Schostakowitsch: Sinfonie Nr. 9

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Thomas228
Stammgast
#1 erstellt: 15. Mai 2007, 23:25
1. Geschichtlicher, biographischer Hintergrund

Der geschichtliche Hintergrund der neunten Sinfonie, entstanden im Juli/August 1945, ist schnell erzählt: Die Sowjetunion hat den Krieg gewonnen. Ganz Russland erwartet nun, dass der mehrfache Stalinpreisträger Schostakowitsch seine neue Sinfonie – seine neunte! – dem Sieg widmen werde, hatte sich doch Schostakowitsch selbst mehrfach entsprechend geäußert. Nicht irgendeine Sinfonie sollte es werden, sondern die Sinfonie schlechthin, eine, neben der die neunte von Beethoven verblassen sollte - selbstredend mit Chor.

Schostakowitsch enttäuschte die großen Erwartungen. Statt pompösem sinfonischen Siegespathos nebst Triumphmarsch bot er neoklassizistische Späße à la Haydn. In den Memoiren heißt es dazu: „Ich konnte keine Apotheose auf Stalin schreiben, konnte es einfach nicht. Mir war klar, worauf ich mich einließ, als ich die Neunte schrieb.“ Die Rache Stalins ließ nicht lange auf sich warten. Formalismus lautete der Vorwurf, der Schostakowitsch – wie vielen anderen – gemacht wurde. Schostakowitsch wird zu Lebzeiten Stalins keine Sinfonie mehr komponieren.

Wie jemandem, der es gewagt hat, den Sowjetgranden mit der neunten Sinfonie derart die Stirn zu bieten, jemals der Vorwurf gemacht werden konnte, er sei zu linientreu, wird mir immer unverständlich bleiben.

2. Werkbeschreibung

Das erste Thema des ersten Satzes genügt, um zu wissen, dass Schostakowitsch in der neunten Sinfonie kein per aspera ad astra-Konzept verfolgt. Sofort mit Beginn der Sinfonie befinden wir uns in heiterer Stimmung. In munterem Allegro stellen die Violinen, gefolgt von Soloflöte und Oboe, das erste Thema vor. Das Schicksal pocht an die Tür? Nichts da!

Bei 0:42 (die Zeitangaben beziehen sich wie stets auf die Barshai-Aufnahme) beginnt unüberhörbar das zweite Thema. Die Posaune eröffnet es bölkend mit einem prägnanten Zwei-Ton-Motivs, wird dabei unterstützt von der kleinen Trommel. Die Pikkoloflöte folgt gehorsam und spielt eine gegenüber dem ersten Thema deutlich andersartige Melodie. Das erste Thema ist ziseliert, in die Welt des Balletts gehörig. Das zweite dagegen ist derb, gehört – auch hinsichtlich der verwendeten Instrumente – in die Welt der Militärkapelle, des Spielmannszugs, ist klamaukhaft. Drei Mal eröffnet die Posaune den Reigen, zwei Mal folgt die Flöte, beim dritten Mal folgen Tuba und Trompete.

Gut, die Themen sind vorgestellt. Wie geht es nun weiter? In der klassischen Sinfonie – sonatenhauptsatztechnisch gesprochen – ist der Fall klar: Die Exposition wird wiederholt. Aber 1946, zu einer Zeit, zu der von starker Seite bestritten wird, dass man eine Sinfonie überhaupt noch schreiben könne, zu einer Zeit, zu der die Sinfonie schon überwiegend als tot bezeichnet wird? Was wird Schostakowitsch tun?

Ganz einfach: Er wiederholt die Exposition! Noch heute, nach wer weiß wie häufigem Hören dieser Sinfonie, muss ich schmunzeln, wenn ich das höre. Wie konnte er nur? Herrlich!

Man stelle sich nur vor, dieses Schmunzeln hätte das gesamte Auditorium ergriffen, ein gesundes, der Schwermut von der Seele vertreibende, die Last des Krieges abschüttelnde alle befreiende Lachen hätte die Zuhörer, hätte Russland, hätte sogar Stalin mit sich gerissen. Nur, Stalin hatte keinen Humor. Die Parteibonzen stellten fest, dass Schostakowitsch sich über die sowjetische Sache lustig macht. Er als Stalinpreisträger hätte ihnen eine großartige, die Sowjetunion verherrlichende, Stalin ins Unermessliche preisende Sinfonie komponieren müssen (mit Chor!). Was er ihnen aber gab, war ein Witz! Schostakowitsch, so verstanden sie es und so mussten sie es verstehen, streckte ihnen die Zunge heraus.

