Streichtrios

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FabianJ
Inventar
#1 erstellt: 20. Mai 2014, 22:25
Als ich kürzlich eine gerade erworbene CD mit dem Streichtrio von Arnold Schönberg zum ersten Mal ins CD-Laufwerk schieben wollte fiel mir auf, dass dies das erste Werk aus diesem Genre ist, über welches ich gestolpert bin. Kammermusik höre ich mir sehr gerne an. So kenne ich inzwischen so einige Streichquartette, ebenso die eine oder andere Violin-, Viola- und Cellosonate, ein paar Streichquintette, Streichsextette sowie natürlich auch das eine oder andere Kammermusikwerk mit Klavier. Etwas Kammermusik mit verschiedenen Blasinstrumenten sowie der eine oder andere Exot wie Bartóks Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug, sind mir auch schon zu Ohren gekommen. Bei den Streichtrios sieht es hingegen mau aus.

Liegt es nur an mir und meiner bisherigen Hörauswahl oder sind Streichtrios auch im Kammermusikbereich eher eine Randerscheinung? Sogar von einem Komponisten wie Brahms, welcher ja nicht gerade wenig Kammermusik in den verschiedensten Besetzungen schrieb, ist mir kein Streichtrio bekannt.

Welches sind die gewichtigen Werke dieses Genres, die man mal gehört haben sollte?

Mit freundlichem Gruß
Fabian
Kreisler_jun.
Inventar
#2 erstellt: 20. Mai 2014, 23:22
Seitdem das Streichquartett so richtig etabliert war, wurden nicht mehr allzuviele Streichtrios komponiert.

Tatsächlich gab es im 18. Jhd. anscheinend verbreitet Streichtrios in der Nachfolge der barocken Triosonate, also für zwei Violinen + Cello.
(Von der Art gibt es wohl zwei dutzend oder so frühe Haydn-Stücke)
Es gibt auch vereinzelt welche für zwei Violinen und Viola.

Das vielleicht berühmteste Streichtrio ist Mozarts KV 563, mit 6 Sätzen, d.h. formal ein "Divertimento" aber dennoch ein "ernstes" Werk.

Beethoven schließt daran mit einem sehr ähnlichen Werk op.3 an, dem folgt noch eine erheblich leichtere Serenade op.8 und drei Trios op.9. Besonders diese sind außerordentliche Stücke, keineswegs schwächer als die Quartette op.18.

KV 563 und op.9 würde ich schon zum weiteren Kern der Kammermusik der Wiener Klassik zählen.

Von Schubert gibt es ein Streichtrio und einen Einzelsatz (beide hörenswerte, aber recht frühe und nicht unbedingt essentielle Werke).

Es gibt dann noch ein paar aus Spätromantik und klassischer Moderne. Die habe ich teils auch schon gehört, aber nicht wirklich präsent: Reger, Dohnanyi, Roussel, Hindemith

Die Streichtrio-Besetzung eignet sich auch gut für Arrangements polyphoner Stücke. Es gibt eine Reihe von Einspielungen der Goldbergvariationen, arrangiert für diese Besetzung. Evtl. hat schon Mozart (die Autorschaft ist umstritten) einige Bach-Fugen für Streichtrio bearbeitet. (Die sind lohnend und manchmal als Füller bei KV 563 dabei, zumal meine Lieblingsfuge aus der Kunst der Fuge enthalten ist.)


[Beitrag von Kreisler_jun. am 20. Mai 2014, 23:25 bearbeitet]
Hörbert
Inventar
#3 erstellt: 21. Mai 2014, 09:29
Hallo!

Na ja, es gibt natürlich eine ganze Reihe von Bemerkenswerten Streichtrios viele davon aus dem späten 19. und dem 20 Jahrhundert.

So z.B. von Max Reger die beiden Trios op.77b & 141b, von Ernst Krenek die Trios op. 118 und op.237 und natürlich von Wolfgang Rihm "Musik für drei Streicher" ein gigantisches Werk das ca. 60 Minuten dauert.

Natürlich sollte hier auch Anton von Weberns Beitrag zu dieser Werksgattung das Trio Op.20 erwähnung finden.

Zudem gibt es z.B. Werke von Adolf Busch, Gottfried von Einem und Ernst von Dohnanyi die mir in recht guter Erinnerung sind.

Eigentlich ist die Literatur für Steichtrio so vielfältige wie die für Klaviertrio und eine weitergehende Aufzähling würde zu einer sehr langen Liste führen.

MFG Günther


[Beitrag von Hörbert am 21. Mai 2014, 10:08 bearbeitet]
FabianJ
Inventar
#4 erstellt: 21. Mai 2014, 18:27
Ich muss zugeben, dass mir die meisten der von dir aufgelisteten Komponisten bisher nur vom Namen her bekannt sind. Lediglich von Anton Webern und Max Reger habe ich mir schon das eine oder andere Mal ein Werk angehört.

