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Lost in Space - 'verschollene' Künstler und Komponisten

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Hüb'
Moderator
#1 erstellt: 28. Nov 2013, 11:06
Hallo zusammen,

wie der Titel - vielleicht etwas kryptisch - zum Ausrdruck bringt, soll dieses Thema all den Verschollenen, ehemals gehypten, den One-Hit-Wondern, den Heimatlosen und den in der Versenkung Verschwundenen des Klassik-Marktes gwidmet sein. Gleich nun, ob Komponist oder Nachschaffender.

Welche Namen müssen hier genannt werden? Wer fällt euch ein?
Egal, ob vergangene Größen oder "junge Sternchen".

Beginnen möchte ich mi dem Dirigenten Claus-Peter Flor (immerhin gibt es einen Wiki-Eintrag), der mal einen viel gelobten Mendelssohn-Zyklus für RCA aufgenommen hat, dann aber in meiner Wahrnehmung kaum noch in Erscheinung trat. Als Leiter des Malaysischen Philharmonischen Orchesters ist er wohl eben dort eine geachtete Persönlichkeit und Beachtung haben zuletzt seine Dvorak-Aufnahmen für BIS gefunden. Aber irgendwie denke ich, dass diese Karriere sich auch "lauter" und erfolgreicher hätte entwickeln können, als sie es offensichtlich getan hat. Daher nenne ich ihn hier. Weiß jemand etwas?

Claus-Peter Flor (Dirigent)

Dann gab es da noch Okko Kamu, den Karajan-Protégé, der dessen DG-Zyklus der Sinfonien Sibelius' um eine Aufnahme der Sinfonien 1 bis 3 ergänzte. Abgeblich hat er über 100 Tonträger produziert, von denen mir mit Ausnahme der bereits genannten Sibelius-Sinfonien kein einziger bekannt ist. Ein Bißchen was scheint es beim Label BIS zu geben. Liegt das nur an seinem nordischen Wirkungskreis?

Okko Kamu (Dirigent)

Und auch um David Geringas ist es als aufführenden bzw. insbesondere aufnehmenden Küntsler in den letzten Jahren auffallend Stil geworden. Am Alter kann es bei ihm (Jahrgang 1946) kaum liegen.

David Geringas (Cello)

Ich bin gespannt auf eure Beiträge egal nun, ob zu Flor, Kamu, Geringas oder jemand anderem!

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 28. Nov 2013, 11:35 bearbeitet]
Hörbert
Inventar
#2 erstellt: 28. Nov 2013, 19:53
Hallo!

Zumindestens zu Schallplattenzeiten hat Okko Kamu eine bemerkenswerte Interpretation der 6. Symphonie von Allan Pettersson bei der CBS abgeliefert. (Aufnahmedatum 11.4. 1976)

Das führt mich gleich zu einer anderen Pettersson Symphonie der 8. unter Sergiu Comissona der heute wohl ähnlich unbekannt sein dürfte wie Okko Kamu.

MFG Günther
Kreisler_jun.
Inventar
#3 erstellt: 28. Nov 2013, 21:25
Kamu hat nach den paar Aufnahmen als Karajan-Protegé etliche Aufnahmen für Naxos und skandinavische Labels gemacht. Wenn Du nicht Glück hast oder Dich irgendwie besonders profilierst, ist Chef von einem dieser skand. Orchester sicher ein solider Job, aber ein im Klassikgeschäft wer weiß wie präsenter Star wirst Du damit nicht.
silbendrexler
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 29. Nov 2013, 10:57
Moin.

Ich würde Olaf Bär dazu zählen.

Wenn man schon in seinen Wikipedia-Eintrag Wiki Olaf Bär schaut, sieht man, wie sinkendes Interesse an CDs einem die Karriere verhageln kann.

Dabei halte ich seine Interpretation der "Dichterliebe" von Schumann, mehr noch die des "Liederkreises op.39", für maßstabsetzend. Seine Textverständlichkeit ist phänomenal. Wenn ich ihn das "Waldesgespräch" singen höre, jagt es mir ein um das andere Mal Schauer über den Rücken.

amazon.de

Im "normalen" Konzertbetrieb ist er zwar noch unterwegs, hat auch eine Professur in Dresden inne, aber vom Tonträgermarkt ist er weitestgehend verschwunden.

Grüße
Lutz
Thomas133
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 29. Nov 2013, 12:04
Sorry Frank zu diesem Thema kann ich wohl nicht allzu viel beitragen da ich bzgl. Interpreten im Regelfall (ausgenommen HIP und Nischenrepertoire) nur Mainstream im Regal stehen habe.
Was Komponisten anbelangt so vertreten ja nicht wenige Klassikhörer die Meinung "was heute vergessen ist, ist es auch zu recht" - vielleicht ein Thema über das man einen anderen Thread eröffnen kann
Außerdem heißt ja "verschollen" das der Komponist einst populär war und es heute kein Werk mehr auf Tonträgern von ihm gibt. Aber gerade in unserer heutigen Zeit wird soviel von Labels wie CPO, Chandos, Naxos usw. ausgegraben...selbst einige Werke die eher musealen Dokumentationscharakter haben und kaum einen Klassikfreund von den Socken haut. Das müßte schon ein Sensationsfund in irgendwelchen Archiven, Bibliotheken, Verliesse oder was auch immer sein (Ähnlich wie bei Vivaldi um 1930, wobei ich nicht weiß ob die Mönche es damals endeckten oder einfach bis dahin keinen Wert zugemessen haben)
gruß
Thomas
Kreisler_jun.
Inventar
#6 erstellt: 29. Nov 2013, 12:49
Bär hatte eine Nebenrolle in dem "Freischütz"-Film als Bauer Kuno, wenn ich recht erinnere.

Im Falle Bärs ist es m.E. auch so, dass von dem Niveau, mit dem er eingestiegen ist, fast nur noch ein Abstieg möglich war. Er hat in der CD-Boom-Zeit mit um die 30 das zentrale Liedrepertoire und etliche Opernrollen schon einmal aufgenommen. Es ist einleuchtend, dass der Markt für Zweitaufnahmen dieses Repertoires mit einem 20 Jahre älteren Sänger, der eben kein neuer Name, Newcomer mehr ist, sehr begrenzt ist. Es kommen eben immer wieder jüngere gute Sänger nach, die vielleicht auch den Bonus des neuen Gesichts haben. Dazu kommt eben noch, dass der CD-Boom seit 20 Jahren vorbei ist.

