Euer Wunschkonzert

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Mellus
Stammgast
#1 erstellt: 29. Jun 2008, 17:41
Diese Konzertprogramme! Manchmal muss man sich ärgern: Dann nämlich, wenn Konzerte unter einem Thema stehen, das so allgemein formuliert ist, dass die Programmzusammenstellung der Willkür anheim fällt. Machmal erlebt man Überraschungen: Werden in einem Konzert Werke gegenübergestellt, deren Verbindung man vorher nicht gesehen hat und die, durch die Gegenüberstellung, wechselseitige Einsichten parat halten. Manche Konzerte erlebt man ambivalent: Wenn ein Lieblingswerk mit einem Werk kombiniert wird, dass man nicht ausstehen kann. Andersherum gibt es restlos begeisternde Konzerte: Wenn nur Lieblungsstücke auf dem Programm stehen!

Frust und Lust der Konzertprogramme liegen eng beieinander und die Programmverantwortlichen haben es sicher auch nicht immer leicht.

Aber können wir es besser?

Was wäre Euer Wunschkonzert? Welches Werke sollten unbedingt mal zusammen aufgeführt werden?

Bitte hier Eure Lieblingskonzertprogramme posten! Mehrfachpostings sind erlaubt!
STR
Ist häufiger hier
#2 erstellt: 29. Jun 2008, 19:49
Ja, bei gewissen Konzerten fragt man sich wirklich, was der Intendant und Chefdirigent gedacht haben. Zum Beispiel:

Messiaen (Les offrandes oubliées), Mozart (Klavierkonzert KV456) und Schostakowitsch (Sinfonie Nr. 5)

Was hat in einem solchen Programm Mozart zu suchen?!? Mozart und Schostakowitsch ist sowieso eine grauenhafte Paarung. Die tragische Figur Schostakowitsch gepaart mit dem Wiener Leichtgewicht: sowas geht für mich einfach nicht.

Zurück zum Thema Wunschkonzert:

Prokofjew - Sdrawitsa
Prokofjew - Klavierkonzert Nr. 2
Prokofjew - 7. Sinfonie

Drei Mal Prokofjew und trotzdem drei völlig verschiedene Klangsprachen: Prokofjew als Propagandakomponist, Prokofjew als Klangrevolutionär und Prokofjew als Komponist des sozialistischen Realismus.

Wenn ich schon dabei bin, erlaube ich mir gleich auch noch meine Wunschkünstler für dieses Konzert zu nennen: Gennadij Roschdestwenskij, Yefim Bronfman und ein russischer Chor und russisches Orchester.

Für ein solches Konzert wäre ich bereit einiges zu bezahlen. Meine Schmerzgrenze würde dafür bei 250€ liegen.


[Beitrag von STR am 29. Jun 2008, 19:50 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#3 erstellt: 29. Jun 2008, 23:12
Hallo STR,

250 Euro für ein Konzert? Du scheinst nicht zu den Schlechterverdienenden zu gehören. Meine Schmerzgrenze läge bei 20 Euro.

Was ich gerne mal in einem deutschen Konzert erleben würde, wäre englische Musik, zum Beispiel Elgar, Vaughan Williams oder Malcolm Arnold. Das würde mich freuen.

Übrigens finde ich die Zusammenstellung Messiaen, Mozart und Schostakowitsch recht schön. Warum Du Mozart als "Leichtgewicht" titulierst, bleibt mir unerfindlich.

Gruß Martin
Mellus
Stammgast
#4 erstellt: 30. Jun 2008, 13:25

Martin2 schrieb:
Was ich gerne mal in einem deutschen Konzert erleben würde, wäre englische Musik, zum Beispiel Elgar, Vaughan Williams oder Malcolm Arnold.


Du hast Recht: Elgar und Vaughan Williams liest man sehr selten auf deutschen Programmen, Arnold habe ich dort noch nie gefunden. Hättest Du auch einen konkreten Konzertvorschlag?

Ein -- wenig originelles -- Konzert, das ich mir gut vorstellen kann, ist

Alban Berg: Drei Orchesterstücke zusammen mit

Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 7.

Es sollte hörbar sein, dass Berg einiges von Mahlers Musiksprache aufgreift und in sehr knappe Formen überführt. 250 EUR möchte ich dafür trotzdem nicht ausgeben!

Viele Grüße,
Mellus
Joachim49
Inventar
#5 erstellt: 30. Jun 2008, 19:57
Mein Wunschkonzert ist leider unmöglich (aber zu Hause rekonstruierbar).
Vor der Pause: Jacqueline Du Pré spielt Elgars Cellokonzert unter Leitung von Sir John Barbirolli und dem Londoner SO (oder dem Hallé). Dann singt Kathleen Ferrier die Vier ernsten Gesänge' von Brahms. Nach der Pause gibt es 'Der Abschied' aus dem Lied von der Erde mit Bruno Walter & Ferrier.
Traurig, ja, aber traumhaft schön.
Freundliche Grüsse
Joachim

(Ich habe eine CD in deren Beiheft zu lesen ist, dass Barbirolli nach seiner Rückkehr aus New York das Sinfonieorchester in der deutschen Stadt Halle geleitet hat.)
STR
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 02. Jul 2008, 11:27
Schade, dass auf dieses (simple) Thema die Resonanz so gering ist!

Die 250€ beziehen sich nur auf dieses Konzert und vor allem auf Sdrawitsa. Wenn Sdrawitsa nicht mehr auf dem Programm stehen würde, würde ich wohl kaum mehr als 50€ dafür ausgeben. Sdrawitsa hat es mir extrem angetan. Nur handelt es sich dabei um ein Propagandawerk und Roschdestwenskij bemerkte in einer Dokumentation einmal, dass man dieses Werk heute nicht mehr spielen kann. Er selber hat es für die Doku zwar dirigiert aber auch nur im geschlossenen Rahmen und ohne Publikum. Ich hoffe nun ist es klarer, wie ich zu diesen 250€ komme ;).

Ein paar weitere interessantes Programme:

1
Gershwin - Rhapsody in blue arrangiert für 2 Klaviere
Gershwin - Concerto in F arrangiert für 2 Klaviere
Bernstein - Symphonic Dances arrangiert für 2 Klaviere und Perkussion

Katia und Marielle Labèque und Perkussionisten

2
Rachmaninow - Der Felsen
Rachmaninow - Klavierkonzert Nr. 3
Rachmaninow - Symphonic Dances

Yefim Bronfman, Esa-Pekka Salonen, Philharmonia Orchestra

3
Mussorgsky - Nacht auf dem kahlen Berge
Salonen - Klavierkonzert
Debussy - La Mer

Yefim Bronfman, Esa-Pekka Salonen, Philharmonia Orchestra

4
Sibelius - Finlandia
Skrjabin - Klavierkonzert
Glasunow - Die Jahreszeiten

Martha Argerich, Charles Dutoit, Philharmonia Orchestra

5
Schtschedrin - Konzert für Orchester Nr. 1 "Freche Orchesterscherze"
Schtschedrin - Klavierkonzert Nr. 2
Strawinsky - Le Sacre du Printemps

Marc-Andre Hamelin, Wladimir Spiwakow, Nationale Philharmonie Russland


[Beitrag von STR am 02. Jul 2008, 11:29 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#7 erstellt: 02. Jul 2008, 21:51
Hallo STR,

ja schade, daß in diesen Thread noch kein richtiger Schwung gekommen ist. Nun fällt mir zu diesem Thema auch wirklich nichts besonderes ein.

Wenn es ein Programm gäbe, was mich besonders reizen würde, wäre es wohl ein Programm mit Elgars 2. und Arnolds 5.

