Wann ist eine Neuproduktion von Standardrepertoire gerechtfertigt?

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Hüb'
Moderator
#1 erstellt: 13. Nov 2013, 11:50
Hallo,

zugegeben: auch nicht gerade ein sensationell neues Thema.

Wie ich darauf komme? Mich haben die Besprechungen des vergleichsweise neuen Beethoven-Zyklus mit dem BRSO unter Jansons bei Amazon etwas gewundert (bis geärgert): KLICK.

Ok, ich kenne die Aufnahmen nicht, aber mir scheint dennoch die Erwartungshaltung der Rezensenten falsch. WIE soll denn eine "revolutionäre" Neuaufnahme dieses hier nur beispielhaft erwähnten Sinfonien-Zyklusses aussehen? Was soll "anders" oder "noch besser" gemacht werden, was im Rahmen des durch den Notentext Gegebenen interpretatorisch gestaltet werden kann?
Ist jede Neuproduktion "auf (sehr) gutem Niveau" qua Marktsättigung "verboten"? Hat nicht jeder Künstler ein grundsätzliches Recht darauf, seine nachgestaltende Sicht der komponierten Dinge zu präsentieren (wenn man ihn denn lässt)? Muss man ihn an der ständig länger werdenden Latte (sämtlicher) der existenten Einspielungen messen? Was bedeutet das für die nächste Künstlergeneration? Und die Übernächste?

Wie steht ihr grundsätzlich zu diesem Thema bzw. wie ist eure Haltung mit Blick auf eure tatsächlichen Kaufentscheidungen - losgelöst von LvB?

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 13. Nov 2013, 18:59 bearbeitet]
elchupacabre
Inventar
#2 erstellt: 13. Nov 2013, 11:54
Um nur dieses Beispiel aufzugreifen, Amazon nutze ich schon lange nur mehr ohne die Rezensionen zu beachten, die Leute regen sich über die logischten und einfachsten Dinge unglaublich auf und Bewerten teilweise nicht mal mehr das Produkt, sondern den Hersteller oä.

Ich selbst habe erst die Tage von einer 12er CD Box, Neueinspielung von Mozart gehört, wenn mich nicht alles täuscht, diese werde ich mir, aus Interesse einmal zu Gemüte führen, in einer ruhigen Stunde und nicht darüber nachdenken, wie alt der Komponist jetzt wäre, was erlaubt ist, oder was nicht.

Damit lebt es sich wesentlich angenehmer.

Verzeih, falls ich deine Frage damit kaum, oder unzureichend beantwortet habe.
Hüb'
Moderator
#3 erstellt: 13. Nov 2013, 11:55
Hallo,

ja, deine Antwort geht in der Tat leider völlig am Thema vorbei.

Wilke
Inventar
#4 erstellt: 13. Nov 2013, 13:15
Wann ist eine Neuproduktion von Standardrepertoire gerechtfertigt?

Um einen bestimmten Bekanntheitsgrad zu erlangen, reicht es sicherlich nicht ausschließlich, ein guter
Instrumentalist oder Dirigent zu sein. Das würde bedeuten, dass ich als solcher nur in einem bestimmten
Umkreis bekannt/beliebt werde. Deswegen ist es wichtig, dass es eine Produktion auf cd oder mp3, die
im Netz abrufbar ist, von gibt. Es stellt sich natürlich dann die Frage, ob ich auf mich aufmerksam mache, indem ich ein Nischenprodukt (z.B. Klavierkonzert von Ries) oder einen Klassiker aufnehme. Wenn man nicht gerade gesättigter Klassikhörer - wie die meisten in diesem oder auch in anderen Foren ist - ist, werde ich einem größeren Publikum eher durch bekannte Kompositionen - z.B. Beethovens 5 Symphonie oder
Chopins Klaiverkonzert bekannt. Dann gibt es natürlich die gesättigen Speziallisten, die zu mäkeln haben, dass es nichts Neues, Revolutionäres ist. Aber dies muss es doch gar nicht! - Jedenfalls aus meiner Sicht.
Ich liebe Klassik, muss aber auch eingestehen, dass ich keine Noten lesen kann und mich so auf mein Gehör verlasse. Für mich persönlich ist es wichtig, dass einerseits bei einer Komposition einerseits die Gesamtstruktur erhalten bleibt, andererseits - z.B. bei einer Symphonie - nicht Instrumentengruppen - verschluckt werden. Bei Beethovens Symphonie - und auch bei Mahler- habe ich zwei Zyklen, und das reicht mir. Ich höre Unterschiede heraus - manchmal auch nicht, aber der Gesamteindruck von z.B. Beethovens 9 bleibt insgesamt erhalten. Wenn jetzt eine Dirigent auf die Idee käme, Beethovens 9, bei letzten Satz einen Chor auftreten zu lassen, der nur aus Altstimmen besteht, so würde ich sicherlich aufhorchen und mich mit der Frage beschäftigen, ob das von Beethoven so gemeint sein kann. Ich würde mir aber diese cd nur deswegen kaufen, weil irgendwo steht, "Dirigent xy hat eine tolle Einspielung vorgelegt, dass besondere ist, dass im letzten Satz ein Chor singt, der nur aus Altstimmen besteht. gruß Ralf.
Kreisler_jun.
Inventar
#5 erstellt: 13. Nov 2013, 16:15
Ich kann verstehen, dass man bei manchem Repertoire, wie etwa den Beethovensinfonien, tatsächlich kaum mehr gute Gründe für Neuproduktionen sieht. Nach nunmehr 30 Jahren HIP und entsprechend beeinflusster Interpretationen auf neueren Instrumenten, sowie einer ungebremsten Anzahl traditioneller Interpretationen und dazu eben auch noch viele Jahrzehnte Back-Katalog, kann sich eine Neuaufnahme wohl nur noch in Nuancen von dem unterscheiden, was schon vorliegt.
Klar, es geht hier sehr oft um Nuancen und man kann kaum ausschließen, dass jemandem eine überraschend originelle Neuinterpretation gelingt, aber damit zu rechnen, halte ich auch für naiv.

Daraus zu schließen, man sollte es ganz lassen, ist aber voreilig. Wie Wilke schon anmerkte, will ja auch der Künstler sich "verewigen" und wird kaum die Chance ausschlagen, sofern sie sich ihm bietet.