Lieder von Schreker und Marx sind Nischenrepertoire, vor dem die Majors normalerweise zurückschrecken, vielleicht törichterweise.
silbendrexler
Ist häufiger hier
#7 erstellt: 29. Nov 2013, 13:08

Kreisler_jun. (Beitrag #6) schrieb:
Im Falle Bärs ist es m.E. auch so, dass von dem Niveau, mit dem er eingestiegen ist, fast nur noch ein Abstieg möglich war..


Ich gebe zu, viel Raum nach oben war da nicht mehr. Aber dann wäre der frühe Tod, zum Beispiel eines Fritz Wunderlich, für diesen ja gewissermaßen ein Glücksfall gewesen?

Nein, natürlich nicht.

Im Falle von Olaf Bär ist es wohl leider so, dass verschiedene ungünstige Faktoren zusammentrafen. Zum einen, dass er zwischenzeitlich auch noch eine stimmliche Krise zu überwinden hatte, zum anderen, dass dann der Tonträgermarkt sukzessive zusammenbrach. Und davon wurde er als in erster Linie Liedinterpret gleich doppelt getroffen, fristet das Lied in der klassischen Musik doch in gewisser Hinsicht von jeher ein Dornröschen-Dasein.

Also schon ein One-Lied-Wonder...
Hüb'
Moderator
#8 erstellt: 29. Nov 2013, 13:56
Hallo und danke für den Hinweis auf Olaf Bär.
Der passt IMHO sehr gut, klingelt jedenfalls da - zumindest bei mir - nix.

Fallen euch weitere Künstler ein? Vielleicht welche, die euch sogar besonders beeindruckt haben, die dann aber (nahezu) verschwanden?

Kreisler_jun.
Inventar
#9 erstellt: 29. Nov 2013, 15:13

silbendrexler (Beitrag #7) schrieb:

Im Falle von Olaf Bär ist es wohl leider so, dass verschiedene ungünstige Faktoren zusammentrafen. Zum einen, dass er zwischenzeitlich auch noch eine stimmliche Krise zu überwinden hatte, zum anderen, dass dann der Tonträgermarkt sukzessive zusammenbrach. Und davon wurde er als in erster Linie Liedinterpret gleich doppelt getroffen, fristet das Lied in der klassischen Musik doch in gewisser Hinsicht von jeher ein Dornröschen-Dasein.

Also schon ein One-Lied-Wonder...


Ich sehe das mit den unglücklicherweise zusammentreffenden Faktoren ähnlich. Aber andererseits muss man auch sehen, dass er in der Boomzeit der 1980er als junger Künstler eine ganze Reihe von Aufnahmen mit zentralem Repertoire machen konnte. Ich frage mich, wie viele 27-37jährige Sänger solch eine Chance um 1960 oder 1970 hatten. Oder eben auch heute...
In der Boomzeit der 80er und frühen 90er war das etwas anders. Dass ein exzentrischer No-Name-Emigrant wie Ugorski einen Major-Vertrag kriegt, kann man heute sicher vergessen.

Die Majors sind häufig auf Nachwuchsstars fixiert, die irgendwas originelles haben müssen. Es ist Künstlern wie Christian Zacharias oder F.P. Zimmermann in den 1990ern ähnlich mit der EMI gegangen und die hatten keine Krisen, aber ebenfalls schon größere Teile ihres Repertoires eingespielt und in ihren 30ern bzw. 40ern kein solch distinktives Image mehr wie nachrückende hübsche junge Frauen (oder naughty boys wie Kennedy).
silbendrexler
Ist häufiger hier
#10 erstellt: 29. Nov 2013, 15:22

Kreisler_jun. (Beitrag #9) schrieb:
Dass ein exzentrischer No-Name-Emigrant wie Ugorski einen Major-Vertrag kriegt, kann man heute sicher vergessen.


Volltreffer. Das wäre wirklich auch ein Kandidat.
Was wurde der damals seitens DG für seine Diabelli Variationen gehypt. Ich muss zugeben, ich habe mir die Platte auch gekauft. Nicht schlecht, aber doch recht eigen, um nicht zu sagen, eigenwillig.

Gibt es eigentlich Ivo Pogorelich noch?
Hüb'
Moderator
#11 erstellt: 29. Nov 2013, 15:25

silbendrexler (Beitrag #10) schrieb:
Gibt es eigentlich Ivo Pogorelich noch?

Halbwegs zumindest. Er trägt die Haare heute wohl kürzer und konzertiert aktuell in Japan.
Neue Aufnahmen scheinen aber nicht in Sicht und auch die Liebesbeziehung zu Universal/der DG ist wohl erkaltet.

Ich frage mich, wie ein Künstler wie Pogorelich wohl seinen Lebensunterhalt verdienen mag?



[Beitrag von Hüb' am 29. Nov 2013, 15:39 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#12 erstellt: 29. Nov 2013, 15:25
Pogorelich gibt es noch, der war auch zu lange ein zu großer Star, um als "one-hit-Wonder" bezeichnet zu werden. Der hatte allerdings (vgl. wikipedia) mehrer Krisen, u.a. den Tod seiner Frau (und vormaligen Lehrerin) zu verkraften. Er ist wohl nach wie vor sehr exzentrisch, konzertiert aber noch und ich bin mir ziemlich sicher, dass DG, sofern er etwas einspielt, das mit Freuden rausbringt, denn das verkauft sich wohl in jedem Fall.

Ugorski "gibt" es auch noch, nur eben nicht bei der DG.
Martin2
Inventar
#13 erstellt: 30. Nov 2013, 13:12
Also was "völlig verschollen" ist, ist etwas, wovon es keine CDs und Aufführungen mehr gibt. Gut, wenn etwas so tatsächlich verschollen ist, dann habe ich keine Chance, es zu kennen.

Also, was bitteschön soll so genau "verschollen" heißen? Bei Interpreten bin ich nicht so besonders firm, immerhin gebe ich zu, gewisse alte Interpreten wie Maurice Abravanel noch zu kennen und zu mögen. Der ist zwar auch nicht völlig verschollen, aber das waren "Billigaufnahmen", die aber heute von manchen noch sehr geschätzt werden, u.a. von mir. So sage ich, die Langspielplatten der Sibeliussinfonien und Mahlersinfonien mit Abravanel und dem Utahsinfonieorchester waren die Interpretationen, die mir den Weg zu diesen Komponisten gewiesen haben und ich höre sie - inzwischen auf CD -, immer noch sehr gerne. Nein, tatsächlich "verschollen" ist Abravanel nicht, nur in einer Zeit, in der teilweise die angesehensten Interpreten irgendwie mal für ein paar Euro verscheuert werden, ist es schwierig, jemand verständlich zu machen, warum man sich nicht vielleicht doch noch mal den Abravanel anhören sollte.