Aber die Sache mit Prokoviews Sdrawitsa ist wirklich interessant. Ich habe mal bei JPC gesehen; das Werk scheint wirklich nicht erhältlich zu sein. Ein Propagandawerk? Na und wenn schon! Schostakowitschs "Lied von den Wäldern" soll auch ein Propagandawerk sein, es ist aber erhältlich. Hatten Schostakowitschs Sinfonien 2 + 3 nicht auch propagandistische Texte? Mich würde angesichts der Tatsache, daß das Werk propagandistisch ist, nur die Tatsache umtreiben, ob das Werk denn auch gut ist? Ansonsten ist mir die Propaganda egal. Meinetwegen kann ein Werk Stalin verherrlichen, meinetwegen könnte es auch den Hitler verherrlichen, wenn es gut wäre, wäre mir das egal. Kann man nicht im Jahre 2008 damit etwas entspannter umgehen?

Gruß Martin
Joachim49
Inventar
#8 erstellt: 02. Jul 2008, 22:49

Martin2 schrieb:
Meinetwegen kann ein Werk Stalin verherrlichen, meinetwegen könnte es auch den Hitler verherrlichen, wenn es gut wäre, wäre mir das egal. Kann man nicht im Jahre 2008 damit etwas entspannter umgehen?
Gruß Martin


Hmh??? Würdest du dasselbe sagen, wenn es um einen Film ginge. Nehmen wir an es gäbe einen wirklich gut gemachten Film der die Vernichtung der europïschen Juden (oder Stalins Verbrechen) verherrlicht. Wärest Du dann auch geneigt zu sagen, "wenn der Film gut wäre, wäre mir das egal". Wahrscheinlich nicht. Was ist anders im Falle der Musik?
Wenn wir mal den eventuellen Text ausser Acht lassen, dann könnten wir vielleicht sagen, dass die Tonsprache keine oder kaum Semantik hat (im Gegensatz zu Bild oder Wort). Man kann Text in Bilder umsetzen (nicht 100%) aber nur sehr begrenzt in Töne.
"Er war ein vollgefressenes faules Schwein, das nur an sich dachte". Dieser Satz lässt sich durch Bilder illustrieren - aber durch Musik?. Der Komponist mag propagandistische Ideen gehabt haben, aber wenn ich seine Musik höre kann ich sie nicht in die Gedanken 'rückübersetzen'. Ebensowenig wie man Vivaldis Jahreszeiten in ein anderes Medium rückübersetzen kann. Also kann man die Musik geniessen und braucht sich am 'Programm' nicht zu stören. Aber wenn Text dazu kommt wird es kniffliger, vor allem wenn wir ihn verstehen. Um ein zugegeben krasses Beispiel zu nehmen: Könnten wir uns vorstellen, dass jemand sich oft und gerne 'Wenn das Judenblut ...." anhört, weil ihm die Melodie gefällt? Und was ist an dem Prokofiev-Machwerk anders? Das Prokofiev ein besserer Komponist war? Wer hat mehr Rechte: das Opfer das durch die Aufführung beleidigt würde (tot oder lebend) oder der Musikfreund, dem die Möglichkeit genommen ist das Werk live zu hören?
Der Gedanke, dass man damit im Jahr 2008 entspannter umgehen kann, gefällt mir gar nicht. Und dir glaube ich eigentlich auch nicht.
Freundliche Grüsse
Joachim
Mellus
Stammgast
#9 erstellt: 02. Jul 2008, 23:11

Martin2 schrieb:
Kann man nicht im Jahre 2008 damit etwas entspannter umgehen?


Naja, wenn man Völkermord, Massenvergewaltigung, kulturellen Kahlschlag und die weiteren Verbrechen und ihre Folgen in Gestalt ihres Hauptverursachers und seiner Verherrlichung entspannt hinnehmen kann, dann sicher. (Verzeih bitte den larmoyanten Sarkasmus, der mir zu dieser vorgerückten Stunde eben auf der Zunge liegt.)

Bestimmt gibt es unter der Propagandamusik gute und schlechte Werke. Man muss aber berücksichtigen, dass hier die Musik in den Dienst einer außermusikalischen Sache gestellt wird und nich unabhängig von dieser Sache beurteilt werden kann. Propagandamusik gibt es eben zu dem Zweck, meinungsbeinflussend zu sein. Ob die Musik gut ist oder nicht entscheidet sich entsprechend auch danach, ob sie ihre Funktion wirksam ausübt oder daran scheitert.

Viele Grüße,
Mellus
Martin2
Inventar
#10 erstellt: 02. Jul 2008, 23:47
Hallo Joachim,

war mir schon klar, daß mein Satz sehr provozierend war.

Bei Schostakowitschs Sinfonien 2 + 3 weiß ich nicht einmal was der Text ist. Vielleicht ist das auch ganz gut so.

"Wenn das Judenblut vom Messer spritzt". Nun ja. Auch Wagner war Antisemit. Würden wir den Tristan nicht hören wollen, wenn dieser Satz im Tristan vorkäme? Und niemand hat Wagner gezwungen Antisemit zu sein, er war dies aus freien Stücken. Prokoviev dagegen war gezwungen; ich glaube ehrlich gesagt nicht, daß er Stalinist war. Ich weiß überhaupt nicht, was Prokoviews "Propagandawerk" taugt, allerdings taugen Schostakowitschs Sinfonie 2 + 3 schon was, möglich, daß Prokoviews Werk etwas taugt. Auch möglich, daß es nichts taugt.


Der Gedanke, dass man damit im Jahr 2008 entspannter umgehen kann, gefällt mir gar nicht. Und dir glaube ich eigentlich auch nicht.


Hier muß man differenzieren. Ich halte nichts von einer Schlußstrichdebatte. Es darf keinen Schlußstrich geben, die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus muß immer wieder und immer wieder neu geführt werden. Andererseits wäre es auch ein bißchen weltfremd, wenn man glaubt, daß die zeitliche Entfernung vom Nationalsozialismus unsere Art, mit dem Nationalsozialismus umzugehen, nicht verändern würde.

Das schlimme ist, daß es auch heute eine kleine Minderheit gibt und einen gar nicht so kleinen Dunstkreis, der dem Nationalsozialismus immer noch aufgeschlossen gegenüber steht. Das ist wirklich schlimm. Es wäre andererseits auch weltfremd, zu glauben, nationalsozialistisches Gedankengut sei durch Verbote an ihrer Wirkung zu hindern. Ich habe im Internet schon die schlimmsten Naziseiten gefunden.

Ich will gar keinen Schlußstrich, aber ich finde, mit der Zeit der Entmündigung muß es auch einmal vorbei sein. Ich habe zeitweise im Antiquariat gearbeitet, besonders aus Nachlässen landete dann immer wieder Naziliteratur an. Ich habe sie mit Abscheu, aber auch mit Interesse gelesen. Warum sind wir soweit entmündigt, daß wir uns mit der Nazizeit nur vermittelt auseinandersetzen dürfen?

Und was bedeutet das für den Prokoview und andere Propaganda Kompositionen? Auch hier sehe ich Entmündigung. Ich möchte mich mit propagandistischer Musik auseinandersetzen dürfen, ich möchte nicht, daß ein anderer für mich die Entscheidung trifft, was ich hören darf und was nicht. Vielleicht ist für die Russen der Sozialismus noch relativ frisch, aber ich denke, wir hatten in der Bundesrepublik eine relativ erfolgreiche Aufarbeitung der Nazizeit, initiiert vor allem durch die 68 er. Und ehrlich gesagt glaube ich, daß wir den besten Zeitpunkt, uns aus unserer Entmündigung zu befreien schon verpaßt haben.

Wir haben auch die Hexenverfolgungen überstanden und auch das muß eine scheußliche Zeit gewesen sein. Trotzdem ist es vermutlich für jeden möglich, sich den Hexenhammer zu besorgen. Ist der Hexenhammer nicht zu gefährlich? Könnte es nicht sein, daß jemand den Hexenhammer liest, um dann in religiöser Verblendung sich auf die Sache nach Hexen zu machen? Dies käme uns absurd vor. Aber wenn ich in die Hamburger Zentralbücherei gehe, eine wahrhaft große Bücherei, ist es mir nicht möglich, mir Hitlers "Mein Kampf" oder andere "Werke" der Nazizeit auszuleihen. Und das empfinde ich als Entmündigung. Und ebenso emfpfinde ich es als Entmündigung, mit vorschreiben zu wollen, was ich hören darf und was nicht.