In der Durchführung bleibt die ausgelassene Stimmung bestehen. Wild-fröhlich (nicht wild-expressionistisch) wirbelt Schostakowitsch die Themen durcheinander, lässt er das gesamte Orchester am Spaß teilhaben.

Nun haben wir es in den vorherigen Sinfonien bereits mehrfach erlebt, dass Schostakowitsch es perfekt beherrscht, ein Thema zu verwandeln, aus einem belanglosen ein bedeutungsvolles, aus einem Lächeln eine Fratze zu machen.

Auch hier, in der Durchführung, dramatisiert sich das Geschehen schleichend. Da aber, gewissermaßen am Rubikon, stoppt Schostakowitsch diesen Vorgang mit einem zur Ordnung rufenden Schlag auf die große Trommel (es ist der einzige Auftritt dieses Instruments in der ganzen Sinfonie, Schostakowitsch muss die Stelle sehr wichtig gewesen sein). „Keine bösen Geister mehr“, ruft Schostakowitsch dem Publikum zu. Das Orchester versteht, sammelt sich und geht zur Reprise über.

Nachdem in ihr eine Zeit lang das erste Thema zu hören ist (in modifizierter Form), sehen nun auch die Posaunen ihre Zeit gekommen. Mittels des Zwei-Ton-Motivs wollen sie wie ehedem das zweite Thema einleiten. Aber, was ist das? Keiner hört auf sie. Alle spielen unbeirrt weiter das erste Thema. Hmmh, hat wohl keiner gehört, also noch mal: Zwei-Ton-Motiv… wieder nichts. Die Posaunen wundern sich, versuchen es erneut, abermals ohne Erfolg. Und wieder nicht. Endlich, nachdem das Zwei-Ton-Motiv schon penetrant geworden ist, erbarmen sich die Violinen und folgen, den Part der Flöte übernehmend. Die Flöte, als sie das schließlich bemerkt, kommentiert den Vorgang spitz. Bald darauf geht der Satz zu Ende. Rund fünf Minuten hat er nur gedauert. Wahrlich erstaunlich!

Der zweite Satz – moderato – ist denkbar einfach aufgebaut. Holzbläser und Streicher wechseln sich ab, langsames Tempo. Die Coda wird von der Pikkolo-Flöte noch langsamer gespielt: adagio. Der Dirigent darf den zweiten Satz nicht zu langsam angehen, anderenfalls kommt er am Ende nicht auf ein adagio.

Die Sätze drei bis fünf gehen nahtlos ineinander über. Der dritte Satz, ein Scherzo, enthält einen Trompetenmittelteil, der sehr an den Mittelteil im dritten Satz der 8. Sinfonie erinnert (in Barshais Aufnahme der achten bei 3:41). Das Fagottsolo im Largo gemahnt hingegen an das Fagottsolo aus dem ersten Satz der 7. Sinfonie, nach der Kriegsepisode.

3. Interpretationen auf CDs

Zunächst sei auf die unter folgendem link zu findende Zusammenstellung hingewiesen http://develp.envi.o...dsch/work/sym9e.html.

Ich besitze folgende CDs:

Barshai, WDR Sinfonie-Orchester, Aufnahme 1995
Bernstein, New York Philharmonic, Aufnahme 1965
Haitink, London Philharmonic Orchestra, Aufnahme 1980
Jansons, Oslo Philharmonic Orchestra, Aufnahme 1991
Kondrashin, Moscow Philharmonic Orchestra, Aufnahme 1965 (Melodiya)

Bernstein enttäuscht. Die Themen des ersten Satzes wirken weniger spritzig als gewohnt. Sie haben nichts keckes, wirken ohne Schwung, Pep und Witz. Der Eindruck setzt sich im ganzen ersten Satz fort, insgesamt wirk er verschleppt, langweilig. Tja, und dann noch dieser zweite Satz: Moderate, am Ende adagio heißt es. Bei Bernstein hört man nichts als Largo. In Zahlen: Kondrashin und Barshai braucht 6:45 bzw. 5:42 Minuten, Bernstein braucht 8:07! Und wenn es nur das wäre. Schlimmer noch ist: Das Orchester – Lennie? – spricht Schostakowitschs Sprache nicht. Die Phrasierungen, Betonungen, Bläsereinwürfe klingen fremd, belanglos, unpassend. Es ist, als sagt jemand ein Gedicht auf, dessen Inhalt er nicht versteht.

