Der Cowon X9

Es gibt nur noch wenige MP3-Player, die auf Wiedergabe von MP3s spezialisiert sind. Die Cowons scheinen die Letzten ihrer Art zu sein. Den J3 bekommt man nicht mehr oder bezahlt schwachsinnige Preise, was auch für den ebenfalls sehr guten S9 gilt. Meine Suche führte mich über Sony, Samsung und Sandisk, schlußendlich wieder zu Cowon. Warum? Ganz einfach. Zuerst sei angemerkt, dass mir der Samsung Galaxy WiFi 3.6 richtig ans Herz gewachsen ist. Praxistaugliche 35 Stunden Dauerwiedergabe und ein tolles kapazitives Display, sowie ein 1A Klang (Auch für den Triple Fi 10), wechselbarer Akku und androidtypische Anpassbarkeit (Abspielsoftware, Equalizer etc.) machen ihn zu einem - aus meiner Sicht - absoluten Preisleistungskracher.

Wer aber einen J3 oder S9 gewohnt ist, der vermisst doch gewisse Dinge. Da wäre zum einen der perfekte Equalizer mit einstellbarer Güte und dem unnachahmlichen "Machbass", den man sehr fein in 10 Stufen dosieren kann. Subwooferklang am UE700 ala TF10? Null Problemo. Einfach Machbass auf 3 stellen und genieße Subwooferbass vom Feinsten. In Kombination mit dem 5Band EQ, der auch eine Veränderung der Einsatzfrequenzen erlaubt, bleibt kein Wunsch mehr offen.

Zum Zweiten sind es die dedizierten Tasten. Zwar gewöhnt man sich an reine Tatschdisplays, aber im Bett, unter der Decke, da will ich fummeln können. Da brauche ich was zum Anfassen, Drücken und Tasten. Wischen kommt dann später. Beim Galaxy muss ich nämlich erst die Ein/Aus Taste einmal drücken und dann wische ich zweimal über den Bildschirm. Einmal, um die Sperre zu entriegeln und dann, je nach Wunsch, links oder rechts drüber, um vor oder zurück zu skippen. Die Tasten sind da eine viel sauberere Lösung, finde ich.

Lautstärke ist zwar nicht das Wichtigste, aber man sollte erwähnen, das ein Cowon sehr einfach die EU-Beschränkung umschiffen kann. Per Regionswahl. Nicht so wie Samsung, die ein ROM- Patsch brauchen oder gar Sony, die anscheinend Widerstände verbauen, die Bekloppten! Der Cowon X9 hat dann genug Power, um auch einen K601 einigermaßen gut anzutreiben.

Ordnerstrukturen beherrscht der Samsung zwar auch, in gewissem Maße, aber keine Unterordnerstrukturen. Das bedeutet, der hievt alle Unterordner auf eine Ebene, die oberste Ebene und man hat praktisch alle Ordner in einer einzigen Liste vor sich. Ohne kostenpflichtige Zusatzsoftware geht da nix! Ich finde das doof! Ich will, wie ich will, so einfach ist das. Der Cowon übernimt die Ordnerstruktur so, wie es sein soll. Kann dafür aber keine Playlisten. Jedenfalls nicht so, wie es sein soll, M3u beherrscht er jedenfalls nicht. Nach dem Befüllen müssen per Explorer die Playlisten (.pls) per Explorerkontext neu erstellt werden.

Wer den J3 kennt, findet sich mit dem X9 sofort zurecht. Die Menüs sind gleich, der EQ ist gleich, die Systemeinstellungen sind identisch und die Bedienung sowieso. Leider sind die Vor- und Zurücktasten vertauscht. Das heißt, beim J3 war die obere der beiden Skip-Tatsen für "weiter", so ist es nun eben "zurück". Muss man sich dran gewöhnen. Die Anschlüsse haben sich nicht geändert, es bleibt also beim proprietären USB Anschluß.

