn. Deinem Beitrag schließe ich mich unbedingt an. Ein hochinnovativer Musiker, der unser Verständnis von klassischer Musik bis in die Gegenwart hinein prägt - durch seine Kompositionen ebenso wie durch seine Aufführungen - und dessen Regelsetzung eines Dirigierstabs bis heute wirkt. Neben ihm gab es im 18. Jahrhundert noch andere Komponisten, die auch dirigierten, etwa Verdi, Liszt, Spohr und auch Berlioz. Eine rahmensetzende Epoche.

ParrotHH (Beitrag #11) schrieb:
Vieles davon hat der Antisemitismus und seine Apologeten bis heute erfolgreich unter den Teppich gekehrt. Allein das schon ein Grund, dem häßlichen Geist Wagners in meiner Musiksammlung keinen Platz einzuräumen.

Wagner ist ja eher ambivalent. Einerseits verfasste er das Pamphlet "Das Judenthum in der Musik" und hat sich damit klar positioniert. Allerdings lebte er vor dem uns bekannten Holocaust, und er war bei weitem nicht der einzige Antisemit, im Gegenteil. Die deutschen Gesellschaften waren davon durchdrungen und es drängt sich der Eindruck auf, dass sich die wacklige und späte Nation dadurch Zusammenhalt "erkaufen" wollte. Jedenfalls ist Wagner kein Einzelfall: https://de.wikipedia..._(1871%E2%80%931883).
Und er hatte auch andere Seiten, so lässt er sich vielleicht durchaus auch als Freiheitskämpfer, zumindest ansonsten als Liberaler charakterisieren. Er nahm mit "schmerzlicher Trauer" das Scheitern der Aufstände in Polen wahr https://de.wikipedia..._(1831%E2%80%931833), war ein Freund des Anarchisten Bakunin und beteiligte sich am Dresdner Maiaufstand https://de.wikipedia.org/wiki/Dresdner_Maiaufstand, weswegen er in die Schweiz flüchten musste. Im Exil hat er dann auch die antisemitische Hetzschrift geschrieben.
Ich würde ihn als von seiner Zeit geprägt bezeichnen.


[Beitrag von Hörstoff am 29. Okt 2019, 23:33 bearbeitet]
Hörstoff
Inventar
#15 erstellt: 30. Dez 2019, 11:41
Hier noch ein weiterer Dirigent, den ich für sehr bedeutend halte:



Michael Tilson Thomas (* 1944) ist nicht nur sehr fleißig, er hat unter anderem auch 11 Grammy-Auszeichnungen erhalten. Seit 1994 Chefdirigent des San Francisco Symphony Orchestra, hat er bereits viel früher herausragend dirigiert.

Nebenbei ist er auch Komponist und Instrumentalist.
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