Ein Mono-Center für die Küche

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audio.novize
Stammgast
#1 erstellt: 03. Jan 2020, 01:59
Ein Mono-Center für die Küche

Vorab:

  • So wie ich es nachfolgend beschreibe, macht man es gerade nicht - aber manchmal hat der Laie auch einfach Glück!
  • Der nachfolgende Text ist für Selbstbau-Veteranen und Entwickler wahrscheinlich eine "Horror-Story" und für Nachbau-Interessierte mangels direkter Nachbaumöglichkeit nur bedingt geeignet
  • Dennoch möchte ich diese "Geschichte" erzählen, weil es für mich der Einstieg in das Thema Selbstbau war
  • Für alle Unentschlossenen mag der Text eine Motivation sein, den Selbstbau einfach mal zu versuchen


1. Alesis Point Seven - auf den Sperrmüll?
Die Geschichte beginnt bei altgedienten Studiolautsprechern von Alesis, genauer den Point Seven aus den 90ern, siehe hier:
https://www.sweetwat...pring97/page-10.html
http://pdf.textfiles...ls/Point%20Seven.pdf

Die Lautsprecher hatte ich geschenkt bekommen und selbst lange Zeit in einem 2.1-System betrieben. Mit der neutralen Abstimmung der Lautsprecher war ich vom Prinzip sehr zufrieden. Allerdings empfand ich sie teilweise etwas zu "hell" abgestimmt - und bei manchen Stücken war der Hochtöner an einigen Stellen auch an der Grenze zu "scharf". Andererseits hat mich die Klarheit der Lautsprecher immer wieder in ihren Bann gezogen.

Aber eines Tages kam, was kommen musste: Es gab ein (käufliches) Lautsprecher-Update (und das gleich an unterschiedlichen Stellen). Daher musste ich meiner besseren Hälfte zusagen, mich von den den "alten" Lautsprechern zu trennen. Und tatsächlich habe ich die Alesis Point Seven zunächst auch zum Sperrmüll gestellt, nachdem ich im Freundeskreis keinen Abnehmer gefunden hatte. Aber eigentlich wollte ich ja immer mal selbst einen Lautsprecher bauen - und bevor ich eigentlich ja gute Lautsprecher verschrotten lasse, nehme ich doch einfach die. Zum Spielen sozusagen. Das hat auch meine bessere Hälfte akzeptiert.

Also schnell wieder reingeholt - und dann die erste Herausforderung: Wie komme ich an das Innenleben ran? Ich habe partout keine Schrauben oder Spalten entdecken können. Also Flex ausgepackt und mich vorsichtig von oben genähert. (An dieser Stelle habe ich dann zum ersten Mal die Erfahrung gemacht, wie fein MDF aufbröselt).

Währenddessen ist mir dann aufgefallen, dass um die Chassis nur ein Gummiring aufgeklebt ist. Also habe ich selbigen abgenommen und siehe da: Darunter sind die Schrauben. Dann war alles natürlich ganz einfach: Chassis raus, Dämmmaterial raus, Frequenzweiche abschrauben - fertig. Laien-freundlich war die Innenverkabelung dabei mit Kabelschuhen ausgestattet und nicht verlötet.

Tja, was mache ich jetzt mit den Komponenten?

2. Der erste Selbstbau-Lautsprecher soll ein Center werden
Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich noch den Plan, ein 3.1.2-System zu betreiben. Was mir fehlte, war ein Center. Also war das der Plan: Aus 2 mach 1. Als absoluter Laie habe ich im ersten Schritt einfach mal den zweiten Tieftöner mit angeschlossen - und war mehr als positiv angetan, auch völlig ohne Gehäuse.

Ohne Gehäuse:
Alesis Point Seven - Hochtöner und zwei Tieftöner

Mir war zwar eigentlich klar, dass man nicht einfach 3 Chassis in ein nicht berechnetes Center-Gehäuse packen kann. Ich habe es trotzdem gemacht.

