Wega 511 gehörrichtige Lautstärke

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shabbel
Inventar
#1 erstellt: 04. Jun 2020, 12:19
Ich habe ein Wega 511 Röhrensteuergerät.
511

Der Wega hat für meine Hörgewohnheiten eine zu starke Bassanhebung/Loudness.

Ich versuche jetzt den Frequenzgang zu modifizieren und die Bassanhebung etwas schwächer zu machen. Mit der vorhandenen Schaltung bin ich überfordert. Könnt Ihr mir weiterhelfen?

Wega511_1
pragmatiker
Administrator
#2 erstellt: 04. Jun 2020, 16:04
Servus shabbel1,

zunächst einmal gehe ich davon aus, daß die Baßbetontheit auch am TA- und TB-Eingang vorhanden ist......nicht daß da nur das UKW-Teil baßbetont ist (weil z.B. der UKW-ZF-Abgleich oder der des Stereodecoders nicht mehr stimmt oder der Ratio-Elko im FM-Demodulator hin ist.....oder, oder, oder).

Was in dem gestrichelt eingefaßten Klangstellernetzwerk bei Bauteileänderungen so alles passiert, ist ohne umfangreiche Messungen und ggf. Simulation kaum vorherzusehen. Deswegen schlage ich vor, versuchsweise mal C121 schrittweise (8,2[nF], 6,8[nF], 5,6[nF], 4,7[nF]) in Richtung 3,3[nF] zu verkleinern. Da diese Modifikation innerhalb der Gegenkopplungsschleife stattfindet, KANN es sein, daß die Kiste danach hoch- oder niederfrequent ("motorboating") schwingt (für sehr wahrscheinlich halte ich das allerdings nicht). Wenn die Kiste schwingen sollte, kann man alternativ versuchen C100 und C115 (je 10[nF] für den linken und rechten Kanal) ebenfalls nach obiger Methode schrittweise bis auf 3,3[nF] zu verkleinern. Diese Kondensatoren liegen außerhalb der Gegenkopplungsschleife - hier sollte eine Veränderung der Kapazitätswerte also keine Schwingneigung hervorrufen können.

Wenn's um die Loudneß-Baßanhebung geht, kann man auch mal mit C102 bzw. C116 "spielen" (Kapazitätsverringerung in gleicher Weise wie oben beschrieben) - aber Achtung: Auch diese Kondensatoren befinden sich innerhalb der Gegenkopplungsschleife.

Die Änderung von C100 und C115 dürfte vermutlich die Zielführendste mit den wenigsten unerwarteten Seiteneffekten sein.

Ach ja: Basteln an Röhrengeräten ist wegen der dort vorhandenen, hohen Spannungen lebensgefährlich. Solche Arbeiten darf man also nur durchführen, wenn man fachlich ganz genau weiß, was man tut - ALLE anwendbaren Sicherheitsregeln einhält - nicht müde und nüchtern ist - und immer eine Hand in der Hosentasche hat.

Ach ja #2: ECLL800 sind bei Dir genügend vorhanden? Wenn nein, würde ich unbedingt etliche von den Dingern als Ersatzteile "bunkern" - die waren / sind zeitweise nur noch schwer bis gar nicht mehr herzukriegen. Eine seriöse Quelle wäre z.B.:

https://btb-elektron...20triode/2ch-Pentode

Und, ja: Die ECLL800 wird kaputtgehen - früher oder später (meistens eher früher), je nach Nutzungsintensität des Gerätes - das ist sicher. Warum? Weil sich da die Verlustleistung (und die Verlustwärme) von drei Röhren in einem einzigen Glaskolben verdichtet - das tut der Lebensdauer der Röhre gar nicht gut (war halt ein damaliges Sparkonzept). Beim WEGA 511 kann man die ECLL800 übrigens etwas schonen, in dem man die Netzspannung am Netzspannungswähler auf 240[V] einstellt (so nicht schon geschehen).

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 04. Jun 2020, 17:19 bearbeitet]
shabbel
Inventar
#3 erstellt: 04. Jun 2020, 20:41
Danke Herbert, damit komme ich richtig weiter. Das ist jetzt die erste Röhre, die ich tune. Bisher hatte ich mich konsequent geweigert, in die Röhrentechnik einzusteigen. Und bei Gegenkopplungen muss man ganz schön um die Ecke denken.

Das mit dem Tipp, auf 240 Volt umzustellen, hatte ich zunächst bewusst unterlassen. Bei Germaniumgeräten der 60-er ist es nämlich gar nicht so selten, dass die Kiste in der 220 Volt Einstellung super klingt und auf 240 Volt klingt es dann schief. Dann löte ich jetzt mal um. Wegen ECLL800 Ersatz. Es steht noch ein Saba Stereo 1 in der Ecke. Der wird vorerst nicht verkauft, weil der Marktpreis von unter 100 Euro indiskutabel ist.