Und ich empfinde es als absurd, daß wir einerseits von der Nazizeit beständig vollgedröhnt werden, als gäbe es sonst keine Epoche der deutschen Geschichte, aber wenn Du Dir dann man ein eigenes Bild machen willst, um Dich mit dem Nazismus eigenständig auseinanderzusetzen ( zum Beispiel las ich auch mal eine nationalsozialistische Literaturgeschichte, in der Thomas Mann als Jude tituliert wurde - es ist von Vorteil, im Antiquariat zu arbeiten), dann ist das ja dem unmündigen Volk nicht zuzumuten. Aber bei den heutigen Neonazis kusiert vermutlich heute noch der größte Unsinn.

Gruß Martin
Martin2
Inventar
#11 erstellt: 03. Jul 2008, 00:09

Mellus schrieb:

Martin2 schrieb:
Kann man nicht im Jahre 2008 damit etwas entspannter umgehen?


Naja, wenn man Völkermord, Massenvergewaltigung, kulturellen Kahlschlag und die weiteren Verbrechen und ihre Folgen in Gestalt ihres Hauptverursachers und seiner Verherrlichung entspannt hinnehmen kann, dann sicher. (Verzeih bitte den larmoyanten Sarkasmus, der mir zu dieser vorgerückten Stunde eben auf der Zunge liegt.)



Hallo Mellus,

ich fürchte, die Diskussion entwickelt sich mal wieder zu einer Diskussion um die Nazizeit, die mir mittlerweile wirklich zum Hals raus hängt. "Entspannt" mit der Nazizeit umzugehen, bedeutet nur, sie als Geschichte zu akzeptieren. Die Nazizeit war die größte Menschheitskatastrophe, aber es gab weiß Gott noch andere Katastrophen. Nur sind sie heute eben Geschichte. Und für mich, der ich 46 bin, also auch nicht mehr ganz jung, ist die Nazizeit eben Geschichte. Zu meinen Großeltern habe ich keinen großartigen Kontakt gehabt und meine Eltern sind zu jung. Für junge Leute von heute ist die Nazizeit wirklich nur noch Geschichte. Nur Johannes Hesters ist heute 145 oder so was und schwärmt immer noch von seinen Glanzzeiten.


Ob die Musik gut ist oder nicht entscheidet sich entsprechend auch danach, ob sie ihre Funktion wirksam ausübt oder daran scheitert.


Bei Propagandawerken hoffe ich ehrlich gesagt, daß sie ihre Funktion möglich schlecht ausüben. Das wäre wohl die Grundvorausetzung, daß sie gut wäre.

Gruß Martin
Joachim49
Inventar
#12 erstellt: 03. Jul 2008, 08:13
Hallo Martin,
eine lange Diskussion passt nicht in diesen thread. Aber kurz dieses: in einem Punkt hast du gewiss recht. Es ist selbstverständlich, dass man einem Musikwissenaschaftler die Möglichkeit bieten muss, solche Dokumente einzusehen oder Kopien zu benutzen (und analoges gilt natürlich auch im aussermusikalischen Bereich). Aber warum sollte man dem interessierten Laien verbieten, was man dem Wissenschaftler selbstverständlich erlaubt? Richtig, du musst das Recht haben, dich damit auseinanderzusetzen. Wer heute zum Beispiel als Historiker eine Arbeit schreibt über politische Propaganda in Diktaturen, der hat das Recht volksverhetzendes Schriftgut einzusehen und wer sich als Laie damit auseinandersetzen will, dem muss dieses Recht auch gewährt werden. Da hast du völlig Recht. Aber folgt daraus das solches Schrift- oder in casu Klangut - auf dem freien Markt zugänglich sein muss, so dass es auch für ganz andere Zwecke verwendet werden kann? Soll der ganze rassentheoretische Schwachsinn (der wissenschaftshistorisch ineterssierten Laien und Fachleuten zugänglich sein sollte) in Neuauflagen in den Buchhandlungen liegen können, als ob es sich um ein normales Handbuch der biologischen Anthropologie handelt?

Zur Frage des verkrampften Umgangs. Da gibt es ein gewisses Paradox. Wenn jemand die Forderung erhebt, es müsse endlich Schluss sein mit ....., dann ist diese Forderung der beste Beweis, dass kein Schluss ist. Für mich ist die Nazizeit auch Geschichte. Aber was heisst das? Die Frage wie wir mit der Geschichte umzugehen haben - vor allem mit der eigenen - ist ja durch den Hinweis auf die Geschichtlichkeit nicht beantwortet. Noch eine kleine Bemerkung zum 'vollgedröhnt' werden mit der Nazizeit und den anderen Epochen, die es ja auch in der deutschen Geschichte gab. Es gibt, glaube ich, wenige Völker, die mit ihren Verbrechen so umgehen wie die deutschen. Ich weiss nicht, ob wir das einzige sind, aber wir sind jedenfalls ein Volk das an Gedenktagen und durch Mahnmale etc. der eigenen Opfer gedenkt und das sich des masslosen Leidens bewusst ist, das es überall (auch im eigenen Volk) verursacht hat. Statt zu sagen, das ist doch heute Geschichte, Schluss damit, hätte ich eher die Neigung zu sagen: lass uns als Deutsche stolz darauf sein, dass wir versuchen ehrlich mit unserer Vergangenheit umzugehen, ohne etwas zu vertuschen oder zu beschönigen oder zu verfälschen. Dieser Versuch ehrlich mit der eigenen Geschichte umzugehen (er ist nicht und kann nicht ganz gelingen) erscheint mir viel wertvoller, als der Versuch das Image Deutschlands durch Fanmeilen und fröhliche Fans bei Sportereignissen aufzuputzen.
Freundliche Grüsse
Joachim
Thomas133
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 03. Jul 2008, 12:34
Hallo,

Bei mir ist es jedenfalls so das ich meist zu große Sprünge zwischen den Epochen nicht mag, das paßt dann selbst wenn eine Pause dazwischen ist einfach nicht so zusammen, überhaupt wenn man zuerst das spätere Werk spielt - also als Extrembeispiel zB zuerst eine Bruckner Symphonie und dann ein Violinkonzert von Bach...
Für mich ist das dann als würde man das Dessert vor der Suppe essen oder irgendwie so. Jedenfalls keine gute Reihenfolge. Ein Deutscher Dirigent (ich glaube Metzmacher heißt her) mahnte auch schon die Konzertprogramme viel sorgfältiger zu gestalten, man könnte da viel bessere Zusammenstellungen machen und nicht bunt durcheinanderwürfeln. Ich fand zB diese bei meinem noch nicht vor allzu langer Zeit stattfindenden Konzert wo Mozart vor Bruckner kam auch nicht so ideal. Hier ist dann einfach ein zu großer Sprung an Klangsprache und Stilistik. Viel besser hätte ich es gefunden eher ein Werk (Symphonie) der Früh bis spätestens Hochromantik herzunehmen um irgendwie einen plausiblen Faden zu erkennen. Einmal graute mir auch vor einer unglaublich grottenschlechten Fabio-Luisi-Zusammenstellung wo er vor Mozarts Requiem noch Hartmanns 1.Symphonie dirigiert hat (nur weil dieser auch am 5.12. verstarb) Am Liebsten wäre ich da erst während der Pause gekommen. Kurios fand ich auch mal ein diesjähriges Konzert eines Australisches Ensemble die zuerst etwas von Rameau und danach ein bearbeitetes Streichquartett von Ravel spielten...naja...wems gefällt Ich mach mir meine Wunschzusammenstellungen zu Hause, es muß schon fast mit Glück hergehn eine komplett ideale Zusammenstellung im Konzertsaal vorzufinden.
gruß
Thomas
Mellus
Stammgast
#14 erstellt: 03. Jul 2008, 13:23

reflection schrieb:
Einmal graute mir auch vor einer unglaublich grottenschlechten Fabio-Luisi-Zusammenstellung wo er vor Mozarts Requiem noch Hartmanns 1.Symphonie dirigiert hat (nur weil dieser auch am 5.12. verstarb).