Auch bei den Komponisten wird es nicht "völlig verschollene" Komponisten geben, immerhin sind bestimmte Komponisten auf CD erschienen. Da verweise ich dann letzlich auf den Thread mit der golden Age of the romantic piano concerto box. Da verweise ich dann auf folgenden Thread:

Golden Age of the romantic piano concerto

Meine größte Entdeckung war da der Friedrich Kalkbrenner. Viel auf dem Markt ist da von Kalkbrenner nicht, die Klavierkonzerte auf Hyperion, eine CD mit klavier, eine mit Kammermusik, die habe ich alle. Eine neue CD mit den Klaviersonaten Opus 1 ist vor ein paar Monaten raus gekommen, die habe ich noch nicht.

Ansonsten mag es da in der golden Age Box ein paar Komponisten geben, die sogar noch verschollener sind als Friedrich Kalkbrenner, dann aber wohl auch zu recht.

Bei Friedrich Kalkbrenner kommt eben einiges zusammen. Durchaus bekannt in seiner Zeit, war er wohl ein größenwahnsinniger Snob, der sich für den einzig legitimen Nachfolger Beethovens hielt. Das war nicht sympathisch. Dann wurde er ziemlich abgewertet von Robert Schumann, Heinrich Heine hat seine Duftmarke an ihm hinterlassen. Chopin dagegen hat ihn sehr geschätzt.

Ich schätze Kalkbrenner, wobei es sicherlich größere Komponisten gibt, trotzdem hat der Mann Substanz und ich sage mal, ich kann bei der Musik Kalkbrenners sehr gut entspannen. Das ist ja auch was.

Gruß
Martin
Hüb'
Moderator
#14 erstellt: 30. Nov 2013, 13:27
Hallo Martin,

Maurice Abravanel (Dirigent)

Maurice Abravanel gehört ganz sicher zu den nahezu vergessenen Künstlern. Aus der Jetzt-Perspektive betrachtet sehe ich auch keinerlei Grund, sich mit seinen Tonträgern zu befassen, zu überwältigend ist jeweils die Konkurrenz mit wirklich erstklassigen Interpreten und Aufnahmen. Auch besitzt mW keine seiner Aufnahmen einen irgendwie "überragenden" Ruf und seine Stationen als Orchesterleiter beeindrucken kaum.

Grüße
Frank
Kreisler_jun.
Inventar
#15 erstellt: 30. Nov 2013, 14:55
Mahlers 4. unter Abravanel ist vielleicht noch ein Geheimtip, aber zumindest in Amerika, wo diese Aufnahmen wohl immer präsenter waren, eine sehr häufige Empfehlung.
Ebenso einige "exotischere" Werke, von denen es nicht viele Aufnahmen gibt, zB Louis Moreau Gottschalk.

ich frage mich, ob es eine lesenswerte Biographie dieses Dirigenten gibt; nach dem wikipedia-Artikel liest sich zumindest seine erste Lebenshälfte (bevor er in Utah in der Provinz "verschwunden" ist) wie eine (nicht nur Musik-)geschichte des 20. Jhds.
Thomas133
Hat sich gelöscht
#16 erstellt: 30. Nov 2013, 15:07
Ist Abravanel nicht zufällig der Vater von dem hier?

Sorry ich weiß das ist hier nicht der Stammtisch aber eine Ausnahme kann man mal machen.
Hüb'
Moderator
#17 erstellt: 30. Nov 2013, 15:16


Die sahen damals alle so aus:

Otto Klemperer (Dirigent)

WolfgangZ
Inventar
#18 erstellt: 30. Nov 2013, 16:33


Und lange kann es nicht mehr dauern, bis wieder alle so aussehen.

Besten Gruß, Wolfgang
Kreisler_jun.
Inventar
#19 erstellt: 30. Nov 2013, 17:20
Immerhin war er Schüler von dem hier, der auch so aussah:

Martin2
Inventar
#20 erstellt: 30. Nov 2013, 17:30
Also mal wieder ein Ratespiel. Frage: Ist das Ansermet?

Gruß Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#21 erstellt: 30. Nov 2013, 18:10
Dass es nicht Ansermet ist, sollte Googeln nach einem Bild des Schweizers rasch ergeben (der hat nen Vollbart). Der Komponist ist hier unglücklich getroffen, aber runde Brille und Glatze hat er auf allen Bildern.
Martin2
Inventar
#22 erstellt: 30. Nov 2013, 18:22
Hallo Kreisler Jr.,

ich habe keine Lust zu googeln, aber dann ist es bestimmt der Kurt Weill, der ja mit dem Abravanell eng verbandelt war und dann in Amerika der einzige Interpret von Weills Werken in den Uraufführungen( "Nur der Abravanell kann meine Werke richtig dirigieren" oder so ähnlich).

Ja ja. Ich sage aber noch mal, daß ich Franks ( Hübs) Bemerkungen bezüglich des Abravanels etwas sehr herablassend finde. Abravanel war schon jemand, und so schlecht ist das Utah Sinfonie Orchester nicht. Und so schlecht ist auch der Analogklang von Abravanels Aufnahmen nicht. Ich wage mal zu behaupten, daß der Abranel noch so manches heutiges Klassiksternchen überleben wird, das heute hoch gehandelt wird.

Gruß
Martin
silbendrexler
Ist häufiger hier
#23 erstellt: 30. Nov 2013, 19:27

Martin2 (Beitrag #22) schrieb:
Und so schlecht ist auch der Analogklang von Abravanels Aufnahmen nicht. Ich wage mal zu behaupten, daß der Abranel noch so manches heutiges Klassiksternchen überleben wird, das heute hoch gehandelt wird.

Gruß
Martin


Genau.

Und Kalkbrenner wird sich eines Tages infolge des um sich greifenden Kalkbrennerismus in das kollektive Musikbewusstsein einbrennen (!).

Sorry, aber der musste jetzt sein.


[Beitrag von silbendrexler am 30. Nov 2013, 19:28 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#24 erstellt: 30. Nov 2013, 19:47
Ja ja, man kann wegen eines guten Witzes eine gute Freundschaft gefährden, man kann sogar wegen eines schlechten Witzes eine gute Freundschaft gefährden. Nein, ernsthaft, Kalkbrenner wird sich nie in das kollektive Menschheitsbewußtsein brennen, aber ich mag ihn nun mal.

