Können Ölpapierkondensatoren Verschleißen?

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Kaster
Stammgast
#1 erstellt: 12. Apr 2005, 11:07
Hallo,

Wie ist das mit ca. 40 Jahre alten Ölpapierkondensatoren, muss ich annehmen dass die nichtmehr in Ordnung sind, oder hält sowas "ewig"?

Vielen Dank schonmal.
hf500
Moderator
#2 erstellt: 12. Apr 2005, 19:53
Moin,
das haengt davon ab, wie der Kondensator vergossen ist.
Von den 30ern bis etwa Mitte der 60er wurden Papierkondensatoren in ein
Rohr gesteckt und mit Bitumen (Teer) oder Hartwachs vergossen.
Diese Vergussmasse wird mit der Zeit rissig, Feuchtigkeit dringt in den
Wickel ein und der Kondensator bekommt Feinschluesse. Deshalb sollten
diese Kondensatoren in Dampfradios getauscht werden, sonst kostet es Roehren.
Daneben gab es noch getauchte Kondensatoren (Wima Tropydur, die beruehmte Backpflaume)

Ab etwa Mitte der 60er wurden dann die Papierkondensatoren mit Kunstharz vergossen
(Wima Durolit). Diese Kondensatoren koennen eigentlich nur mit Gewalt zerstoert werden.
Absolut unverdaechtig sind die tropenfesten Papierkondensatoren im verloeteten Keramikrohr (Hydra)

Ebenfalls seit Mitte der 60er wurden die Papierkondensatoren durch Kunsfolienkondensatoren
verdraengt.

73
Peter
Lightning85
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 12. Apr 2005, 19:55
wow "hf500" scheint ein Kondensatorenhersteller zu sein...
woher weißt du denn das so genau???
Kaster
Stammgast
#4 erstellt: 12. Apr 2005, 20:12
Nabend,

Vielen Dank!

Ich hab gerade mal einen der Kondensatoren aus einem Foto des Geräts rausgeschnitten:




Darauf steht:
SUZUKI
OIL JCP-A
0,05 µF
400 WV

Teervergossen ist er auf jeden Fall nicht.

Lohnt es (klanglich) diese Koppelkondensatoren z.B. gegen Orange Drops 716P auszutauschen?
sibro
Stammgast
#5 erstellt: 13. Apr 2005, 10:39
Der ausdruck "Ölpapier"- kondensatoren ist ziemlich antiquiert, ungenau, geht in die Saurierzeit des C-Baus zurück. Natürlich hat man früher isolierende (Zellstoff)-Papier-Wickelschichten mit dielektrischen "Ölen" getränkt, darunter auch chlorierten Kohlenwasserstoffen (woraus heutige Gefahren an PCB uä.herrrühren), diese C's also sonderentsorgen (Problemmüll-Annahmestellen f. Private). Mit der Entwicklung an gut isolierenden Kunststoffolien (Polyester uva.), wurden die Wickel dünner, die Abmessungen kleiner, auch die Spanng.belastungen stiegen. Eine frühe Form der alten Rollkondenser "Siccatrop" (verlötete keramikröhrchen) ist auch heute noch gut, wenn nicht überlastet, desgl. die verbecherten MP-C's von Bosch ua. (Habe in mein. kommerz. PA-Röhrenamp 75Watt von 1946/7/8, sowie Radio v. 1951 diese Thematik auch beachtet bzw. C's ersetzt).
Kaster
Stammgast
#6 erstellt: 13. Apr 2005, 15:03
Danke!

Aber meine Frage ist noch nicht wirklich beantwortet:
- Können die Dinger kaputt gehen?
- Lohnt sich ein Austausch (z.B. gegen Orange Drops)
baltasar
Stammgast
#7 erstellt: 13. Apr 2005, 15:06
wo wir gerade bei kondensatoren sind,gibt es eine spezielle sorte,zb.kunststoffolienkondensatoren,die sich besonders als koppelkondensaroren für röhrenverstärker eignen?
sibro
Stammgast
#8 erstellt: 13. Apr 2005, 21:06
Zur eigenen "Überarbeitung/ Kontrolle" die Anod.>>>Gitter-C's wie die Kathod.-Elkos auslöten, mit Ohmmeter prüfen (nach vollständg.entladung, dh. 1-2 minut.kurzschließen), müssen 0 Ohm haben, ggf. ersetzen. Auch wenn seitl.wässrig. Dielektrikums- bzw. Elektrolyth-Austritte, sowie teergedichtete Methusalems auf alle Fälle ersetzen.
Beim Anod.(Vorröhre)>>>Gitter (nachfolgd.Röhre) Koppel-C, die Masse mit seitl.senkr.Strich a. Druck (=äuß.Wickelschicht) immer an Anodenseite/ Hochspg.legen, bei gitterseitig.verkehrten Anschluß ist Gefahr der Brummeinstreuung am Gitter gegeben..
Als Koppel-C's nimmt man am besten axiale, möglichst kleine Ausführungen, mit den nötigen Sperrspannungen inkl. etwa 10- 20% Toleranz nach oben. Anschluß siehe zuvor. (Wenn kein Strich Dreh-Tausch probieren). - Der eben abgebildete blaue C von Kaster (Suzuki) scheint neuer und nicht tauschwürdig zu sein, wenn die Werte/ Eigenschaften stimmen, schwarzer Strich f. äußersten Wickel gut zu sehen. (eig. Bastlermitteilg., ohne Gewähr)

PS. Schlechte, wertgewandelte Koppel-/Kathoden-C's verschieben Arbeitspunkte der Röhren oft erheblich, meine EL12-Endröhre des Superhet-radios von 1951 war hinüber, der Netztrafo mit stark überzog.Anodenruhestrom überhitzt, hats gerade noch ausgehalten ! Nach C- (und Röhren!)Tausch blieb der Trafo leicht betriebswarm, die Musik ist nun rein und kräftig zu hören. Muß noch an der ECH81-AM-Mischröhre die ganzen C's prüfen bzw. ersetzen.