Was für eine Wohltat ist es, anschließen Haitink zu hören! Haitink trifft genau den richtigen Ton. Haitink spricht die richtige Sprache. Zwar klingt das Orchester auch bei Haitink zurückhaltend – Haitinks zweiter Satz ist mit 7:44 ebenfalls recht lang. Doch ist diese Zurückhaltung von einer Art, die dem Stück gut tut. Es ist die Zurückhaltung eines Gentlemans. Haitink spielt die neunte nach Art der Briten. Nicht extrovertiert, sondern mit Understatement. Mir gefällt´s.

Lest wo ihr wollt, fragt wen ihr wollt, die Antwort auf die Frage nach der besten neunten ist eindeutig: Kondrashin! Ist Kondrashins neunte wirklich so gut? Ja, sie ist es. Wenige Sekunden genügen, um das zu wissen. Das Feld wird geradezu deklassiert. Der besondere Rang dieser Aufnahme rührt daher, dass es Kondashin gelungen ist, die Musik zugleich intensiv und leichtfüßig zu spielen. Die Bläser spielen mit Verve, die Pikkolo-Flöte klingt spitz, der Marsch im ersten Satz hat Kraft… und doch wirkt dies alles mit leichter Hand dirigiert. Hinzu kommen die Qualitäten des russischen Orchesterklangs, man höre nur den Anfang des zweiten Satzes. Wunderbar!

Barshais neunte finde ich fast so gut wie Kondrashins. Barshai kommt weniger leichtfüßig daher, trifft in meinen Ohren aber ebenfalls aufs beste den Ton, spielt dabei aber um ein Vielfaches intensiver als Haitink. Manchmal allerdings habe ich den Eindruck, jetzt ist es zuviel des Guten, klingt die Flöte beispielsweise grell. Möglich, dass dieser Eindruck ein Resultat der Aufnahmephilosophie ist. Wie bereits anderswo erwähnt, hat der WDR die Barshai-CDs sehr nah aufgenommen. Dem Vorteil der deutlichen Hörbarkeit aller Instrumente und der damit verbundenen großen Transparenz steht der Nachteil der geringeren Räumlichkeit und Tiefenstaffelung gegenüber. Nun muss die neunte aber leichtfüßig sein, darf sie einen nicht anspringen. Eben dieses Anspringen aber geschieht durch die Art der Aufnahme.

Bleibt noch Jansons. Bei ihm kann ich mich kurz halten. Er kann in der Liga von Kondrashin, Barshai und Haitink nicht mithalten. Man höre nur, wie die Flöte im ersten Satz das zweite Thema spielt. Ohne Schwung, Pep und Witz, das zu Bernstein Geschriebene gilt auch hier. Jansons schreibt im Booklet, dass Schostakowitsch in der neunten Sinfonie eine tiefe Ader von Unbehagen nicht habe verbergen können, die unter der oberflächlichen Brillanz der Musik pulsiere. Wenn Jansons dieses Unbehagen durch eine Zurücknahme der Brillanz zum Ausdruck bringen wollte, hat er sich ins eigene Fleisch geschnitten, ging damit doch die Vitalität verloren.

4. Unsicher bin ich, was die Einordnung der neunten Sinfonie betrifft. Vielfach habe ich gelesen, dass die neunte eine der am häufigsten aufgeführten Sinfonien von Schostakowitsch sei. Andererseits ist im Gramophone CD-Guide nicht eine einzige Aufnahme dieser Sinfonie besonders bezeichnet.

Ich selbst höre die neunte Sinfonie gern, aber nicht allzu oft. Ich frage mich, ob die neunte Erfolg gehabt hätte, wenn es nicht die besonderen Entstehungsbedingungen gegeben hätte. Stellen wir uns vor, wir wüssten nichts von ihnen. Würde uns die neunte Sinfonie dann gefallen? Ich vermute, die neunte würde viel von ihrem Reiz verlieren.

Was haltet ihr von der neunten Sinfonie? Seht ihr ebenfalls Kondrashin einsam an der Spitze?

fragt

Thomas
Hüb'
Moderator
#2 erstellt: 16. Mai 2007, 06:01
Wieder mal ein exzellenter Post!

Vielen Dank!

Werde ihn später lesen (müssen).
Martin2
Inventar
#3 erstellt: 16. Mai 2007, 08:52
Lieber Thomas,

vielen Dank für Deinen schönen Beitrag. Ich selber besitze an Aufnahmen der 9.:

Rahbari
Haitink
Jansons
Barshai

Ich habe sie lange nicht mehr gehört, schon gar nicht im Vergleich.