Gruß
Martin
Hüb'
Moderator
#25 erstellt: 02. Dez 2013, 12:04
Hallo Martin,

Martin2 (Beitrag #22) schrieb:
Ja ja. Ich sage aber noch mal, daß ich Franks ( Hübs) Bemerkungen bezüglich des Abravanels etwas sehr herablassend finde. Abravanel war schon jemand, und so schlecht ist das Utah Sinfonie Orchester nicht. Und so schlecht ist auch der Analogklang von Abravanels Aufnahmen nicht. Ich wage mal zu behaupten, daß der Abranel noch so manches heutiges Klassiksternchen überleben wird, das heute hoch gehandelt wird.

IMHO sollte man schon mal in der Lage sein, sich von einem bestimmten, sehr subjektiven Verbundenheitsgefühlt (aus "Jugenderinnerungen heraus"?) zu einer Aufnahme zu lösen, auch wenn eine Aufnahme in der ganz persönlichen Wertschätzung ganz weit oben rangiert.
Abravanel wird in ein paar Jahren völlig vergessen sein. Ihn kennt schon heute eigenlich nur noch der absolute Spezi und selbst mit der "Klassik" einigermaßen vertraute Hörer und Sammler dürften bei der Nennung seines Namens allenfalls mit der Schulter zucken.
Die folgenden Fakten liefern mir jedenfalls eine klare Aussage zur Bedeutung des USO und Abravanel:
  • Abrvanel war nie dauerhafter Leiter eines der großen amerikanischen oder europäischen Orchester
  • er hat in seiner Karriere für kein namhaftes Label aufgenommen
  • VOX war ein Billiglabel - und damals waren die daraus erwachsenden Qualitätsimplikationen durchaus andere, als heute (der Standard war sicher niedriger)
  • das Utah Symphony Orchestra (KLICK) ist nie über eine regionale Bedeutung hinausgekommen und hat nie für ein bedeutsames Label aufgenommen; gab es je größere (Welt-)Tourneen?
  • die Liste der Leiter des USO ziert auch nicht nur einen wichtigen Dirigenten

Ich will Dir "Deinen" Abravanel wirklich nicht madig machen, aber gelegentlicht mag es schon sein, dass das Verdikt des (Klassik-)Marktes über einen Künstler zutreffend ist.

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 02. Dez 2013, 12:18 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#26 erstellt: 02. Dez 2013, 12:59
Hallo Frank,

mir ist das klar, daß das Utahsinfonieorchester kein Spitzenorchester ist, obwohl die wacker spielen. Mir hat aber zum Beispiel der Mahler immer besser gefallen als der New Yorker mit Bernstein. Und während ich Mahlers 8. mit Solti reichlich "opernhaft" finde, hat die 8. mit Abravanel sinfonischen Zug und spirituelle Dimenensionen. Den Sibelius mit Abravanel mag ich zumindestens viel lieber als den mit Kurt Sanderling.

Das muß auch letzlich jeder selber wissen. Für mich persönlich ist es wichtiger in einer Interpretation ästhetisches Verständnis zu finden als einen hochglanzpolierten Schönklang eines Spitzenorchesters, wenn mich die Interpretation nicht anspricht.

Abravanels Karriere verlief unglücklich. Aus der Schweiz stammend war er eng verbandelt mit Ansermet, man war benachbart. Dann eine gewisse Karriere in Deutschland, aber als französischsprachiger Jude mußte er vor den Nazis fliehen. Dann Australien, dann die New Yorker Met, was ja sicher keine schlechte Adresse ist. Er konnte an der Met aber nicht so arbeiten wie er wollte, also ging er in die Provinz nach Salt Lake City, das dortige Utah Sinfonie Orchester war wohl nicht mehr als ein besseres Laienorchester, aber die haben sich unter ihm gut entwickelt.

Bekannt ist auch Abravanels Verbindung mit Kurt Weill, dessen Dirigent der amerikanischen Uraufführungen er war.

Also ich weiß nicht, ich finde Abravanel halt interessant, auch wenn mir klar ist, daß, wenn teilweise Aufnahmen mit Spitzenorchestern bei Brilliant und dergleichen billig verscherbelt werden, die Chancen in der Zukunft für ältere Voxaufnahmen nicht gut stehen.

Gruß
Martin
Klassikkonsument
Inventar
#27 erstellt: 03. Dez 2013, 13:21

Hüb' (Beitrag #25) schrieb:
IMHO sollte man schon mal in der Lage sein, sich von einem bestimmten, sehr subjektiven Verbundenheitsgefühlt (aus "Jugenderinnerungen heraus"?) zu einer Aufnahme zu lösen, auch wenn eine Aufnahme in der ganz persönlichen Wertschätzung ganz weit oben rangiert.
Abravanel wird in ein paar Jahren völlig vergessen sein. Ihn kennt schon heute eigenlich nur noch der absolute Spezi und selbst mit der "Klassik" einigermaßen vertraute Hörer und Sammler dürften bei der Nennung seines Namens allenfalls mit der Schulter zucken.


Mag sein, dass er in völlige Vergessenheit gerät, weil es halt ein großes Angebot z.B. an Mahler-Einspielungen gibt. Das sagt aber wenig über Abravanels Qualitäten als Interpret sowie über seinen Stellenwert in der Interpretationsgeschichte aus.


Die folgenden Fakten liefern mir jedenfalls eine klare Aussage zur Bedeutung des USO und Abravanel:
  • Abrvanel war nie dauerhafter Leiter eines der großen amerikanischen oder europäischen Orchester
  • er hat in seiner Karriere für kein namhaftes Label aufgenommen
  • VOX war ein Billiglabel - und damals waren die daraus erwachsenden Qualitätsimplikationen durchaus andere, als heute (der Standard war sicher niedriger)
  • das Utah Symphony Orchestra (KLICK) ist nie über eine regionale Bedeutung hinausgekommen und hat nie für ein bedeutsames Label aufgenommen; gab es je größere (Welt-)Tourneen?
  • die Liste der Leiter des USO ziert auch nicht nur einen wichtigen Dirigenten

Ich will Dir "Deinen" Abravanel wirklich nicht madig machen, aber gelegentlicht mag es schon sein, dass das Verdikt des (Klassik-)Marktes über einen Künstler zutreffend ist.