MIt dem Dilemma, dass mit den meisten Aufnahmen weder viel Geld noch viel Aufmerksamkeit zu erzielen ist, muss man heute eben leben.
Dennoch erzielt ein junger Pianist nach wie vor sicher mehr Aufmerksamkeit, wenn er mit einer Chopin-Auswahl herauskommt, als mit ein paar Clementi-Sonaten.
Wilke
Inventar
#6 erstellt: 13. Nov 2013, 16:39
Ja, und dazu auch noch, wo ich Clementi lieber höre als Chopin! Vielleicht sollte man die Zuhörerschaft durch das Internet und/oder durch eine Zettelabstimmung nach Konzerten befragen, was sie am liebsten veröffentlich haben möchten. Ich weiß, dass dieser Vorschlag ein wenig naiv von mir ist.... aber ich kaufe auch nicht 20mal die Beethovensonaten, nur weil es ein andere Interpret ist. Ich bin auch kein Pianist oder Musikkritiker, der 20mal die Beethovensonaten hören muss, sondern Amateur, der sich an der Musik erfreut.

Gruß Ralf.
Hüb'
Moderator
#7 erstellt: 13. Nov 2013, 16:51
Hallo,

ein Antrieb bzw. ein (Marketing-)Argument für immer neue Aufnahmen war ja eine ganz Zeit lang die ständige Verbesserung der Aufnahmetechnik. Aber auch hier ist ja mittlerweile ein Niveau erreicht, dass zu einer Qualität führt, welche die meisten Konsumenten gar nicht nachfragen bzw. "adäquat verwerten" können - wobei man über Sinn und Unsinn hochauflösender (Mehrkanal-)Medien auch dem Grunde nach trefflich streiten kann.

Vielleicht sollte man die Zuhörerschaft durch das Internet und/oder durch eine Zettelabstimmung nach Konzerten befragen, was sie am liebsten veröffentlich haben möchten.

Das wird ja teilweise bereits gemacht. Siehe die Mahler-Box bei Universal, mit ihrem "Editor's Choice"-Ansatz. Gut, das sind in diesem Fall Zweitverwertungen.
Grundsätzlich halte ich aber nix davon, "die Masse" im Vorfeld zu befragen. Das führt nur zu risikolosem Einheitsbrei und wird den Markt kaum im Sinne der Qualität und Vielfalt bereichern.
Wie viele Aufnahmen EINES Werkes jemand meint, besitzen zu müssen, muss natürlich jeder mit sich selbst ausmachen. Ganz rational betrachtet bedarf es vermutlich nicht dieser Vielfalt, wie sie sich doch einige von uns "gönnen", um wirklich glücklich mit dem Hören klassischer Musik zu werden - so mal als durchaus selbstkritische Betrachtung.

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 13. Nov 2013, 18:28 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#8 erstellt: 13. Nov 2013, 18:44
Es gibt auch Pianisten, die mit abseitigerem Repertoire eine Karriere gemacht haben. Aber als Interpret muss er/sie sich eben im Standardrepertoire vergleichen lassen und das ist eben in erster Linie Beethoven, Chopin, Liszt, Schumann, Debussy, Prokofieff etc. Bach und Schubert geht auch gerade noch (zB Stadtfeld), ist aber schon leicht exzentrisch.

Es gibt für einiges Repertoire auch ausreichend Hörer, die an immer neuen Interpretationen interessiert sind, vermute ich, selbst wenn irgendwann zunehmend Sättigung eintritt.

Ich finde für einiges an ziemlich mainstreamnahem Repertoire durchaus noch Luft für gute Alternativaufnahmen. ZB sind bei Haydn in den letzten 10 Jahren um das Jubiläum 2009 einige Aufnahmen erschienen, die fast alles vorherige übertreffen und bei manchen Sinfonien und Quartetten u.a. ist man immer noch oft froh, eine einzige ordentliche Aufnahme zu haben...
Hüb'
Moderator
#9 erstellt: 13. Nov 2013, 18:55
Hallo Johannes,

sicher richtig. Mit Blick auf Haydn würde ich aber bspw. nur einen geringen Teil seiner Sinfonien, Streichquartette, Klaviertrios im häufig eingespielten und aufgeführten Kern- und Standardrepertoire verorten. Da gibt es bestimmt noch viel Luft für herausragende Interpretationen. Ich vermute, gerade bei den erhältlichen Gesamtaufnahmen ist vieles an Drive und Inspiration dem Faktor "quantitative Bewältigung" geopfert worden. Vermutlich ist es gar nicht möglich, hinsichtlich der jeweils vollständigen Zyklen mehr als "solide Arbeit" mit Blick auf das einzelne Werk abzuliefern?

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 13. Nov 2013, 18:56 bearbeitet]
Hörbert
Inventar
#10 erstellt: 13. Nov 2013, 19:24
Hallo!

Zumindestensd für mich eine recht schwierige Frage, natürlich wandelt sich das Bild eines Komponisten und das Bild seiner Musik eigentlich immerzu, demgemäß gibt es wohl auch ständig neue Ansätze die neue Interpretationen rechtfertigen.

Allerdings gibt es rein aus Marketinggründen jede Menge Interpretationen bei denen nichts weiter als die eine oder andere konventionelle Schablone zur Anwendung kommt und bei der neben der heute üblichen sehr hohen Perfektion des Orchesters kein bemerkenwerter Aspekt zutage tritt und bei deren Rezeption man sich fragen kann ob der jeweilige Dirigent oder Interpret sich eigentlich wirklich mit der Materie auseinandergesetzt hat oder nur irgendeinem Vorbild nacheifert.

Gerade bei den Neuinterpretationen der Mainstream-Werke die in schöner Regelmäßigkeit auf den Markt geworfen werden wahre ich -offen gesagt-, schon lange einen gebührenden Abstand und warte erstmal den Filter der Zeit ein wenig ab. Eine Aufnahme ohne bemerkenswerten Ansatz verschwindet zumeist nach einigen Jahren auf nimmerwiedersehn aus den Katalogen während sich bemerkenswerte Neuansätze oder zumindestena eigenwillige Ansätze doch eigentlich recht lange halten respektive Neuauflagen erleben.