Ich weiß allerdings nicht, ob Deine Beschreibung dieser Sinfonie als "heiter" tatsächlich paßt. Ich denke diese Heiterkeit ist schon sehr doppelbödig.

Gruß Martin
Thomas228
Stammgast
#4 erstellt: 16. Mai 2007, 09:51
Hallo Hüb, hallo Martin,

danke für die netten Worte.


Ich weiß allerdings nicht, ob Deine Beschreibung dieser Sinfonie als "heiter" tatsächlich paßt. Ich denke diese Heiterkeit ist schon sehr doppelbödig.


Ja, uneingeschränkt heiter ist die Sinfonie auch meiner Auffassung nach nicht. Wie könnte sie auch, war Schostakowitsch sich doch bewusst, dass diese Sinfonie einen Ritt auf der Rasierklinge bedeutet? Wie kann jemand einen Witz erzählen, wenn er weiß, dass er für das Erzählen getötet werden könnte?

Doppelbödig finde ich diese Sinfonie jedoch gerade nicht. Mit Doppelbödigkeit gemeint ist weithin die bei oberflächer Betrachtung richtlinienkonforme Komposition, die sich jedoch bei näherer Betrachtung unter der Oberfläche als kritisch, ja subversiv herausstellt. Prominentes Beispiel: das Finale der fünften Sinfonie.

Die neunte Sinfonie ist anders. Sie ist bereits an der Oberfläche ein Affront. Sie verleugnet ihre Absicht nicht, sondern ist eine ausdrückliche Frechheit.

Viele Grüße
Thomas
Martin2
Inventar
#5 erstellt: 16. Mai 2007, 12:13
Lieber Thomas,

Du magst recht haben mit der Doppelbödigkeit. Ich meinte nur, daß die Sinfonie an der Oberfläche heiter ist, was in der Sowjetunion noch kein Verbrechen war und darunter traurig, was schon zu Spekulationen Anlaß geben mag, denn galt es nicht einen großen Sieg zu feiern?

Ich habe inzwischen noch mal in meine vier CDs herein gehört. Also ich teile mit Dir die Auffassung, daß der Haitink sehr gut ist. Für den Barshai kann ich mich nicht erwärmen. Vor allem ist das Moderato viel zu schnell gespielt. Das ist wohl auch der Grund, warum ich für den Rahbari immer noch eine Schwäche habe, der spielt diesen Satz sehr langsam. Haitink spielt ihn jedoch auch nicht schnell und ist ansonsten sicher besser. Jansons fand ich bei oberflächlichem Hören nicht so schlecht, aber Haitink ist sicher besser. Schade nur, daß ich mich für die 5., die auf der selben Scheibe ist, so überhaupt nicht erwärmen kann.

Die Spielzeiten noch mal

Jansons: 5.04-6.20-2.33-3.09-6.22
Haitink: 4.57-7.44-2.28-3.56-6.37
Barshai: 5.16-5.42-2.54-3.00-6.51
Rahbari: 5.08-8.54-2.46-3.29-6.14

Man sieht daran, es gibt hier erstaunliche Unterschiede, insbesondere im zweiten Satz. Daß Du da den Haitink und den Barshai gleichermaßen lobst, wundert mich schon, denn die Tempi ( auch im vierten Satz) sind doch sehr verschieden. Beim ersten Satz sind sie aber alle noch recht eng beieinander.

Gruß Martin
teleton
Inventar
#6 erstellt: 18. Mai 2007, 11:16
Hallo Thomas,

auf Deinen "fälligen " Beitrag zur Sinfonie Nr.9 habe ich schon lange gewartet. Wieder, wie schon gewohnt, bestens formuliert und aufgeschlüsselt.


Was haltet ihr von der neunten Sinfonie? Seht ihr ebenfalls Kondrashin einsam an der Spitze?

Ja, die Kondraschin-Aufnahme steht bei mir auch an der Spitze und es ist auch die Aufnahme in der ich auf Eurodisc-LP diese Sinfonie als einer der ersten Schosty-Sinfonien kennen, schätzen und lieben gelernt habe.
Sie gehört zu meinen meistgehörten Schostakowitsch-Sinfonien, da ich den Spielwitz und damit verbundenen Hörspaß so hoch schätze. Keiner setzt es besser um als Kondraschin.
Die Melodia-CD der Sinfonie Nr.9 mit Kondraschin konnte ich vor zwei Jahren (gekoppelt mit Nr.15) preiswert ergattern.
Der Klang war etwa so gut wie auf der Platte.
Ein Hochgenuss war es dann 2006 diese Aufnahme in meiner AULOS-Schostakowitsch-GA (mit dem neuen 24Bit-Remastering) rauschfrei und trotzdem brillant und natürlich zu hören --- ich berichtete im entsprechenden Schostakowitsch-Thread mit einer Menge Gegenwehr eines ausgeschiedenen Forianers.