Das mag jetzt an meiner persönlichen Wahrnehmung liegen, aber Streichtrios erreichen nur selten den Bekanntheitsgrad der berühmteren unter den Streichquartett- und Klaviertrio-Kompositionen, oder?

Gibt es eigentlich fest bestehende Trios, also drei Personen die sich zusammengetan haben und sich auf das Streichtrio-Repertoire spezialisiert haben? Längere Zeit bestehende Streichquartett- oder Klaviertrio-Ensembles gab und gibt es ja so einige. Ich würde mal vermuten, dass diese Werke meist von drei Mitgliedern eines Quartetts gespielt werden. Meine Aufnahme des Schönberg-Streichtrios wurde ja von Mitgliedern des LaSalle-Quartetts gespielt.

Mit freundlichem Gruß
Fabian
Klassikkonsument
Inventar
#5 erstellt: 21. Mai 2014, 19:11

Hörbert (Beitrag #3) schrieb:
von Ernst Krenek die Trios op. 118 und op.237


Schon relativ lange habe ich diese CD von cpo:

amazon.de

auf der das Trio Recherche alle Werke für diese Besetzung enthält - also die genannten und die Parvula corona musicalis ad honorem Johannes Sebastiani Bach op. 122 (und darüberhinaus noch Solo-Sachen).
Habe ich lange nicht mehr gehört. Damals wollte der Funke nicht so recht überspringen, obwohl mich Kreneks 3. Klaviersonate (von Glenn Gould gespielt) bereits begeistert hatte. Ich sollte den Sachen mal wieder eine Chance geben.

Weberns op. 20, das Adorno im Gegensatz zu den direkt darauffolgenden Werken in der ihm eigenen Weise ziemlich lobt (wenn ich ihn richtig verstehe), habe ich mal intensiver gehört. Z.T. mit anderen. Bei mir handelt es sich um die Aufnahme von Mitgliedern des Juilliard-Quartetts, die sich in Boulez' älterer Webern-Gesamtaufnahme (Sony) befindet. Nun hier

jpc.de

bzw. hier

jpc.de

enthalten.

Tatsächlich gefällt es mir deutlich besser als Weberns auf mich doch zu karg und irgendwie "tautologisch"-leer wirkendes Streichquartett op. 28. Aber ähnlich wie bei Krenek ist die letzte Begeisterung ausgeblieben. Vielleicht ließ ich mir von "meinem ersten Streichtrio", eben Schönbergs phantastischem op. 45, ein bisschen die Offenheit gegenüber diesen Werken verstellen.

Wenn ich die Gattung besser kenne, höre ich diese Werke wahrscheinlich nochmal anders.

Beethovens drei Trios op. 9 habe ich vom Trio Zimmerman (BIS).

jpc.de

Meine ersten Eindrücke sind gut, aber da brauche ich noch etwas Zeit, um mehr drüber sagen zu können.

Mozarts Divertimento für Streichtrio in Es-dur KV 563 habe ich vor kurzem kennengelernt. Zunächst nach vielversprechenden Hinweisen in einem Forum (weiß nicht mehr, ob hier oder woanders) auf Youtube angehört. Der erste Satz hat mir sofort gefallen.
Dann besorgte ich mir eine Aufnahme, wiederum mit dem Trio Zimmermann (BIS):

jpc.de

Da bin ich mir nicht sicher, ob mir das nicht etwas einseitig im Sinne von "ätherisch schön" gespielt ist. Freilich ist das Meckern auf hohem Niveau. Das ist schon eine tolle Einspielung. Aber ich könnte mir vorstellen, dass eine ältere, womöglich historische Einspielung meinem Geschmack noch mehr entgegenkäme. Das kann ich sicher mal auf Youtube überprüfen.

Auf meinem "Streichtrio-Radar" habe ich als nächstes die zwei Gattungsbeiträge von Reger. Bei Naxos gibt es sie auf 2 CDs, kombiniert mit den 2 Klavierquartetten. Wahrscheinlich wenigstens solide Einspielungen, nehme ich an.

jpc.de
jpc.de


[Beitrag von Klassikkonsument am 21. Mai 2014, 19:57 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#6 erstellt: 21. Mai 2014, 19:42
Es gibt vereinzelt feste Streichtrios, wobei diese Musiker normalerweise auch noch andere Verpflichtungen haben, aber eben regelmäßig in dieser Besetzung musizieren und aufnehmen.
Es gab zB ein Trio italiano d'archi, ein Trio a cordes francais und ein Deutsches Streichtrio.
FP Zimmermann hat bei BIS als "Trio Zimmermann" mit einer festen Besetzung mehrere Aufnahmen gemacht.
Heifetz hat in einer relativ stabilen Besetzung Streichtrios aufgenommen (mit Piatigorsky und Primrose).
Dann gibt es Ensembles, die größere Anzahl Musiker umfassen, bis hin zur Sextett-Besetzung, zB L'archibudelli, die auch die Trios von Mozart, Beethoven, Schubert aufgenommen haben.