MFG Günther
Hüb'
Moderator
#11 erstellt: 13. Nov 2013, 20:08
Hallo Günther,

Hörbert (Beitrag #10) schrieb:
Zumindestensd für mich eine recht schwierige Frage, natürlich wandelt sich das Bild eines Komponisten und das Bild seiner Musik eigentlich immerzu, demgemäß gibt es wohl auch ständig neue Ansätze die neue Interpretationen rechtfertigen.

So lange denn die Spanne der Deutungsmöglichkeiten, die durch die Partitur sowie historische Aufzeichnungen legitimierbar ist, nur groß genug ist. "Alles" kann man ja auch nicht machen, wenn man denn den Komponisten noch ernst nehmen will. Insofern ist die Anzahl möglicher sinnvoller Interpretationen meinem Verständnis nach per se begrenzt - und damit auch die Anzahl der "notwendigen" Einspielungen.

Die Überlegung mit dem "Zeitfilter" ist grundsätzlich ein kluger Gedanke - nur wird andererseits anlassbezogen (Jubiläen, Todestage etc. pp.) eigentlich doch alles maximal vermarktet, was nur halbwegs Deckungsbeitrag verspricht. In meiner Wahrnehmung wird vieles zumindest nicht Herausragende bzw. "Überholte" verfügbar gehalten.

Welche Kriterien kann man denn anlegen, wenn es um die Definition der "Notwendigkeit" von Aufnahmen geht?

Freiheitsgrade der Partitur? -> hohe Freiheitsgrade, größere Anzahl sinnvoller Deutungen
Anzahl bereits existierender Aufnahmen? -> wenige Aufnahmen, größere Notwendigkeit von Neuproduktionen
Künstlerische und klangliche Qualität der existierenden Aufnahmen? -> analog zuvor

Und - ganz wichtig - wie sieht es mit der Unterscheidbarkeit von Interpretationen durch den Hörer aus? Das Thema traut man sich gar nicht, als Sammelwahnsinniger überhaupt zu denken.

Passen diese Dimensionen? Weitere Aspekte?
Oder: blödsinniger Diskussionsaufschlag?

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 13. Nov 2013, 21:05 bearbeitet]
Thomas133
Hat sich gelöscht
#12 erstellt: 13. Nov 2013, 22:03
Hallo
Mal was Neues das Hüb jetzt auch Threads erstellt, aber find ich gut und bringt hier wie man auch merkt Leben rein. Vielleicht könnte man es so machen wie bei einer anderen Seite, ein Onlinemagazin für Musikproduzenten, die jede Woche ein anderes Thema aufwirft über das man dann seine Meinung kundtun kann (meist geht es da einfach um persönliche Erfahrungen und Meinungen mit dem jeweiligen Thema)

Ich bin ja generell Jemand der mehr in die Breite als in die Tiefe sammelt. Somit kann ich persönlich sowieso nicht viel mit der xten Einspielung von Beethoven-Sinfonien, Klaviersonaten, den letzten 3-4 Sinfonien Mozarts, seinem Requiem, Bruckner/Brahms-Sinfonien und vielen anderen vergleichbar populären Werken, anfangen. Für mich persönlich reicht es davon höchstens 5 verschiedene Interpretationen zu haben (bei den Beethoven-Sinfonien zB in HIP, traditionell sehr gute Interpretationen -> 1x nach Beethovens Metronomvorgaben und 1x nicht sowie unter Umständen 2 unterschiedliche aber durchaus packende, mich ansprechende Alternativen die sich von den zuvor genannten zum. etwas unterscheiden)
Man muß ja bedenken, auch wenn man etwas unterschiedlich interpretieren kann so bleibt der Spielraum doch in einem gewissen Rahmen will man es nicht ganz verunstalten oder die Vorgaben des Komponisten komplett ignorieren. Wie Kreisler sagt handelt es sich sowieso meist nur um Nuancen und jeder muß halt selbst wissen inwieweit es sich lohnt dafür eine Neueinspielung anzuschaffen wenn man schon einige Zyklen davon im Regal stehen hat. Frage mich was man sich revolutionäres denn erwartet, doch nicht etwa das man irgendwelche radikal, polarisierende Wege einschlägt wie es zB Gould bei den Mozart-Sonaten gemacht hat? Wo sich Interpreten, Künstler selbst inszenieren statt dem Werk zu dienen?

Finde die aufgeworfene "Freiheit" sollte ihre Grenzen haben, allein schon aus Respekt des Komponisten gegenüber. Mir ist klar das der Künstler dem Ganzen noch "Leben" einhauchen sollte und es da oft unvermeidbar ist auch subjektive Emotionen und Sichtweisen mit einfliessen zu lassen. Die vorgegebenen Tempi sollten sich aber nicht allzu weit entfernen, Spielweisen in der Partitur eingehalten werden, Agogik und jegliche Manierismen stark in Grenzen halten. Mich persönlich törnt es unglaublich ab wenn ein Interpret meint er muß da etwas besonders Effektvolles einbauen das weder in der Partitur steht sonst noch jemand zuvor so gemacht hat, zB ein unnötig übertriebenes, gedehntes Ritardando/Ritendo; Rubati wo keine lt. Notentext hingehören, oder einfach mal Anweisungen in der Legati oder Staccati-Spielweise zu ignorieren. Das ist für mich ein No-Go und zeigt mir nur das der Interpret es scheinbar notwendig hat sich über bedeutenden Dingen hinwegzusetzen nur um sich von anderen bisher zahlreichen Einspielungen interpretatorisch unterscheiden zu können. Gut ein anderes Thema das hier natürlich aufkommen würde, welche Notenfassung (abweichend vom Original) herangezogen wird, aber welche auch immer sollte dann nicht noch der Interpret selbst noch wesentliche Veränderungen vornehmen.

Und wenn es tatsächlich noch keine neue, für heutigen Standard qualitätsmäßig klanglich gute Aufnahme geben sollte ist das natürlich noch eines der wichtigsten Argumente aber auch von den wichtigsten klassischen Werken scheint mir da schon alles abgedeckt zu sein.

