Welche Musik bereitet Euch Schwierigkeiten?

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Martin3
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 24. Okt 2009, 19:13
Hallo liebe Forianer,

ich fände es interessant, mal über klassische Musik im allgemeinen ins Gespräch zu kommen. Also: Welche Musik sagt Euch nichts, bei welcher habt Ihr Eure Frustrationserfahrungen und was für ein Hörerprofil entwickelt sich daraus?

Ich muß allerdings sagen, daß sich mein Musikgeschmack entwickelt hat und immer noch entwickelt. Trotzdem finde ich es immer wieder erstaunlich, wenn ich höre, wie Menschen mit einer Musik beginnen, die mir wenig sagt, und wiederum mit Musik enden, die bei mir am Anfang stand.

Zu der Musik, zu der ich immer noch keinen rechten Zugang habe, gehört immer noch die Renaissancepolyphonie. Ich habe wenig und wenig gehört - mir sagt das alles noch nichts, habe mich aber auch nicht sehr bemüht. Die Musik beginnt dann für mich bei Monteverdi, allerdings sind es nur einige wenige Stücke, die ich mag, vieles andere finde ich auch belanglos.

Schütz habe ich mal gehört, sagte mir aber nichts, sonst kenne ich wenig zwischen Monteverdi und Purcell. Purcell mag ich sehr, Händel auch, wenn ich auch Händel oft langweilig finde, aber das wechselt.

Meine erste große Hürde ist dann Bach. Natürlich kenne ich einiges von Bach, was ich mag, aber zum Beispiel das wohltemperierte Klavier sagt mir über weite Strecken nichts, die Goldbergvariationen habe ich nie vollständig gehört. Also gestern hatte ich ein Gespräch mit einem anderen Klassikliebhaber und ich glaube doch, daß ich ein Bachproblem habe, diese ungeheure Beliebtheit, die er hat, habe ich nie nachvollziehen können, aber irgendwann mag sich das ändern.

Mit Haydn tue ich mich auch schwer, obwohl sich das in den letzten Jahren doch sehr verändert hat und ich vieles inzwischen doch mag - ich glaube auch, daß ich keine guten Einspielungen habe. Trotzdem finde ich Haydn immer noch gelegentlich langweilig und irgendwie spannungslos.

Ein vollkommen ausgeprägter Mozartliebhaber bin ich auch nicht, manches finde ich genial, anderes langweiligt mich wieder, zum Beispiel mit Cosi fan Tutte habe ich mich bis heute nicht anfreunden können.

Mit Beethoven und Schubert tue ich mich dagegen im Grunde sehr leicht, mit dem Spätwerk Beethovens allerdings schwerer, aber das wird sich vielleicht noch ändern.

Schumann mag ich inzwischen sehr, zum Beispiel auch viele Klavierstücke, aber ein großer Mendelssohn Bartholdyfreund war ich bisher noch nie. Ob die Tatsache, daß ich Bach nicht so mag, mit der Tatsache, daß ich Mendelssohn nicht so mag, zusammenhängt?

Brahms, Bruckner, Dvorak und Tschaikovski mochte ich bisher immer sehr, aber die Chormusik von Brahms etwa kenne ich bis heute nicht so sonderlich. Mit Spätromantik habe ich mich aber immer sehr leicht getan.

Mit der Moderne beginnen dann wieder meine Schwierigkeiten. Strawinski etwa schätze ich mit so ein paar Werken, aber ich mag ihn nicht sonderlich, Ives mag ich wieder sehr, aber mit Zwölftonmusik tue ich mich schwerer, wobei ich sie nicht gründlich gehört habe.

Gut - man kann in so einem Thread sicher nicht alles zusammenfassen, aber es ist doch auffällig, daß es so gewisse Musik gibt - dazu gehören auch über weite Strecken die späten Opern von Wagner - die ich langweilig finde und die mir nichts sagt. Wobei ich bei Wagner immer noch nicht überzeugt bin, daß das nur an mir liegt.

Ergibt sich aus all dem gewissermaßen ein "Profil"? Ich weiß natürlich nicht, wohin sich mein Musikgeschmack noch entwickelt und finde diese Frage auch immer spannend. Anderseits ist es denke ich auch falsch, unbedingt das auch schön finden zu wollen, was andere schön finden. Das muß ja nicht sein - wozu auch. Und insgesamt denke ich, finde ich ja von Monteverdi bis Schostakowitsch weitgehend das schön, was andere schön finden, aber es ist dann doch offensichtlich, daß es so ein paar Sachen gibt, wie etwa das wohltemperierte Klavier oder Mendelssohn, wo mir offensichtlich noch der Zugang fehlt. Wie geht es Euch mit diesen Dingen?

Gruß Martin
Philomena
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 25. Okt 2009, 15:48
Ich muß gestehen ich habe bestimmte Instrumente die ich mag, woraus sich dann auch die Palette dessen ergibt was ich höre. Wobei ich mich so gut wie nie abhängig von Dirigenten, Einzelkünstlern oder bestimmten Orchestern mache, da ich meine das zB ein Schulorchester auch durchaus hörenswert sein kann. Wenn ich etwas höre geht’s mir ums Stück, nicht darum wer es spielt.

Allerdings habe ich auch ein paar Komponisten bei denen ich sagen würde, daß ich mich mit ihnen schwer tue, auffällig vieles von Mahler, Stravinsky und Shostakovich ist dabei. Wagner ist mir bis auf wenige Ausnahmen zu opulent. Mozart nur in Einzelfällen. Bach war mir mal vor Unjahren eingängig - und ich kann bis heute nicht sagen was das geändert hat *gg*

Dann gibt es noch solche (wie ich immer noch finde) * Kuriosa* wie Orff mit dem ich es durchaus versucht habe, aber das war´s auch nicht. Ob er dann noch zur Klassik zählt lasse ich jetzt mal dahingestellt sein.