So schlimm finde ich die Zusammenstellung gar nicht. Hartmanns 1. Sinfonie trägt doch den Untertitel "Versuch eines Requiems". Beide, Mozart und Hartmann, haben halt mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln und aus ihren jeweiligen Lebens- und Zeitkontexten heraus ihre Totengedenken komponiert. Zwei artgleiche Stücke aus verschiedenen Zeiten zusammenzubringen finde ich nicht "grottenschlecht" und ist wohl auch nicht bloß auf die Todestage der Komponisten zurückzuführen. Im Gegenteil besteht so die Möglichkeit, Hartmann durch Mozart zu sehen und umgekehrt. Allein die Reihenfolge ist vielleicht etwas unglücklich. Die direktere Intensität von Hartmanns Sinfonie passt eher zum Konzertende. Und vielleicht ist es hörbar leichter, von Mozart zu Hartmann zu kommen als umgekehrt. Den häufig anzutreffenden, unbefriedigenden chronologischen Aspekt von Konzertprogrammen hast Du ja auch herausgestellt.


Ich mach mir meine Wunschzusammenstellungen zu Hause


Nun sind wir aber alle neugierig, Beispiele dafür zu lesen!

Viele Grüße,
Mellus
Martin2
Inventar
#15 erstellt: 03. Jul 2008, 13:34

Joachim49 schrieb:
Aber kurz dieses: in einem Punkt hast du gewiss recht. Es ist selbstverständlich, dass man einem Musikwissenaschaftler die Möglichkeit bieten muss, solche Dokumente einzusehen oder Kopien zu benutzen (und analoges gilt natürlich auch im aussermusikalischen Bereich). Aber warum sollte man dem interessierten Laien verbieten, was man dem Wissenschaftler selbstverständlich erlaubt? Richtig, du musst das Recht haben, dich damit auseinanderzusetzen. Wer heute zum Beispiel als Historiker eine Arbeit schreibt über politische Propaganda in Diktaturen, der hat das Recht volksverhetzendes Schriftgut einzusehen und wer sich als Laie damit auseinandersetzen will, dem muss dieses Recht auch gewährt werden. Da hast du völlig Recht. Aber folgt daraus das solches Schrift- oder in casu Klangut - auf dem freien Markt zugänglich sein muss, so dass es auch für ganz andere Zwecke verwendet werden kann?


Ich glaube für Musik - bleiben wir doch bei Musik - stellt sich die Frage wirklich anders. Ich kann nicht Noten lesen. Die meisten musikalisch interessierten Laien können es nicht. Es muß aber meines Erachtens die Möglichkeit bestehen, sich dann Werke, die eingespielt worden sind - und das sind ja eine ganze Menge - besorgen zu können. Prokoviev zum Beispiel ist ein ganz großer Name und er hat eine große Fangemeinde. Warum will man es dann Leuten verbieten, ihn auch in seinen Propagandawerken kennen zu lernen?


Aber folgt daraus das solches Schrift- oder in casu Klangut - auf dem freien Markt zugänglich sein muss, so dass es auch für ganz andere Zwecke verwendet werden kann? Soll der ganze rassentheoretische Schwachsinn (der wissenschaftshistorisch ineterssierten Laien und Fachleuten zugänglich sein sollte) in Neuauflagen in den Buchhandlungen liegen können, als ob es sich um ein normales Handbuch der biologischen Anthropologie handelt?


Du malst den Teufel an die Wand. Ich glaube kaum, daß Du den rassentheoretischen Schwachsinn in jeder Buchhandlung in Neuauflagen in den Auslagen finden könntest, nur weil es erlaubt ist. Ich wäre im übrigen damit einverstanden, wenn es eine gesetzliche Regelung gäbe, die Wiederveröffentlichungen aus der Nazizeit nur in einer entsprechend "kommentierten Form" zulässig fände. Darüber ließe sich reden. Und das könnte auch für Musik gelten.

Gruß Martin
Thomas133
Hat sich gelöscht
#16 erstellt: 03. Jul 2008, 19:33
[quote="Mellus"][quote="reflection"][quote] Ich mach mir meine Wunschzusammenstellungen zu Hause[/quote]

Nun sind wir aber alle neugierig, Beispiele dafür zu lesen!

Viele Grüße,
Mellus[/quote]

Alle? Naja ich bin mir da nicht so sicher...
Das ist nichts spektakuläres und ich hab es ja schon in meinem Beitrag etwas anklingen lassen. Außerdem ist es meine persönliche Zusammenstellung, das muß nicht heissen das sie allen Anderen auch gefallen muß - ich finde sie jedenfalls homogener wie manch Konzertprogramm.
Zum einen ist mein Geschmack hauptsächlich bei Spätklassik bis Frühromantik angesiedelt (mit Abstecher ins Barock, Hochromantik und manchmal auch Spätromantik), es bietet sich zB oft Kombinationen zwischen Mozart, Schubert und Beethoven usw. an...Bach zuvor ist auch nie verkehrt da sich vor allem Mozart und Beethoven in einigen Werken auch sehr von seiner Musik inspirieren ließen, oder Mendelssohn könnte man hier auch gut folgen lassen - Brahms/Beethoven-Kombinationen oder Schumann/Brahms usw. uws. kommt auch immer auf das jeweilige Werk an. Aber wenn ich zB 2 Komponisten hernehmen würde die ich jeden für sich schätze aber nicht zusammenpassen wie zB Bach und Tschaikowsky...das mag vielleicht für manch einen eine gute Kombination sein, für mich ist das aber weniger kompatibel zueinander.
gruß
Thomas
Mellus
Stammgast
#17 erstellt: 03. Jul 2008, 22:37

reflection schrieb:
Alle?


Ja, alle!


Außerdem ist es meine persönliche Zusammenstellung, das muß nicht heissen das sie allen Anderen auch gefallen muß


Sicherheitshalber habe ich gerade nochmal den Thread-Titel nachgelesen; der lautet "Euer Wunschkonzert" [Hervorhebung von mir]. Es interessiert also gerade Deine persönliche Zusammenstellung.


ich finde sie jedenfalls homogener wie manch Konzertprogramm.


Jetzt sind wir nur noch neugieriger als ohnehin schon!


Brahms/Beethoven-Kombinationen oder Schumann/Brahms usw. uws. kommt auch immer auf das jeweilige Werk an.


Mit Schumann und Brahms kenne ich mich beispielsweise nicht besonders gut aus. (Und insbesondere an Schumann ist mein Interesse riesig gewachsen -- nicht zuletzt durch den Schumann-Lieder-Thread von Martin.) Da würde es mich freuen, wenn Du hier Dein Wunschkonzert nennen würdest, v.a. da es, wie Du selbst schreibst, ja wohl auf die Werke ankommt, die gespielt werden.

Immer noch neugierig auf Dein Wunschkonzert/Deine Wunschkonzerte und mit freundlichen Grüßen,
Mellus
Thomas133
Hat sich gelöscht
#18 erstellt: 07. Jul 2008, 12:07
[quote="Mellus]Da würde es mich freuen, wenn Du hier Dein Wunschkonzert nennen würdest, v.a. da es, wie Du selbst schreibst, ja wohl auf die Werke ankommt, die gespielt werden.