@Kreisler
Bach und Schubert sind schon exzentrisch? Falls du das gesamt bezogen meinst versteh ichs noch aber auf gewisse einzelne Werke bezogen? Schau mal nach wieviele Einspielungen es vom WTK und von Schuberts letzten 3 Klaviersonaten gibt. Gerade von Schuberts D 960 gibt es Aufnahmen wie Sand am Meer und fast jeder große Pianist hat diese zum. einmal eingespielt (die Meisten sogar die letzten 3) - um nur paar Namen zu erwähnen Brendel, Kempff, Buchbinder, Uchida, Horowitz, Pollini, Schiff, Richter, Barenboim,...

grüße
Thomas


[Beitrag von Thomas133 am 13. Nov 2013, 22:04 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#13 erstellt: 13. Nov 2013, 22:07
Außer den Freiheitsgraden der Partitur gibt es auch "Freiheitsgrade des Scheiterns". Bei einem Werk mit einer Reihe von Gesangssolisten wie Oratorien und Opern kann man sich oft für eine bestimmte Rolle besseres vorstellen (bzw. kennt besseres aus anderen Aufnahmen).

Klar, Haydns Sinfonien 54 oder 79, bei denen ich mir vermutlich irgendwann nochmal Feys Aufnahme (sofern es sie gibt) holen werde, sind keine Mainstream-Werke. Aber Haydn ist ein Mainstream-Komponist und es gibt inzwischen auch von unbekannteren seiner Werke meist ein paar Aufnahmen, oft jedoch keine wirklich hervorragende.

Man kann das immer in Relation zu wirklich gut abgedeckten Repertoire betrachten. Bachs Johannespassion ist sicher ein Werk mit etlichen Freiheitsgraden, aufgrund der historischen Distanz zur Barockmusik, stilistischen Entscheidungen der Interpreten usw. (es gibt sogar unterschiedliche Fassungen des Stücks) Es gibt eine handvoll Solisten, von denen welche suboptimal besetzt sein können usw. Dennoch gibt es hier so viele Aufnahmen, dass ich mal vermuten würde, dass eine Reihe dabei ist, mit der man rundum zufrieden sein kann und die überdies vermutlich unterschiedliche Interpretationsansätze aufweisen.

Stellen wir diesem Stück ein Oratorium Händels (außer Messiah und vielleicht noch Saul und ein oder zwei weiteren, die häufig aufgenommen wurden) gegenüber, so merkt man, wieviel Luft für Verbesserung hier verglichen mit dem diskographisch sehr gut abgedeckten Stück ist. Ich habe zB die drei neueren Aufnahmen von Händels "Samson" (Christophers, Harnoncourt, McGegan) alle gehört und keine davon ist auf einem Niveau, auf dem man vermutlich ein dutzend oder zwei Johannespassionen kriegt. Es beginnt damit, dass nur Christophers' Aufnahme vollständig ist, McGegans Mitschnitt ist leicht, Harnoncourts erheblich gekürzt. Dafür hat Harnoncourt das wohl interessanteste Dirigat und ziemlich unbestritten den besten Sänger für die Titelrolle usw.

Ich vermute mal, dass es nicht nur bei Händel, sondern auch bei Mendelssohns Paulus und einer Reihe weiterer Werke ähnlich aussehen wird. Selbst wenn man vielleicht eine ziemlich gute Aufnahme hat (was ich bei Samson bestreiten würde), hat man keine Auswahl hervorragender Interpretationen wie bei Messiah, Bachs Passion, Haydns Schöpfung, Mozarts Requiem u.a.
(Messiah und das Mozart-Requiem sind überdies auch Beispiele für eine Vielfalt von Fassungen, was von der Diskographie nicht unbedingt entsprechend abgedeckt wird, weil meistens eine oder wenige sich etabliert haben, oft aus bloßer Gewohnheit)
Von Beethovens C-Dur-Messe kenne ich bislang zu wenige Aufnahmen gut genug, aber was ich selbst gehört und über andere gelesen habe, lässt mich ebenfalls vermuten, dass die überragende Einspielung hier noch fehlt.
Kreisler_jun.
Inventar
#14 erstellt: 13. Nov 2013, 22:15
Bach und Schubert sind leicht exzentrisch als Debut-Platten eines jungen Pianisten, meinte ich. Sonst natürlich nicht.
Spätestens seit Gould kann man mit einem Bach-Fokus sich einen intellektuellen Nimbus geben, insofern ist es auch schon wieder eine Masche, die aber vielleicht mehr Aufmerksamkeit erzielt als ein übliches gemischtes Recital (oder für Chopin-Finalisten ein Chopin-Recital).
Ein Debut mit Schubert-Sonaten mag es auch mal geben, aber sicher eher selten. Wandererfantasie vielleicht. Sonst müsste es eine der vier letzten Sonaten sein und da gibt es immer noch viele Hörer und Rezensenten, die meinen, dass ein Pianist älter sein müsse als Schubert je wurde, um die angemessen zu spielen.

ich verfolge das aber auch nicht genau; man könnte sicher gucken, was typische Pflichtstücke bei den großen Klavierwettbewerben sind.
Hörbert
Inventar
#15 erstellt: 13. Nov 2013, 22:56
Hallo!

Wenn man die Spanne der Interpretationen alleine der "echten" Klassiker (Hayden, Mozart, Beethoven) anschaut so wird man zu bestimmten Zeiten immer eine gewisse Gleichförmigkeit feststellen können die nur durch sehr wenige inviduellere Deutungen aufgelockert werden.

Einige dieser Inviduellen Deutungen sind natürlich bestenfalls originell, andere allerdings haben das Zeug sich als Maßstabgebend durchzusetzen. Von dem homogenen Rest hört man zumeist bald nichts mehr.

Nicht umsonst hat sich zwischen den 60gern und den frühen 90gern eine ganze Reihe von Interpreten und Dirigenten z.B. an Karajan und an Interpreten wie Brendel orientiert, allerdings sind die meisten dieser "Adepten" sang- und klanglos wieder verschwunden sobald die Zeiten wechselten. -Aus dem gleichen Grund gibt es wohl mittlerweile HIP-Interpretationen wie Sand am Meer-, beim nächsten Wechsel bleibt auf dem Tonträgermarkt davon genau so nur eine Hand voll übrig wie heute von den Karajan-Adepten. Inviduellere Interpretationen die während der vorhergehenden Strömung z.B. Beethoven gegen den "Zeitstrich" gebürstet haben sind allerdings wesentlich mehr übrig geblieben.

Gerade dieses "mit dem Strom der Zeit schwimmen und klingen wie...." macht die Ununterscheidbarkeit diverser Produktionen/Interpretationen insbesondere aus der zweiten Riege der Dirigenten und Interpreten zuweilen zu einer (fast) Únmöglichkeit, wer könnte z.B. den Karajan-Schüler und Bewunderer Roberto Paternostro von seinem Mentor unterscheiden hätte er den gleichen Orchestralen Klangkörper wie sein Meister zur Verfügung und nicht in der Regel Orchester aus der zweiten Liga?