Zeitlich bzw. zeitgeschichtlich kann ich das allerdings nur sehr grob einordnen, bis zur Romantik geht noch in den Bereich fällt, den ich höre, alles was später liegt eher nicht.

Jetzt bin ich zwar zeitlich und stilistisch etwas hin und hergesprungen, aber ich hoffe ich konnte deine Frage beantworten
Philomena
Martin3
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 25. Okt 2009, 16:09
Hallo Philomena,

Orff wird mit Sicherheit zur Klassik gehören. Ich kenne auch nur die Carmina Burana, er hat dann aber noch viel anderes geschrieben, mit teilweise völlig bizarren Instrumentationen.

In Bachs Wohltemperiertes Klavier habe ich übrigens gestern und heute mal wieder rein gehört. Gefällt mir doch eigentlich ganz gut. Muß man vielleicht doch irgendwie gezielter hören, aber ich finde selbst nur die ersten 30 Präludien und Fugen des ersten Teils des ersten Teils, die auf der ersten CD sind, bieten soviele Stücke, daß das schlecht aufzunehmen ist.

Daß Du Dich mit Strawinski und Schostakowitsch "schwer tust" kann ich teilweise teilen, aber da stellt sich mir wieder die Frage, liegts an Dir oder mir oder am Komponisten? Ich kenne eben geniale Sachen von denen und auch Dinge, die mich eher langweilen. Mahlers Sinfonien finde ich aber alle großartig.

Deine Gleichgültigkeit gegenüber Interpreten kann ich so auch nicht teilen. Es macht doch einen Unterschied. Gerade so bei Sachen, zu denen ich schwerer Zugang finde, ist ein guter Interpret oder Interpreten, nicht zu unterschätzen. Also das sehe ich anders als Du.

Gruß Martin
Philomena
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 25. Okt 2009, 19:10
na ja mal ganz ehrlich Martin - hast du schon mal ein Schulorchetser Mahler spielen hören - ich nicht..

Was ich mit diesem Satz daher sagen wollte ist, das ich jedem ne Chance gebe, mehr nicht.

Gerade wenn ich mir - nur mal als ein Beispiel von vielen Klassik auf Youtube anschaue, da gibts doch weltweit etliche Wohnzimmermusiker die durchaus ihren Reiz haben, die Existenz eines youtube Orchesters für das auch etliche Dirigenten und Musiker Größen geworben haben beweißt mir persönlich das es nicht immer der star sein muß um etwas auf die Beine zu stellen. Man kann von solchen aktionen natürlich halten, was man will, aber ich fands ne gute idee und der Klassik in sofern zuträglich, als dem von nicht Klassik Hörern so gern zitierte angestaubte Image mal etwas entgegengesetzt wurde.
Die von Tan Dun eigens für dieses Orchester komponierte " Internet Symphony" fand ich zwar sowohl vom Instrumentarium, als auch von der Partitur her sehr gewöhnungsbedürftig, aber die Aktion als solches einfach nur supergut.

ich sage jetzt natürlich nicht das es völlig egal ist wer hinter den Instrumenten sitzt, wohl aber das es mehr gibt als die Stars die uns von der Musikindustrie auch in der Klassik oft genug nur deshalb serviert werden, weil jemand hochgepuscht wurde, schließlich ist auch das klassiche Musikgeschäft Show Buissnes in dem das gefördert wird was sich verkaufen läßt.

schönen Abend noch
Philomenia


[Beitrag von Philomena am 25. Okt 2009, 19:10 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#5 erstellt: 25. Okt 2009, 21:27
Vieles, was mir einmal Schwierigkeiten bereitet hat, höre ich heute mit grosser Freude. Bei manchem wundere ich mich, wie lange es gedauert hat, bis der Funke übergesprungen ist (z.B Bach, dessen Grösse ich erst begriff, als ich schon mehr als 20 Jahre Klassikhörer war.). Auch Mahler, Bruckner, Wagner, Wolf sind recht spät in die Ehrendivision meiner Hörgewohnheiten aufgestiegen, in der Brahms, Schubert, Beethoven und Mozart schon immer 'mitspielten', d.h. als ich noch Teenager war. Hier möchte ich zwei Werke erwähnen, zu denen ich keinen Zugang finde, obwohl ich die Komponisten recht gut kenne und häufig höre: Wagners 'Meistersinger', die ich bis jetzt einen 'Schmarren' finde, und Mahlers Neunte, gegen die sich etwas in mir sperrt.
Joachim
Kreisler_jun.
Inventar
#6 erstellt: 26. Okt 2009, 01:53
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich habe hier mehr Abstufungen als "Mögen/Nichtmögen" bzw. "Keine Schwierigkeiten/Schwierigkeiten"(bei Martin klingt das ja auch ein wenig durch).

Ich würde z.B. unterscheiden zwischen Musik, die mir Schwierigkeiten macht und solcher, die ich nicht mag. Und zwischen solcher, die mir eher egal ist und solcher, die mir mißfällt. Also in etwa

1) begeistert, keine Schwierigkeiten
2) gefällt sehr gut, aber entweder gewisse Schwierigkeiten im "Verständnis" oder einzelne Sätze/Passagen gefallen weniger
3) eher neutrale Reaktion (evtl. "ganz nett", jedenfalls keine starke negative Reaktion, kann aber auch als langweilig empfunden werden)
4) "Unverständnis", was von Faszination, aber auch von Indifferenz wie bei 3) oder von Ablehnung 5) begleitet sein kann
5) Ablehnung, wieder aus verschiedenen Gründen.

