Mahlers 9. Bernstein/BPhO auf Vinyl

Wie Du richtig sagst, ist dieser Mitschnitt erst viel später (nach Bernsteins Tod) veröffentlicht worden. Ich glaube weniger, dass Karajan "sabotiert" hat, als dass die DG sich nicht das Geschäft mit dem Concertgebouw-Mitschnitt verderben wollte. Warum man sich hinter den Kulissen erstmal für diese entschieden hat, wer weiß...
Die müsste aber noch als LP herausgebracht und einige Jahre erhältlich gewesen sein. Erst so 92/93 rum verschwanden Klassik-LPs meiner Erinnerung nach recht zügig.

Hallo Kreisler jun.,

vielen Dank für die Bestätigung. Ja, der "Konkurrenzgedanke" ergibt Sinn. Trotzdem schade, finde die Einspielung mit den Berliner sehr viel stärker (überhaupt eine der Besten)!
Naja, vllt erbarmt sich die DG ja mal und veröffentlicht die irgendwann mal auf Vinyl..

Gruß, D.

Laut dem Beiheft ist die Berliner 9. ein Live-Mitschnitt des RIAS. Da könnten auch rechtliche Fragen zu klären gewesen sein. Außerdem setzen ja im letzten Satz bekannterweise einmal die Posaunen völlig aus. Laut diesem Blog war ein Hörer hinter den Musikern mit einem Herzanfall kollabiert. Da halte ich es für nachvollziehbar, daß man lieber eine neue Produktion für die GA wollte.

So, ich habe die abenteuerliche Geschichte zum Anlass genommen, meine Eltern anzurufen. Mein Vater hat damals mitgespielt und meine Mutter saß im Saal. Beide können sich an einen Todesfall während des Konzertes nicht erinnern. (Nun ja, ist ja auch eine Weile her.)

Dennoch! Das Konzert hat sich wohl ins Gedächtnis eingebrannt und ist beiden als absolute Sternstunde der entsprechenden Jahrzehnte deutlich im Gedächtnis geblieben). Was gewissermassen "dafür spricht" ist die Tatsache, dass - laut Aussage meines Vaters - die Spannung zum Schluß der Symphonie so groß war, dass er selber das Gefühl hatte einen Herzinfarkt zu bekommen (und das, obwohl er damals 37 Jahre alt war, oh je - jünger als ich JETZT!).

Vielleicht haben die den Einsatz aus ähnlichen Gründen "vergessen" (sowas habe ich mal über Stenographen gehört, die bei besonders spannenden Vorträgen z.T. aufgehört haben mitzuschreiben).

Wie auch immer, die Geschichte kann zumindest durch meine Eltern nicht bestätigt werden.

Leider weiß auch mein Vater nicht, warum es keine zeitnahe Veröffentlichung gab (habe ich auch nicht mit gerechnet, Schallpatten und deren Aufnahmen haben ihn nie wirklich interessiert). Er kann sich aber durchaus vorstellen, dass Karajan einer Veröffentlichung nicht zugestimmt hat - das Konkurrenzdenken, gerade in Bezug auf Bernstein war wohl mindestens so groß wie sein Ego.

Dies ist auch der Grund, warum Bernstein nur dieses eine Konzert (und wohl auch nur EINE Aufführung davon) mit den Berlinern geben konnte und dies auch NUR als wohl diplomatisch unbedingt nötige Antwort auf die Einladung Karajans nach NY (?).

Naja, vllt klärt es sich ja doch noch auf. Hoffentlich gibt es irgendwann mal einen guten Cut der Einspielung..

Ich habe eher Zweifel, dass diese Mitschnitte von vornherein als GA geplant waren. Jedenfalls lag die Berliner 9. deutlich vor den anderen. Die stammen alle aus den 1980ern und eine 8. gab es zuerst nur auf Video von einem älteren Konzert. Die wurde dann später der GA hinzugefügt, um alles komplett zu haben.
Da Karajan nur wenig später (ich glaube 1982) eine digitale Neuaufnahme der 9. vorlegte, ist ein Veto für eine zeitnahe Veröffentlichung nachvollziehbar. Und dann gab es eben die Concertgebouw. Ich bin sogar überrascht, dass die Berliner 9. schon 92 rausgekommen ist. Spontan aus der Erinnerung hätte ich gedacht, Ende der 1990er. (Ich kenne sie nicht, auch keine andere Einspielung des Werks mit LB.)

Die Archive der Berliner Zeitungen sind übers Internet leider erst für Jahrgänge ab den 1990ern zugänglich. Daher konnte ich aus der Entfernung nichts weiter zu dieser ominösen Geschichte herausfinden.
Allerdings möchte ich nochmal darauf zurückkommen, daß die Aufnahme laut Beiheft nicht von einem DG-Team gemacht wurde, sondern ein RIAS-Mitschnitt war. Es könnte doch durchaus sein, daß die DG damals selbst gar keine Aufnahme vorhatte, und man sich erst später, vielleicht erst nach Bernsteins Tod, erinnert hat, daß es da noch Bänder gibt? Das lag alles vor meiner Zeit, aber war man damals Ende der 1970er nicht noch mehr auf "saubere" Studioproduktionen aus als heute?

Dass das Konzert gar nicht von der DG mitgeschnitten wurde, ist ein guter Hinweis!

Man war vielleicht mehr auf "saubere Studioproduktionen" aus. Allerdings hat die DG ziemlich genau um diese Zeit begonnen, Bernsteins Konzerte, v.a. in Wien mitzuschneiden und als Platten herauszubringen: Beethoven-Sinfonien, Missa, Fidelio, und dann eben auch Mahler, Schumann, Mozart usw.
Das lag auch daran, das Bernstein nicht bereit war, nochmal ins Studio zu gehen. Es sind allerdings normalerweise (wie die meisten Live-Aufnahmen) keine Mitschnitte einzelner Konzerte, sondern Zusammenschnitte mehrerer Konzerte mit demselben Werk.