MFG Günther
Hüb'
Moderator
#16 erstellt: 14. Nov 2013, 11:47
Hallo Thomas,

Thomas133 (Beitrag #12) schrieb:
Hallo
Mal was Neues das Hüb jetzt auch Threads erstellt, aber find ich gut und bringt hier wie man auch merkt Leben rein. Vielleicht könnte man es so machen wie bei einer anderen Seite, ein Onlinemagazin für Musikproduzenten, die jede Woche ein anderes Thema aufwirft über das man dann seine Meinung kundtun kann (meist geht es da einfach um persönliche Erfahrungen und Meinungen mit dem jeweiligen Thema)

Danke für's Lob. Ich hätte tatsächlich noch ein paar Themen in der Pipeline, die auf Interesse stoßen könnten. Wir sehen es allerdings nicht als primäre Mod-Aufgabe an, inhaltliche Impulse zu liefern (insofern agiere ich jetzt quasi nur als "normaler User", wenn ich einen Thread eröffne oder meine Meinung schreibe :)). Es wird ja auch niemand gehindert, neue Themen zu erstellen.

Man muß ja bedenken, auch wenn man etwas unterschiedlich interpretieren kann so bleibt der Spielraum doch in einem gewissen Rahmen will man es nicht ganz verunstalten oder die Vorgaben des Komponisten komplett ignorieren. Wie Kreisler sagt handelt es sich sowieso meist nur um Nuancen und jeder muß halt selbst wissen inwieweit es sich lohnt dafür eine Neueinspielung anzuschaffen wenn man schon einige Zyklen davon im Regal stehen hat. Frage mich was man sich revolutionäres denn erwartet, doch nicht etwa das man irgendwelche radikal, polarisierende Wege einschlägt wie es zB Gould bei den Mozart-Sonaten gemacht hat? Wo sich Interpreten, Künstler selbst inszenieren statt dem Werk zu dienen?

Finde die aufgeworfene "Freiheit" sollte ihre Grenzen haben, allein schon aus Respekt des Komponisten gegenüber.

Das sehe ich ganz genauso. Auch wird jeder für sich eine individuelle Grenze setzen, was man aus seiner Sicht einem Werk noch "antun" darf, was durch die künstlerische Freiheit des Interpreteten gedeckt ist, und ab wo der Komponist mit Füßen getreten wird.

Und wenn es tatsächlich noch keine neue, für heutigen Standard qualitätsmäßig klanglich gute Aufnahme geben sollte ist das natürlich noch eines der wichtigsten Argumente aber auch von den wichtigsten klassischen Werken scheint mir da schon alles abgedeckt zu sein.

Das vermute ich auch. Mir fiele spontan kein Werk ein, an dem mir liegt, was aufnahmetechnisch nur inadäquat vorliegt.

@Johannes:
Im Falle von Vokalwerken kommt natürlich der immens wichtige Faktor "Stimme" bei der Beurteilung der Interpretation hinzu. Die Frage der Besetzung vervielfältigt gleich die Möglichkeiten der Einschätzung einer Aufnahme. Wenn dann noch hinzu kommt, wie dem Hörer die Stimme des ein- oder anderen Sängers rein subjektiv gefällt, dann wird es schnell gänzlich unübersichtlich bis unmöglich, nach der "perfekten" Interpretation zu suchen.

@Günther:
Meinst Du nicht, dass es von einem gewissen Zeitpunkt der Interpretations- und Rezeptionsgeschichte "kein Zurück" mehr gibt in der Deutung von Werken? Würde jemand, der Beethoven wie Furtwängler spielte, nicht verrissen (oder zumindest kontrovers betrachtet) werden? Immer wieder liest man - auch hier im Forum - dass die sehr individuellen Interpretationsansätze der "großen alten" Künstler der Vergangenheit angehören.

Nicht umsonst hat sich zwischen den 60gern und den frühen 90gern eine ganze Reihe von Interpreten und Dirigenten z.B. an Karajan und an Interpreten wie Brendel orientiert, allerdings sind die meisten dieser "Adepten" sang- und klanglos wieder verschwunden sobald die Zeiten wechselten.

Kannst Du hier mal ein paar Namen nennen, wen Du meinst?

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 14. Nov 2013, 11:48 bearbeitet]
Hörbert
Inventar
#17 erstellt: 14. Nov 2013, 19:23
Hallo!

Ich denke mal das sich sehr wohl wieder ein Revival der "subjektivistischen" Interpretation a-la Furtwängler einstellen könnte, -oder etwas vergleichbares da sich irgendwann wohl viele an den derzeitigen Strömungen sattgehört haben werden und jede Menge User nicht auf das Mainstreanrépertoire verzichten wollen.

Auch HIP-Interpretationen sind m.E. nur deshalb groß geworden weil eben das gesamte Mainstreanrépertoire sich auf der Karajan-Böhm-Schiene sich quasi "abgenutzt" hatte.

Hm, wen meine ich direkt, sind dir z.B. Wolfgang Sawallisch oder Ferdinand Leitner ein Begriff?

Oder bei den Pianisten Adam Harasiewicz?

Nicht das z.B. Sawallisch oder Leitner schlechte Interpretationen abgelifert hätten, seinerzeit waren sie sehr wohl ein Begriff und lieferten handwerklich gute Arbeit ab, -aber eben zu 100% im Stil ihrer Zeit und ihrer Vorbilder Böhm und Karajan-.


Adam Harasiewicz galt als die kommende Größe bei Copin´s und Szymanowski´s Klavierwerken war allerdings zwar technisch sehr gut so doch interpretatorisch m.E. völlig ein Adept von Arturo Benedetti Michelangeli. Heute ist er praktisch vergessen.

MFG Günther
Thomas133
Hat sich gelöscht
#18 erstellt: 14. Nov 2013, 19:30

Hüb' (Beitrag #16) schrieb:
Wir sehen es allerdings nicht als primäre Mod-Aufgabe an, inhaltliche Impulse zu liefern (insofern agiere ich jetzt quasi nur als "normaler User", wenn ich einen Thread eröffne oder meine Meinung schreibe :)). Es wird ja auch niemand gehindert, neue Themen zu erstellen.