Tatsächlich kenne ich keine einzige Aufnahme der Beethoven- und Mozart-Trios mit 3/4 Streichquartett, aber das wird es ebenfalls geben.

Ich bin aber auch der Ansicht, dass es weit mehr berühmte Werke für Klaviertrio gibt. Außer der Häufung in Spätromantik und klassischer Moderne und den genannten Werken aus der Wiener Klassik sieht es beim Streichtrio eher dünn aus.
Von Dvorak gibt es noch ein Terzett ohne Cello, aber wie Du schon selbst festgestellt hast, von vielen sehr wichtigen Kammermusikkomponisten gar keine Streichtrios (wie Mendelssohn, Schumann, Brahms, Bartok, Schostakowitsch).
Hörbert
Inventar
#7 erstellt: 22. Mai 2014, 10:28
Hallo!

Stimmt natürlich, Klaviertrios gibt es wesentlich mehr, -aber trozdem ist auch das Streichtrio reichlich vertreten-, Wikipedia listet im übrigen eine schöne Auswahl auf:

http://de.wikipedia.org/wiki/Streichtrio

Darunter eine ganze Reihe von Werken die ich noch gar nicht kenne.

Eine Sonderform die allerdings sehr selten anzutreffen ist und bei der man die Werke wirklich mit der Lupe suchen muß ist das Trio Basso bei dem die Violine wegfällt und der Bereich dafür nach unten durch den Kontrabass erweitert wird.

Leider kenne ich in dieser Zusammenstellung nur einige wenige Werke aus dem Umfeld der neuen Musik, gibt es da eigentlich auch ältere bemerkenswerte Werke?

MFG Günther
laminin
Inventar
#8 erstellt: 22. Mai 2014, 19:26
Auch wenn es groesstenteils ueberlappend ist, bietet die englishsprachige wikipedia eine alphabetische Zusammenstellung.
Ganz unten sind dann auch noch einige wenige "unuebliche" Besetzungen:

wikipedia english: string trios
Alff_Orden
Ist häufiger hier
#9 erstellt: 21. Jul 2014, 18:33
Sehr wichtig soll auch das Streichtrio von Brian Ferneyhough, welches sich mir bis jetzt allerdings noch nicht so recht erschlossen hat (im Gegensatz zu anderen Werken von ihm).
https://www.youtube.com/watch?v=ITcY64aPmnI

Letztens im Konzert habe ich auch ein sehr schönes Werk von Cornelius Schwehr gehört mit dem eigenartigen Titel "Wer ihnen ihres nicht tanzt, spottet der verabredeten Bewegung". Auf Amazon: http://www.amazon.de/Poco-Subito-Cornelius-Schwehr/dp/B000027MLE aber ohne Bild.
FabianJ
Inventar
#10 erstellt: 18. Mai 2015, 23:15
Sehr hörenswerte Gattungsbeiträge sind meines Erachtens nach die Serenade für Streichtrio op. 10 von Ernst von Dohnányi und das zweite Streichtrio von Bohuslav Martinů. Diese Werke lernte ich über diese CD kennen:
jpc.de

Der Name Dohnányi wurde hier ja bereits von Johannes (Kreisler_jun.) erwähnt. Seine Serenade für Streichtrio ist noch tief in der Spätromantik verwurzelt. Der Einfluss von Johannes Brahms ist heraushörbar. Dieses Stück gefällt mir ausgesprochen gut, sodass ich es mir heute bereits drei Mal anhörte. Insbesondere der langsame Variationssatz und das Scherzo haben es mir angetan.

Das Streichtrio Nr. 2 von Martinů ist in den 30er-Jahren entstanden, klingt für den Entstehungszeitraum jedoch nicht übermäßig modern. Es dürfte also auch niemanden vor den Kopf stoßen, der algerisch auf moderne klassische Musik reagiert.

Umso seltsamer finde ich, dass man Arnold Schönbergs Streichtrio auf diesem Album zwischen diese beiden Werke geschoben hat. Dieses Werk ist nun wirklich deutlich kantiger. Beim ersten Anhören hatte ich noch meine Probleme damit, aber mit der Zeit gefiel es mir immer besser. Im Vergleich zu der Aufnahme von Mitgliedern des LaSalle-Streichquartetts, mit welcher ich dieses Werk kennenlernte, gefällt mir die Akustik hier besser. Rein von ihrem Spiel her würde ich nicht sagen, dass die Aufnahme des Leopold String Trios gelungener wäre, aber verstecken braucht sie sich keinesfalls.

Mit freundlichem Gruß
Fabian


[Beitrag von FabianJ am 18. Mai 2015, 23:17 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#11 erstellt: 19. Mai 2015, 00:03
jpc.de
jpc.de
jpc.de
Einen ganzen Schwung (16) hörenswerter Streichtrios hat Julius Röntgen (1855 - 1932) geschrieben.


[Beitrag von Joachim49 am 19. Mai 2015, 00:05 bearbeitet]
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