di Lasso, Orlando

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Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 18. Apr 2004, 12:50
Hallo Forianer,

Da die Wochenenden, im Gegensatz zur Normalwoche hier eher ruhig sind, will ich dies zum Anlass nehmen, Wochenenden
eher Spezialthemen zu widmen. Vor allem auch solche, wo ich nicht ganz sattelfest bin, und noch ein wenig "dazulernen" kann (Nein ich rede nicht von zeitgenössischer Musik !!!)

amazon.de

Heute will ich mich ein wenig mit Orlando di Lasso (1532-1594)befassen, der auch unter den Namen Orlandus Lassus , Roland de Lassus und Roland de Lattre bekannt war.
Man kann ohne Übertreibung sagen , daß Lasso wohl der berühmteste Komponist seiner Zeit war. kaum eine Land das er nicht bereiste, kaum ein Hof zu dem er nicht in "Geschäftsbeziehung " stand.

Nicht nur sein Ruhm, auch die Anzahl seiner Werke ist beispiellos, nicht nur für seine Zeit.Ein "Vielschreiber" sozusagen .
Allein die Anzahl seiner Geistlichen Werke ist beachtlich. 70 Messen und ca 700 Motetten, diverse Hymnen,Requiems,4 Passionen.
Unter den weltlichen Werken finden wir über 100 Madrigale,bzw deren Abarten, fast 100 deutsche Lieder und um die 150 Chansons.
Umso erstaunlicher ist, daß man seine Platten nur vereinzelt in Plattensammlungen findet. Ich selbst besitze derzeit nur eine einzige, aus dem weltlichen Bereich. (siehe Abbildung), werde aber dieses Jahr meine "Alte Musik"-Sammlung doch ein wenig aufstocken, solange es auf diesem Gebiet überhaupt noch Angebote gibt.

Aber ich bin sicher, in diesem Forum gibt es einige, die über diesen Komponisten und seine Werke, speziell aber davon erhältliche Einspielungen, etliches zu sagen haben.

Schönen Sonntag

Alfred


[Beitrag von Alfred_Schmidt am 18. Apr 2004, 12:51 bearbeitet]
BigBerlinBear
Stammgast
#2 erstellt: 18. Apr 2004, 17:03
In den letzten 20 Jahren hat sich etwas getan für Orlado di Lasso auf Tonträger. Allerdings musste ich bei Durchsicht der Kataloge feststellen, daß viele Aufzeichnungen längst wieder vom Markt verschwunden sind.
Meine Empfehlung für "Einsteiger" in die Kunst des weylandt
Münchener Hofkapellmeisters sind diese:



Diese "Geistlichen Madrigale" sind die letzte Veröffentlichung des Meisters; sozusagen sein "Schwanengesang" und im Bewusstsein des nahenden Endes auch als solcher konzipiert und veröffentlicht. 3 Wochen nach Drucklegung dieser Arbeit wurde Orlando zu Grabe getragen.
Die "Madrigale", von den Dänen lupenrein intoniert und von Naxos räumlich plastisch aufgenommen, sind ein Höhepunkt
der musikalischen Spätrenaissance. Ihr dunkles Kolorit,
ihre düstere Feierlichkeit nehmen die die gequälten Aufschreie eines Don Gesualdo da Venosa vorweg, aber sie wirkten stilprägend bis zu den "Cantiones sacrae" (1625) von Heinrich Schütz.

Das "Requiem" zu vier Stimmen dürfte den 80ger Jahren des
16.Jahrh. entstammen, im Gegensatz zum sonstigen polyphonen
Stil des Komponisten bedient es sich eines einfacheren, überwiegend homophon geprägten Satzes. Die etwas unterkühlte Feierlichkeit des Werkes, das im Übrigen viel schwerer auzufühern ist, als das Notenbild uns glauben macht, verfehlt seine Wirkung nie. Über die Interpreten, das "Hilliard-Ensemble" ist ebenfalls nur Lobendes zu sagen.
Ergänzt wird die Aufnahme durch die "Prophetiae Sibyllarum", deren Drucklegung anno 1573 erfolgte.

dufay
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 18. Apr 2004, 17:04
Hallo Alfred,
Du hast leider keine sehr glückliche Hand bei Deiner Lassus-CD gehabt. :-(
Unglaublich schwülstiger Chorgesang, derbes Madrigalrepertoire.