Hallo Frank,
ich bin mir halt immer unsicher ob meine Themen-Einfälle "massentauglich" und gut zum diskutieren wären. Über zB "War Beethovens Taubheit letztendlich eher förderlich oder hinderlich für seine Kompositionen?" oder "Warum hat wohl Schumann so viel von Mendelssohn gehalten dieses aber nicht so sehr auf Gegenseitigkeit beruhte?", "Warum hat Mozart nie erwogen in seinen letzten Jahren Wien zu verlassen um vl. nach Prag oder London zu ziehen wo man ihn schon kannte und sehr schätzte?" sind nur stümperhafte Versuche die wohl großteils nur zu Hypothesen-Gequake führen...mir fällt da wirklich nichts für eine gute Diskussionsgrundlage ein. Vielleicht doch eines...ich schaue ja auch hin- und wieder in den "Was hört ihr gerade jetzt"-Thread und habe mich schon öfters gefragt wonach der jeweilige User seine Entscheidung fällt gerade dieses Werk und nicht ein anderes zu hören...die Meisten von uns haben ja Unmengen an Klassik-CDs, wird da mit geschlossenen Augen einfach was aus dem CD-Regal gezogen oder schaut man so lange alle CD´s durch bis man bei einer hängenbleibt die gerade zur Gefühlslage paßt oder läßt man sich bei der Wahl von irgendwas leiten oder inspirieren wie Klassikforen-Diskussionen, Alltagserlebnisse, Gefühlszustand, ab und zu Neueinkäufe aber gut man hat ja nicht jeden Tag eine noch nie gehörte CD rumliegen schätz ich mal usw. Gut, ist jetzt auch nicht so wirklich das Überdrüber-Thema aber dieser Gedanke kam mir jedenfalls schon öfters in den Sinn. Aber da du ja eh noch ein paar gute Themen auf Lager hast muss man nicht auf meine banalen Einfälle zurückgreifen, außerdem weißt du ja Nr.1-Regel in allen Foren... die Themen von Mods sind immer originell und gut oder als originell und gut zu heissen...egal um was für ein Thema es sich letztendlich handelt.
gruß
Thomas
Hüb'
Moderator
#19 erstellt: 14. Nov 2013, 23:25
Moin Thomas,

das "Schlimmste", dass einem Thema passieren kann, ist keinerlei Resonanz zu erfahren.
Ergo: nix zu verlieren.

@Günther:
Ja, Sawallisch und Leitner "kenne" ich. Leitner hat nicht wirklich viel aufgenommen. Einigermaßen präsent habe ich ihn allerdings nur als Dirigent der Beethoven Klavierkonzerte mit Kempff - eine Aufnahme, deren Bekanntheit überwiegend dem Solisten geschuldet sein dürfte.
Sawallisch beurteile ich etwas anders, auch wenn ich keine besonders herausstechenden Eigenschaften benennen kann. Auf Tonträger ist er auch nicht wirklich umfangreich dokumentiert. Es gibt die (wenigen) eher frühen Aufnahmen für Philips (Brahms-Zyklus, Mendelssohn- und Schubert-Sinfonien, Wagner-Opern) - und dann passiert lange nix, bevor zum Ende der Achtziger bis in die Neunziger einiges für EMI aufgenommen wird (erneut Brahms, Wagners Ring, Strauss, Beethoven-Zyklus, Dvorak). Gut, in diesem Zusammenhang ist noch der oft gelobte Schumann-Zyklus für EMI aus den Siebzigern zu nennen. Bei den späten Aufnahmen ist durchaus einiges dabei, dass mir gut gefällt (Brahms, Dvorak, Beethoven). Beide Dirigenten halte ich daher nicht für so passende Beispiele.

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 14. Nov 2013, 23:28 bearbeitet]
Hörbert
Inventar
#20 erstellt: 14. Nov 2013, 23:46
Hallo!

Oh, von Leitner gab es seinerzeit immerhin noch den Dr.Faust von Busoni der bei der DG erschienen war.

Aber egal, welche Kriterien willst du denn an gute Beispiele anlegen?

Schmidt-Isserstedt wäre dir wohl auch nicht recht? M.E. klingt auch er oft recht beliebig und Roberto Paternostro habe ich ja bereits genannt.

MFG Günther
Hüb'
Moderator
#21 erstellt: 14. Nov 2013, 23:58
Hallo Günther,

Sawallisch halte ich eben deshalb nicht für ein gutes Beispiel, weil er in einer bereits späteren Lebensphase mit Mainstream einigermaßen erfolgreich war, obwohl man die Aufnahmen seinerzeit auch mit Künstlern hätte machen können, die besser zu vermarkten gewesen wären. Gut, das sind wohl keine Produktionen, die die nächsten 50 Jahre (10, 20, 30, 40?) Jahre überdauern werden.

Ich weiß nicht, ob der Gedanke überhaupt zutreffend sein kann, allein einem Vorreiter wie HvK zuzugestehen, diese Sichtweise präsentieren zu "dürfen".
Andere Künstler können doch durchaus zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommen - aus Überzeugung -, ohne ein Vorbild kopieren zu wollen. Vielleicht handelt es sich einfach um einen der "richtigen" Ansätze innerhalb des künstlerischen Diskurses?

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 15. Nov 2013, 00:05 bearbeitet]
Hörbert
Inventar
#22 erstellt: 15. Nov 2013, 18:56
Hallo!

Ja sicher, ich werfe Sawallisch oder auch Leitner ja gar nicht vor das sie aus irgendeinem Beweggrund HvK respektive Böhm kopieren wollten, ich nehme schon an das sich dieses Ergebniss sehr wohl aus der Überzeugung das es "richtig" repektive "richtiger" sei als andere "Spielweisen" -also eher eine unbewußte Gefühlsentscheidung.

Es geht hier eigentlich um das Nacheifern das ja auch heute wohl von vielen Dirigenten der HIP-Strömung genau so gehandhabt wird, so wie seinerzeit auf einen großen Dirigenten zig Nacheiferer kamen ist es heute auch, damit wird aber auch eine Breite in der Stömung vorgetäuscht die so gar nicht existiert, -fallen die Leitbilder weg gehen die Nacheiferer sang und klanglos unter-.