Ich habe den Center zwar auch (nebenbei) vom Volumen her berechnet, aber die Vorgabe war zum damaligen Zeitpunkt die sehr geringe Tiefe. Die war nämlich für das Gehäuse auf 15 cm beschränkt. Daraus ergab sich am Ende folgendes Maß (BHT): 52 x 18,2 x 15 cm bei einer Materialstärke von 16 mm.

Bauskizze:
Alesis Point Seven Rebirth Center - grober Bauplan

Das Volumen beträgt also nur ca. 8,6 l. Aber wie schon gesagt: Ich habe es trotzdem gemacht. Und da ich nur rudimentäre Werkzeuge für die Holz-/MDF-Bearbeitung hatte, wollte ich alles mm-genau zunschneiden lassen und mm-genau zusammenkleben. Tja, was man als Laie so denkt. Bzgl. Grundkonstruktion und Zusammenbau habe ich mich übrigens vom Quickly Center inspirieren lassen:
https://www.lautspre...8636,de,901256,15914

Wie gesagt - einfach mal zusammengeklebt:
Alesis Point Seven Rebirth Center - Holz 01 Alesis Point Seven Rebirth Center - Holz 02

Alesis Point Seven Rebirth Center - Holz 03 Alesis Point Seven Rebirth Center - Holz 04

Alesis Point Seven Rebirth Center - Weiche Alesis Point Seven Rebirth Center - Verleimung

3. Erste Hörprobe
Und dann die erste Hörprobe: Hoppla, das klingt ja richtig gut!

Beim Probehören habe ich mit unterschiedlichen Mengen von Dämmmaterial "herumgespielt" und für mich festgestellt, dass es am "vollsten" und "harmonischsten" klingt, wenn der Center - wie auch im Originalzustand - relativ dicht gepackt ist (neben dem original Dämmmaterial aus einem der zwei Lautsprecher habe ich daher auch noch zusätzlich Dämmvlies verwendet).

Für mich ist der Hochtöner zwischen den zwei Tieftönern genau richtig aufgehoben. Die Klarheit ist immer noch da, sogar noch einen Tacken "voller", aber die Schärfe ist weg. Der Mittelton hat immer noch die Prägnanz und Aufgeräumtheit. Tiefbass kann der Center allerdings nicht - bis ca. 65 Hz spielt er klasse, aber darunter kommt kaum noch was. Zufrieden war ich trotzdem: Er sollte ja nicht alleine spielen und Klarheit steht jedem Center gut.

Schlussendlich hat der Center seine ursprüngliche Aufgabe dann aber gar nicht wahrgenommen, weil ich mit einem 2.1- (und hier mit DIY-Wandlautsprechern) anstelle eines 3.1.2-Systems vollkommen happy bin (= Fokus auf Musik). Also war der Center "übrig".

4. Ein Mono-Center für die Küche
Nun, was uns fehlte: Musik in der Küche. Eigentlich sollte hier nur ein Küchenradio hin. Aber warum nicht den Center als Mono-Center nutzen? Kompakt ist er ja und unter der Decke würde er sich halbwegs "eingliedern".

Ungefähr so:
Alesis Point Seven Rebirth Center - Kücheneinsatz

Also wurde ein neuer Plan gefasst: Center mit dem zwischenzeitlich erworbenen Wissen im DIY-Lautsprecherbau aufwerten und unter der Decke (flexibel in der Anwinkelung) aufhängen.

Also mit der Oberfräse zunächst rundherum eine Fase gefräst. Geschliffen, weiß grundiert und zum Abschluss mit der Dose lackiert. Das hat gut funktioniert.

Umgestaltung:
Alesis Point Seven Rebirth Center - Umgestaltung Alesis Point Seven Rebirth Center - Umgestaltung
Alesis Point Seven Rebirth Center - Umgestaltung

Das war schon OK, aber die Membrane sind halt doch sehr schwarz. Kein Problem, wir sind ja im Selbstbau. Also habe ich eine Abdeckung gebastelt- aus 4,5 mm starker Multiplex-Platte aus dem Baumarkt (für sage und schreibe 1,27 Euro). Diese habe ich ausgeschnitten, weiß lackiert, mit Akustikstoff bespannt und mit kleinen (4 x 2 mm) Neodym-Magneten befestigt.