Es gäbe noch Zwischenstufen (oder vielleicht müßte man das Ganze zweidimensional machen). z.B. Musik, die ich selten von mir aus auflege, die mir dann aber sehr gut gefällt, Musik, die ich "respektiere, aber nicht liebe" usw.

Die reine Hörfrequenz ist nicht so aussagekräftig; wenn ich _einen_ Lieblingskomponisten nennen sollte, wäre das immer noch Beethoven. Aber ich höre heute viel weniger Beethoven als vor 10 oder 20 Jahren, zum einen, weil ich insgesamt viel unterschiedlichere Musik kenne, zum andern, weil ich viele Werke Beethovens einfach schon extrem oft gehört habe. Ähnliches gilt für Werke anderer Komponisten, die ich schon sehr lange kenne. Eigentlich müßte ich diese Musik unter 1) einordnen, selbst wenn ich sie zur Zeit (oder schon seit ein paar Jahren) sehr selten höre, oder mich in Einzelfällen gar "überhört" habe.

Um konkreter zu werden, einige Beispiele für Musik, die mir wenig sagt, wobei es oft eben deswegen auch gar nicht erst zu einer näheren Beschäftigung gekommen ist:

- französische Barockmusik
- ital. u. franz. Oper des 19. Jhds.
- auch etliche mehr oder minder französische Instrumentalmusik des 19. u. frühen 20. Jhds. steht mir eher fern, wenn auch meist eher im Sinne von 3) oben. Ich liebe die Quartette u. a. Kammermusik von Ravel und Debussy, etliche der Orchesterwerke lassen mich kalt, die Klavierwerke irgendwo dazwischen. Oder auch der Feuervogel.

viele Grüße

JK jr.
WolfgangZ
Inventar
#7 erstellt: 26. Okt 2009, 02:52
Ja, seltsamerweise lässt mich auch der "Feuervogel" kalt, obwohl ich sonst fast alles von Strawinsky gern höre. Trotz des hymnischen und raffinierten Schlusssatzes ist dies Musik, die für mich gänzlich ins 19. Jahrhundert verweist. Strawinsky möchte ich jedoch mit Neoklassizismus, Expressionismus und von mir aus auch mit Zwöftontechnik assoziieren.

Gruß, Wolfgang
cr
Inventar
#8 erstellt: 26. Okt 2009, 04:13
Schwierigkeiten kann man nicht sagen.

Gewisse Sachen gefallen mir einfach nicht: Schönberg & Co, Stockhausen, Henze etc.

Renaissance-Musik: Ist halt mehr oder weniger der Beginn der überlieferten Musik, wenn man den Minnegesang und Sakralmusik/Gregorianik beiseite läßt. Ab Bach habe ich keine Problem mehr.

Auch das Genre kommt es auch an. Ich gehe zwar hin und wieder ganz gerne in die Oper und habe im Laufe der Zeit sicher >>100 gesehen, aber auf CD höre ich sie mir kaum an.
Kammermusik muß auch nicht unbedingt sein. Bevorzugtes Genre ist eben bei mir Symphonik hineinreichend bis in die Sakralmusik (Messen, Oratorien).
Kreisler_jun.
Inventar
#9 erstellt: 26. Okt 2009, 10:51

WolfgangZ schrieb:
Ja, seltsamerweise lässt mich auch der "Feuervogel" kalt, obwohl ich sonst fast alles von Strawinsky gern höre. Trotz des hymnischen und raffinierten Schlusssatzes ist dies Musik, die für mich gänzlich ins 19. Jahrhundert verweist.


Ich schiebe es hier ein wenig darauf, daß das Werk eben in die Rimsky-Nachfolge, mit einem Schuß Debussy gehört.
(Ich höre allerdings auch anderes von Strawinsky nicht so gerne wie z.B. fast alles von Bartok)
Allerdings mag ich einzelne Sachen von diesen beiden lieber als den Feuervogel. Wobei der freilich auch nicht in die Kategorie gehört, die Widerwillen auslöst. (Anders als Tschaikowskys Violinkonzert ist ein Stück, daß ich mir schon freiwillig anhöre... wenn auch selten.

@cr: vor der Renaissance (ab ca. Mitte des 15. Jhds.) gab es schon über Gregorianik und Minnesang hinaus knapp 300 Jahre notierte mehrstimmige Musik. Der zeitliche Abstand zwischen Spätrenaissance-Komponisten wie Palestrina oder Lassus und der "Notre-Dame-Schule" um 1200 ist etwa so groß wie der zwischen Lassus und Strawinsky!)

JK jr.
cr
Inventar
#10 erstellt: 26. Okt 2009, 12:57

Der zeitliche Abstand zwischen Spätrenaissance-Komponisten wie Palestrina oder Lassus und der "Notre-Dame-Schule" um 1200 ist etwa so groß wie der zwischen Lassus und Strawinsky!)


Was ja auch nichts heißen muß. In den letzten 300 Jahren hat sich auch in Technik und Physik mehr getan als vom Jahre Null bis 1700.
Thomas133
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 26. Okt 2009, 20:26
Ich hab bislang keinen Zugang zu Wagner finden können. Es gibt zwar ein paar seiner instrumentalen Stücke wie Tristan & Isolde Vorspiel+Liebestod, Tannhäuser-Ouvertüre, Vorspiel zu Lohengrin usw. die mir ziemlich gut gefallen, aber bei den Versuchen mir eine ganze Wagner-Oper anzuhören bin ich bislang kläglich gescheitert. Da mag es aber sicher auch eine Rolle spielen das ich allgemein kein Opern-Freak ab der Hochromantik aufwärts bin (von Verdi kenn ich zB auch kaum etwas)

Ansonsten haben mich bislang alle Hörversuche mit Sibelius großteils gelangweilt, was er auch immer vermitteln wollte, aber meine Gefühlswelt spricht er damit nicht an.
Nielsen ist übrigens ebenso wenig mein Fall und ich habe das Gefühl auch nicht wenn ichs mir 100 Mal anhöre.