[Beitrag von sibro am 13. Apr 2005, 21:19 bearbeitet]
baltasar
Stammgast
#9 erstellt: 14. Apr 2005, 08:18
danke,soviel info hab ich hier noch nicht erhalten zu dem thema.
hf500
Moderator
#10 erstellt: 15. Apr 2005, 19:51
@ Lighning
Moin,
nein, herstellen tue ich die Dinger nicht, aber ich habe schon
eine ganze Menge davon ersetzen muessen, dabei lernt man so einiges...

73
Peter
mhrick
Neuling
#11 erstellt: 10. Mai 2006, 18:55
Hallo Kaster,
etwas verspätet, aber wie ich sehe hattest Du noch keine präzise Antwort.
Ölpapier-Kondensatoren werden heute noch in Millionenauflage für Geräte hergestellt, die dauernd am Netz angeschlossen sind: Waschmaschinen oder in der Hochspannungstechnik zur Energieübertragung (Stromversorger). Überall wo extreme Zuverlässigkeit gefordert ist wird mit ölgetränktem Papier isoliert (Hochspannungstransformatoren, Hochspannungskabel am Meeresgrund). Im Gegensatz zu allen (!) Kunststoff-Folienkondensatoren altern sie praktisch nicht, sie halten präzise die Kapazität und Spannungsfestigkeit über viele Jahrzehnte.
Es gibt aber eine Einschränkung: sie müssen absolut dicht verschlossen oder umhüllt sein. Sie dürfen innen weder nass werden (Luftfeuchtigkeit)oder ausbluten (Öl verlieren).
Richtig dicht und gut für die nächsten Jahrhunderte ist nur die verlötete Keramikausführung oder Blechbecher mit Keramikdurchführungen bei denen der Kondensator richtig im Öl schwimmt.
Wima Tropydur-Kondensatoren und alle Kondensatoren im Pappröhrchen wurden für die damalige Unterhaltungselektronik entwickelt und sind ein Kompromiss mit einer kalkulierten Lebensdauer von rund 20 Jahren(Wima) und 10 Jahren(Pappröhrchen).
Ich empfehle: unbedingt ersetzen.
Wenn es Dir um den Klang geht nehme MKT-Folienkondensatoren (keine MKP) oder MP-Kondensatoren eines Markenherstellers, z. B. original WIMA. Die MP-Kondensatoren liegen näher am Ölpapier-Original. Die Nominalspannung dieser Kondensatoren wähle mindestens um den Faktor 2 höher als das Original: MP- und MKT-Kondensatoren werden "knapper" ausgelegt, da diese einen Durchschlag selbst ausheilen. Demgegenüber haben Ölpapierkondensatoren eine riesige Sicherheitsreserve eingebaut da sie nach einem Durchschlag defekt wären. Beispiel: MKT/250V AC schlägt bei rund 700 V DC durch, der 250V AC-Ölpapierkondensator verläßt das Werk bei einer Prüfspannung von 3500 V DC.
Wenn Geld keine Rolle spielt und Du Purist bist gibt es natürlich auch nagelneue Ölpapierkondensatoren aus laufender Produktion im verlöteten Metallbecher mit keramischen Durchführungen, gut für die nächsten 100 Jahre. Hersteller ist z.B. EICHHOFF in Deutschland.
Übrigens: das Isolieröl ist heute natürlich nicht mehr chloriert (Clophen, Askarel) und mit PCB kontaminiert. Es ist ein hochlegiertes High-Tech Produkt und auf die jeweilige Anwendung optimiert.
E130L
Inventar
#12 erstellt: 11. Mai 2006, 23:03
Hallo Kaster,

ich würde den Kondensator tauschen, Ich verwende zur Prüfung von Kondensatoren ein Isolationsmessgerät (Prüfspannung 100,250,500 u. 1000V, Messbereich >1GOhm) und habe schon einige 100 Kondensatoren geprüft. Das Problem aller alten (Öl)(Metall)Papierkondensatoren ist der Isolationswiderstand. Auch ältere hermetisch versiegelte Cs z.B. Sikatrop sind oft schlecht. Ich habe auch schon unbenutzte WIMA Durolit gemessen, die Schrott waren (einige MOhm). Der grösste Schrott waren die WIMA Tropydur, die haben zu dem Begriff "entwimanern" geführt, weil nach einigen Jahren alle hin waren. Im Gegensatz zu Papierkondensatoren haben moderne Folienkondensatoren praktisch einen unendlichen Isolationswiderstand. Ölpapierkondensatoren aus neuer Fertigung habe ich noch nicht geprüft. Da aber Jensen keinen Isolationswiderstand angibt und der tandelta auch schlechter ist,würde ich sie nicht verwenden. In Waschmaschinen etc. spielt der Isolationswiderstand keine Rolle. Ich halte von der ganzen Ölpapier Hype überhaupt nichts und würde keines meiner Geräte mit diesem Schrott verschsndeln. Das meiste was bei ibäh als NOS Ölpapier C angeboten wird, dürften einfache Papierkondensatoren sein.

Gruss Volker
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