Auch die Barshai-Aufnahme (Brillant) ist auch hervorragend gelungen - mir gefällt sie gut.
Ich denke ob eine Interpretation gelingt hängt hier nicht unbedingt vom gewählen Tempo ab, sondern ob der Dirigent die Ironie in Klang umsetzen kann.
Ich denke Barshai ist nicht weit von Kondraschin entfernt nur etwas schwergewichtiger im Ausdruck.

Bernstein / New Yorker PH (SONY/CBS) finde ich in diesem Falle auch nicht so gut. Bernstein versteht das witzige in dieser Sinfonie schon, doch bei ihm klingt es dann zu sehr nach Musical. Dadurch geht natürlich die Doppelbödigkeit des Witzes verloren und übrig bleibt nur der Witz.
Die auf der gleichen CD befindliche Sinfonie Nr.5 finde ich mit Berni viel besser.
Aber ungehört bleibt für mich als Bernstein-Fan die Aufnahme der Nr.9 trotzdem nicht - es gibt weitaus schlechtere..... ich denke da nur an Naxos und Co.

Roshdestwensky / Moskauer PH (EURODISC_CD) ist ähnlich TOP wie Kondraschin, noch einen Ton schärfer und wirkt etwas schwergewichtiger, aber die Pionte des Witzes wird ebenfalls genial frech umgesetzt, so dass diese Aufnahme zu den drei Besten zählen dürfe.
Man sollte diese Spitzen-Aufnahme auf jeden Fall haben !

Haitink / LSO (Decca) finde ich auch nicht schlecht, wirkt mir aber zu akademisch ohne den russischen Pepp. Auch die vergleichsweise langsame Interpretation des 2.Satzes hat trotzdem etwas. Jedenfalls überzeugt Haitink hier weit mehr als bei der seiner langsamen Nr.5 (besonders im 1.Satz) auf der gleichen CD.

Mir ist noch eine Aufnahme eingefallen, die ich besitze und deshalb den Beitrag nochmal zur Bearbeitung aufrufe.
Die Aufnahme mit Maxim Schostakowitsch (Dmitri´s Sohn)/ Prager SO (Supraphon):
Diese Aufnahmae ist von der Interpretation her sehr gut, mit allen positiven Eigenschaften ausgestattet, die nötig sind um dem Werk gerecht zu werden. Leider ist der Live-Klang und die klangliche orchestrale Balance bei Supraphon nicht so gelungen wie es sein soll.
Als Livekonzert, wie ich Maxim im Bonn schon zwei mal mit Werken seines Vaters erleben durfe, wäre es ein Erlebnis gewesen.


[Beitrag von teleton am 18. Mai 2007, 11:40 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#7 erstellt: 22. Mai 2007, 14:09

teleton schrieb:


Haitink / LSO (Decca) finde ich auch nicht schlecht, wirkt mir aber zu akademisch ohne den russischen Pepp. Auch die vergleichsweise langsame Interpretation des 2.Satzes hat trotzdem etwas. Jedenfalls überzeugt Haitink hier weit mehr als bei der seiner langsamen Nr.5 (besonders im 1.Satz) auf der gleichen CD.



Was die 5. anbetrifft sind wir uns völlig einig! Der erste Satz ist teilweise sinnentstellend langsam dirigiert. Die CD war in dieser Hinsicht wirklich eine Enttäuschung.

Gruß Martin
Audiodämon
Inventar
#8 erstellt: 10. Jun 2007, 17:22
Ich höre diese sehr gerne:



Grüße

René
fuchsja
Neuling
#9 erstellt: 17. Nov 2016, 16:23
fuchsja
Neuling
#10 erstellt: 17. Nov 2016, 16:28
interessanter als die verschiedenen interpretationen ist die erkenntnis, dass im ersten satz das lied "lob des hohen verstandes" von gustav mahler zitiert wird, wo der esel entscheidet, dass der kuckuck schöner singe als die nachtigall. der artikel in der nzz vom 29.10.2016 unter dem titel "der weiseste der weisen - ein esel?" wird dies detailliert dargestellt. die zitierten elemente sind so versteckt, dass weder die zensoren von stalin, noch die schostakowitsch-forscher darauf gestossen sind. da stalin nach ende des zweiten weltkriegs als der grosse sieger dargastellt und auch als "der weiseste der weisen" benannt wurde, ist die gleichung stalin=esel klar belegt, zeigt aber auch, wie gefährlich dies für schostakowitsch war.
Hüb'
Moderator
#11 erstellt: 17. Nov 2016, 17:43

fuchsja (Beitrag #10) schrieb:
:. interessanter als die verschiedenen interpretationen ist die erkenntnis, dass im (...)