Nein, das sind alles nur formelle Tatbestände. Der Markt hat nichts beizutragen, wenn es um die Diskussion von künstlerischer Qualität geht. Denn angenommen, es gäbe 100 gleich gute Interpreten mit gleich guten Ensembles in gleich guter Qualität aufgenommen, so würden sich schon allein wegen der Marktsättigung nicht alle gleichermaßen "halten" können.
Kreisler_jun.
Inventar
#28 erstellt: 03. Dez 2013, 13:47
Die erste komplette Mahler-Aufnahme ist allerdings ein historischer Fakt, der schwerer wiegen könnte als die Provinzialität der Utah Orchesters (das eben durch Abravanel überhaupt erst auf die musikalische Landkarte gelangt ist).
Hüb'
Moderator
#29 erstellt: 03. Dez 2013, 14:04

Der Markt hat nichts beizutragen, wenn es um die Diskussion von künstlerischer Qualität geht.

Der Markt "an sich" ganz sicher nicht, da gebe ich Dir natürlich recht. Jedoch: das Marktgeschehen ist Ergebnis von Bewertungen, insofern wieder doch.

Ist natürlich auch nur meine Sicht.

Mag jeder mit "seinem Abravanel" glücklich werden. Mir bleibt angesichts der Vielfalt des Marktes nur ein fragendes Schulterzucken, wenn jenand sein diskographisches Schaffen empfiehlt.

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 03. Dez 2013, 14:04 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#30 erstellt: 03. Dez 2013, 14:52
Bruno Leonardo Gelber ist ein grossartiger Pianist, der vom CD Markt fast völlig verschwunden ist. Ich finde auch keine Spuren von Konzerttätigkeit. Er ist heute 71 Jahre alt. Er ist leicht gelähmt, ich vermute Kinderlähmung. Mag sein, dass er gesundheitliche Probleme hat.
arnaoutchot
Moderator
#31 erstellt: 03. Dez 2013, 15:44

Joachim49 (Beitrag #30) schrieb:
Bruno Leonardo Gelber ist ein grossartiger Pianist, der vom CD Markt fast völlig verschwunden ist.


Ja, leider. Seine Beethoven-Sonaten auf Denon gehören mit zu den besten, die ich kenne, auch klanglich. Ich habe ihn in den 80er Jahren auch mal live gesehen, aber seitdem auch nie wieder etwas gehört.
Hüb'
Moderator
#32 erstellt: 03. Dez 2013, 15:55
Hallo,

mit Gelber habe ich mEn noch die ein oder andere EMI-LP (Beethoven, Brahms)

Sagt wem in diesem Zusammenhang der Name Franz-Paul Decker etwas?:

Franz-Paul Decker (Dirigent)

Grüße
Frank
silbendrexler
Ist häufiger hier
#33 erstellt: 03. Dez 2013, 15:57

arnaoutchot (Beitrag #31) schrieb:
Ja, leider. Seine Beethoven-Sonaten auf Denon gehören mit zu den besten, die ich kenne, auch klanglich.


Die berühmten One Point Recordings - gaaanz großer Sport.
Klanglich kaum zu toppen, zumindest bei den Klavieraufnahmen.
Aber wie schon geschrieben, auch interpretatorisch nicht zu verachten.
Seine "Pathétique" ist wunderschön.
silbendrexler
Ist häufiger hier
#34 erstellt: 03. Dez 2013, 16:22
Kyung-Wah Chung wäre eine Kandidatin.

Kann mich nicht erinnern, in den letzten Jahren noch von ihr gelesen, geschweige denn gehört zu haben.
Sie hatte in den Anfängen der Digital-Ära einen festen Platz in der Decca-Riege, stammt von ihr nicht sogar die erste 3D-Aufnahme des Beethoven-Konzerts? War jedenfalls meine erste Aufnahme des Beethoven-Konzerts, und ich habe lange Jahre gebraucht, mich davon beim Hören einer anderen Interpretation "freimachen" zu können.
Dann ist sie irgendwann zu EMI gewechselt, und hat dort eine sehr schöne Aufnahme des Dvorak-Konzerts eingespielt. Aber aus der aktiven Solisten-Laufbahn hat sie sich scheinbar verabschiedet.
Thomas133
Hat sich gelöscht
#35 erstellt: 03. Dez 2013, 17:29
Mir ist da ein bestimmter Name eingefallen, obwohl er eigentlich nicht wirklich zu diesem Thema paßt da er selbst nicht den Anspruch hat ein breitgefächerter Dirigent zu sein, warum auch immer...
es handelt sich um Gilbert Kaplan dem seine Einspielung der 2. Mahlers mit den Wiener Philharmonikern als einer der Referenzeinspielungen gilt.
Mich hat gewundert warum ich zuvor noch nie von ihm gehört habe und es zum. auch keine weiteren Einspielungen anderer Mahler-Sinfonien von ihm gibt. Ich hab dann auf Wikipedia gelesen das er eigentlich gar keine musikalische Ausbildung besitzt und sich rein als Spezialist der 2.Sinfonie sieht. Er hat zwar noch das Adagietto aus der 5. mit dem LSO aufgenommen aber das zählt für mich nicht da es nur ein Satz der Symphonie ist, somit nicht komplett. Es stellt sich für mich die Frage warum er sich nicht auch an die anderen Symphonien Mahlers wagt. Eigentlich ein kurioser Fall - kennt sonst noch jemand quasi "Ein-Werk-Dirigenten" ?
gruß
Thomas
arnaoutchot
Moderator
#36 erstellt: 03. Dez 2013, 17:56

Thomas133 (Beitrag #35) schrieb:
es handelt sich um Gilbert Kaplan dem seine Einspielung der 2. Mahlers mit den Wiener Philharmonikern als einer der Referenzeinspielungen gilt.


Ja, ein Kuriosum. Meines Wissens ein ehemaliger Investmentbanker, der hier seine Passion auslebt und auch kein Interesse an anderen Werken (auch nicht von Mahler) hat.