Abdeckung basteln:
Alesis Point Seven Rebirth Center - Abdeckung Alesis Point Seven Rebirth Center - Abdeckung

So kann die Abdeckung (wenn sie irgendwann mal vergilbt) leicht abgenommen und erneuert werden.

Mit Abdeckung:
Alesis Point Seven Rebirth Center - Abdeckung Alesis Point Seven Rebirth Center - Fast Fertig

Das passt schon besser. Ich will ja nicht verbergen, dass es ein Lautsprecher ist, aber es muss einen optisch auch nicht anschreien. :-)

Für die Wandaufhängung habe ich übrigens auf gewöhnliche Winkelhaken aus dem Baumarkt zurückgegriffen, die ich weiß lackiert habe. Zur Befestigung des Gehäuses an den Winkelhaken habe ich - noch vorhandene - Kreisausschnitte aus Multiplex aufgeklebt und sowohl ins Gehäuse als auch in die Ausschnitte Innengewinde eingeschraubt. So kann der Center mit 2 x 50 mm-langen M6-Schrauben sicher aufgehangen und flexibel ausgerichtet werden.

Gehäusebefestigung:
Alesis Point Seven Rebirth Center - Gehäusebefestigung Alesis Point Seven Rebirth Center - Gehäusebefestigung
Alesis Point Seven Rebirth Center - Gehäusebefestigung Alesis Point Seven Rebirth Center - Gehäusebefestigung

5. Zuspielung
Da es nur einen Platz für die Zuspielung gibt (wg. Strom), nämlich auf einem der Hängeschränke, habe ich mich für einen Mono-Verstärker entschieden. Der ist klein, bringt (für etwas Küchenbeschallung) genug Leistung und war passenderweise im Angebot, siehe hier:
https://www.amazon.de/gp/product/B0753DQVK7/

Die eigentliche Zuspielung erfolgt drahtlos per Bluetooth-Receiver (der passenderweise ebenfalls im Angebot war), typischerweise vom Tablet oder vom Handy im aptX (HD)-Format, siehe hier:
https://www.amazon.de/gp/product/B07CCG5FMC/

6. Das Ergebnis
Happy!

Letzte Vorbereitung - und er hängt:
Alesis Point Seven Rebirth Center Alesis Point Seven Rebirth Center

In der finalen Aufhängung (und Anwinkelung) spielt der Center klasse in der Küche! Dabei habe ich insbesondere auch Gefallen am Mono-Hören gefunden. Aufgrund der Deckenaufhängung hat der Bass aber deutlich zugenommen. Das klang teilweise schon "dröhnig". Daher habe ich die Bassreflexöffnungen verschlossen.

So passt's ganz wunderbar! Nach wie vor überzeugt die Klarheit über das gesamte Frequenzspektrum. Und zu meinem Erstaunen spielt der Center jetzt sogar bis auf unter 50 Hz runter. Kann das sein? "Nur" wegen der Deckenaufhängung? Naja, wie dem auch sei: Er spielt jedenfalls - in der Küche - tief genug.

Und wie erhofft, breitet sich der Sound auch relativ homogen in der (offenen) Küche aus. Neben Musik dient das Küchenradio insbesondere auch - klar - zum Radiohören. Und hier kommt dann immer wieder der Punkt, an dem ich grinsen muss und mich freue, dem Selbstbau eine Chance gegeben zu haben: Stimmen klingen einfach wunderbar natürlich, klar und voll.

Lange Rede, kurzer Sinn: Upcycling akustisch und optisch geglückt - da kocht es sich gleich noch besser!

P.S.
Bei Zeiten verschwindet das Kabel dann noch unter einer Kabelführung ...
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