Ich denke, dass ist eine ganz individuelle Frage des persönlichen Standpunktes.

fuchsja
Neuling
#12 erstellt: 19. Nov 2016, 17:35
nein, das ist keine angelegenheit des individuellen standpunkts. in der musik kann man dies mit genauen taktzahlen und motiven nachweisen.
Hörbert
Inventar
#13 erstellt: 19. Nov 2016, 18:29
Hallo!

Sorry aber ich denke mal Frank meint eher welchen persönlichen Stellwert diese "Erkenntnis" für den Einzelnen hat.

Das Verhältnis von Schostakowitsch zu Stalin war ohnehin ein rechjt ambivalentes zumal m.E. eigentlich nie eine echte Gefahr für Schostakowitsch von Stalin ausging, -wäre das anders gewesen hätte ein Lidschlag von Stalin gereicht und Schostakowitsch wäre Sang- und Klanglos verschwunden wie so viele andere auch.

MFG Günther
fuchsja
Neuling
#14 erstellt: 19. Nov 2016, 19:35
das entspricht nicht den erkenntnissen der forschung. schostakowitschs engste freunde wie marschall tuchatschevsky und der regisseur meyerhold sind liquidiert und seine schwester in den gulag geschickt worden.
im zusammenhang mit dem prawda-artikel, der sich auf die oper "lady macbeth von mzensk" bezog, ist er als volksfeind bezeichnet und mit einem publikationsverbot belegt worden. das war 1936. ein zweites mal ist er 1948 gemassregelt worden. wenn diese verschlüsselung durch die zensur entdeckt würden, hatte stalin wohl direkt interveniert. seine wutausbrüche sind dokumentiert, auch die folgen.
Hüb'
Moderator
#15 erstellt: 19. Nov 2016, 20:05
Du hast mich missverstanden.
Ich meinte die Frage, ob man nun die Diskussion über die verschiedensten Interpretationen oder aber den geschilderten historischen Hintergrund als 'interessanter' ansieht. Das ist faktisch doch ganz individuell zu beantworten.

talisker_storm
Neuling
#16 erstellt: 19. Dez 2016, 20:39
"Lest wo ihr wollt, fragt wen ihr wollt, die Antwort auf die Frage nach der besten neunten ist eindeutig: Kondrashin! Ist Kondrashins neunte wirklich so gut? Ja, sie ist es."

Volle Zustimmung. Keiner lässt die Satire so krachen wie Kondrashin. Zumal zu einer Zeit, da die Meloiya Aufnahmen endlich internationales Format in der Tonqualität erreicht hatten.
fuchsja
Neuling
#17 erstellt: 19. Dez 2016, 22:40
ich kenne von kondraschin die aufnahme der neunten mit dem "german youth philharmonic orchestra" von 1981 und muss zugestehen, dass auch diese produktion iln bezug auf die satire und das groteske ausgezeichnet daherkommt und mit excellenten bläsern aufwartet. da würde aber nicht von "krachen" sprechen, denn der gesamtklang ist auch in den sarkastischsten steigerungen immer noch differenziert.
hörenswert ist auch die aufnahme von ferenc friscay mit dem rias-sinfonieorchester aus den 50er jahren, ebenso die aufnahme mit roshdestvenski und dem ussr-sinfonieorchester - produktionsjahr mir unbekannt.
noch vor drei wochen hat der 85-jährige gennadj roshdestvenski mit dem russischen nat.orchester in baden-baden ein spritziges und präzises dirigat "abgeliefert".
op111
Moderator
#18 erstellt: 04. Jan 2017, 11:09

fuchsja (Beitrag #17) schrieb:
die aufnahme mit roshdestvenski und dem ussr-sinfonieorchester - produktionsjahr mir unbekannt.

Die meisten Melodija-Studioaufnahmen stammen aus der ersten Hälfte der 1980er Jahre.
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