Immer noch neugierig auf Dein Wunschkonzert/Deine Wunschkonzerte und mit freundlichen Grüßen,
Mellus[/quote]

Hallo,

Es klingt als wolltest du generell Tips für Schumann haben?
Was ich zB gern mache und im Konzertsaal so gut wie nie vorkommt (was mir aber in dem Fall logisch einleuchtet ) von geringeren zu größeren Besetzungen zu gehn, also so wie man zB bei Weinkombinationen sagt man soll zuerst mit den Leichten beginnen dann mit Schwereren fortsetzen (bis man dann sozusagen selbst zu schwer ist und sich die Gravitation bemerkbar macht ) ich gehe auch meist eher von Dur nach Moll und seltener umgekehrt (es sei denn das Werk entwickelt sich so das es mit einer anderen Tonart aufhört als es beginnt)
Also je nachdem ein kammermusikalisches Werk Schumanns und dann ein Symphonisches bzw. Konzert für Soloinstrument von Brahms oder auch umgekehrt. Kennst du zB von Schumann das Klaviertrio in d-moll? Man könnte jetzt zB aufgrund der gleichen Tonart Brahms 1.Klavierkonzert folgen lassen oder bewußt einen Kontrast und eine Symphonie in Dur (je nach Stimmung) Wenn du eines der besten Klavierwerke Schumanns suchst dann wäre Kreisleriana zu empfehlen, in dem Fall könntest du ja zB ein Klaviertrio oder -quartett von Brahms folgen lassen...nur als Beispiele. Ich habe ja selber keine festen Regeln und variiere je nach Stimmung wild umher (nur das eine das ich sicher nie zb zwischen Barock und Spätromantik, Klassik mit Moderne usw. kombinieren würde)

gruß
Thomas
op111
Moderator
#19 erstellt: 09. Jul 2008, 18:05
Hallo zusammen,
die wahllose Kombination von "Lieblingsstücken" ergibt für mich kein spannendes Konzert.
Ich schätze thematische Verbindungen, einen stimmigen (auch von der "Stimmung") Kontext.

Mellus schrieb:
Machmal erlebt man Überraschungen: Werden in einem Konzert Werke gegenübergestellt, deren Verbindung man vorher nicht gesehen hat und die, durch die Gegenüberstellung, wechselseitige Einsichten parat halten.

Wozu m.E. auch oft ein "unbekanntes" oder neues Werk gehört, oder etwas Genrefremdes.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts soll es keineswegs unüblich gewesen sein, in einem Orchesterkonzert auch Klavierlieder oder Kammermusikwerke aufzuführen, habe ich, wenn ich mich recht erinnere, in einer Furtwängler-Bio. gelesen.
In den heute üblichen zu grossen Sälen, wird das allerdings kein Genuß sein.

Das erste Konzert dieser Art, das ich hörte, bestand aus
Webern, Orchesterstücke op. 6
Berg, 3 Orchesterstücke
Mahler, Sinfonie Nr. 6

Gern würde ich auch einmal

Berlioz' Sinfonie Fantastique op. 14
und deren "Fortsetzung"
Lélio, ou Le Retour à la vie
in einem Konzert erleben.

Werke mit äußeren (programmatischen) Verbindungen, kann reizvoll sein:
Beethoven Kreutzersonate
Janacek, Streichquartett Nr. 1 Kreutzersonate
-
Janacek, Streichquartett Nr. 2 "Intime Briefe"
Berg, Lyrische Suite


[Beitrag von op111 am 09. Jul 2008, 18:07 bearbeitet]
AladdinWunderlampe
Stammgast
#20 erstellt: 24. Jul 2008, 01:13
Hallo, virtuelle Impresarios,

auch ich kann dem Ansatz, Werke aus verschiedenen Epochen zusammenzuführen, um auf allen möglichen kompositionstechnischen, gehaltlichen oder rezeptionsgeschichtlichen Ebenen verborgene Querverbindungen zu entdecken oder die Stücke einander gleichsam "kommentieren" zu lassen, sehr viel abgewinnen. Jedenfalls bin ich der Meinung, dass es heutzutage sehr gute Gründe geben muss, ein gnadenlos heruntergespieltes Werk wie Beethovens 5. Sinfonie auf ein Konzertprogramm zu setzen.

Und ehe ich dafür gescholten werde, dass ich mich momentan zu wenig im Forum engagiere, liefere ich gleich eine ganze Liste mit Wunschkonzert-Programmen - freilich fürs Erste nur für den sinfonischen Bereich:

Johann Sebastian Bach: “Komm, Gott, Schöpfer, Heiliger Geist“ und „Schmücke Dich, o liebe Seele“ – 2 Choralvorspiele, für großes Orchester gesetzt von Arnold Schönberg
Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzert Nr. 25 C-Dur, KV 503
Bernd Alois Zimmermann: Dialoge für 2 Klaviere und großes Orchester
Claude Debussy: Jeux

Matthias Spahlinger: passage/paysage
Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 3 Es-Dur „Eroica“

Johann Sebastian Bach: Ricercare a 6 voci, für Orchester gesetzt von Anton Webern
Sofia Gubaidulina: Offertorium – Konzert für Violine und Orchester
Anton Webern: Sinfonie op. 21
Johannes Brahms: Sinfonie Nr. 4 e-Moll

Franz Liszt: Les Préludes
Helmut Lachenmann: Tanzsuite mit Deutschlandlied für Streichquartett und Orchester
Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 5 c-Moll

Olivier Messiaen: Chronochromie für großes Orchester
Gérard Grisey: Le Temps et l’Ècume für 4 Schlagzeuger, 2 Synthesizer und Kammerorchester
Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 6 A-Dur

György Ligeti: San Francisco Polyphony
Maurice Ravel: Klavierkonzert D-Dur für die linke Hand
Carl Nielsen: Sinfonie Nr. 5

Wolfgang Amadeus Mozart: Maurerische Trauermusik c-Moll
Alban Berg: Violinkonzert „Dem Andenken eines Engels“
Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 4 G-Dur

Bernd Alois Zimmermann: Photoptosis - Prélude für großes Orchester
Arnold Schönberg: Ein Überlebender aus Warschau für Sprecher, Männerchor und Orchester
Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 9 d-Moll

Franz Liszt: Von der Wiege bis zu Grabe
György Ligeti: Konzert für Violine und Orchester
Dmitri Schostakowitsch: Sinfonie Nr. 15 A-Dur


Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 24. Jul 2008, 01:23 bearbeitet]
Mellus
Stammgast
#21 erstellt: 28. Jul 2008, 23:01

AladdinWunderlampe schrieb:
Matthias Spahlinger: passage/paysage
Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 3 Es-Dur „Eroica“


Hallo Aladdin,

Matthias Spahlinger kenne ich bisher nur dem Namen und einiger Hörproben nach. Was hat denn der mit Beethovens Eroica zu tun? Interessant! Wärest Du so nett und würdest ein, zwei Stichworte dazu anmerken?

Dann habe ich gestern folgendes nacheinander gehört:

Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 9
Gerard Grisey: Quatre chants pour franchir le seuil.

Anstatt es im "Heute gehört"-Thread zu annoncieren, macht es auch ein gutes Konzertprogramm. Ein Problem gibt es doch: das Konzert dauert zu lang! (NB: es ist erstaunlich, wie gut Mahler mit verschiedenem Anderem kombinierbar ist...)

Viele Grüße,
Mellus
AladdinWunderlampe
Stammgast
#22 erstellt: 29. Jul 2008, 02:43

Mellus schrieb:
Matthias Spahlinger kenne ich bisher nur dem Namen und einiger Hörproben nach. Was hat denn der mit Beethovens Eroica zu tun? Interessant! Wärest Du so nett und würdest ein, zwei Stichworte dazu anmerken?