Teilweise auch Prokofieff, manches von ihm find ich zwar gut aber manches stösst bei mir wiederum auf Ablehnung. Hier habe ich aber noch eher das Gefühl das es mit immer wiederkehrendem Hören zu einem besseren Verständnis der Musik kommt. Da liegt mir im Gegensatz dazu Soschtakowitsch noch eher.

Bartok find ich teilweise interessant - vor allem bei seinen rythmisch betonten Stellen, die langsamen Sätze möchte ich meist lieber überspringen.

Die Zwölftonmusik hat sich mir auch noch nicht erschlossen, muß aber gestehn das ich dahingehend auch kaum ernsthafte Versuche unternommen habe mich einzuarbeiten...es gibt so vieles im klassischen Bereich das ich hören und noch kennenlernen könnte das ich es nicht als Notwendigkeit sehe mich gerade hier mühsam einarbeiten zu müssen.

Bei der Renaissance hab ich da weniger Probleme, zum. wenn es Werke von zB Palestrina oder Allegri sind. Wobei das aber auch nicht meine Lieblingsepoche ist.

Bei Barock liegt mir Telemann und noch einige andere wie Albinoni usw. nicht. Von Bach bin ich aber ein großer Fan und liebe fast alles von ihm, auch einiges von Zelenka und manches von Vivaldi, Schütz, Händel usw. höre ich sehr gern.

Ansonsten fällt mir jetzt nichts mehr ein, Beethoven, Mozart, Schubert, Brahms, Mendelssohn, Schumann...da kann ich kaum meckern. Vielleicht das ich das Frühwerk Mozarts (vor ca.1777/78) auch meist nicht sonderlich spannend finde.
Bei Haydn ist mein Eindruck gemischt...einiges das ich sehr gut finde, manches das mich auch nicht richtig anspricht.
Bruckner mag ich eigentlich auch, gut...manche Tuttis nerven mich schon, aber manche Sinfoniesätze machen schon einen so positiven Eindruck auf mich das es nicht mehr so ins Gewicht fällt.

Und wie hier ja schon gesagt wurde ist es ja ein Unterschied inwieweit einem etwas nicht anspricht...ob man einfach noch keinen Zugang dazu gefunden hat aber sich das Werk noch erarbeiten kann, ob es einem hoffnungslos von A-Z einfach emotional nicht anspricht oder nur teilweise langweilt, also der Musik zwar nicht negativ aber auch nicht sonderlich positiv gegenübersteht.

lg
Thomas
cr
Inventar
#12 erstellt: 26. Okt 2009, 20:42
Mahler hat sich mir nicht gleich erschlossen, Bruckner dagegen interessanterweise von frühester Jugend an (wenn einem Bruckner gefällt, gefällt einem Wagner häufig auch).
Auch Sibelius hat mir immer gefallen, ich habe ziemlich alles von ihm und höre es auch immer wieder mal an.
Barockmusik und Hoch/Spätromantik/ ist mir allerdings bei weitem lieber als die Wiener Klassik (Mozart/Haydn; ausgenommen Beethoven, der ja schon Richtung Romantik tendiert).
op111
Moderator
#13 erstellt: 27. Okt 2009, 01:47
Das geht mir ähnlich, wobei mich Bruckner lange Zeit vor das Problem gestellt hat, dass sich eine Symphonie wie die andere angehört hat, bei Brahms und Mahler waren die Unterschiede signifikanter.
cr
Inventar
#14 erstellt: 27. Okt 2009, 03:04
Ich finde, dieses Problem stellt sich bei Mahler auch so, genauso bei Haydn und Mozart (die zwei letzten Sym. ausgenommen), und bei vielen anderen auch. Erst recht in der Barockmusik. Denk mal an die Händel-Opern.....
Philomena
Hat sich gelöscht
#15 erstellt: 28. Okt 2009, 17:11
das kann ich auch nur bestätigen vieles erschließt sich einem erst durch öfteres Hören, das ist denke ich in jeder Zeitepoche bzw. bei vielen Komponisten so
Kreisler_jun.
Inventar
#16 erstellt: 28. Okt 2009, 19:04

cr schrieb:
Ich finde, dieses Problem stellt sich bei Mahler auch so, genauso bei Haydn und Mozart (die zwei letzten Sym. ausgenommen), und bei vielen anderen auch. Erst recht in der Barockmusik. Denk mal an die Händel-Opern.....


Das spräche, wenn es stimmen würde, aber eher für problemlose Zugänglichkeit (wenn einem eine gefällt, gefallen alle).
Die Ähnlichkeit der Brucker-Sinfonien in Aufbau und teils sogar Thematik ist aber unbestreitbar und im letzten Drittel des 19. Jhds. ziemlich ungewöhnlich. (Und 9 zufällig herausgegriffene Haydn-Sinfonien sind *wesentlich* abwechslungsreicher als die 9 Brucknersinfonien)

JK jr.
op111
Moderator
#17 erstellt: 28. Okt 2009, 21:43

Welche Musik bereitet Euch Schwierigkeiten?


Müsste ich speziell auf den Erfahrungen mit der lyrischen Suite mit
Immer die, die ich gerade höre.
beantworten.


[Beitrag von op111 am 28. Okt 2009, 21:43 bearbeitet]
Thomas133
Hat sich gelöscht
#18 erstellt: 29. Okt 2009, 02:17

Kreisler_jun. schrieb:

cr schrieb:
Ich finde, dieses Problem stellt sich bei Mahler auch so, genauso bei Haydn und Mozart (die zwei letzten Sym. ausgenommen), und bei vielen anderen auch. Erst recht in der Barockmusik. Denk mal an die Händel-Opern.....


