Hörbuch über Jazz und seine Musiker

Geschichten, die wie Songlines klingen
Matthias Brandt liest "But Beautiful" - ein Hörbuch über Jazz und seine Musiker

Vom 10.02.2005

Von Kurier-Redakteur

Herbert Heil

"But Beautiful: Aber schön", heißt ein Buch über Jazz. Es ist ein ganz besonderes, fesselndes Buch. Geschrieben hat es der Brite Geoff Dyer. Und als es 1991 in Großbritannien und 2001 auch in Deutsch auf den Markt kam, war die Euphorie groß. Kritiker wie Musiker waren voll des Lobes. "But Beautiful" sei das einzige Buch über Jazz, das er seinen Freunden empfehle, erklärte Pianist Keith Jarrett freimütig.

Und in der Tat: Diese Musikerporträts, die eigentlich mehr sind als reine Porträts, sind so erfrischend anders als alles bisher über Jazzmusiker geschriebene. Man merkt es gleich: Geoff Dyer ist kein Musikwissenschaftler, auch kein Jazzhistoriker. Und so sind seine Geschichten wie Songlines, die er auf Episoden aus dem meist ziemlich erbärmlichen Leben seiner Helden nachgedichtet hat. Zum Beispiel Lester Young, den sie "Prez" nannten und der in einem schäbigen Hotel am Broadway seinem Tod entgegendämmert.

Oder Thelonious Monk, dessen fortschreitende Verschrobenheit ihn ins Irrenhaus bringt. Charles Mingus, der cholerische Zerstörer, der Maßlose und chronisch Wütende. Schließlich Chet Baker, der Verlorene, der zerbrechliche Träumer. Drogen und Alkohol verfolgen diese Musiker ein Leben lang.

Geoff Dyer hat sich quasi in seine Protagonisten hineingeschrieben, ihnen sozusagen am Küchentisch gegenüber gesessen, in den verräucherten Clubs mit ihnen Drinks genommen und ihnen bei stundenlangen Sessions aufmerksam zugehört.

Auf jeden Fall ist seine Sprache von ungeheurer Intensität und atmosphärischer Dichte. Und was für das gedruckte Buch gilt, gilt für das kürzlich erschienene Hörbuch "But Beautiful" in noch weit höherem Maße. Matthias Brandt - Sohn des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt - gibt diese Dichte, die Poesie, die Einsamkeit, das Leiden, die Ekstase und die Liebe hautnah, fast unterkühlt wieder.

Sein leises, eindringliches Erzählen fesselt die Aufmerksamkeit, seine Stimme und sein Understatement lassen Geoff Dyers' Text zum faszinierenden Hörspiel werden, dessen Kapitel und Szenen mit Auszügen von Originalaufnahmen eingeleitet und dem kompletten Stück getrennt werden. Aus mitunter banalen Sachgeschichten macht Dyer Literatur. Erzählungen, die zwischen Dichtung und Wahrheit oszillieren.

Als Gastsprecher dabei: der Monk-Fan Helge Schneider (leider vernuschelt er so manchen Text), Trompeter Till Brönner, der im Kapitel über den großen Chet Baker zu Wort kommt sowie der Bassist Jimmy Woode, der atmosphärische Glanzpunkte zu Charles Mingus beisteuert. "But Beautiful" nähert sich dem Jazz - der Musik und den Männern, die ihn gepägt und verkörpert haben. Die meisten Geschichten sind tragisch.

Melancholie ist die große zentrale Empfindung, die einen beim Lesen oder Hören der Geschichten beschleicht. Die 3 CDs enthalten drei Stunden und 14 Minuten Jazz-Stories von und mit wahrlich prägenden Größen des Genres und dazu wunderbare Musik.

Für das Hörbuch "But Beautiful" gilt, was die New York Times auch schon über das Buch von Geoff Dyers schrieb: "Sie müssen kein Jazz-Freak sein, um es zu mögen, aber sie werden wahrscheinlich einer sein, wenn sie es gelesen haben." Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.


Matthias Brandt liest "But Beautiful" - Ein Buch über Jazz von Geoff Dyer, 3 CDs im Schuber, 25,90 Euro, tacheles!-Roof Music RD 243 3215/Indigo.

Quelle: www.wiesbadener-kurier.de