Ich werde mal rumprobieren und berichten.

Was Du vorschlägst, sind ja Kapazitätsänderungen. Damit ändere ich die Trennfrequenzen. Sind Widerstandsänderungen auch sinnvoll?
pragmatiker
Administrator
#4 erstellt: 05. Jun 2020, 07:21
Servus shabbel,

shabbel (Beitrag #3) schrieb:
Sind Widerstandsänderungen auch sinnvoll?

Aus meiner Sicht: Nein (auch wenn es Widerstände natürlich in viel feinerer Wertestufung gäbe). Begründung: Widerstandsänderungen kann man (sinnvoll) fast nur an Gitterableitwiderständen durchführen - zur Baßreduktion müßten sie (deutlich) niederohmiger werden. Da jedoch die Stufen, die das C/R-Glied mit dem zu verändernden Widerstand treiben, in aller Regel einen nicht unerheblichen Ausgangs-Innenwiderstand haben (ist halt hochohmige Röhrentechnik), verändert Reduktion des Widerstandswertes des Gitterableitwiderstandes den Spannungsteiler zwischen Ausgangs-Innenwiderstand der Quellen-Stufe und Eingangswiderstand der Senken-Stufe in die pegelschwächere Richtung. Sprich: Die (Leerlauf)Verstärkung des gesamten NF-Verstärkers sinkt. Das das innerhalb der Gegenkopplungsschleife stattfindet, dürften wegen der geringeren Leerlaufverstärkung die Verzerrungen der Schaltung und der Innenwiderstand der Endstufe ansteigen - d.h. der Dämpfungsfaktor sinkt (Pentoden als Endröhren sind recht hochohmige Gebilde, die ohne oder mit nur sehr wenig Gegenkopplung nicht gut klingen).

shabbel (Beitrag #3) schrieb:
Das mit dem Tipp, auf 240 Volt umzustellen, hatte ich zunächst bewusst unterlassen. Bei Germaniumgeräten der 60-er ist es nämlich gar nicht so selten, dass die Kiste in der 220 Volt Einstellung super klingt und auf 240 Volt klingt es dann schief.

Das dürfte bei Röhrengeräten (speziell solchen mit Pentoden-Endstufen, die näherungsweise Konstantstromquellenverhalten haben) klanglich gar nicht auffallen - außer in der erzielbaren Maximalleistung bei Vollaussteuerung (aber ob aus der Kiste jetzt 8,5[W] oder 6,5[W] pro Kanal an Maximalleistung rauskommen, dürfte relativ egal sein). Die Reduktion des Anodenspannungspotentials um ca. 25[V] tut allerdings der Lebensdauer der ECLL800 gut (das ist ca. 1,1[W] weniger Anoden-Ruheverlustleistung auf dem Glaskolben - und an den Schirmgittern sind's auch noch ca. 210[mW] weniger). Bezogen auf die Summen-Grenzdaten der Anoden- und Schirmgitterverlustleistungen laut Lorenz-Datenblatt von 13,25[W] entspricht diese Reduktion um ca. 1,31[W] immerhin ca. 10% weniger Verlustleistung - das ist schon a bisserl was.

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 05. Jun 2020, 07:49 bearbeitet]
shabbel
Inventar
#5 erstellt: 05. Jun 2020, 12:19
Grob abgeschätzt müßte die Röhre dann an der Glasoberfläche knapp 5 Grad kälter laufen. Der Wega war sogar schon auf 240 Volt umgestellt.

Ich habe jetzt die beiden Kondensatoren C100 und C115 auf 3900 pF/ 3,9 nF heruntergezogen. Der Bass ist jetzt nicht mehr so überbetont, aber weiterhin stark. Der Bassregler steht dann immer noch unterhalb der Mittenstellung, also auf 1 bis 4 Uhr. 5 Uhr wäre minimal.
Ingor
Inventar
#6 erstellt: 05. Jun 2020, 15:04
Ich würde testhalber die Loudnessschaltung komplett rausnehmen, also die Kondensatoren C 125 und C102 rauslöten. Dann mal testen. Sollte es dann in die richtige Richtung gehen, muss an dieser Stelle gearbeitet werden.
pragmatiker
Administrator
#7 erstellt: 05. Jun 2020, 17:24
Aber nicht vergessen, daß diese Kondensatoren (zumindest C102) innerhalb der Gegensschleife liegen.......nicht daß nach deren Entfernung die Wirkung von z.B. C123 (über der Primärseite des Ausgangsübertragers) wirkmächtig in Erscheinung tritt.