Das spräche, wenn es stimmen würde, aber eher für problemlose Zugänglichkeit (wenn einem eine gefällt, gefallen alle).
Die Ähnlichkeit der Brucker-Sinfonien in Aufbau und teils sogar Thematik ist aber unbestreitbar und im letzten Drittel des 19. Jhds. ziemlich ungewöhnlich. (Und 9 zufällig herausgegriffene Haydn-Sinfonien sind *wesentlich* abwechslungsreicher als die 9 Brucknersinfonien)


Abseits dessen finde ich auch Mahler in seinen Sinfonien deutlich abwechslungsreicher. Jede Bruckernsinfonie hat eine gewisse Struktur und Schematik innerhalb eines gewissen Rahmens während Mahlers Rahmen viel weiter gesteckt ist. Die Tonsprache der 1. und 4. sind zB ganz anders (konservativer ausgerichtet) wie die der späten Sinfonien (moderner), dazu schon allein von der Besetzung her eine Sinfonie vorwiegend mit Chor und Solisten,manche mit gewissen Percussioninstrumenten und manche mit stellenweise Solisten-, Choreinsätzen, manchmal läßt er eine Sinfonie mit einem langsamen, manchmal mit einem schnellen Satz ausklingen, bei Bruckner ist es bei der 9. nur durch den Umstand einer unvollendeten Sinfonie zu einem langsamen Schlußsatz gekommen. Deswegen kann ich dem Satz Kreislers
"wenn einem eine gefällt, gefallen alle" im Falle Bruckners
mit kleinen Einschränkungen zupflichten, manche Sinfonien hör ich doch wesentlich lieber während ich manchen nicht so viel abgewinnen kann. Aber man kann sich hier viel eher auf gewisse immer wiederkehrende typische Regeln, Formen und Eigenheiten einstellen.
lg
Thomas
Martin2
Inventar
#19 erstellt: 30. Okt 2009, 23:01
Meine gewissen Verständnisprobleme, die ich am Anfang des Threads angesprochen habe, beginnen sich zu lichten.

Ich denke, häufig gibt man einfach auch zu schnell auf und eben dies ist das Problem. Vielleicht ist dies auch letzlich nichts weiter als eine Sache eigener Bequemlichkeit. Eine gewisse Musik zu hören, die man mag, hat nicht immer nur mit dem Mögen zu tun, sondern auch damit, daß man ein gewisses Vorverständnis von Musik und musikalischen Abläufen hat, so daß man bei gewisser Musik auf ein solches Vorverständnis von Musik zurückgreifen kann.

Bachs wohltemperiertes Klavier gefällt mir mittlerweile immer besser. Nur daß ich nicht mehr den Fehler mache, mir 120 Präludien und Fugen am Stück anhören zu wollen. Ich höre den ersten Teil des ersten Teils des ersten Teils sozusagen. Ich werde mir damit Zeit lassen. Und übrigens brauche ich demnächst wirklich mal wieder einen richtigen CD Player mit Programmierfunktion, nicht diesen DVD Player. Wird etwas kosten, aber ist mir egal.

Bachs wohltemperiertes Klavier hat gewissermaßen doch eine eigene Ästhetik, ist zum Beispiel nicht wirklich vergleichbar mit einer Beethoven Klaviersonate, gefällt mir aber sehr gut, während ich die Brandenburgischen Konzerte, so gut sie auch sind, mittlerweile nicht mehr hören mag.

Moderne Musik ist allerdings ein anderes Kaliber, hier sind andere Hürden zu nehmen. Musik ohne Tonalität und ohne Modulation ist letzlich doch etwas anderes.

Thomas schrieb:


Die Zwölftonmusik hat sich mir auch noch nicht erschlossen, muß aber gestehn das ich dahingehend auch kaum ernsthafte Versuche unternommen habe mich einzuarbeiten...es gibt so vieles im klassischen Bereich das ich hören und noch kennenlernen könnte das ich es nicht als Notwendigkeit sehe mich gerade hier mühsam einarbeiten zu müssen.


Finde ich letzlich eine bequeme Haltung, mit der man sich Dinge verbaut. Finde zum Beispiel den Thread zur lyrischen Suite von Berg sehr sinnvoll. Weil ich letzlich den Eindruck gewonnen habe, das dies ein Meisterwerk ist. Und was heißt "mühsam einarbeiten"? Es gibt kein mühsames Einarbeiten, nur Musik, die sich nicht von vorneherein erschließt und dieses nicht von vorneherein erschließen, macht aber in vielen Fällen auch ein Qualitätskriterium aus.

Was mich allerdings in vielen Fällen ärgert, sind zehntausend Empfehlungen. Beim sich neu erschließen von Musik, die einem fremd ist, braucht man meistens nur eine Empfehlung. Ich werde mich auch noch einmal mit der Musik der Renaissance beschäftigen, aber ich denke, das wird damit beginnen, daß ich mir vielleicht ein Meisterwerk von Palestrina doch noch einmal gründlich anhören werde. Übrigens sind ja Renaissance und Zwölftonmusik unterschiedlich wie Tag und Nacht, worin sie aber übereinstimmen, ist, daß sie keine Ästhetik klassisch - romantischer Spannungsverläufe haben. In diese andere Ästhetik muß man sich einhören, denke ich. Und ich finde, das macht auch Spaß.

Gruß Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#20 erstellt: 31. Okt 2009, 00:09
Mit Bachscher Klaviermusik hatte ich auch sehr lange Schwierigkeiten. Ich hatte 10 Jahren Klassik gehört, darunter zwar nicht so viel Klavier solo, aber z.B. Beethovens bekannte Sonaten schon als Teenager geschätzt, während ich Bach langweilig fand (keine Melodie, endlose gleichförmige Ketten von 16teln).