Hallo Mellus,


Mathias Spahlinger (ich habe eben entdeckt, dass der Vorname sich anscheinend nur mit einem t schreibt) versucht in seinen Kompositionen etwas zu realisieren, das man - wenn ich ihn recht verstehe - als offene, nicht-teleologische Prozessualität bezeichnen könnte:

"Passage/Paysage für großes Orchester (1989/90) behandelt, als Zusammenhang erzeugend und aufhebend, den Übergang; aber nicht den Übergang von einem Festen zu einem anderen Festen oder den Übergang als Bestandteil eines abschlußhaften, geschlossenen Resultats, sondern den Übergang selbst, die allseitige kontinuierliche Veränderung, die Unendlichkeit des Endlichen; denn was durch die Reihung oder Addition gebildet wird, auf kein Übergeordnetes gerichtet ist, läßt unendliche weitere Additionen zu und ist daher selbst nur ein Teil; wo Gerichtetheit, gerichtete Veränderung, entwickelnde Variation verabsolutiert ist, wo aus einem Zweiten ein Drittes hervorgeht, das einem Ersten womöglich in nichts mehr gleicht, entsteht kein Übergeordnetes, bleibt auch das Verhältnis der Details zur Form ohne zwingende Folgerichtigkeit, willkürlich oder beliebig oder frei." Soweit Spahlinger in einem Ausschnitt seines heftig hegelnden Werkkommentars.

Und es scheint, als habe Spahlinger in Beethovens Eroica eine Art frühes Modell für eine solche offene Prozessualität gesehen - möglicherweise (aber das sind nur meine persönlichen Spekulationen) aufgrund des ersten Satzes mit seiner ständig im Fluss bleibenden Thematik sowie seiner kurzen Exposition und überlangen Durchführung und möglicherweise auch im Hinblick auf die Gesamtanlage des viersätzigen Zyklus, an dessen Schluss Beethoven kein apotheotisch schließendes Finale wie in der fünften oder neunten Sinfonie, sondern vielmehr eine einigermaßen experimentelle Variationsfolge setzt und damit den musikalischen Prozess eher weitertreibt als wirklich abschließt.

Aber wie dem auch sei - jedenfalls wählt Spahlinger als Ausgangspunkt seines großangelegten, ungefähr 44-minütigen Orchesterstücks ausgerechnet die beiden eröffnenden Akkordschläge aus dem ersten Satz der Eroica, um in der Folge alle möglichen Charakteristika dieser Entlehnung - beispielsweise Tonhöhe, Rhythmik und Klangfarbe - zum Ausgangspunkt von ineinandergreifenden und auseinanderlaufenden Variationsprozessen zu machen.

Einen Mitschnitt der Uraufführung dieser eindrucksvollen Komposition findet sich auf der CD "Donaueschinger Musiktage 1990" (Col legno AU 31819 CD). Es spielt das SWF Sinfonieorchester Baden-Baden unter der Leitung des nicht nur von mir hochgeschätzten Michael Gielen.



Mellus schrieb:

Dann habe ich gestern folgendes nacheinander gehört:

Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 9
Gerard Grisey: Quatre chants pour franchir le seuil.

Anstatt es im "Heute gehört"-Thread zu annoncieren, macht es auch ein gutes Konzertprogramm. Ein Problem gibt es doch: das Konzert dauert zu lang!



Dass die Konzertprogramme durch die Einfügung von Mahler-Sinfonien meist zu lang werden, hat mich bei meinen Vorschlägen von ähnlichen Kombinationen abgehalten. Ich hatte bei meinen Vorschlägen übrigens auch ein Programm rund um Griseys Quatre chants pour franchir le seuil erwogen; vielleicht wäre hier ja die Kombination mit der 9. Sinfonie von Anton Bruckner sinnvoll - oder mit Mahlers Lied von der Erde (was dann allerdings ein sehr vokallastiges Programm ergäbe)?


Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 29. Jul 2008, 02:48 bearbeitet]
Mellus
Stammgast
#23 erstellt: 29. Jul 2008, 07:14
Hallo Alladin,

vielen Dank für Deine Erläuterung! Passage/Paysage ist, das entnehme ich zumindest Deinem Kommentar, ein musikalisches panta rhei. Und von Heraklit zu Hegel ist es ja nicht mehr weit.

An die Kombination von Gerards Quatre chants pour franchir le seuil mir Mahlers Lied von der Erde habe ich auch kurz gedacht es dann aber aus dem simplen Grund verworfen, dass ich Mahlers sinfonischen Liederzyklus viel zu wenig kenne. Gleiches gilt auch für Bruckner. Seine Neunte habe ich letzten Samstag zum ersten Mal gehört!

Viele Grüße,
Mellus
Martin2
Inventar
#24 erstellt: 13. Okt 2008, 00:12
Ich mache das Spiel vielleicht auch mal mit. Immerhin ist man als einfacher Konzertbesucher ja machtlos und kann gar nichts tun, aber hier kann man mal ein virtuelles Programm einer Spielzeit entwerfen. Also entwerfe ich hier mal ein Programm.

1. Konzert

John Adams Two Fanfares for Orchestra
Mozarts Klavierkonzert KV 503
Konzertpause
Elgar 2. Sinfonie

2. Konzert
Dvorak Cellokonzert
Konzertpause
Miaskovski Sinfonie Nr. 22 und 27

3. Konzert
Brahms Klavierkonzert Nr. 1
Konzertpause
Barber Adagio for Strings
Sibelius Sinfonie 4

4. Konzert
Saint Saens Klavierkonzert 2
Konzertpause
Malcolm Arnold Walisische Tänze
Malcolm Arnold Sinfonie 5

5. Konzert
Schostakowitsch 1. Violinkonzert
Konzertpause
Messiaen Turangilasinfonie

6. Konzert
Beethoven Coriolanouvertüre
Schumann Klavierkonzert
Konzertpause
Barber Sinfonie 1

7. Konzert
Elgar Cellokonzert
Konzertpause
Berlioz Sinfonie Phantastique

8. Konzert
Roy Harris Sinfonie 3
Mozart Sinfonie 39 Es Dur
Konzertpause
Franz Schmidt Sinfonie 4

9. Konzert
Prokoview Klavierkonzert 2
Konzertpause
Debussy Nocturnes
Strawinski Apollon Musagete

10. Konzert
Beethoven Klavierkonzert 3
Konzertpause
Ravel Daphnis und Chloe

Das wäre mal so ein Programm. Bruckner und Mahler sind nämlich toll, aber ich kann sie langsam nicht mehr hören.
AladdinWunderlampe
Stammgast
#25 erstellt: 13. Okt 2008, 00:36
Na, dann gleich auch noch ein ziemlich barbarisches Programm von mir hinterher:

Modest Mussorgsky: Eine Nacht auf dem kahlen Berge (Originalfassung)
Bela Bartok: Klavierkonzert Nr. 1
Iannis Xenakis: Jonchaies
Leos Janacek: Sinfonietta

Und zum Ausgleich etwas Schlankeres, wenn auch dramaturgisch Experimentierfreudigeres:

Carl Philipp Emanuel Bach: Sinfonie Es-Dur, Wq. 183 Nr. 2
Arnold Schönberg: Kammersinfonie Nr. 2 es-Moll, op. 38
Brian Ferneyhough: Incipits für Solo-Viola, obligates Schlagzeug und Ensemble
Joseph Martin Kraus: Sinfonie c-Moll



Herzliche Grüße
Aladdin
STR
Ist häufiger hier
#26 erstellt: 13. Okt 2008, 19:21

AladdinWunderlampe schrieb:
Na, dann gleich auch noch ein ziemlich barbarisches Programm von mir hinterher:

Modest Mussorgsky: Eine Nacht auf dem kahlen Berge (Originalfassung)
Bela Bartok: Klavierkonzert Nr. 1
Iannis Xenakis: Jonchaies
Leos Janacek: Sinfonietta


Wieso barbarisch? Das Konzert würde ich ohne Bedenken besuchen ;)...
AladdinWunderlampe
Stammgast
#27 erstellt: 13. Okt 2008, 20:14
Ich auch. Aber ich gelte ja immerhin als herzlos...


