Klanglicher Fingerabdruck eines Verstärkers: Ideen?

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Pit-PB
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 05. Jan 2019, 15:16
Liebe Experten,

in meinem Alter (55) hat man so seine Hörgewohnheiten entwickelt. Mir ist dabei aufgefallen, daß ich scheinbar den samtigen Klang mit geringfügiger Baßanhebung bevorzuge, gegenüber den allzu analytischen und irgendwie anders (kalt?) klingenden Verstärkern heutiger Tage. Die Frage, was gut klingt, ist ja eben sehr subjektiv und hier im Forum höchst kontrovers im Mittelpunkt vieler Überlegungen. Als Musiker (Organist und Chorleiter) habe ich da schon auch Vorlieben für den Klang eines Ensembles oder auch eines guten Instrumentes entwickeln dürfen und müssen (etwa bei Konzertvorbereitungen) und man lernt dabei eigentlich nie aus. Lange Rede kurzer Sinn:

Ich habe kürzlich den Werbefilm eines Faltungshalls von altiverb gesehen (https://www.audioease.com/altiverb/), der sehr anschaulich beschreibt, wie durch die präzise Aufnahme eines langsam in der Tonhöhe ansteigenden Sinustons die akustischen Raumeindrücke (Impulsantwort) vermessen werden, um diese dann im Faltungshall auf Klangerlebnisse aufzurechnen.
Das Verfahren klingt zunächst logisch. Die Impulsantwort eines Raumes unter idealen Bedingungen zu verrechnen - eine faszinierende Sache.

Zweifel kommen mir dann aus der Praxis, wenn ich z.B. berücksichtige, wieviele Zuhörer z.B. in einem Raum sind, ob diese Winterklammotten tragen, wie stark die Luft Feuchtigkeitsgesättigt ist und und und - all diese Bedingungen sind Teil eines Ergebnisses, was dann schon mal schnell von den fünf Sternchen Klangeigenschaften in diapason eines rauben kann. Das deckt sich mit den Beschreibungen eines Raumes aus dem Munde des subjektiven Hörers (Hall zu lang, klingt mulmig, klingelt, gut durchhörbar, transparent, in allen Frequenzbändern gleichmäßige Antwort etc.). Die Impulsantwort des Raums stellt den allzu subjektiven Beschreibungen eines Raumes eine sozusagen mathematische Antwort zur Seite. So ist der Raum physikalisch beschreibbar (natürlich auch hier immer nur bezogen auf die hinzugezogenen Größen und Vereinbarungen).

Nehmen wir mal an in der Kette
Programmquelle (neuerdings sogar wieder analoge Tonbänder?)
Wandler (extern/intern)
Vorstufe
Endstufe (A/B, mono, Röhre/Transformator)
Kabel (geschirmt, Querschnitte, Glasfaser, Kupfer etc.)
Abhöre (aktiv/passiv, 3-Wege, 4-Wege, Horn, Dipol etc. pi pa po ...)

gibt es eine große Anzahl von Stellschrauben, die sich durch immer differenziertere Feintuningmaßnahmen einem Klangbild annähern (High Fidelity), was dem Original sehr, sehr nahe kommt.

Ich möchte meine Überlegungen einschränken auf die
Klangeigenschaften des Verstärkers.

Theoretisch sollte der Verstärker nur das Signal verstärken. Aber jeder von uns kann vor seiner Hörquelle erleben, daß Verstärker sehr unterschiedlich klingen.

Manche meinen, es läge an der
Güte der Schaltung (Alter und Qualität der verbauten Komponenten, Abgleich von Ruheströmen etc.)
Wie groß ist der Einfluß von Dämpfung durch einen Lautsprecher auf dieses Klangverhalten des Verstärkers? Läßt sich ein Wechselwirkungsprozeß tatsächlich nachweisen?

Noch enger gefaßt meine Frage:
Könnte man, rein rechnerisch, (siehe oben bei altiverb) den Verstärker auch einen solchen Sinuston oder weißes Rauschen etc. produzieren lassen und das Ergebnis (vor und nach einer physikalisch gesehenen Dämpfung durch Lautsprecher) in einer Weise verrechnen, so daß dieser Verstärker eine Art Fingerabdruck seiner klanglichen Eigenschaften hinterläßt?

Nicht daß ich die Freude am Ausprobieren, Weiterpuzzeln in der Kette oben verloren hätte ("Nee, laß das mit dem Rotel, der hat immer ..., die alten Denon-Sachen klingen nur gut an ...; warum Advanced Acoustic, die können einfach nicht ..."), gerade das gehört ja im Thema Hifi auch zwingend dazu.

Aber stellt Euch mal vor, wir hätten eine solche "X"-Antwort für einen für uns ganz wunderbar klingenden Verstärker vorliegen und könnte nun dessen "Kurve" mit anderen "X"-Antorten anderer Verstärker vergleichen. Ich könnte mir vorstellen, daß man so sehr viel schneller fündig werden würde. Wir wären von unserem Wissen her einfach viel näher dran, oder?

Wie denkt Ihr darüber? Kennt Ihr diesbezügliche Ansätze?