Beim WTK sind CDs ein Nachteil. Eine LP-Seite mit ca. 5 Präludien und Fugen ist eine gute Portion. Wenn man danach noch Lust hat, hört man eben auch noch die 2. Seite, sonst nicht. Aber gerade wenn man die Stücke noch nichts so gut kennt oder mag, sind 70+ min am Stück nicht ideal.

Es muß einen eben irgendetwas packen, dann muß man sich, selbst wenn vieles noch etwas fremd bleibt, nicht allzu "mühsam einarbeiten". Als ich überhaupt anfing, Klassik zu hören, ging mir das mit ganz vielen Stücken so. Ich bin mir ziemlich sicher, daß ich als Teenager das Finale von Tschaikowskys 6. manchmal einfach weggelassen habe ; Stücke wie der Kopfsatz dieser Sinfonie oder erst recht die ersten beiden der Eroica bestanden aus packenden Stellen, zwischen denen sich aber minutenlange Passagen befanden, die die Geduld auf die Probe stellten usw. Aber das gibt sich eben mit der Zeit.
(Ich glaube eines der ersten Werke, bei dem ich sofort durchgehend gepackt war, ohne Durststrecke, war Beethovens 5.; die habe ich aber erst nach 3,6,9 sowie etlichen Sinfonien Haydns, Mozarts, Tschaikowskys kennengelernt, da war ich also schon etwas erfahrener)
Natürlich gibt es Musik, die ich noch heute so höre wie damals die Eroica, also "Warten auf die schönen Stellen"... ist doch kein Problem, sondern immerhin ein Anfang.



JK jr.
Martin2
Inventar
#21 erstellt: 31. Okt 2009, 12:09
Hallo Kreisler Junior,

Du sprichst mir aus der Seele. Ich denke das Problem ist in vielen Fällen auch einfach, Vorurteile aus dem Kopf zu bekommen, die sich in früher Jugend fest gesetzt haben. Das ist irgendwie ganz merkwürdig, daß es auch anscheinend so etwas gibt wie eine "musikalische Sozialisation". Gibt ja auch so ein Bonmot, das sicherlich mehr ist als ein Bonmot, sondern gewissermaßen eine soziologische Einsicht, daß Menschen mit 17 sozusagen ihre "Grundmeinungen" bilden und von diesen dann den Rest ihres Lebens nicht mehr abweichen. Da ist was dran. Und sicher bereitet irgendwie "andere" Musik auch Schwierigkeiten, aber jede anspruchsvolle Musik bereitet erst einmal Schwierigkeiten, die Sache ist einfach die, daß man den "Sozialisationsprozeß" vielleicht auch irgend wann mal aus dem Kopf kriegen muß, wozu im Grunde Reflexion gehört, ohne diese Reflexion, ohne die Infragestellung der eigenen Sozialisation bleibst Du Dein Leben lang dumm.

Und wiegesagt, Bachs Wohltemperiertes Klavier gefällt mir inzwischen sehr gut, nur daß ich im Grunde noch nicht so viel kenne, aber das wird sich sicherlich ändern. Berg gefällt mir sehr gut, Schönberg wird kommen, sicher auch mal die Renaissance und vieles andere mehr. Und ich finde dieses Forum in diesen Hinsichten schon eine enorme Hilfe. Und manchmal müssen einem Leute es eben zwanzig mal an den Kopf knallen: Hör Dir den Haydn mal mehr an, höre die Klaviersachen von Schumann, hör die späten Streichquartette Beethovens, hör Dir mal Berg an, hör Dir mal Schönberg an oder Palestrina und vieles andere mehr - steter Tropfen höhlt den Stein und irgendwann öffnet man sich gewissen Dingen doch. In dieser Hinsicht finde ich so ein Forum toll.

Und manchmal habe ich auch den Eindruck, daß man sich Musik schwierig macht, indem man von vorneherein davon ausgeht, daß sie schwierig sei. Um es mit einem Bonmot zu sagen: Möglicherweise ist viele gute Musik im Grunde genommen ja einfach, nur daß sich die Einfachheit vielleicht erst nach dem 20. Hören erschließt.

Gruß Martin


[Beitrag von Martin2 am 31. Okt 2009, 12:15 bearbeitet]
Detektordeibel
Inventar
#22 erstellt: 02. Nov 2009, 18:13
Ich habe Probleme mit Orchestermusik die sich allzu "verschleppt", bei vielen Sinfonien ist das so.

Wenn minutenlange Dauertöne im sagen wir mal "leisen" Bereich sich abspielen dann schwindet irgendwo meine Aufmerksamkeit, ich denke unbewusst. "Ist schon Schluss?" und habe im Auto auch schonmal wenn ich bei nem 20-Minuten Stück bei der 11. Minute oder so bin, einfach nach vorne gesprungen. Obwohl ich den Rest noch hören wollte.
Ok, das sollte man im Auto vielleicht nicht hören.

Bei anderer Musik fehlt mir auch einfach die "Zugänglichkeit". D.h. gefällt mir nicht weil ich sie nicht verstehe, und sie links rein, rechts rausgeht.

Mit Bach/Vivaldi/Händel etc. hab ich keine Probleme - mit Barockmusik generell wenig - außer das halt vieles sehr ähnlich klingt und wenn man viel hört sich irgendwo ein "Berießelungsfaktor" einstellt.
Mozart kann ich nicht sagen. Habe mich mit Mozart noch nicht genug beschäftigt und irgendwo fehlt mir da der Einstieg. Mit der abgerockten Zauberflöte und der Nachtmusik will ich jedenfalls nicht anfangen. Dafür finde ich die Ouvertüre von Don Giovanni und das Requiem umso genialer.
Hat ein Mozart-Spezialist vielleicht ein paar Tips für mich?