Gernau deswegen kann man sich bei Interpretationen ja auch gut auf die Leitfiguren einer Stömung beschränken, es sei denn man hat aus persönlichen Gründen besondere Vorlieben für den einen oder anderen der "kleineren" Dirigenten gefasst. (so bin ich z.B. aus diversen persönlichen Gründen ein Sammler von Interpretationen von Christoph Angerer obwohl er gewiß keiner der großen HIP-Dirigenten ist)

MFG Günther
Hüb'
Moderator
#23 erstellt: 15. Nov 2013, 19:02
Hallo Günther,

aber wenn Du es so beschreibst bzw. bestätigst, dann finde ich den Stempel "Nacheiferer" daneben.
Nur weil einer zeitlch gesehen (evtl. zufällig) der "Erste" wahr, halte ich es nicht für richtig, alle mit einem ähnlichen Ansatz so zu bezeichnen. Zumindest dann nicht, wenn es um Musik "Nachschaffende" geht. Gut, vielleicht störe ich mich auch nur zu sehr an diesem (für mich negativ besetzten) Begriff.

Grüße
Frank
Hörbert
Inventar
#24 erstellt: 15. Nov 2013, 19:40
Hallo!

Na ja, HvK war eigentlich nicht zufällig der erste seiner Riege, m.E. war er der der als erster das notwendige Talent und das notwendige Format hatte, zudem finde ich -trotz aller berechtigten Kritik daran-, seine etwas kühlen prachtvollen Klangskulpturen die er z.B. aus Beethovens Symphonien zauberte bis heute unerreicht. -Noch großartiger verfährt er z.B. mit Schönbergs Variationen für Orchester Op,31 oder mit Richard Strauss Metamorphosen, -wer diese Stücke nur so kennt wird sich mit einer etwas nüchternen Interpretation schwer tun-.

"Nacheiferer" ist bei mir weder negativ besetzt noch negativ gemeint, es steht nicht für Plagiatoren oder auch nur für Epigonen. Es soll einfach die später zu einer Richtung hinzugekommenen bezeichnen.

MFG Günther
Kreisler_jun.
Inventar
#25 erstellt: 15. Nov 2013, 20:18
Was genau soll Sawallisch mit Karajan verbinden? Soweit ich weiß hatten die nichts näher miteinander zu tun und was ich von Sawallisch kenne, klingt auch nicht wie Karajan. Lt. wikipedia verehrte Sawallisch in seiner Jugend Strauss und Knappertsbusch (Münchner eben), lernte Dirigieren bei Rosbaud und Markevitch (alles Namen, die man nicht mit Karajan in Verbindung bringt).

Karajan-Protegés waren zB Okko Kamu und Seji Ozawa, sein berühmtester Schützling freilich kein Dirigent, sondern eine Geigerin.
op111
Moderator
#26 erstellt: 18. Nov 2013, 11:37
Hallo zusammen,

Hüb' (Beitrag #1) schrieb:
Ist jede Neuproduktion "auf (sehr) gutem Niveau" qua Marktsättigung "verboten"? Hat nicht jeder Künstler ein grundsätzliches Recht darauf, seine nachgestaltende Sicht der komponierten Dinge zu präsentieren (wenn man ihn denn lässt)?

ich denke, die marktpolitischen- / wirtschaftlichen Überlegungen spielen für mich als Konsument keine Rolle, die mag der Produzent/Anbieter bedenken. Ich habe nichts gegen die 101. Ausgabe der Neun LvB, wenn ich sie nicht kaufen muß.
Ein Recht auf Veröffentlichung kann ich auch nicht sehen.
Gibt es auch ein Recht auf öffentliche Konzerte? Ich denke nicht.
Nutzen wir die Zeit der Überfülle, bevor es anders wird.
Hüb'
Moderator
#27 erstellt: 18. Nov 2013, 12:28

Ein Recht auf Veröffentlichung kann ich auch nicht sehen.
Gibt es auch ein Recht auf öffentliche Konzerte?

Sind ja auch nur nicht sonderlich ernst gemeinte, rhetorische Fragen.

Wenn niemand da ist, der für eine Aufnahme einen Markt sieht, dann muss der Künstler schon selbst in die Tasche greifen, um die Produktion zu finanzieren - wird ja manchmal gemacht.
Die Orchesterlabel sind ein gutes Beispiel für diese Entwicklung bzw. Option.

Grüße
Frank
op111
Moderator
#28 erstellt: 18. Nov 2013, 12:52
Hallo Frank,
ich meine mich zu erinnern, daß z.B. Naxos normalerweise nie, aber ausnahmsweise und nur sofern das vorher abgestimmt wurde erst ab einer bestimmen Verkaufszahl (deutlich mehr als 10.000 Einheiten? ) eine Beteiligung am Umsatz zahlt, .
Gab es nicht mal deswegen Streit mit Idil Biret, die hohe Auflagen verkauft hatte, aber leer ausging?


[Beitrag von op111 am 18. Nov 2013, 13:13 bearbeitet]
op111
Moderator
#29 erstellt: 18. Nov 2013, 13:16
Hüb'
Moderator
#30 erstellt: 18. Nov 2013, 16:19
Hallo Franz,

danke Dir für den Link. Der kursierte mW schon einmal hier im Forum..

Martin2
Inventar
#31 erstellt: 19. Nov 2013, 08:29
Welche Neuproduktion ist gerechtfertigt? Nun, ich denke grundsätzlich einmal jede. Ich denke mal, wir leben durchaus noch in einem Kulturland. Wir haben sehr viele professionelle Orchester in Deutschland ( oder auch Schweiz oder Österreich), wir leisten uns diesen Luxus, weil wir uns eine lebendige Kultur erhalten wollen und das ist auch richtig so.

Zu dieser "lebendigen Kultur" gehören für mich allerdings auch Neueinspielungen des "Mainstreams". Sicher kann man auch auf dem Standpunkt stehen, daß es jenseits des Mainstreams lohnende Werke gibt, um die sich zu kümmern "lohnenswerter" wäre. Aber ich denke, das entscheiden die Plattenunternehmen, selbstverständlich sind die Beethovensinfonien sicherlich endlos gespielt worden, aber wenn sich ein Plattenunternehmen einbildet, daß es damit noch ein paar Kröten verdient, warum sollte ich darüber urteilen?