Welche Aufnahmen soll man nur empfehlen ?
Habe bei Amazon gerade feststellen müssen, daß viele bedeutende Aufnahmen nicht mehr erhältlich sind (trotzdem noch 150 Treffer !!:-))

Bei Lassus ist das Problem, daß es, ähnlich wie bei Bach und Mozart, keine schwachen Kompositionen gibt. Und das bei einer Werkzahl von weit über 2000 !

Der Klang der Aufnahme ist äußerst wichtig, da Lassus in seinen späten Jahren, der Entfaltung klanglicher Wirkung mehr Gewicht beimaß als der strukturellen Strenge.

Was sollte man nun von ihn haben ?
Mindestens eine große Messe, die Lamentationes, die Lagrime di San Pietro (sehr chromatische Harmonik !!), einige Bußpsalmen, Motetten und natürlich lateinische und französische Madrigale.

In einem anderen Forum hast Du mal über „angeborenes Musikempfinden“ sehr kontrovers diskutiert ;-). Bei Lassus und seinen Zeitgenossen sind wir noch nicht in der künstlichen Dur-Moll-Tonalität. Was man hier jedoch zu hören bekommt, besonders in seiner vertikalen Reinheit, würde deine Thesen stützen. Es ist unmöglich, diese Musik, auch ohne Vorkenntnisse, als nicht schön zu empfinden !:-)

Meine Ensembleempfehlungen und die damit verbundene Aufforderung im CD-Laden Deines Vertrauens zu schnubbern.
Pro Cantione Antiqua unter Bruno Turner
Huelgas Ensemble
Hilliard Ensemble
Philippe Herreweghe mit seinen diversen Formationen !!!!!!!
Alsfelder Vokalensemble !!!!!!!!!!

Bei Naxos Ars Nova unter Holten.
Die Oxford Camerata klingt mir aufnahmetechnisch etwas zu trocken.

Nun aber mein Geheimtipp:

Komponist: Orlando di Lasso
Dirigent: Wolfgang Helbich
Künstler: Alsfelder Vokalensemble

amazon.de

Diese Scheibe war für mich vor über 20 Jahren (als LP) die Schlüsselmusik für den Eintritt in die Welt der Alten Musik.
Sie hat nichts mit der heutigen, hyperintonationsreinen und schmalen Aufführungspraxis englischer Ensembles gemein.
Eher traditioneller, klangflächenbildender Chorgesang, erster Güte.
Traumhaft schön !!!!
Dürfte ich nur eine Platte mit Alter Musik in die Arche mitnehmen, dann diese :-)
Auch schön, sie ist preiswert erhältlich :-)

Gruß
Norbert

p.s. Die Aufnahme ist in unterschiedlichen Aufmachungen auf dem Markt.
Alle von Warnermusic, den Zerschlagern der Teldec


[Beitrag von dufay am 18. Apr 2004, 18:23 bearbeitet]
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 18. Apr 2004, 20:12
Hallo Norbert,


Hallo Alfred,
Du hast leider keine sehr glückliche Hand bei Deiner Lassus-CD gehabt. :-(
Unglaublich schwülstiger Chorgesang, derbes Madrigalrepertoire.