Haydn, Beethoven kann ich jede Sinfonie durchhöhren ohne mich zu langweilen - auch bei schlechteren Interpretationen.
Bruckner? Strauss? Ebenfalls kein Problem.
Wagner? - Wagner gefällt mir die Musik, aber mit dem Gesang hab ich so meine Probleme. Das geht mir irgendwo auf die Nerven. - Noch. Hier muss ich mich wohl wirklich noch "einhören".


Abseits dessen finde ich auch Mahler in seinen Sinfonien deutlich abwechslungsreicher.


Ich würde nicht nur "Abwechslungsreich" sagen, bei Mahler hab ich immer das Gefühl hier ist jede Sinfonie von wem anders. Hört man die 5. Sinfonie und schätzt die frag ich mich immernoch was er sich bei der 6. Sinfonie eigentlich gedacht hat?


steter Tropfen höhlt den Stein und irgendwann öffnet man sich gewissen Dingen doch.


So isses.
op111
Moderator
#23 erstellt: 02. Nov 2009, 22:00

Detektordeibel schrieb:
Ich habe Probleme mit Orchestermusik die sich allzu "verschleppt", bei vielen Sinfonien ist das so.

Wenn minutenlange Dauertöne im sagen wir mal "leisen" Bereich sich abspielen dann schwindet irgendwo meine Aufmerksamkeit, ... und habe im Auto auch schonmal wenn ich bei nem 20-Minuten Stück bei der 11. Minute oder so bin, einfach nach vorne gesprungen.


Den Effekt kenne ich genau! Nur springe ich nach vorne, ohne irgendeine Taste zu drücken.
Wenn ich wieder aufwache, wundere ich mich, wie kurz das Stück z.B. eine Brucknersinfonie, doch war.
Ein Grund mehr, im Auto keine anstrengende Musik zu hören, es sei denn, man hat einen Fahrer, den das nicht beeinflusst.
op111
Moderator
#24 erstellt: 02. Nov 2009, 22:05
Hallo Martin,

Martin2 schrieb:
Und manchmal habe ich auch den Eindruck, daß man sich Musik schwierig macht, indem man von vorneherein davon ausgeht, daß sie schwierig sei.

genau das habe ich auch erlebt.

Schwierigkeiten bereitet mir als Laien solche Musik, die man angeblich kennen muss. Da tritt ebenfalls eine Art von unheilvoller Suggestion ein. Das stete Bemühen führt nur zu steigender Langeweile. Jede Musik hat ihre Zeit, man kann sie meistens nicht erzwingen.
Martin2
Inventar
#25 erstellt: 02. Nov 2009, 23:12
Hallo Franz,

das mit dem: Die richtige Zeit für etwas kommt, sehe ich auch so. Weshalb ich denke, man muß einer Sache immer mal eine neue Chance geben. Bachs WTK wird mir bestimmt noch besser gefallen, was im übrigen jetzt schon eingetreten ist. Ich warte nur noch auf meinen neuen CD Player, damit ich Stücke programmieren kann.

Es gibt allerdings eben immer zwei Verständnishürden: Die eine, daß ein Werk schwierig ist, die andere, daß sie eine andere Ästhetik hat, wie man sie gewöhnt ist. Gegen die Schwierigkeit eines Werks kann man an sich nichts machen und manche Dinge erschließen sich einem nie. Bei unterschiedlichen Ästhetiken aber bedarf es einer gewissen Offenheit. Dabei ist Musik denke ich ein Feld, was außer für unmusikalische Menschen, auch mit einer enormen Emotionalität verbunden hatte. Und eine neue Ästhetik kann in besonderer Weise negative Emotionen auf sich ziehen, als man dieses neue eben als "Vernichter des alten" sieht. Wer etwa eine schöne Melodie liebt, wird vielleicht einen Schönberg hassen, nicht, weil er nicht gut wäre, sondern weil er als jemand gilt, der die Diatonik in gewisser Weise verraten hat. Es hat zu ihren Zeiten mit Sicherheit auch Musiker des Barocks gegeben, die die vorklassischen Bemühungen leidenschaftlich abgelehnt haben. Da kommen für mein Gefühl sehr starke Emotionen ins Spiel. Und ich denke, Musik die einem von vorneherein unsympathisch ist, hat bei dir letzlich keine Chance.

Finde das allerdings auch alles nicht so schlimm. Wenn man sich von gewissen Vorurteilen dann auch mal löst. Nur sind solche Vorurteile häufig auch emotionell sehr stark verwurzelt. Dabei ist Leidenschaft sicher eine sehr gute Sache, sie kann nur dazu führen, daß man meinetwegen nur noch Musik des Hochbarock hört und wirklich nichts mehr daran heran reicht. Diese Liebe zu bestimmten Dingen ist an sich schön, nur sollte man dem realistisch entgegensetzen, daß in der Musikgeschichte immer bestimmte Höhepunkte erreicht worden sind, die einfach unüberbietbar waren, meinetwegen Händels Opus 6. Es gibt dann meiner Meinung auch ein Suchen nach "ähnlicher Musik", wo Du im Grunde eine durchaus überwältigende Erfahrung, die dir eine bestimmte Musik gemacht hat, wieder suchst. Und ich denke, dies ist vergeblich. Wenn man einmal die Brucknersinfonien meinetwegen gehört und schätzen gelernt hat, so ist dies eben diese eine Erfahrung und die ist unwiderbringbar und nie durch irgendetwas zu "erneuern". Aber es gibt dann wieder anderes, was Dich auch begeistert. Der Konservativismus des Musikgeschmacks und konservativ kann in diesem Sinne alles sein, sogar meinetwegen die Liebe zu Berg, liegt meinetwegen darin begründet, in diesem gewissermaßen irrationalen Wunsch, eine einmal gemachte überwältigend positive Erfahrung in irgendeiner Weise wieder her zu stellen. Insofern heißt eine neue Erfahrung zu machen, immer auch, eine alte in sich zu lassen. Man kann auch bei Bach nicht das finden, was man bei Händel findet, aber warum sollte man das auch. Und sofern ich für mich spreche, liegen viele Schwierigkeiten, die ich auch mit Musik hatte, in den emotionalen Bindungen, die ich zu anderer Musik hatte. Heute sehe ich das anders. Ich mag meinetwegen Bruckner noch so sehr mögen, aber ich muß deshalb nicht unbedingt etwas anderes hören, was ihm irgendwie ähnlich ist.