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 13. Okt 2008, 20:14 bearbeitet]
Mellus
Stammgast
#28 erstellt: 14. Okt 2008, 14:28

Martin2 schrieb:
Das wäre mal so ein Programm.


Hallo Martin, hattest Du bei der Erstellung Deines Programmes ein übergeordnetes Thema im Hinterkopf? Zunächst dachte ich an "Deutsch-Englische Wochen". Aber das passt gar nicht. Vielleicht "Transuralische Beziehungen"?

Beste Grüße,
Mellus
op111
Moderator
#29 erstellt: 14. Okt 2008, 17:53
Hallo zusammen,

Martin2 schrieb:
10. Konzert
Beethoven Klavierkonzert 3
Konzertpause
Ravel Daphnis und Chloe


Applaus!

Kleine Variation:
Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 4
Alessandro Striggio der Ältere: Ecce beatam lucem
Maurice Ravel: Daphnis et Chloé
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#30 erstellt: 14. Okt 2008, 22:28

Franz-J. schrieb:
Kleine Variation:
Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 4
Alessandro Striggio der Ältere: Ecce beatam lucem
Maurice Ravel: Daphnis et Chloé

Hm, die Idee, die zweifellos hinter dieser Auswahl stehen mag, gibt mir Rätsel auf. Gibt es eine inhaltliche Verbindung zwischen den drei genannten Werken, irgend einen roten Faden, der das Programm zu einem solchen werden lässt?

Es sei ja jedem unbenommen sich sein eigenes Wunschkonzertprogramm zusammenzustellen. Was mich allerdings an einem Konzertbesuch mit diesem Programm hindern würde, wäre der Raum. Die wunderschöne Renaissance-Motette möchte ich nirgendwo hören als in einer gotischen Kathedrale, den Beethoven und Ravel ausschließlich in einem 1a-Konzertsaal.

Ich fürchte, ich habe das Augenzwinkernde in deiner Auswahl übersehen. Erläutere doch bitte mal.
op111
Moderator
#31 erstellt: 17. Okt 2008, 13:23
Hallo,

Kaddel64 schrieb:
Es sei ja jedem unbenommen sich sein eigenes Wunschkonzertprogramm zusammenzustellen.

Eben, ich bin vollkommen deiner Meinung.


Kaddel64 schrieb:
Was mich allerdings an einem Konzertbesuch mit diesem Programm hindern würde, wäre der Raum.
Mich nicht, im Gegenteil.
Überkommene, festgefahrene Strukturen aufzubrechen kann zu spannenden neuen Hörerfahrungen führen, die mich nicht schrecken.
Mein Programm ist weder Jux noch Ironie.
Was mich zu diesem Programm bewogen hat, ganz einfach:
1. Ich höre alle 3 Werke gern.
2. Ich habe sie noch nie in einem Konzert konfrontiert erlebt.
3. Das aus dem sakralen Raum befreite "Ecce beatam lucem" wirkt auf mich ohne Hallsauce deutlich transparenter.
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#32 erstellt: 17. Okt 2008, 15:04

Franz-J. schrieb:
Überkommene, festgefahrene Strukturen aufzubrechen kann zu spannenden neuen Hörerfahrungen führen, die mich nicht schrecken.

Unbedingt!

Franz-J. schrieb:
Mein Programm ist weder Jux noch Ironie.

So hatte ich das auch aufgefasst und wollte nichts anderes unterstellen.

Franz-J. schrieb:
Was mich zu diesem Programm bewogen hat, ganz einfach:
1. Ich höre alle 3 Werke gern.
2. Ich habe sie noch nie in einem Konzert konfrontiert erlebt.
3. Das aus dem sakralen Raum befreite "Ecce beatam lucem" wirkt auf mich ohne Hallsauce deutlich transparenter.

OK, das kann ich nachvollziehen. Ich hatte einfach eine verborgene, innere Beziehung der Komponisten oder Werke zueinander vermutet.

Gewiss wird die Transparenz der vielschichtigen Motette durch eine trockene, gleichsam "profane" Raumakustik begünstigt. Doch wirkt der Begriff "Hallsauce" in diesem Zusammenhang auf mich etwas abwertend. Ich bin davon überzeugt, dass die Komponisten der Renaissance in der Lage waren die spezifische Raumakustik in ihre Werke einzubeziehen. Unsere heutigen an modernen Konzertsälen orientierten Hörgewohnheiten erst führen zu einer geringschätzigen Bewertung des hohen Hallanteils in größeren Kirchen. Hätte den Komponisten jener Zeit ein moderner Saal zur Verfügung gestanden, dann hätten sie - nach meiner Überzeugung - anders komponiert. Das aber bedeutet, es geht etwas Gravierendes an Ursprünglichkeit und gewollter Substanz verloren, wenn man sakrale Werke jener Zeit (!) in profanen Sälen aufführt.

Trotzdem ist es natürlich legitim, diese Musik auch mal in anderer Umgebung zu hören, klar!
Ich allerdings ziehe hier eindeutig die Kirche vor.

Franz-J. schrieb:

Kaddel64 schrieb:
Es sei ja jedem unbenommen sich sein eigenes Wunschkonzertprogramm zusammenzustellen.

Eben, ich bin vollkommen deiner Meinung.


Gruß, Kaddel
Engel674
Neuling
#33 erstellt: 17. Okt 2008, 15:27
Für mich gibt es dieses Jahr nur Wunschkonzerte, bzw. Opern:
- Onegin (sehr bald ) mit Villazon
- Parsifal (später) mit Domingo!

Und inzwischen kommt Kleinsch..., wie man sagt
Martin2
Inventar
#34 erstellt: 17. Okt 2008, 15:36
Hallo Engel,

herzlich willkommen hier!

Gruß Martin
op111
Moderator
#35 erstellt: 18. Okt 2008, 09:26
Hallo Kaddel,


Kaddel64 schrieb:
Ich bin davon überzeugt, dass die Komponisten der Renaissance in der Lage waren die spezifische Raumakustik in ihre Werke einzubeziehen.
Keine Frage, bin ich bei Chor- und Orgelmusik ebenfalls.


Kaddel64 schrieb:
Unsere heutigen an modernen Konzertsälen orientierten Hörgewohnheiten erst führen zu einer geringschätzigen Bewertung des hohen Hallanteils in größeren Kirchen.
Davon bin ich nicht so sehr überzeugt. Ich kenne einige, die nicht nur bei sakraler Chor- und Orgelmusik Kirchenräume als Aufführungsorte schätzen - (z.B. Bruckenersinfonien) sofern die Wahrnehmung der musikalischen Struktur nicht leidet.
Einige Aufnahmeteams bevorzugen gar Kirchenräume bei Kammermusik der Klassik & Romantik und plazieren die Instrumente zu allem Überfluss noch in weiter Entfernung.


Kaddel64 schrieb:
Das aber bedeutet, es geht etwas Gravierendes an Ursprünglichkeit und gewollter Substanz verloren, wenn man sakrale Werke jener Zeit (!) in profanen Sälen aufführt.
Das ist wahrscheinlich der einzige Punkt wo unsere Meinungen differieren, ich bin nicht so ganz davon überzeugt, daß die Substanz durch unterschiedliche Räume verlieren muß. Das (nichtakustische) Erlebnis verändert sich zweifellos. Andererseits verfügen ungewohnte "nicht sakrale" Aufführungsorte häufig über eine hervorragende Akustik, die Chöre optimal zur Geltung bringen kann. Ich erinnere mich z.B. an ein Chorkonzert mit moderner und Renaissancemusik in einer stillgelegten Industriehalle, einer sog. Kathedrale der Industriekultur.
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#36 erstellt: 18. Okt 2008, 13:18

Franz-J. schrieb:

Kaddel64 schrieb:
Unsere heutigen an modernen Konzertsälen orientierten Hörgewohnheiten erst führen zu einer geringschätzigen Bewertung des hohen Hallanteils in größeren Kirchen.