Grüße

Herbert
shabbel
Inventar
#8 erstellt: 05. Jun 2020, 20:21
Was Ingor da vorschlägt, leuchtet mir ein. Die Rückkopplung an den Ausgangsüberträger bleibt ja weiterhin dran. Wer von den beiden C125, C102 macht denn die Höhen und wer die Tiefen?

Der Bass ist ja durch die erste Maßnahme schon etwas reduziert. Bin dann mal mit dem Nachbarn in die Praxis eingestiegen. Die Theaterbeschallungsboxen mit (99dB/8Ohm) aus dem Keller geholt. Mein lieber Scholli, sind die schwer. Wir haben zwei Röhrensteuergeräte verwendet. Einmal Saba Stereo 1 und dann diesen Wega hier. Als Test gab es Leonard Cohen live in London: First we take Mainhattan und Pink Floyd live at Pompei: Echoes. Die Theaterlautsprecher mögen nämlich nur Liveaufnahmen.
Bei Echoes gewann der Saba. Leichter und luftiger. Bei First we take Mainhattan lag der Wega vorne. Mehr Gefühl. Auch der Damenchor von Leonard wirkte realer.

Aber dass ist alles zweitrangig, weil die verwendeten Lautsprecher sehr viel Loudness brauchen, was die alten Steuergeräte auch liefern. Aber der Wega soll mit normalen Hifi-Lautsprechern betrieben werden.
pragmatiker
Administrator
#9 erstellt: 06. Jun 2020, 13:47

shabbel (Beitrag #8) schrieb:
Die Rückkopplung an den Ausgangsüberträger bleibt ja weiterhin dran. Wer von den beiden C125, C102 macht denn die Höhen und wer die Tiefen?

Die Gegenkopplung bleibt beim Entfernen der Kondensatoren schon vorhanden, das ist richtig. Allerdings wird der Phasengang verändert, was bedeuten KANN (nicht MUSS!), daß ein Hang zur Schwingneigung entsteht (sehr wahrscheinlich ist das allerdings nicht). Um das genau zu eruieren, müßte man die gesamte Schaltung meßtechnisch "sweepen" (oder simulieren).

Aus der Sicht des Eingangs (C100):

- C125 hebt die Höhen an.
- C102 senkt die Höhen ab.


Aber der Wega soll mit normalen Hifi-Lautsprechern betrieben werden.

Damit hast Du eine Frage beantwortet, die jetzt von mir gekommen wäre.

shabbel (Beitrag #8) schrieb:
Wir haben zwei Röhrensteuergeräte verwendet. Einmal Saba Stereo 1 und dann diesen Wega hier. Als Test gab es Leonard Cohen live in London: First we take Mainhattan und Pink Floyd live at Pompei: Echoes. Die Theaterlautsprecher mögen nämlich nur Liveaufnahmen. Bei Echoes gewann der Saba. Leichter und luftiger. Bei First we take Mainhattan lag der Wega vorne.

Kein Wunder - der "Saba Stereo I" (nicht zu verwechseln mit dem Saba "Stereo Studio I"!) hat ja auch einen deutlich anderen (wenn auch ähnlich wilden) Klangbeeinflussungsmechanismus (mit einem - damals in den besseren Geräten durchaus nicht unüblichen - dreifach angezapften Lautstärkepotentiometer)

Saba Stereo 1 - Detail Klangsteller

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 06. Jun 2020, 14:10 bearbeitet]
shabbel
Inventar
#10 erstellt: 07. Jun 2020, 12:08
Ich habe dann mal C125 und C102 ausgelötet. Das Ergebnis hört sich sehr vielversprechend an. Der Frequenzgang hört sich sehr linear und natürlich an. Da beide Kondensatoren frei schwebend die Anzapfung des Potis mit der Platine verbinden, kann ich da mal verschiedenes probieren.
pragmatiker
Administrator
#11 erstellt: 07. Jun 2020, 15:44
Hast Du nur den gemeinsamen Anschluß der beiden Kondensatoren vom Potentiometer abgelötet - oder hast Du die Verbindung zwischen den beiden Kondensatoren auch noch getrennt? Diese meine Nachfrage hätte sich bei einem einzigen Bild dieser Aktion im ab- / ausgelöteten Zustand erübrigt - was mal wieder klar beweist, daß Bilder mehr als tausend Worte sagen.

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 07. Jun 2020, 15:46 bearbeitet]
shabbel
Inventar
#12 erstellt: 08. Jun 2020, 11:10
Wie von Ingor vorgeschlagen, habe ich komplett ausgelötet.

Ich glaube, ich brauche ein paar Tage, bevor weiter probiert wird. Gedanken machen, Probe hören.
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