Gruß
Martin
Klassikkonsument
Inventar
#26 erstellt: 03. Nov 2009, 01:24
Hallo Detektordeibel,


Dafür finde ich die Ouvertüre von Don Giovanni und das Requiem umso genialer.
Hat ein Mozart-Spezialist vielleicht ein paar Tips für mich?


Mozart-Spezialist würde ich mich nicht unbedingt nennen. Aber wenn Du weitere Werke von Mozart suchst, die etwas düsterer sind, dann wären vielleicht seine Klavierkonzerte Nr. 20 d-moll KV 466 & Nr. 24 c-moll KV 491 etwas für Dich.

Viele Grüße
cr
Inventar
#27 erstellt: 03. Nov 2009, 20:32
c-moll Messe, Krönungsmesse,
Sym. 40+41,
die Klavierkonzerte 20,21,25,27 mit Gulda/Abbado (2CDs) und Gulda/Harnoncourt 23,26 (1 CD)
Mellus
Stammgast
#28 erstellt: 26. Jan 2010, 16:57

op111 schrieb:


Welche Musik bereitet Euch Schwierigkeiten?

Immer die, die ich gerade höre.


Franz, diesem Sophisten, kann man sich nur anschließen!

Neben der Musik, die ich gerade höre, bereitet mir die Musik von Luigi Nono Schwierigkeiten. Allein daran, dass es sich bei Nono um Neue Musik handelt, kann es nicht liegen, da ich Neue Musik ganz gerne goutieren. Aber Nonos Musik ist von einer Schroffheit und Widerborstigkeit, die es mir zumindest sehr schwer macht, in sie hineinzufinden. Zwei kleine Ausnahme bilden jedoch ...sofferte onde serene... und der Prometeo. Insbesondere letzterer ist zwar auch kein Konsumstück, aber die hermetischen Klangblöcke liegen mir mehr als seine fragmentarischen Streichquartettfetzen oder seine bisweilen gewalttätige Al Gran Sole Carico d'Amo. Es gelingt mir einfach nicht, meine Ohren auf eine Empfangsfrequenz einzustellen, auf der Nono sendet.

Viele Grüße,
Mellus
Hörbert
Inventar
#29 erstellt: 26. Jan 2010, 17:49
Hallo!

@Mellus

Hm, was findest du schroff an z.B. "Das atmende Klarsein?" oder an den Variazioni cannonische sur la série de l´opus 41 de Schönberg?

Schroff sind allenfalls seine großen Werke mit politischem Anspruch ( Como una ola de fuerza y luz, Yentones compredino unda floresta è jovem e cheja de vida z.B.) aber hier finde ich die Schroffheit gewollt und -wenn man Nonos politische Überezeugung berücksichtigt- auch am Platz.

Daß die Musik in seiner Intolleranza ebenfalls eine gewisse Unzugänglichkeit aufweist lag wohl auch am Thema des Werkes.

MFG Günther
Mellus
Stammgast
#30 erstellt: 26. Jan 2010, 18:29

Hörbert schrieb:
Hm, was findest du schroff an z.B. "Das atmende Klarsein?" oder an den Variazioni cannonische sur la série de l´opus 41 de Schönberg?


Das kann ich Dir nicht sagen, da ich beide Werke nicht kenne.

Dass zu den Konzeptionen anderer Werke Schroffheit oder Unzulänglichkeit passen, bestreite ich ja gar nicht. Schließlich heißt der Thread ja nicht "Welche Musik stimmt nicht?" sondern "Welche Musik bereitet Euch Schwierigkeiten?"

Das atmende Klarsein hat jedenfalls erst mal eine Hinterkopfnotiz bekommen. Es hat ja auch so einen schönen Titel. Leider würde mich das wieder ein Stück weit von meinen "Hörplanungen" wegführen.

Viele Grüße,
Mellus
Hörbert
Inventar
#31 erstellt: 26. Jan 2010, 22:44
Hallo!

@Mellus

Nonos Das Atmende Klarsein ist wie "Fragmente-Stille" für Streichquartett eine Spätkomposition, allerdings für kleinen Chor, Baßflöte und Elektronik. Für mich eines der schönsten Stücke Nonos überhaupt.

Aber auch das von mir genannte Orchesterstück "Variazioni cannonische sur la série de l´opus 41 de Schönberg" von 1950, also aus seinen Darmstädter Jahen wirft ein anderes Licht auf Nono als in der Tat eher schroffen Werke mit politischem Hintergrund aus den späten 60gern bis Ende der 70ger.

Als Vergleich könnte man Hans Werner Henze heranziehen, Werke wie "Der langwierige Weg in die Wohnung der Natascha Ungeheuer" "El Cimarron" oder "Das Floß der Medusa" zeigen dir einen völlig anderen Komponisten als z.B. die vierte Symphonie, die "Royal Winter Music" oder "Tristan"

MFG Günther
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