Ich kenne sonst keine "Ein-Werk-Dirigenten", das wäre für jemanden, der sich nicht selbst finanziert eir Kaplan sicherlich auch nicht ratsam, ich kenne nur Dirigenten die manche Werke ausgeschlossen haben, wie Celibidache bei Mahler.
arnaoutchot
Moderator
#37 erstellt: 03. Dez 2013, 18:01
Noch einer, dessen Vita Grosses hoffen liess und dessen erste Chopin-Aufnahmen in den 80ern nach Übersiedlung in den Westen mir gut gefallen haben: Stanislaw Bunin. Hier mal sein Background aus Wiki:

Sein Vater war der Pianist Stanislaw Neuhaus, sein Großvater der Pianist und Klavierpädagoge Heinrich Neuhaus. Außerdem ist er mit Karol Szymanowski verwandt. Bunin studierte seit seinem sechsten Lebensjahr insgesamt 11 Jahre an der Moskauer Zentralen Musikschule bei Elena Richter, später am Moskauer Konservatorium bei Prof. Sergei Dorenski. 1983 gewann er den Concours Marguerite Long-Jacques Thibaud in Paris, 1985 den Chopin-Wettbewerb in Warschau. 1988 emigrierte er aus der Sowjetunion nach Deutschland und lebte in Hamburg Eilbek. Später übersiedelte er nach Japan.

Zwar konzertiert und lehrt er wohl noch, aber auf Platten ist er mir nach den 80ern nie wieder begegnet.

amazon.de
Kreisler_jun.
Inventar
#38 erstellt: 03. Dez 2013, 19:00
Bunin lebt seit ca. 20 Jahren in Japan, bei der japanischen EMI? sind soweit ich weiß die wichtigsten Werke Chopins, zwei oder drei Bach-Anthologien und einiges mehr erschienen.
Da Bunin von seinen Startbedingungen in den 1980ern noch heute einer der bekanntesten und gefragtesten Pianisten der Welt sein könnte, sieht das zwar ein wenig nach Versenkung aus, könnte aber vielleicht ein zufriedenstellenderes und gesünderes Leben sein als so manch andere Karriere...
Lt. wikipedia konzertiert er jedoch immer noch weltweit (er ist gerade mal 47).

Gelber hat meines Wissens auch nach der abgebrochenen? Beethoven-GA bei Denon weiter international konzertiert. Warum diese Einspielungen nicht weitergeführt worden sind, würde mich mal interessieren. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie in der CD-Boom-Zeit, als sie herauskamen, sich so extrem schlecht verkauft haben, dass deswegen abgebrochen wurde (es ist ja kein "Ring" und 6 von voraussichtlich 9-10 CDs sind erschienen), zumal sie wirklich klanglich und interpretatorisch hervorragend sind und Gelber damals schon kein unbekannter mehr war; es dürfte mindestens ein dutzend EMI-Platten (Brahms-Konzerte u. Variationen, Beethoven Konzerte 3+5 und eine Handvoll Sonaten, einzelne Werke von Schumann, Schubert, Chopin, Bach-Transkriptionen) geben.
Lt. spanischem wikipedia-Artikel hatte er 2001 einen Autounfall mit Verletzungen der rechten Hand, wovon er sich aber wieder erholt hätte. Der Artikel listet diverse Preise, die er in den 2000er erhalten hat; er lebt in Monte Carlo.


[Beitrag von Kreisler_jun. am 03. Dez 2013, 19:02 bearbeitet]
Hüb'
Moderator
#39 erstellt: 03. Dez 2013, 19:01

Bunin lebt seit ca. 20 Jahren in Japan, bei der japanischen EMI?

Jap, die teilen sich dort ne WG.

Klassikkonsument
Inventar
#40 erstellt: 03. Dez 2013, 19:11

Thomas133 (Beitrag #35) schrieb:

es handelt sich um Gilbert Kaplan dem seine Einspielung der 2. Mahlers mit den Wiener Philharmonikern als einer der Referenzeinspielungen gilt.
Mich hat gewundert warum ich zuvor noch nie von ihm gehört habe und es zum. auch keine weiteren Einspielungen anderer Mahler-Sinfonien von ihm gibt. Ich hab dann auf Wikipedia gelesen das er eigentlich gar keine musikalische Ausbildung besitzt und sich rein als Spezialist der 2.Sinfonie sieht. Er hat zwar noch das Adagietto aus der 5. mit dem LSO aufgenommen aber das zählt für mich nicht da es nur ein Satz der Symphonie ist, somit nicht komplett. Es stellt sich für mich die Frage warum er sich nicht auch an die anderen Symphonien Mahlers wagt. Eigentlich ein kurioser Fall - kennt sonst noch jemand quasi "Ein-Werk-Dirigenten" ?


Wenn ich mich recht entsinne, hat er das Werk mindestens zweimal aufgenommen. Eine Edition hat reichhaltiges Begleitmaterial - z.B. Einspielungen von Mahler selbst auf einem Rollen-Klavier (4. Sinfonie?).
Habe ich mal vor vielen Jahren in der Bibliothek gesehen.
Klassikkonsument
Inventar
#41 erstellt: 03. Dez 2013, 19:17

arnaoutchot (Beitrag #36) schrieb:
ich kenne nur Dirigenten die manche Werke ausgeschlossen haben, wie Celibidache bei Mahler.


Was ja übrigens ebenso für Günther Wand gilt.
silbendrexler
Ist häufiger hier
#42 erstellt: 03. Dez 2013, 19:26

Thomas133 (Beitrag #35) schrieb:
es handelt sich um Gilbert Kaplan dem seine Einspielung der 2. Mahlers mit den Wiener Philharmonikern als einer der Referenzeinspielungen gilt.


Ja, Kaplan kam mir auch schon in den Sinn. Habe ihn aber verworfen, da er zwar einerseits passt, andererseits auch wieder nicht.
Ähnliches könnte man über David Helfgott sagen. Bei dem ist allein das medizinische Dossier interessanter als die Vita (naja, die Krankenakte IST die Vita).

Aber bei der von mir ausgegrabenen Kyung-WHA (!) Chung fällt mir noch ein asiatischer Geigenroboter ein, nämlich Midori.
Nochmal was von gehört? Ich nicht.
Sie hat anscheinend auch 'ne längere Krankenakte.

Merke: Klassische Musik in hohen Dosen ist ungesund.


[Beitrag von silbendrexler am 03. Dez 2013, 19:27 bearbeitet]
op111
Moderator
#43 erstellt: 04. Dez 2013, 11:28
Hallo zusammen,

der Name Midori Seiler fiel neulich im Radio anläßlich eines Jubiläums. Auf dem Aufnahmesektor scheint sie nicht so präsent zu sein, es gibt eine recht aktuelle Aufnahme bei ZigZag.
Kyung-wha Chung dürfte der EMI-Krise zum Opfer gefallen sein.
Beide üben meines Wissens Lehrtätigkeiten aus, und sind damit weniger aufs Konzertieren angewiesen.