Und dann sage ich mal so: Eine Neueinspielung eines Werkes kann man auf irgendeiner Ebene auch gleich setzen mit einem "virtuellen Konzertbesuch". Diesen Aspekt sehe ich als sehr wichtig an.

Vor allem aber mal eines: Man sollte sich doch nicht einbilden, daß, wenn das Neueinspielen des Mainstreams versiegte, dann automatisch mehr Randrepertoire eingespielt würde. Das glaube ich schlicht nicht und deshalb sage ich einfach: Jede Neueinspielung, selbst die Sinnloseste, ist mir erst einmal recht.

Gruß
Martin
Hüb'
Moderator
#32 erstellt: 19. Nov 2013, 08:51

Martin2 (Beitrag #31) schrieb:
Und dann sage ich mal so: Eine Neueinspielung eines Werkes kann man auf irgendeiner Ebene auch gleich setzen mit einem "virtuellen Konzertbesuch". Diesen Aspekt sehe ich als sehr wichtig an.

Stimmt, mal eine neue Sichtweise in dieser Diskussion.

Vor allem aber mal eines: Man sollte sich doch nicht einbilden, daß, wenn das Neueinspielen des Mainstreams versiegte, dann automatisch mehr Randrepertoire eingespielt würde. Das glaube ich schlicht nicht und deshalb sage ich einfach: Jede Neueinspielung, selbst die Sinnloseste, ist mir erst einmal recht.

Das hat ja auch niemand behauptet. Davon würde ich allerdings ebenfalls nicht ausgehen. Die Majors entscheiden ja primär nach wirtschaftlichen Kriterien - und da erscheint ihnen die x-te Neuauflage eines Standardwerkes in aller Regel lohnender, als repertoirseitiges Neuland. Zumal auch "aufstrebende" Künstler eher mit Beethoven, als mit Ries bekannt werden dürften.



[Beitrag von Hüb' am 19. Nov 2013, 10:22 bearbeitet]
op111
Moderator
#33 erstellt: 19. Nov 2013, 10:41
Hallo zusammen,

wie Martin auch, sehe ich mittlerweile Tonträger wie virtuelle Konzerte (nur eben kostengünstiger). In den 1960ern war jede (Neu)aufnahme einer Beethovensinfonie ein Ereignis, heute wird sie kaum noch beachtet, es sei denn, Wilhelm Furtwängler würde noch einmal dirigieren.
Kreisler_jun.
Inventar
#34 erstellt: 19. Nov 2013, 11:27
Das ist ein wichtiger Punkt. Bis irgendwann Ende der 70er oder so war vermutlich ein typischer Konzertbesuch auch billiger als eine neue LP. Das gilt inzwischen wohl nicht mal mehr für Studentenkarten...
WolfgangZ
Inventar
#35 erstellt: 19. Nov 2013, 13:58

Zumal auch "aufstrebende" Künstler eher mit Beethoven, als mit Ries bekannt werden dürften.


Das ist sicher richtig - dennoch sage ich: Leider!

Erfreulicherweise gibt es Ausnahmen: Wer sich einen großen Ruf erarbeitet hat, kann es sich bisweilen leisten, so er denn will, auch Abseitiges bekannt zu machen. Hamelin ist wohl von Anfang an eher umgekehrt verfahren. Damit einzusteigen wird dennoch leider zu selten gewagt. In der Vergangenheit traf es bereits auf einen Pianisten wie Michael Ponti zu. Aber auch heute hören wir eher von den jungen Supervirtuosen (wie etwa Yuja Wang), die auch nach einer gewissen Zeit diesbezüglich keinen großen Mut zu zeigen scheinen.


Und dann sage ich mal so: Eine Neueinspielung eines Werkes kann man auf irgendeiner Ebene auch gleich setzen mit einem "virtuellen Konzertbesuch". Diesen Aspekt sehe ich als sehr wichtig an.


Richtig - und auch schön für mich als neue, prägnante Ausrede.

Wolfgang
FabianJ
Inventar
#36 erstellt: 19. Nov 2013, 14:35
Eine Neuproduktion von Standardrepertoire erscheint mir dann "gerechtfertigt", wenn sich die Beteiligten dabei Mühe geben, motiviert bei der Sache sind und man das auch hören kann. Würde man nur völlig neuartige Ansätze zulassen, dann würde das Standardrepertoire mangels neuer Aufnahmen in absehbarer Zeit keines mehr sein.

Ich denke jede Künstlergeneration hat ein Recht darauf ihre Sicht auf die Standardwerke zu Gehör zu bringen. Dass dabei bei oft aufgenommenen Werken irgendwann nichts weltbewegend Neues mehr herauskommen kann ist doch klar, aber das macht diese Aufnahmen ja nicht automatisch misslungen. Wer bei Standardwerken schon ausreichend bestückt ist, den wird man mit solchen Neuaufnahmen kaum hinterm Ofen herlocken können, aber für alle anderen und insbesondere Neulinge sind diese Aufnahmen immer noch interessant.

Wenn ich ein Werk kennenlernen möchte, dann greife ich dazu gerne zu einer Aufnahme neueren Datums (~die letzten 20-30 Jahre). Wenn ich mich für ein bestimmtes Werk begeistern kann, dann kann ich später ja immer noch zu bedeutsamen Aufnahmen der Vergangenheit greifen.

Mit freundlichem Gruß
Fabian
Hüb'
Moderator
#37 erstellt: 19. Nov 2013, 14:37
Hallo Fabian,

zu einer Aufnahme neueren Datums (~die letzten 20-30 Jahre).

das ist aber schon eine recht großzügige Definition.

Grüße
Frank
FabianJ
Inventar
#38 erstellt: 19. Nov 2013, 14:44
Aufnahmen aus den 90ern oder den 0er-Jahren würde ich jedenfalls nicht als bezeichnen. Da steht ja auch nicht "neuen" sondern "neueren".
WolfgangZ
Inventar
#39 erstellt: 19. Nov 2013, 14:50

Aufnahmen aus den 90ern oder den 0er-Jahren würde ich jedenfalls nicht als bezeichnen.


Ich würde mein Alter auch gern unterdrücken, aber.

Wolfgang
Wilke
Inventar
#40 erstellt: 19. Nov 2013, 14:58
Für mich sind sogar Aufnahmen aus den 80er Jahren noch neueren Datums!
Kreisler_jun.
Inventar
#41 erstellt: 19. Nov 2013, 15:00
Neueren Datums = Stereo
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