War der J3 auch bei empfindlichsten In Ears praktisch rauschfrei, ist der X9 es ebenfalls. Kein Anlaß zur Kritik. Getestet mit einem Philips 9850, der bringt alles zum Rauschen. Ein Iriver HP120 zum Beispiel ist mit dem Philips unhörbar, weil das Rauschen schon fast penetrant wird. Der X9 ist hier vorbildlich. Das gilt für den Klang an sich sowieso. Die Cowons sind klanglich top. Ob der X9 nun einen 2 dB Abfall bei 30Hz aufweist oder nicht, kann ich nicht sagen. Dazu müsste man den mal messen. Die Haptik ist trotz Plastik sehr gut. Er ist größer und vor allem dicker und deutlich schwerer als der J3. Ein Ohrhörer und ein Abstelltablett aus billig wirkendem Plastik ist anbei gewesen, indem man den X9 praktisch hochkant reinstellen kann. Keine Ahnung wozu, aber es ist wohl vorgesehen.

Kommen wir endlich zum Kritischen Teil. Gapless oder Autonormalize beherrscht er nicht! Das kann der Sony Z1060 (10 Stunden Akkulaufzeit) und der Samsung Galaxy WiFi mit entsprechender Zusatzsoftware (kostenpflichtig und akkuzehrend). Überblenden gibt es ebenfalls nicht, schade. Kommen wir zum Tätschelscreen. Das Display ist - entgegen der Bescheibung bei Amazon.uk - leider NICHT kapazitiv, wie beim J3. Das hat zur Folge, dass die Bedienung vergleichsweise hakelig vonstatten geht. Ob Scrollen oder auswählen, es erfordert wesentlich mehr Konzentration, trotz größerm Display. Sonst kann es passieren, dass man anstatt zu scrollen einen Titel auswählt oder zwei oder dreimal einen Menüpunkt anklicken muss, um eine Reaktion zu bekommen. Man muss, um es auf den Punkt zu bringen, punktueller und kräftiger agieren als beim kapazitiven J3/S9. Muss man üben, sich daran gewöhnen, dann klappt es gut. Aber der Umstieg auf den Galaxy, mit seinem kapazitiven Großdisplay macht klar, hier hat Cowon am falschen Ende gespart. Radio ist leider wieder kein RDS, sondern arbeitet nur mit Frequenzanzeige. Empfang und Klang sind aber auch hier wieder erstklassig und mehr als 4 Sender höre ich sowieso nicht und deren Frequenzen habe ich im Kopf.

Der Akku ist zwar nicht ohne weiteres wechselbar, aber dafür entschädigt eine opulente Akkulaufzeit von zu Papier gebrachten 100 Stunden plus Zerquetschte. Und der erste Test, ich lasse ihn seit heute Morgen ununterbrochen laufen und spiele damit zwischenzeitlich herum, scheint es zu bestätigen. Akkuanzeige auf (nur optische Anzeige) 100%!

Bezahlt habe ich umgerechnet 190€ inkl. Versand. Ich finde den Player rundherum super, mit seinen beschriebenen Unzulänglichkeiten kann man locker leben und erhält zum Ausgleich einen Spitzenklang, unendliche Akkulaufzeit, Speichererweiterung per MicroSD und kann die vorhandenen 16GB mal eben so um 32 GB erweitern! Die Bootzeit beträgt - voll gefüllt - schlappe 11 Sekunden, weil er nicht, wie der J3, bei jedem Neustart die Datenbank checkt! Das kann man im Menü nämlich abschalten! Somit erübrigt sich praktisch der Sleepmodus, der binnen 2 Sekunden die Betriebsbereitschaft wiederherstellt, aber dafür auch dezent am Akku lutscht.

Absolute und uneingeschränkte Kaufempfehlung für alle, die noch einen "richtigen" MP3-Player suchen, der praktisch alles kann und jedes Format abspielt. Klasse Gerät!

PS. Sorry für die Textwand.

ach, den X9 gibts noch neu?
Sorry, die anderen beiden kenn ich nicht, habe neben meinen Cowons noch nen iBasso DX50. Neben seinem grösseren Bruder DX90 der einzige mit bezahlbarem Wechselakku.