[Beitrag von op111 am 04. Dez 2013, 11:40 bearbeitet]
silbendrexler
Ist häufiger hier
#44 erstellt: 04. Dez 2013, 11:34

op111 (Beitrag #43) schrieb:

der Name Midori Seiler fiel neulich im Radio anläßlich eines Jubiläums.


Ich meinte die andere Midori, Midori Goto.
silbendrexler
Ist häufiger hier
#45 erstellt: 04. Dez 2013, 11:37

op111 (Beitrag #43) schrieb:
Beide üben menes Wissens Lehrtätigkeiten aus, und sind damit weniger aufs Konzertieren angewiesen.
:prost


Irgend jemand muss ja schließlich die nächste Generation asiatischen Geigenroboter ausbilden.
Kreisler_jun.
Inventar
#46 erstellt: 04. Dez 2013, 11:43
Midori Seiler (*1969, meist als HIP-Musikerin, u.a. Akademie f. Alte Musik Berlin) ist nicht identisch mit MIDORI Goto (*1971) und war nie ein solcher Solo-Star wie letztere. Über die Krisen dieses ehemaligen Kinderstars, der nur unter seinem Vornamen auftrat, kann man bei Wikipedia nachlesen.

Chung hatte meines Wissens in den 70ern/80ern bei Decca fast alle bekannteren Violinkonzerte aufgenommen. Dass jeder Weltstar das Standardrepertoire alle paar Jahre bei einem major label erneut aufnehmen kann, funktionierte schon immer nur bei einigen wenigen.
op111
Moderator
#47 erstellt: 04. Dez 2013, 12:01
Aha, Midori Goto ist mir kein Begriff - der Hype ist irgendwie an mir vorbeigegangen.
Joachim49
Inventar
#48 erstellt: 04. Dez 2013, 14:42

silbendrexler (Beitrag #42) schrieb:

Aber bei der von mir ausgegrabenen Kyung-WHA (!) Chung fällt mir noch ein asiatischer Geigenroboter ein, nämlich Midori.
Nochmal was von gehört? Ich nicht.
.


Hallo Silbendrexler,
ich muss gestehen, dass mich Deine Ausdrucksweise stört. Weder Kyung wha Chung noch Midori sind Geigenroboter, sondern grosse Künstlerinnen. Wenn Du ein bisschen älter wärst und etwas ernster über das Geigenspiel nachdenken würdest, dann müsste Dir bekannt sein, dass Kyung Wha Chung noch immer zu den bekannten und berühmten Namen zählt. Sie ist mit allem grossen Orchestern und Dirigenten aufgetreten und war wahrscheinlich die erste Koreanerin, die als Geigerin auf der ganzen Welt bekannt wurde. Sie gehört heute zum Lehrkörper der Juilliard School of Music, bekanntlich eine eher zweitklassige Institution. Sie stammt aus einer Musikerfamilie und vor allem ihr Bruder ist als Dirigent nicht unbekannt. Selbst die DG hat nicht wenige Aufnahmen mit ihm im Katalog. Und mit einem Cellospielenden Bruder war auch ein Klaviertrio perfekt (da Dirigenten auch gerne Klavier spielen).
Insoweit ich sehen kann ist auch Midori kein Roboter. Sie tritt recht häufig auf, z.Zt. hat sie auch ein Werk von Lutoslawski im Programm. In Kürze erscheint eine CD mit ihr auf der u.a. auch Musik von Ernest Bloch zu hören ist. Eine Midori Hype hat es nie gegeben. (nicht alle asiatischen geigerinen werden so idiotisch vermarktet wie Vanessa Mae).
Ich gebe auch zu bedenken, dass die CD Produzenten nur an einem geringen Teil der Violinliteratur Interesse zeigen und vor allem daran interessiert sind immer neue, junge Namen zu lancieren, damit auch noch die 500. Einspielung der bekannten Violinkonzerte Käufer findet. Die älteren, die werden dann auf's Abstellgleis gestellt, worin die majors inzwischen Meisterschaft entwickeln. Über die künstlerische Qualität der Betroffenen sagt dies nichts.
mit freundlichen Grüssen
joachim
silbendrexler
Ist häufiger hier
#49 erstellt: 04. Dez 2013, 15:44

Joachim49 (Beitrag #48) schrieb:
Weder Kyung wha Chung noch Midori sind Geigenroboter, sondern grosse Künstlerinnen. Wenn Du ein bisschen älter wärst und etwas ernster über das Geigenspiel nachdenken würdest, dann müsste Dir bekannt sein, dass Kyung Wha Chung noch immer zu den bekannten und berühmten Namen zählt. Sie ist mit allem grossen Orchestern und Dirigenten aufgetreten und war wahrscheinlich die erste Koreanerin, die als Geigerin auf der ganzen Welt bekannt wurde. Sie gehört heute zum Lehrkörper der Juilliard School of Music, bekanntlich eine eher zweitklassige Institution. Sie stammt aus einer Musikerfamilie und vor allem ihr Bruder ist als Dirigent nicht unbekannt. Selbst die DG hat nicht wenige Aufnahmen mit ihm im Katalog. Und mit einem Cellospielenden Bruder war auch ein Klaviertrio perfekt (da Dirigenten auch gerne Klavier spielen).
Insoweit ich sehen kann ist auch Midori kein Roboter. Sie tritt recht häufig auf, z.Zt. hat sie auch ein Werk von Lutoslawski im Programm. In Kürze erscheint eine CD mit ihr auf der u.a. auch Musik von Ernest Bloch zu hören ist. Eine Midori Hype hat es nie gegeben.


Hallo Joachim,

vielen Dank für Deine Replik, auf die ich gern eingehen möchte.

Doch wo fang' ich an?

Ach so, bei meinem Alter - auch hier danke für die Blumen. Ich schrieb schon an anderer Stelle, dass ich mich seit >25 Jahren mit klassischer Musik beschäftige, und war da schon eher ein Spätberufener. Freut mich, wenn ich noch immer so jugendlich rüberkomme.

Das mit Kyung-Wha Chung ist eine missverständliche Formulierung, gebe ich zu. Ihr Beethoven-Konzert höre ich immer noch gern, und die erwähnte Dvorak-Aufnahme ist eine der schönsten, die ich kenne. Steht aber auch in einem Beitrag von mir. Und dass ihre Einspielung der Prokofjew-Konzerte bei mir nicht zündet, liegt eher am Komponisten.
Auch der Rest ihrer musikalischen Familie ist mir bekannt, Myung-Whun der Dirigent, Myung-Wha DIE CellistIn. Zusammen das Chung-Trio. Über die Einfallslosigkeit der Eltern bei der Namensfindung möchte ich mich nicht in der Tiefe auslassen. Der mir unbekannte, nichtmusikalische Bruder heißt vermutlich Kyung-Whun.
Alles ernsthafte Künstler, stelle ich überhaupt nicht infrage.