Das hab ich auch gar nicht erwartet.
Irgendwie wollte es das Schicksal, daß ich immer wieder eine CD eines unbekannten Mozart-Zeitgenossen nach Hause brachte, an Stelle auch nur einer einzigen Lasso-CD.
Eines Tages war eine Fernsehsendung, wo Lassos Musik zu hören war, und ich wurde mir bewusst, dass ich Lasso noch nie gehört hatte, und nicht mal eine Alibi-Platte da war.
Zwei Tage später fand ich besagte CD auf einem Wühltisch und befand: Weltlich= Ok, Münchner Motettenchor, Name schon mal gehört - reicht zum Kennenlernen.
Ich hab die CD auch nicht empfohlen, sondern (offenbar sehr drastisch ) meinen Wissensstand (hier meine ich akustisch, nicht historisch)in Bezug auf Lasso dokumentieren wollen
Schamlos habe ich daher auch den Lasso Tread aufgemacht, wo ich wusste, BBB und Du würden sofortdasein wie dei Motten beim Licht und ich würde davon partizipieren.
Bei solch eher "exotischem Repertoire ist es ja eher schwierig infos zu bekommen, ich hääte mich in diesem Genre eher nicht über eine Naxos CD getraut, weil mir die Ensembles kein Begriff sind....


In einem anderen Forum hast Du mal über „angeborenes Musikempfinden“ sehr kontrovers diskutiert ;-). Bei Lassus und seinen Zeitgenossen sind wir noch nicht in der künstlichen Dur-Moll-Tonalität. Was man hier jedoch zu hören bekommt, besonders in seiner vertikalen Reinheit, würde deine Thesen stützen


Erinnere mich bitte nicht daran
Aber nun im Ernst: Das sind nicht meine "Thesen",
sondern allerneueste Theorien, durch Genforscher weitestgehend untermauert und bestätigt.
Übrigens hat man das immer schon gewusst. Da sagte man:
Die (oder der) hat Talent.

Beiden, die bisher hier antworteten, danke ich, wer weiß
vielleicht gibt es hier weitere Lassos-Kenner.

Gruß aus Wien

Alfred
Susanna
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 18. Apr 2004, 20:23
Norbert:

Nun aber mein Geheimtipp:

Komponist: Orlando di Lasso
Dirigent: Wolfgang Helbich
Künstler: Alsfelder Vokalensemble

Traumhaft schön !!!!


Ja, diese LP habe ich auch "herüber gerettet". Wie gesagt ist das Cover etwas anders.

Einige der Madrigale waren jedenfalls damals noch ungedruckt, und wurden für die Aufnahme z.T.aus vorhandenen Einzelstimmen zusammen gesetzt.

Bei Orlando kann ich total entspannen und trotzdem zuhören. Neben vielen ernsten Gesängen gibt es auch Witziges, z.B. ein "derbes" (um einen hier schon erwähnten Ausdruck zu gebrauchen) lateinisches "Flohlied".

Gruß,
Susanna
dufay
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 18. Apr 2004, 22:13
Hallo Susanna,
Schwester im Geiste

Verstehe ich Dich richtig, Du hast noch die LP ?
Oder meinst Du mit Herüberretten den Erwerb der CD ?
Im ersten Falle möchte ich Dich beglückwünschen
Die könnte bei Ebay einigen Erlös erzielen. Aber das tust Du bestimmt nicht

Gruß
Norbert

p.s. Ich stelle bei Dir gewisse Geschmacksähnlichkeiten mit einer anderen Person, in einem anderen Forum fest ;-)
Du bist doch EG im KA-Forum ? :-)


[Beitrag von dufay am 18. Apr 2004, 22:14 bearbeitet]
Susanna
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 19. Apr 2004, 00:02

Hallo Susanna,
Schwester im Geiste

Verstehe ich Dich richtig, Du hast noch die LP ?
Oder meinst Du mit Herüberretten den Erwerb der CD ?


Hallo Norbert,

nein, ich habe die echte, alte LP, würde sie aber nie verkaufen, wie Du richtig vermutest. Meine LP-Sammlung ist mein Goldstück!
Es ist Telefunken,rechts oben steht DAS ALTE WERK, rechts unten "Aus unveröffentlichten Manuskripten", ein wenig anderes Renaissancegemälde, Alsfelder, Helbich, alles stimmt.


p.s. Ich stelle bei Dir gewisse Geschmacksähnlichkeiten mit einer anderen Person, in einem anderen Forum fest ;-)
Du bist doch EG im KA-Forum ? :-)


Das hat aber gedauert, lieber Norbert!

Beste Grüße,
Susanna
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