Davon bin ich nicht so sehr überzeugt. Ich kenne einige, die nicht nur bei sakraler Chor- und Orgelmusik Kirchenräume als Aufführungsorte schätzen - (z.B. Bruckenersinfonien) sofern die Wahrnehmung der musikalischen Struktur nicht leidet.

Das war so pauschal gar nicht gemeint, sondern meine Aussage bezog sich auf den Begriff "Hallsauce", die dem betreffenden Werk in einem Konzertsaal zugunsten höherer Transparenz entzogen wird. Möglicherweise habe ich daraus fälschlich eine grundsätzliche Wertung Kirchraum/Konzertsaal abgeleitet, die du ja jetzt auch relativiert hast. Auch in anderen Unterforen habe ich vereinzelt gelesen, dass Kirchräume ungeeignet seien für die Wiedergabe selbst von Orgelmusik.
Solche Behauptungen werden täglich widerlegt in hervorragenden Kirchenkonzerten und entlarven einseitige Hörgewohnheiten.

Eine Aufführung der 5. / Bruckner in einer großen Hamburger Kirche habe ich auch miterlebt - allerdings auf einem der akustisch besten Plätze! Funktioniert einwandfrei. Andererseits mag ich beispielsweise die Mitschnitte der SHMF-Konzerte aus dem Lübecker Dom aus den 90ern nicht mehr hören: Bruckner und Mahler auf gewiss hohem interpretatorischen Niveau, aber Details werden durch den Hall sträflich verschleiert und verschluckt...

Franz-J. schrieb:

Kaddel64 schrieb:
Das aber bedeutet, es geht etwas Gravierendes an Ursprünglichkeit und gewollter Substanz verloren, wenn man sakrale Werke jener Zeit (!) in profanen Sälen aufführt.

... Ich bin nicht so ganz davon überzeugt, daß die Substanz durch unterschiedliche Räume verlieren muß.

Auch hier bezog ich mich auf einen guten, modernen Saal mit vergleichsweise (!) "trockener" Akustik, und auf die Tatsache, dass dem Raumhall in der geistlichen Musik der Renaissance kompositorisch gesehen eine Rolle zukommt. Den Substanzverlust allein einem Wechsel des Raumes zuzuschreiben wäre unsinnig und habe ich nicht gesagt.

Franz-J. schrieb:
Andererseits verfügen ungewohnte "nicht sakrale" Aufführungsorte häufig über eine hervorragende Akustik, die Chöre optimal zur Geltung bringen kann. Ich erinnere mich z.B. an ein Chorkonzert mit moderner und Renaissancemusik in einer stillgelegten Industriehalle, einer sog. Kathedrale der Industriekultur.

Nun, ich vermute, die Akustik in der stillgelegten Halle entsprach mehr der einer Kirche als der eines akustisch optimierten Konzertsaales.
Aber zurück zum Threadthema, bevor es ganz in unnötige Haarspalterei abdriftet, denn prinzipiell sind wir nicht weit auseinander:


Hier zwei textlastige Vorschläge von mir:

Für den Konzertsaal:
H. Berlioz: Konzertouverture "Le Corsaire", op. 21
H. Berlioz: Liederzyklus "Les Nuits d'été", op. 7
G. Mahler: Das Lied von der Erde

Für die Kirche: (passend zur trüben Jahreszeit)
Hugo Distler: "Totentanz", 14 Spruchmotetten für Chor a cappella, op. 12, 2
J. S. Bach: "O Jesu Christ, mein's Lebens Licht", Motette BWV 118b für Chor, Holzbläser, 2 Trompeten, Streicher und Orgel
H. Schütz: "Musikalische Exequien", Teutsche Begräbnis-Missa SWV 279-281

Gruß
Kaddel
op111
Moderator
#37 erstellt: 20. Okt 2008, 09:18

Kaddel64 schrieb:
denn prinzipiell sind wir nicht weit auseinander:

Wie bereits bemerkt, so ist es!

Mein Konzertwunsch, da selten zusammen zu hören:

Hector Berlioz:
Symphonie fantastique op.14
Lélio ou Le retour à la vie op. 14b
Mellus
Stammgast
#38 erstellt: 31. Jan 2009, 19:39
Gestern getestet. Optimal ist die Paarung noch nicht (vielleicht passt ein anderer Bruckner besser?), aber immerhin ergibt sie ein Programm, das ich mir auch für ein Live-Konzert vorstellen kann:

Anton Bruckner: 4. Sinfonie
Hanspeter Kyburz: Malstrom

Viele Grüße,
Mellus
Mellus
Stammgast
#39 erstellt: 09. Feb 2010, 22:18
Irgendwie finde ich gerade Gefallen an Konzertprogrammzusammenstellungen, die nicht reibungslos zusammenpassen, sondern wo die Reibung eine Teil der interessanten Verbindung ausmacht. So auch ein Konzert, das unter mit dem Titel Diesseits - Jenseits versehen werden könnte:

Heinrich Schütz: Musikalische Exequien
Pause
Gérard Grisey: Quatre chants pour franchir le seuil

Viele Grüße,
Mellus
Badewannenfrequenz-Höre...
Ist häufiger hier
#40 erstellt: 03. Okt 2014, 17:36
Folgendes Klassik-Konzertprogramm würde ich als Programmchef (und Chefzuhörer ) gerne aufstellen:

A GRAND CONCERTO OF OVERTURES AND FANFARES

1.) GRAN FANFARIA by Zequinha de Abreu

2.) SHORT RIDE IN A FAST MACHINE by John Adams

3.) CELEBRATION OVERTURE by Peter Boyer

4.) FANFARE FOR THE VOLUNTEER by Mark O' Connor


-----pause----


1.) FANFARE FOR THE COMMON MAN by Aaron Copland

2.) A GRAND GRAND OVERTURE by Malcolm Arnold

3.) NEW BEGINNINGS by Peter Boyer

4.) OLYMPIC FANFARE by John Williams

drei weitere Konzertprogrammideen (ein Americana-Konzert, ein Lateinamerikanisches Feuerwerkkonzert, ein Last Night of the Proms-Konzert - dazu später mehr)
op111
Moderator
#41 erstellt: 04. Okt 2014, 13:04
Was in dieser Sammlung fehlt, wenn sie schon nicht mit Arnolds Ouvertüre und G. Hoffnungs Rettungsschuß auf den Solisten|Dirigenten endet, ist als Schlußstück
wohl nur noch die "Overture To End All Overtures",
oder eine "Underture".
Dem Menü fehlen zur Komplettierung noch mindestens ein Hauptgang und eine Nachspeise.



[Beitrag von op111 am 04. Okt 2014, 13:31 bearbeitet]
Badewannenfrequenz-Höre...
Ist häufiger hier
#42 erstellt: 04. Okt 2014, 21:36

op111 (Beitrag #41) schrieb:
Was in dieser Sammlung fehlt, wenn sie schon nicht mit Arnolds Ouvertüre und G. Hoffnungs Rettungsschuß auf den Solisten|Dirigenten endet, ist als Schlußstück
wohl nur noch die "Overture To End All Overtures",
oder eine "Underture"

:prost
Die kenne ich Beide nicht und hab auch auf amazon, youtube, spotify usw. nichts Entsprechendes gefunden. Oder war der Beitrag nur ein Gag?
op111
Moderator
#43 erstellt: 04. Okt 2014, 23:47
Davon scheint es gleich 2 zu geben, ich meinte diese:
Ray Martin
Overture To End All Overtures
jpc.de
und 2. entweder eine Bearbeitung oder ein eigenständiges Werk für Blechbläser:
WALTON Mike (*1942)
Overture to end all Overtures (A light hearted compilation of famous tunes from ten overtures, including 1812, Light Cavalry and William Tell. A good audience pleaser.)
Suche:
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