Dass die Juilliard School of Music eine eher zweitklassige Institution ist, war mir ebenfalls bekannt. Was dann allerdings verwundert, ist das keiner der drei Chung-Geschwister als ehemaliger Student namentlich genannt wird, zumindest nicht im deutschen Wikipedia. Da müsste man ggf. nachbessern.

Tja, und Midori. Also soweit ich mich erinnern kann, gab es da Mitte der 80er schon einen gewissen Hype. Nicht nur wegen des legendären Tanglewood-Konzertes. Leider habe ich meine Fono-Forum Sammlung irgendwann ins Altpapier gegeben, sonst gäbe es die eine oder andere Fundstelle.
Dabei galt ihr Spiel immer als technisch brilliant bis hin zur Perfektion, aber eben wenig inspiriert. Über genau diesen Perfektionsdrang ist sie dann auch ins Straucheln geraten.
Und das meine ich mit Geigenrobotern. Gilt übrigens in gleichem Maße für Pianisten, nur gibt es da anscheinend nicht so viele. Und in Russland ist es ähnlich.

Ich möchte das an einer kleinen Geschichte festmachen.

Bei uns im Städtchen hatten wir vor etwa 10 Jahren an der Musikschule ein echtes Talent (Violine, ein Junge mit russisch(!)-deutschen Wurzeln). Preise bei Jugend musiziert zuhauf und erste Auftritte, er spielte übrigens nicht nur Violine, sondern zusammen mit dem Klavierlehrer meiner Tochter auch noch Rachmaninoff vierhändig. Was soll ich sagen - nach seinem Abitur wurde er von der örtlichen Presse gefragt, was er denn studieren wolle, also Musik natürlich, aber wo? Was war die Antwort? "Solche wie mich gibt es in Russland zu hunderten, da werde ich doch nicht so verrückt sein, Musik zu studieren. Ich mach' Jura."

Was will ich damit sagen?

Dem, was da aus dem Osten (Russland oder Asien ist in diesem Fall egal) herüberschwappt, haben wir wenig entgegenzusetzen. Aber ob das dann alles gut und richtig ist? Drill bis hin zur Perfektion stört m.E. einfach die Persönlichkeitsbildung, die wenigsten dieser Geigen- oder Instrumentenroboter haben über die reine technische Perfektion hinaus etwas zu bieten. Es gibt gewiss Ausnahmen, aber es sind nicht viele. Und das finde ich schade und bedauernswert, und deshalb meine ablehnende Haltung.

So viel dazu. Ich denke mir in der Regel schon etwas dabei, wenn ich schreibe. Und was ich schreibe. Es liegt vielleicht an meinem (bewusst) oftmals schnodderigen Ton, wenn das nicht rüberkommt.

Schöne Grüße
Lutz


[Beitrag von silbendrexler am 04. Dez 2013, 16:07 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#50 erstellt: 04. Dez 2013, 17:11
Hallo Lutz,
danke für Deine freundliche Antwort, aus der ich gelernt habe, dass es sich um eine Cellistin im Chung Trio handelt. Wir müssten hier mal einen Kurs starten, wie man bei asiatischen Namen das Geschlecht erkennt. Ich habe aus Deinem beitrag offensichtlich fälschlich geschlossen, dass Du Kyung Wha Chung für eine minderwertige Geigerin hältst, was aber offensichtlich nicht der Fall ist.
Ohne eiserne Disziplin ist wahrscheinlich heute im Musikgeschäft nichts zu machen. Ich weiss nicht, ob das früher anders war. Es gibt auf dem Markt der bekannten Geiger gewiss noch westeuropäische Beiträge, z.B. Zehetmair, Franz Peter Zimmermann, Vide Frang, Isabelle Faust, Arabella Steibacher, Julia Fischer, Janine Jansen, Batiashvili, Kopatchinskaja .... also der Markt wird nicht dominiert von den Asiaten, auch nicht von den Russen. Beim Klavier ist das wahrscheinlich ähnlich.
Gewiss gibt es überall die Gefahr eines strerilen Perfektionismus. Aber ich glaube nicht, dass er bei den Asiaten verbreiteter ist, als bei den Europäern. Ich wüsste eigentlich auch nicht, welchen asiatischen Geigern ich den Vorwurf machen würde, sie seien wenig inspirierte Robotor. Der Eindruck entsteht vielleicht, weil heute ein gewisser Subjektivismus in der Interpretation verpönt ist. Die meisten versuchen sich so objektiv wie das halt geht an den Notentext zu halten. Das führt wahrscheinlich zu einer gewissen Gleichförmigkeit.
freundliche grüsse
Joachim
Klassikkonsument
Inventar
#51 erstellt: 04. Dez 2013, 17:27

silbendrexler (Beitrag #49) schrieb:
Tja, und Midori. Also soweit ich mich erinnern kann, gab es da Mitte der 80er schon einen gewissen Hype. Nicht nur wegen des legendären Tanglewood-Konzertes. Leider habe ich meine Fono-Forum Sammlung irgendwann ins Altpapier gegeben, sonst gäbe es die eine oder andere Fundstelle.


Ich erinnere mich noch an eine Ausgabe von Der Große Preis mit Wim Thoelke. Da trat Midori, wenn ich mich recht entsinne im Vorschulalter, mit einer Caprice von Paganini (Nr. 24?) auf. Ihre erwachsene Begleiterin (ihre Mutter?) erzählte, dass sie noch nicht Noten lesen kann, sondern die Musik nach dem Gehör lernt.
Der Beginn ihrer Karriere bestand also durchaus dadrin, als Wunderkind durch auch nicht so spezifisch auf Klassik ausgerichtete Veranstaltungen zu tingeln.

Seit Kurzem habe ich ja das Tschaikowski-Konzert und eins von Schostakowitsch, begleitet von den Berliner Philharmonikern und Claudio Abbado (Sony). Muss ich aber noch häufiger hören, um da etwas über eine eventuelle Roboterhaftigkeit sagen zu können. Im Zuge dieser Anschaffung las ich auch den Wikipedia-Artikel über sie. Empfehlenswert.
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