Danke für konstruktiven Austausch.
Einfach mal so in die Tüte geschrieben von
Pit
sealpin
Inventar
#2 erstellt: 05. Jan 2019, 15:53
Ich habe mal den für mich wichtigen Part aus Deinem Post rausgeholt:


Pit-PB (Beitrag #1) schrieb:
...
Theoretisch sollte der Verstärker nur das Signal verstärken. Aber jeder von uns kann vor seiner Hörquelle erleben, daß Verstärker sehr unterschiedlich klingen.
...


Dies entspricht NICHT meiner Hörerfahrung.
Wenn der/die (End)Verstärker technisch passen (z.B. bei Kopfhörern mit geringer Impedanz ist ein entsprechend geringer Ausgangswiderstand des KH Verstärkers notwendig, Verstärker für Lautsprecher mit geringer Impedanz und geringem Wirkungsgrad müssen entsprechen ausgelegt sein etc.) dann habe ich keine reproduzierbaren Unterschiede detektieren können. Röhrenverstärker explizit ausgenommen.
Sogar moderne Class D Amps sind heutzutage völlig untadelig (--> Hypex NC400 ).

Daher habe ich mich schon seit langem vom Thema Verstärkerklang abgewendet wegen Irrelevanz.

Der konsequente nächste Schritt war dann der zu Aktivlautsprechern, die dann je Chassis einen eigenen Verstärker nutzen und auf verlustbehaftete passive Frequenzweichen verzichten. Damit hat sich das Thema Endverstärker vollends erledigt.

Unbenommen klingen aber komplexe AVR als Beispiel durchaus unterschiedlich, da diese halt eine recht hohe Anzahl von Stellschrauben haben (DSPs, Einmessung etc.) die sich stark auf den Klang auswirken können - aber die in diesen Geräten werkelnden Endverstärker sind auch hier untadelig (solange sie innerhalb ihrer Spezifikation betrieben werden).

Conclusio für mich: die Beschäftigung mit Endverstärkern ist heutzutage sinnfrei.

ciao
sealpin
Lutz_RE
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 05. Jan 2019, 16:12
Theoretisch finde ich den Gedanken gut

leider sehe ich die Klangunterschiede die wir bei Verstärkern hören oft in den Lautsprechern und deren komplexen Last und deren Fehlern begründet.
Somit im zusammenspiel von Lautsprecher und Endstufe

Wie will man das mit erträglichen Aufwand messen? oder bewerten?
Rabia_sorda
Inventar
#4 erstellt: 05. Jan 2019, 16:29

Dies entspricht NICHT meiner Hörerfahrung.


Meiner hingegen schon.
Da ich hier, seit ca. 30 Jahren, im Monat ca. 1-3 Verstärker zur Reparatur/Wartung habe, werden sie hinterher auch einem Probelauf unterzogen. Hier machen sich klangliche Unterschiede durchaus bemerkbar.
Pit-PB
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 06. Jan 2019, 17:16
[quote="sealpin
(--> [url=https://www.audiosciencereview.com/forum/index.php?threads/review-and-measurements-of-hypex-nc400-diy-amp.5907/]Hypex NC400[/url] ).
[/quote]

Spannender Link da. Vielen Dank! Ich habe gelernt, Dämpfungsfaktor wäre schön auf den gesamten Frequenzgang zu berechnen.
Bin überrascht, daß im oberen Bereich bei den Class D-Verstärkern der Leistungsabfall noch immer hörbar ist.
https://www.fairaudio.de/test/xtz-edge-a2-300-stereo-endverstaerker/fazit/

Aber Preisleistung ist natürlich ziemlich spannend. Und Leistung satt (wer mag, bis 600 Watt an 8 Ohm machbar - https://icepower.dk/products/amplifier-power-modules/as-series-intelligent-audio-amplifier-power/#comparison-chart). Tja, da bin ich schon sehr überrascht, daß das so geht, wenngleich auch auf die hörbare Phasenverschiebung bei akustischen Instrumenten oder Stimme hingewiesen wird.

Die klanglichen Unterschiede zu bewerten ist ja nicht ganz einfach. Vielleicht ist der nächste Schritt tatsächlich ein RMS/FRequenz/Phasen-Diagramm à la
https://www.audiosciencereview.com/forum/index.php?threads/review-and-measurements-of-hypex-nc400-diy-amp.5907/page-10 von unseren geliebten Verstärker-Lautsprecher-Dämpfungsketten zu erstellen, oder?
Pit
sealpin
Inventar
#6 erstellt: 06. Jan 2019, 19:18
Interessant sind noch die Zusammenstellungen zu Hörschwellen von Messwerten, die man hier finden kann.

ciao
sealpin
marsmol
Neuling
#7 erstellt: 20. Mrz 2019, 04:07
Interessantes Thema

Ich würde es super finden wenn man typische Eigenschaften im Klang in seine Anlge kopieren könnte.
Klipsch Sound, oder Horn Sound. Denn wenn man die ganze Wiedergabe Sache anders spinnt, dann hat jede Musik den Fingerabdruck des Künstlers.
Und in jeder Zeit gab es technisch bedingt einen anderen Sound.

Wie fast jeder gemerkt hat kann man bei technischen Daten einer Endstufe, nicht auf den Klang 1:1 übertragen.

Ein- und Ausgangsimpedanzen sowie iM Verzerrungen und SNR tragen was zum Klang bei.
Und manchmal ist Es genau das was die Musik braucht.

Ich für mich habe auch gemerkt, dass die Komponenten einen großen Einfluss auf den Musik Geschmack haben.

Gruß marsmol
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